Beschluss: Das Gremium beschließt ungeändert.

1.     Der als Anlage beigefügte fortgeschriebene Bedarfsplan wird beschlossen.

2.     Die vorgeschlagenen Sofortmaßnahmen  im Vorgriff auf die Umsetzung des Bedarfsplanes werden beschlossen.

3.     Die Modalitäten des Vergabeverfahrens für die Umsetzung des Bedarfsplanes werden unter Hinzuziehung fachanwaltlicher Beratung geklärt und nach Beteiligung des ABR vom Kreisausschuss beschlossen.

 


Beratungsgang:

 

KVOR Berg-Düsberg erläutert zur Vorlage, dass nach dem Niedersächsischen Rettungsdienstgesetz der Rettungsdienst als medizinische, funktionale und wirtschaftliche Einheit die flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen habe. Zur Organisation erstelle der Landkreis Nienburg/Weser einen Rettungsdienstbedarfsplan, der dieser Vorlage beigefügt sei. Grundlage des vorliegenden Bedarfsplanes sei das Gutachten der Firma Orgakom, die den Einsatzzeitraum 01.09.2012 bis 31.08.2013 analysiert habe und zu folgenden Grundaussagen gekommen sei:

 

-     Die Eintreffzeit ist nicht in dem notwendigen Umfang gewährleistet. Sie soll in 95% der in einem Jahr im Rettungsdienstbereich zu erwartenden Notfalleinsätze 15 Minuten nicht übersteigen. Als Ergebnis der Untersuchung ist festzustellen, dass die Eintreffzeit im Landkreis Nienburg/Weser im Untersuchungszeitraum nur in rund 90% der Fälle eingehalten werden konnte.

-     Insgesamt wurde für die Notfallrettung festgestellt, dass eine flächendeckende hinreichend schnelle planerische Erreichbarkeit nahezu im gesamten Kreisgebiet sichergestellt ist. Die bisher bestehenden Rettungswachenstandorte sind daher weiterhin bedarfsgerecht. Ausnahmen gibt es in Teilen einzelner Ortschaften (Diepenau, Pennigsehl, Wietzen, Steimbke, Rodewald). Um hier die notwendigen Verbesserungen zu erreichen, wird ein neuer Standort in Steimbke eingerichtet und ein Rettungswagen aus Nienburg ausgelagert in eine Außenstelle Marklohe/Lemke.

-     Die Rettungsmittelausstattung ist deutlich zu erhöhen. Mit der Einrichtung einer Rettungswache in Steimbke sowie der Stellung eines zweiten RTW in Hoya, der Ausweitung der Besetztzeiten der vorhandenen Fahrzeuge und der Einrichtung eines KTW-Pools ergibt sich ein Mehrbedarf von zwei RTW und einem Reservefahrzeug (ohne Personalbesetzung). Das entspricht einer Rettungsmittelausweitung von rund 20%.

-     Im Landkreis Nienburg/Weser sind aktuell drei Notarztsysteme angesiedelt. Standortstrukturell besteht die Situation, dass Teilbereiche des Rettungsdienstbereiches planerisch von den Notärzten innerhalb einer Eintreffzeit von 15 Minuten nicht gesichert erreicht werden können. Da es in Niedersachsen keine Hilfsfrist für Notärzte gibt und die bestehende Rettungswachenstruktur grundsätzlich bereits die Eintreffzeit des RTW planerisch ermöglicht, kann eine verlängerte Eintreffzeit der Notärzte toleriert werden.

-     Die Wartezeiten im Krankentransport sind zu lang. Die Vorhaltezeiten sollten flexibeler gestaltet werden. Die Einsatzzeiten zeigen, dass die meisten Krankentransporte von Nienburg und Stolzenau gefahren werden. Die Stationierungen der Krankenwagen sollte deshalb geändert werden.

 

KVOR Berg-Düsberg erklärt abschließend, dass die Kostenträger des Rettungsdienstes zugesagt haben, diesen Bedarfsplan mit zu tragen.

 

KTA Hauschildt fragt, ob nur in den Sofortmaßnahmen ein RTW tagsüber nach Steimbke verlagert werden solle, oder auch in einer späteren Rettungswache. KVOR Berg-Düsberg erklärt, dass in der geplanten Rettungswache eine RTW rund um die Uhr stehen solle.

 

Der Geschäftsführer des ASB, Herr Sewohl, fragt zum Verständnis, ob bei Auslagerung von zwei RTW aus der Rettungswache Nienburg unter der Woche ein dritter RTW zur Verfügung stehe, da der so genannte Zentralretter bisher ja nur an den Wochenenden eingesetzt werde. In der Vorlage werde von der Aufstockung um zwei weitere Reservefahrzeuge gesprochen. Nach dem Rettungsmittelplan als Anlage zum Bedarfsplan ist aber über die bereits vorhandenen drei Reservefahrzeuge nur ein weiterer RTW vorgesehen. KVOR Berg-Düsberg nimmt die Fragen auf, wird sie klären und entsprechende Ausführungen machen.

 

EKR Klein erklärt, dass im Gegensatz zur letzten Bedarfsplanänderung und Rettungsmittelausweitung die Vergabe der Leistungen aufgrund der geltenden EU-Vergaberichtlinien nicht mehr so einfach sei, was bereits zu Unruhe geführt habe. Vergaberechtliche Änderungen auf EU-Ebene zu Ausnahmen für den Rettungsdienst müssen noch in deutsches Recht umgesetzt werden. Der Landkreis Nienburg/Weser habe kein Interesse daran, ohne Not Hand an bestehende Strukturen zu legen, müsse aber unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorgaben die erhebliche Leistungserweiterung vergaberechtlich beplanen. Seine Aufgabe sei es, der Politik nicht die vermeintlich einfache Lösung, sondern eine rechtlich fundierte tragbare Lösung vorzuschlagen. Für die eigene Erbringung der Leistungen müsse das Personal und die sachlichen Mittel beschafft bzw. übernommen werden, eigene Steuerungsfähigkeit und Kompetenz geschaffen werden. Verbunden mit Kosten- und Investitionsrisiko würden per se die bewährten ehrenamtlichen Strukturen zerschlagen. Die eigene Durchführung sei damit keine vorzugswürdige Option.

 

Bei der Frage, wie der Landkreis Nienburg/Weser durch fachkompetente Organisationen den Auftrag umsetzen könne, gibt es zwei gegensätzliche Positionen.

 

1.  Die Vergabe der Mehrleistungen auf Basis der bestehenden Verträge in einer freihändigen Vergabe bzw. Ausschreibung der Mehrleistungen, wie in den rechtsanwaltlichen Ausführungen dargelegt, die das DRK vorgelegt habe.

2.  Die neue Vergabe des Gesamtpaketes mit Kündigung der bestehenden Verträge angesichts der Dimensionen der Mehrleistungen.

 

Zur ersten Position führe der Rechtsanwalt aus, dass die Verträge mit den Beauftragten bestandkräftig seien, was auch EKR Klein so sehe. Angesichts der erheblichen Mehrleistungen sei aber die Frage zu stellen, ob ggf. eine Kündigungspflicht für die Verträge bestehe. Bei Mehrleistungen unter 10% können diese in Ergänzung bestehender Verträge vergeben werden, darüber hinaus seien nach seiner Bewertung die Mehrleistungen als wesentlich zu betrachten und die Leistungen insgesamt neu zu vergeben. Auf Hinweis der Beauftragten habe er sich die ähnliche Situation im Heidekreis angesehen, wobei dort die Mehrleistungen aber unter 10% lagen. Allein die geplanten Sofortmaßnahmen im Landkreis Nienburg/Weser beinhalten Mehrleistungen von 14%, die Umsetzung des endgültigen Bedarfsplans sogar rund 23%.

 

Der Rechtsanwalt gehe davon aus, dass es keine potenziellen Interessenten gebe, die ein Angebot für diese Mehrleistungen abgeben würden. Genau hier liege aus Sicht von EKR Klein auch das Problem. Egal wie die Leistungen vergeben werden sollen, müsse das Transparenzgebot und Diskriminierungsverbot beachtet werden.

Würden nur die Mehrleistungen vergeben werden, hätte kein Anbieter die Chance ein wirtschaftlich wettbewerbsfähiges Angebot abzugeben, außer vielleicht für die Leistungen der neuen Rettungswache in Steimbke. Nach der Literatur wäre das eine Art der Diskriminierung, was seine Position zur Vergabe des Gesamtpakets untermauere.

 

EKR Klein schlägt vor, die Position des Rechtsanwaltes vom DRK und seine als Verwaltungsjuristen durch einen Dritten begutachten zu lassen und das Ergebnis nach der Sommerpause vorzustellen. Dann könne und müsse eine Entscheidung getroffen werden.

 

Egal ob eine Ausschreibung der Mehrleistungen, oder eine Ausschreibung der Gesamtleistungen erfolge, die Umsetzung werde eineinhalb bis zwei Jahre dauern. Diese Zeit sei zu lang, um mit der bestehenden Rettungsmittelvorhaltung weiter zu arbeiten. Der Landkreis Nienburg/Weser sei verpflichtet zu handeln und werde deshalb die dargestellten Sofortmaßnahmen auf Basis der Verträge mit den vorhandenen Partnern umsetzen müssen. Bei einer solchen Interimslösung sei der Träger freier, als bei einer endgültigen Lösung und könne deshalb auch die Leistungen im Verhandlungsverfahren vergeben. EKR Klein schlägt vor, wie unter Punkt 4 der Vorlage dargestellt weiter vor zu gehen.

 

KTA Hauschildt erklärt, die schwere Kost der Vorlage nach den weitergehenden Erläuterungen weitestgehend verstanden zu haben. Das geänderte Vergaberecht der EU in deutsches Recht umzusetzen sei jetzt das große Projekt, mit dessen Abschluss aber nicht vor Mitte 2016 zu rechnen sei. In der Zwischenzeit müssen Maßnahmen zur Verbesserung der Leistungen getroffen werden.

 

EKR Klein erklärt, dass der Landkreis Nienburg/Weser handeln müsse. Die Interimslösung müsse möglichst kurz gehalten werden. Sie bis zur möglichen Umsetzung des Vergaberechts Mitte 2016 und die sich daran anschließende Vergabe laufen zu lassen, sei nicht vertretbar. Auf Basis der EU seitig beschlossenen Bereichsausnahme für den Rettungsdienst wird auch nach Umsetzung in deutsches Recht das Transparenzgebot und Diskriminierungsverbot zu berücksichtigen sein. Darum würde der Landkreis Nienburg/Weser auch 2016 wie heute ein aufwendiges wettbewerbsrechtliches Verfahren durchführen müssen, dessen Einzelheiten erst dann geklärt seien.

 

KTA Bomhoff erklärt, dass er den Beschlussvorschlag unterstütze und mittragen werde. In der rechtlichen Beurteilung gebe es aber große Unterschiede zwischen dem Rechtsanwalt des DRK und der Verwaltung. Hier sollte ein zu beauftragendes fachliches Gutachten Klarheit bringen. Da die Meinung der Verwaltung klar sei, wünsche er sich nur, dass sie ergebnisoffen bleibe um möglichst mit den bisherigen Organisationen weiter arbeiten zu können. Verfahren der EU seien seiner Meinung nach nicht immer positiv, Profit stehe immer an erster Stelle. Dies aber gilt es hier zu vermeiden, damit das gute Netzwerk bestehen bleiben könne. EKR Klein erklärt, dass der Verwaltung nichts daran gelegen sei, bewährte Strukturen zerschlagen zu wollen, sie aber der Politik einen rechtssicheren Weg aufzeigen müsse.

 

KTA Hauschildt erklärt er habe die Hoffung, dass der Rettungsdienst im Landkreis Nienburg/Weser für private Firmen nicht interessant sei. Sehrwohl müsse es im Interesse der Kreistagsabgeordneten und auch der Organisationen eine rechtskonforme Umsetzung geben, die möglichst keine Rechtsbeschwerden nach sich ziehe. Er könne die Beschlussvorlage mittragen und sehe auch angesichts der wichtigen Sofortmaßnahmen keine Möglichkeit anders zu beschließen.

 

KTA Schmidt erklärt, dass auch die SPD-Fraktion dem Beschlussvorschlag so zustimmen werde. Zur Klärung der rechtlichen Fragen werde das Gutachten eines Sachverständigen erforderlich sein.


Beratungsergebnis:

 

Einstimmig