Beschluss:

 

Das begonnene Verfahren zur hoheitlichen Sicherung der Teilgebiete „Haaken Werder“, „Die Rolle“, „Nienburger Gruben“ und „Altes Rott“ durch Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes „Teichfledermaus-Gewässer in der Nienburger Marsch“ (LSG-NI63) in der Stadt Nienburg wird fortgeführt. Beim Teilgebiet „Düsterer See“ ist das auf der Westseite des Sees bereits bestehende Angelverbot so zu erweitern, dass das Angeln auf die im Nordosten des Sees bisher genutzten Angelplätze beschränkt bleibt.“

 


Beratungsgang:

 

Landschaftsarchitekt Gänsslen erläutert anhand der Verordnungskarte die Teilgebiete „Die Rolle“, „Haaken Werder“, „Altes Rott“, „Nienburger Gruben“ und „Düsterer See“ im Rahmen der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben in nationales Recht mit dem FFH-Gebiet 289 „Teichfledermaus-Gewässer im Raum Nienburg“.

 

Die Entscheidung über die weitere Vorgehensweise zur Ausweisung des Landschaftsschutzgebiets „Teichfledermaus-Gewässer in der Nienburger Marsch“ (LSG-NI-63) stehe noch aus. Die Grenze des Landschaftsschutzgebiets sei identisch mit der FFH-Grenze. Mit diesen Abgrenzungen wurde für das geplante LSG das Beteiligungsverfahren eingeleitet (lt. ALNU-Beschluss vom 24.11.2015).

 

Die UNB bestätige die fachliche Wertigkeit für die Teilgebiete „Düsterer See“, „Nienburger Gruben“ und „Storchenteiche“. Eine Ausweisung als NSG würde aber über die derzeit vorrangige Pflichtaufgabe „Sicherung von Natura-2000-Gebieten“ hinausgehen. Mit einer NSG-Ausweisung seien weitere Nutzungsein-schränkungen, wie sie von NABU und BUND gefordert werden, verbunden, z. B. ein Betretungsverbot, Einschränkungen der Jagd (keine Jagd auf Federwild) und der Angelnutzung (keine Reusenfischerei).

 

Die Stadt Nienburg möchte bei der von ihr empfohlenen Unterschutzstellung als NSG die ordnungsgemäße Jagd, die berufsmäßige Fischerei, das Angeln, die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung, so, wie sie bisher praktiziert wurde, weiterhin ermöglichen.

Eine derartige volle Freistellung der bisher praktizierten Nutzungen passe jedoch nicht zu einem NSG, so Landschaftsarchitekt Gänsslen. Die UNB sei bei einer Beschränkung auf die Umsetzung der FFH-Richtlinie nach wie vor der Meinung, dass die Sicherung durch eine LSG-Verordnung sinnvoll und ausreichend ist. Einer möglichen Beschlussfassung des ALNU für die Gebiete „Düsterer See“ und „Nienburger Gruben“ für ein NSG könne fachlich gefolgt werden. Dann sei aber auch eine Ergänzung um eine noch genau zu definierende Fläche der „Storchenteiche“ sinnvoll.

 

Einer Ausweisung des Teilgebietes „Altes Rott“ als NSG könne hingegen nicht gefolgt werden. Es sei nicht erkennbar, dass die Schutzwürdigkeit des Gebietes die Festsetzung eines allgemeinen Störungs- und Beeinträchtigungsverbots und damit eine Ausweisung als NSG erfordere und rechtfertige.

Bei einer NSG-Ausweisung müsste für diese Teilgebiete ein komplett neues Verfahren eingeleitet werden. Das LSG-Verfahren für die Bereiche „Die Rolle“, „Haaken Werder“ und „Altes Rott“ könnten wie geplant zu Ende geführt werden. Durch das alleinige Herauslösen der zwei Bereiche „Nienburger Gruben“ und „Düsterer See“ entstünde für die übrigen betroffenen Bereiche keine grundlegende Änderung.

 

Bei einer Aufspaltung in ein LSG und ein NSG würde jedoch mit einem Zeitverlust von mindestens einem halben Jahr zu rechnen sein.

Der ALNU solle in der heutigen Sitzung den Beschluss über die weitere Vorgehensweise zur Ausweisung des Landschaftsschutzgebiets „Teichfledermaus-Gewässer in der Nienburger Marsch“ (LSG-NI-63) fassen.

 

KTA Brüning spricht sich im Namen seiner Fraktion für die Ausweisung als NSG aus. Da das Gebiet den Lebensraum für viele seltene Tierarten biete und, im Rahmen des FFH-Status, sowieso über eine entsprechende Verordnung zu schützen sei, böte sich die NSG-Ausweisung an. Im Hinblick auf die „rote Liste“ der vom Aussterben gefährdeten Tierarten betrachte man ein Betretungsverbot als wichtig. Die Artenschutz- und Lebensräume vieler störungsempflindlicher Tierarten könnten nur so dauerhaft gesichert und für spätere Generationen erlebbar gemacht werden.

 

Da das NSG-Schutzpotenzial durch die beteiligten Verbände erkannt worden sei, wäre man auch seitens der Fraktion Kompromissen gegenüber aufgeschlossen. Wegen der Nähe zu Nienburg akzeptiere man daher u. a. die Badenutzung in den „Nienburger Gruben“.

Der „Düstere See“ sei aber für den Naturschutz unverzichtbar, so dass hier eine Angelnutzung nicht tolerierbar sei. Angesichts der zahlreichen Angelgewässer im Landkreis, seien die rd. 250 lfd. Meter Angelufer wohl auch verzichtbar.

KTA Brüning macht anhand von vielen Beispielen anschaulich deutlich, wie wichtig der „Düstere See“ jetzt schon ist und welche naturschutzfachlichen hochwertigen Entwicklungspotenziale noch in ihm steckten, würde er vollständig beruhigt werden können. Dieses sei mit einer NSG-Ausweisung und dem gleichzeitigen Verbot der Angelnutzung am gesamten Gewässer erreichbar.

 

Er stellt daraufhin den folgenden neuen Beschlussantrag, der sich auf das Kompromissangebot der Naturschutzverbände bezieht:

„Das begonnene Verfahren zur hoheitlichen Sicherung der Teilgebiete „Haaken Werder“, „Die Rolle“, „Nienburger Gruben“ und „Altes Rott“ durch Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes „Teichfledermaus-Gewässer in der Nienburger Marsch“ (LSG-NI63) in der Stadt Nienburg wird fortgeführt. Die hoheitliche Sicherung des Teilgebietes „Düsterer See“ in der Samtgemeinde Marklohe und der Stadt Nienburg erfolgt durch ein neu einzuleitendes Verfahren als Naturschutzgebiet. In dieses geplante Naturschutzgebiet werden dann die sogenannten Storchenteiche in der Stadt Nienburg wegen ihrer naturschutzfachlichen Wertigkeit zusätzlich mit aufgenommen.“

 

KTA Hüneke macht deutlich, dass die Nienburger Wesermarsch zunehmend von der Bevölkerung zur Erholung genutzt werde. Die vorhandene Infrastruktur komme Radfahrern, Spaziergängern und Anglern entgegen und habe sich in den letzten Jahren gut entwickelt. „Die Rolle“ werde alljährlich intensiv durch Badende und Surfer genutzt. Auch habe sich, trotz einer Angelnutzung, am „Düsteren See“ der Eisvogel und der Fischotter wieder angesiedelt. Naturschutz und Angelnutzung schlössen sich somit nicht gegenseitig aus, sondern könnten in Harmonie nebeneinander bestehen. So zeige das am „Nienburger Gruben“ gelungene Fischotter-Projekt nur ein Beispiel dafür. Ein weiteres Beispiel sei die Ansiedlung und Vermehrung eines Seeadler-Pärchens, das sich im Estorfer Wald ohne einen vorhandenen Schutzstatus angesiedelt habe und dort bereits 14 Junge groß gezogen hatte, bevor ein Elterntier an einer Windkraftanlage zu Tode gekommen ist.

Ein NSG würde Verbote nach sich ziehen, wie z. B. ein Betretungs- und Angelverbot. Er gibt zu bedenken, dass sich seltene Tier- und Pflanzenarten auch ohne einen Schutzgebietsstatus neben dem Menschen ansiedelten und vermehrten. Selbst ehemalige Mülldeponien seien durch die Natur als Lebensraum zurückerobert worden.

Ein aktiver Naturschutz funktioniere nur mit dem Menschen zusammen. Im Sinne einer „Gestaltungspolitik“ und nicht einer „Verbotspolitik“ spreche sich die Fraktion für den ausreichenden Schutzstatus als LSG aus.   

 

KTA Brieber berichtet darüber, dass man sich vor Ort mit den Verbänden durchgängig auf Kompromisse einigen konnte. Strittig bliebe allein die Angeltätigkeit am „Düsteren See“.

Fraktionsseitig habe man sich, nach langer Debatte, darauf verständigt, dass ein LSG-Status mit Erweiterung um ein Angelverbot am südlichen Ende und im mittleren östlichen Bereich des „Düsteren Sees“, ausreichend sei.

 

KTA Podehl weist auf die nach der letzten ALNU-Sitzung entstandenen Missverständnisse unter den Anglern hin. Eine fachliche Auseinandersetzung habe diese beseitigen können.

Dies führe zu dem Vorschlag, dass für die künftige Legislaturperiode ein weiteres beratendes Mitglied aus den Reihen der Angler-Interessenvertretung, z. B. dem  Landessportfischerverband Niedersachsen e. V., in den ALNU aufgenommen werde.

Im Übrigen schließe man sich dem Votum der SPD-Fraktion an.

 

Der Vorsitzende KTA Andermann lässt über den Antrag abstimmen, die Sitzung an dieser Stelle zu unterbrechen, um mit der Einwohnerfragestunde zu diesem TOP fortzusetzen.

Das Abstimmungsergebnis lautet 11 Ja-Stimmen, 0 Nein-Stimmen und 0 Enthaltungen. Der Antrag wurde somit einstimmig angenommen.

 

Herr Hartmut Gruhlke, 1. Vorsitzender des Angler Vereins Nienburg e. V., begrüßt den Vorschlag, ein weiteres Mitglied mit beratender Stimme aus dem Kreis der Angler-Interessengemeinde in den ALNU aufnehmen zu wollen.

Im Hinblick auf eine Beschränkung des Schutz-Status als LSG am „Düsteren See“ sage er als Kompromiss eine ausschließliche einseitige Beangelung im nord-östlichen Bereich zu. Man spreche hier von nur rd. 10 Angelplätzen.

 

Nachdem sich Herr Peter Uslar, Obmann der Fischereiaufseher des Angler Vereins Nienburg e. V., mit dem Hinweis auf insgesamt betroffene rd. 250m den Ausführungen anschließt, erklärt Landschaftsarchitekt Gänsslen, dass verwaltungsseitig angesichts dieses Kompromisses ein generelles Angelverbot verzichtbar wäre.

 

Der Einwand Herrn Günter Hillmanns, dass doch direkt am „Estorfer See“ ein Radweg vorbeiführe und eine am Ufer gelegene Hütte gern von Jugendlichen als Aufenthaltsort bzw. Grillplatz genutzt werde, obwohl dieses Gebiet doch den NSG-Status habe, kann nicht nachvollzogen werden. Ein NSG sei Landschaftsarchitekt Gänsslen dort nicht bekannt. Der „Estorfer See“ habe lediglich den Status als LSG.

 

Auf die Frage von Herrn Michael Jakob, wie weit man sich an ein Gewässerufer nähern dürfe, das unter NSG-Status stünde, antwortet Landschaftsarchitekt Gänsslen, dass dies nicht pauschal beantwortet werden könne. Innerhalb der NSG-Grenzen bestehe ein allgemeines Betretungsverbot mit Ausnahme freigegebener Wege. Bei  dem hier geplanten LSG seien hingegen die Ufer entlang vorhandener Wege, bestehender Angelplätze und weiterer offener kurzrasiger Stellen erlebbar.

 

Weitere Fragen wurden nicht gestellt, so dass der Vorsitzende KTA Andermann die Einwohnerfragestunde unterbricht und mit der öffentlichen Sitzung des ALNU fortfährt.

 

 

Das Mitglied mit beratender Stimme Gerner unterstützt den Antrag von KTA Brüning.

Er weist darauf hin, dass die rote Liste der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten immer länger werde. Es ginge darum, das unbefugte Eingreifen in die Natur zu unterbinden, um gerade störungsempfindliche Tiere zu schützen. So sei z. B. die Fischotter-Fortpflanzung noch nicht gesichert. Ein Angelverbot am „Düsteren See“ böte viel naturschützendes Potenzial gegen geringe Einschränkung.

 

KTA Dr. Schmädeke spricht sich für das Engagement der Naturschutzverbände aus und zitiert das Motto des NABU: „Wir machen mit, weil wir gern in der Natur unterwegs sind“. Ein absolutes Betretungsverbot durch die Fischerei-Verbände, die ja ebenfalls Naturschutz-Verbände seien, würde diese ausschließen und damit ungleich behandeln. Fraktionsseitig stimme man dem Kompromiss-Vorschlag der SPD-Fraktion zu.

 

Auf den Hinweis des Mitglieds mit beratender Stimme Boße, dass man seitens des NABU bemüht sei, alle Menschen für den Schutz der Natur sensibel zu machen, weist KTA Brieber auf die Einigkeit in Bezug auf das Erlebbarmachen der Natur hin. Die Natur solle nicht leiden bzw. geschädigt werden. Ein striktes Betretungsverbot sei jedoch an dieser Stelle nicht verhältnismäßig.

 

Der Vorsitzende KTA Andermann bittet um Abstimmung über den von KTA Brüning gestellten Antrag. Das Abstimmungsergebnis lautet 1 Ja-Stimme, 5 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen. Der Antrag wurde somit mehrheitlich abgelehnt.

 

KTA Brieber stellt daraufhin den folgenden neuen Beschlussantrag: „Das begonnene Verfahren zur hoheitlichen Sicherung der Teilgebiete „Haaken Werder“, „Die Rolle“, „Nienburger Gruben“ und „Altes Rott“ durch Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes „Teichfledermaus-Gewässer in der Nienburger Marsch“ (LSG-NI63) in der Stadt Nienburg wird fortgeführt. Beim Teilgebiet „Düsterer See“ ist das auf der Westseite des Sees bereits bestehende Angelverbot so zu erweitern, dass das Angeln auf die im Nordosten des Sees bisher genutzten Angelplätze beschränkt bleibt.“

 

Der Vorsitzende KTA Andermann bittet um Abstimmung über den von KTA Brieber gestellten Antrag. Das Abstimmungsergebnis lautet 10 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme und 0 Enthaltungen. Der Antrag wurde somit mehrheitlich angenommen.

 

Der Vorsitzende KTA Andermann bittet Landschaftsarchitekt Gänsslen, die Beschlussvorlage für die Sitzung des ALNU im September entsprechend aufzu-arbeiten.

Er empfiehlt, in der neuen Legislaturperiode ein weiteres Mitglied mit beratender Stimme aus dem Interessenkreis der Angler in das Gremium aufzunehmen. Hierüber entscheiden müsste der neu gewählte Kreistag im Rahmen der Gremienbildung.

 


Beratungsergebnis:

 

Mit Stimmenmehrheit:            10 Ja-Stimmen       1 Nein-Stimme           0 Enthaltungen