Beratungsgang:

 

Kreisrat Schwarz beantwortet die schriftlich vorgelegte Anfrage der CDU-Kreis-

/    tagsfraktion vom 13. März 2015 (siehe Anlage) wie folgt:

„Die Untere Naturschutzbehörde im Landkreis Nienburg hat im August 2014 in größerem Umfang in Privateigentum stehende Flächen, davon überwiegend kultivierte und bewirtschaftete Grünlandflächen, nach § 22 Abs. 4 des NAGBNatSchG als so genannte „Geschützte Landschaftsbestandteile“ (GLB) unter Schutz gestellt. Die Rechtswirkung ist mit Veröffentlichung durch Aufnahme in das Geoportal des Landkreises eingetreten. Die Untere Naturschutzbehörde hat nach Ansicht von Rechtsexperten bei der Ausweisung nicht die notwendigen Prüfschritte eingehalten, die bei einem Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum (Artikel 14 Grundgesetz) hätten erfolgen müssen. In der Folge sind schon jetzt ca. 20 % der Flächen wieder aus dem Verzeichnis entfernt worden. Dies ist allerdings nur dort geschehen, wo betroffene Bürger davon Kenntnis erlangt hatten und entsprechende Unterlagen über Vertragsnaturschutz vorlegen konnten, eine Ausweisung wäre in diesen Fällen ohnehin nicht statthaft gewesen (§ 22 Absatz 4 Satz 4 NAGBNatSchG).

 

Mit Stand vom 12.02.2015 sind noch immer 420 Flächen mit insgesamt rund 1.230 ha unter Schutz gestellt, darunter fallen 361 Grünlandflächen. Aus der Antwort der Nds. Landesregierung auf eine kleine Anfrage im Nds. Landtag (Drucksache 17/2980 vom 20.02.2015) ergibt sich, dass es keinerlei Verwaltungsvorschriften, Erlasse oder Weisungen des Umweltministeriums an den Landkreis Nienburg gibt, abweichend vom Nds. Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgebiet zu verfahren.

 

Im allgemeinen nimmt die Verwaltung dazu wie folgt Stellung:

Das Handeln der Unteren Naturschutzbehörde ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 22 Abs. 4 NAGBNatSchG. Weitergehender Verwaltungsvorschriften, Erlasse oder Weisungen des Umweltministeriums speziell an den Landkreis Nienburg/Weser bedarf es nicht. Eine ausführliche Darstellung der rechtlichen Grundlagen ist der Protokollanlage 1 zu TOP 16.4 der KA-Sitzung am 20.10.14 zu entnehmen.

Außerdem ist bedeutsam, dass die Verwaltung, nicht wie in der Anfrage vermutet, Ödland und sonstige naturnahe Flächen ausweist, sondern diese in Niedersachsen genauso wie gesetzlich geschützte Biotope nach Bundesrecht kraft Gesetz geschützt sind. Die bloße Existenz von Ödland und/ oder sonstigen naturnahen Flächen, wo immer sie sich auch befinden mögen, genügt, um den gesetzlichen Schutz auszulösen. Einer Ausweisung bedarf es hierfür nicht!

Die Naturschutzbehörde stellt fest, welche Flächen betroffen sind und nimmt diese gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag nach § 14 Abs. 9 Satz 1 NAGBNatSchG in das Verzeichnis auf und informiert hierüber die Betroffenen.

Auch Ödland und sonstige naturnahe Flächen, die dem Vertragsnaturschutz unterlegen sind oder in den letzten 10 Jahren waren, sind solange gesetzlich geschützt bis eine Wiederaufnahme einer zulässigen landwirtschaftlichen Nutzung erfolgt. In diesen Fällen entscheidet die Naturschutzbehörde bürgerfreundlich schon bei Nachweis einer Teilnahme am Vertragsnaturschutz auf Löschung aus dem Verzeichnis und nicht erst zum Zeitpunkt der tatsächlichen Wiederaufnahme einer zulässigen landwirtschaftlichen Nutzung.

 

Wie Ihnen bekannt ist, hat Herr Landrat Kohlmeier über den von ihm initiierten „Runden Tisch“ gemeinsam mit dem Landvolk Mittelweser damit begonnen, bezüglich der rechtlich strittigen Fragen zur Sicherung dieser geschützten Landschaftsbestandteile eine Beantwortung herbeizuführen. Die in dem Rechtsgutachten des Landvolkverbandes aufgeworfenen Positionen liegen derzeit dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz vor. Der Landkreis hat insbesondere ein großes Interesse an der Klärung, ob die von der Kreisverwaltung herangezogene Gesetzes- und Erlasslage als nicht verfassungsgemäß angreifbar sei und das Ministerium hierzu um Weisung gebeten. Bis dahin ruhen die Aktivitäten der Naturschutzbehörde zu sonstigen naturnahen Flächen.

 

Die vom Ministerium angekündigte Antwort steht noch aus. Ich habe gestern noch einmal mit dem dortigen Ansprechpartner telefoniert, der hat mir versichert, dass dieses mit Blick auf die Änderung des Naturschutzgesetzes auch dort entsprechend bearbeitet wird und das wir auch eine entsprechende Antwort zeitnah bekommen, nach ca. Ostern, nach meiner Einschätzung.

 

Unter Beachtung der dem Nds. Umweltministerium vorgetragenen Fragestellen, die Auswirkungen auf alle sechs dann folgenden Fragen haben können, beantworten wir diese wie folgt:

 

Frage 1:

Wie viel Hektar kultivierte Grünlandflächen sind im Landkreis Nienburg gegenwärtig noch als Flächen ausgewiesen, „deren Standorteigenschaften bisher wenig verändert wurden (sonstige naturnahe Flächen)“ (§ 22 Absatz 4 Satz 1 Nr. 2 NAGBNatSchG)?

 

 

Antwort auf Frage 1:

Nach Abschluss der internen Plausibilitätsprüfungen waren im August 2014 547 GLB (Ödland und sonstige naturnahe Flächen) mit einer Gesamtfläche von 1560 ha in das Verzeichnis nach § 14 Abs. 9 Satz 1 NAGBNatSchG aufgenommen worden. Auch Flächen, die am Vertragsnaturschutz teilnehmen oder teilgenommen haben, sind zunächst in das Verzeichnis aufzunehmen, erst wenn der Betroffene die Teilnahme nachweist und eine aktuell bevorstehende Nutzungsintensivierung anzeigt, ist die Fläche zu löschen. Abweichend hiervon entscheidet die Naturschutzbehörde schon bei Nachweis einer Teilnahme am Vertragsnaturschutz auf Löschung aus dem Verzeichnis und nicht erst zum Zeitpunkt der tatsächlichen Wiederaufnahme einer zulässigen landwirtschaftlichen Nutzung.
Diese Vorgehensweise hat dazu geführt, dass durch Nachweise der Betroffenen aktuell noch
418 GLBs mit einer Gesamtfläche von 1.227 ha im Verzeichnis erfasst sind.

343 GLB mit Grünlandflächenanteil, es ist nicht komplett Grünland, sondern eben anteilig mit 922 ha Grünlandbiotope, 922 hat ist konkret hier eingetragen.

 

Frage 2:

Warum werden im Landkreis Nienburg die digital vorliegenden Daten der Landwirtschaftskammer über kultivierte Flächen (Feldblöcke) nicht dazu verwendet, um bei den ausgewiesenen Flächen in einem Prüfschritt zu ermitteln, ob es sich um kultivierte und bewirtschaftete Flächen handelt, die nicht unter § 22 Absatz 4 Satz 1 Nr. 2 NAGBNatSchG fallen, oder um Ödland nach § 22 Absatz 4 Satz 1 Nr. 1 NAGBNatSchG?

 

Antwort auf Frage 2:

Die vorliegenden Daten der Landwirtschaftskammer zu Feldblöcken werden genutzt soweit sie die eindeutige Aussage zulassen, dass die Flächen als Ackerflächen gemeldet sind, da diese nicht unter den Schutzstatus fallen. Misch- und Grünlandblöcke sind nicht geeignet, allein aus der Darstellung heraus einen Schutzstatus nach § 22 Abs. 4 NAGBNatSchG auszuschließen. Hierfür sind konkretere Angaben der Bewirtschafter erforderlich, die dem Feldblockfinder nicht entnommen werden können.

 

Frage 3:

Warum stehen immer noch Grünlandflächen im Geoportal des Landkreises Nienburg als GLB, für die das gesetzlich notwendige Prüfprogramm mit den notwendigen Prüfschritten bei Eingriffen in das Eigentum nicht abschließend durchgeführt wurden?

 

Antwort auf Frage 3:

Die im Geoportal erfassten Flächen erfüllen die Voraussetzungen des § 22 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG und diese sind nach § 14 Abs. 9 Satz 1 NAGBNatSchG in ein Verzeichnis aufzunehmen. Grundlage zur Bestimmung der Flächen, die in das Verzeichnis aufzunehmen sind, bildet die LT-Drucksache 16/1902 S. 50-51 zur Einführung des NAGBNatSchG und der hierin enthaltene Verweis auf den Kartierschlüssel für Biotoptypen in Niedersachsen nach Drachenfels sowie der Erlass des MU vom 16.05.13 zur Auslegung von § 22 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG (1 ha-Erlass).

 

 

Frage 4:

Wie prüft die Untere Naturschutzbehörde, ob sich die „Standorteigenschaften“ eines GLB zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des NAGBNatSchG am 19.02.2010 wenig oder mehr als nur wenig gegenüber dem natürlichen Ausgangsstatus verändert haben?

 

Antwort auf Frage 4:

Entsprechend der Einzelbegründung der LT-Drucksache 16/1902 S. 50-51 zum Gesetzentwurf des NAGBNatSchG zeigt das Vorkommen von mesophilem Grünland an, dass die Standorteigenschaften wenig verändert sind. Dies gilt auch dann, wenn eine auch über Jahrzehnte betriebene landwirtschaftliche Nutzung einer Kulturfläche erfolgt ist (s. Antwort des Herrn Minister Wenzel v. 24.02.15 auf die Kleine Anfrage, Landtag Drucksache 17/2980, Nr. 50). Nach dem Drachenfels-Kartierschlüssel erfasste sonstige naturnahe Flächen, für die nachgewiesen werden kann, dass in den letzten 10 Jahren zumindest für ein Jahr eine Ackernutzung tatsächlich stattgefunden hat, werden aus dem Verzeichnis gelöscht.

 

Frage 5:

Warum wird ein Instrument des sog. Objektschutzes (GLB §29 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG) im Landkreis Nienburg auf Grünlandflächen angewandt, obwohl für Flächenschutz andere Normen angewandt werden müssten (§22 BNatSchG, §§ 14 ff. NAGBNatSchG)?

 

Frage 6:

Die bisherige Vorgehensweise zeigt bereits Auswirkungen auf den Grundstücksverkehrswert dieser Flächen, obwohl die rechtliche Grundlage dieses Vorgehens noch nicht eindeutig geklärt ist. Was unternimmt der Landkreis, um die Betroffenen vor einem Wertverlust ihrer Flächen und damit einem Vermögensschaden zu schützen?

 

Antwort auf die Fragen 5 und 6:

Die vorgetragene Rechtsauffassung und die Frage nach dem Umgang mit Grundstücksverkehrswerten betrifft die eingangs dargestellte Vorlage des Landkreises beim Nds. Umweltministerium. Die Verwaltung erwartet dazu eine Weisung.

Sie hat keine eigenständige Verwerfungskompetenz für dieses Gesetz.“

 

KTA Heineking fragt im Nachgang zur Beantwortung, ob es möglich sei, die Antwort der Landesregierung, sobald diese vorliegen würde, möglichst zeitnah an die Frak-tionen weiterzugeben.

 

Kreisrat Schwarz bestätigt dies.