Sitzung: 14.06.2016 Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt
Beschluss: Das Gremium beschließt geändert.
Abstimmung: Ja: 10, Nein: 1, Enthaltungen: 0, Befangen: 0
Vorlage: 2016/047
Beschluss:
Das begonnene Verfahren zur
hoheitlichen Sicherung der Teilgebiete „Haaken Werder“, „Die Rolle“,
„Nienburger Gruben“ und „Altes Rott“ durch Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes
„Teichfledermaus-Gewässer in der Nienburger Marsch“ (LSG-NI63) in der Stadt
Nienburg wird fortgeführt. Beim Teilgebiet „Düsterer See“ ist das auf der
Westseite des Sees bereits bestehende Angelverbot so zu erweitern, dass das
Angeln auf die im Nordosten des Sees bisher genutzten Angelplätze beschränkt
bleibt.“
Beratungsgang:
Landschaftsarchitekt Gänsslen erläutert anhand der Verordnungskarte die Teilgebiete „Die Rolle“, „Haaken Werder“, „Altes Rott“, „Nienburger
Gruben“ und „Düsterer See“ im Rahmen der Umsetzung
europarechtlicher Vorgaben in nationales Recht mit dem FFH-Gebiet 289
„Teichfledermaus-Gewässer im Raum Nienburg“.
Die Entscheidung über die weitere
Vorgehensweise zur Ausweisung des Landschaftsschutzgebiets
„Teichfledermaus-Gewässer in der Nienburger Marsch“ (LSG-NI-63) stehe noch aus.
Die
Grenze des Landschaftsschutzgebiets sei identisch mit der FFH-Grenze. Mit
diesen Abgrenzungen wurde für das geplante LSG das Beteiligungsverfahren
eingeleitet (lt. ALNU-Beschluss vom 24.11.2015).
Die UNB bestätige die
fachliche Wertigkeit für die Teilgebiete „Düsterer See“, „Nienburger Gruben“
und „Storchenteiche“.
Eine Ausweisung als NSG würde aber über die derzeit vorrangige
Pflichtaufgabe „Sicherung von Natura-2000-Gebieten“ hinausgehen. Mit einer NSG-Ausweisung seien weitere
Nutzungsein-schränkungen, wie sie von NABU und BUND gefordert werden,
verbunden, z. B. ein Betretungsverbot, Einschränkungen der Jagd (keine Jagd auf
Federwild) und der Angelnutzung (keine Reusenfischerei).
Die Stadt Nienburg möchte bei der von ihr empfohlenen Unterschutzstellung
als NSG die ordnungsgemäße Jagd, die berufsmäßige Fischerei, das Angeln, die
ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung, so, wie sie bisher praktiziert
wurde, weiterhin ermöglichen.
Eine derartige
volle Freistellung der bisher praktizierten Nutzungen passe jedoch nicht zu
einem NSG, so Landschaftsarchitekt Gänsslen. Die UNB sei bei einer Beschränkung
auf die Umsetzung der FFH-Richtlinie nach wie vor der Meinung, dass die
Sicherung durch eine LSG-Verordnung sinnvoll
und ausreichend ist. Einer möglichen Beschlussfassung des ALNU für die
Gebiete „Düsterer See“ und „Nienburger Gruben“ für ein NSG könne fachlich
gefolgt werden. Dann sei aber auch eine Ergänzung um eine noch genau zu
definierende Fläche der „Storchenteiche“ sinnvoll.
Einer Ausweisung des Teilgebietes „Altes Rott“ als NSG
könne hingegen nicht gefolgt werden. Es sei nicht erkennbar, dass die
Schutzwürdigkeit des Gebietes die Festsetzung eines allgemeinen Störungs- und
Beeinträchtigungsverbots und damit eine Ausweisung als NSG erfordere und
rechtfertige.
Bei einer NSG-Ausweisung müsste
für diese Teilgebiete ein komplett neues Verfahren eingeleitet werden. Das
LSG-Verfahren für die Bereiche „Die Rolle“, „Haaken Werder“ und „Altes Rott“
könnten wie geplant zu Ende geführt werden. Durch das alleinige Herauslösen der
zwei Bereiche „Nienburger Gruben“ und „Düsterer See“ entstünde für die übrigen
betroffenen Bereiche keine grundlegende Änderung.
Bei einer Aufspaltung in ein LSG
und ein NSG würde jedoch mit einem Zeitverlust von mindestens einem halben Jahr
zu rechnen sein.
Der ALNU solle in der heutigen
Sitzung den Beschluss über die weitere Vorgehensweise zur Ausweisung des
Landschaftsschutzgebiets „Teichfledermaus-Gewässer in der Nienburger Marsch“
(LSG-NI-63) fassen.
KTA Brüning spricht sich im Namen seiner Fraktion für die
Ausweisung als NSG aus. Da das Gebiet den Lebensraum für viele seltene
Tierarten biete und, im Rahmen des FFH-Status, sowieso über eine entsprechende
Verordnung zu schützen sei, böte sich die NSG-Ausweisung an. Im Hinblick auf
die „rote Liste“ der vom Aussterben gefährdeten Tierarten betrachte man ein
Betretungsverbot als wichtig. Die Artenschutz- und Lebensräume vieler
störungsempflindlicher Tierarten könnten nur so dauerhaft gesichert und für
spätere Generationen erlebbar gemacht werden.
Da das NSG-Schutzpotenzial durch
die beteiligten Verbände erkannt worden sei, wäre man auch seitens der Fraktion
Kompromissen gegenüber aufgeschlossen. Wegen der Nähe zu Nienburg akzeptiere
man daher u. a. die Badenutzung in den „Nienburger Gruben“.
Der „Düstere See“ sei aber für den
Naturschutz unverzichtbar, so dass hier eine Angelnutzung nicht tolerierbar
sei. Angesichts der zahlreichen Angelgewässer im Landkreis, seien die rd. 250
lfd. Meter Angelufer wohl auch verzichtbar.
KTA Brüning macht anhand von vielen Beispielen anschaulich
deutlich, wie wichtig der „Düstere See“ jetzt schon ist und welche
naturschutzfachlichen hochwertigen Entwicklungspotenziale noch in ihm steckten,
würde er vollständig beruhigt werden können. Dieses sei mit einer
NSG-Ausweisung und dem gleichzeitigen Verbot der Angelnutzung am gesamten
Gewässer erreichbar.
Er stellt daraufhin den folgenden
neuen Beschlussantrag, der sich auf das Kompromissangebot der
Naturschutzverbände bezieht:
„Das begonnene Verfahren zur
hoheitlichen Sicherung der Teilgebiete „Haaken Werder“, „Die Rolle“,
„Nienburger Gruben“ und „Altes Rott“ durch Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes
„Teichfledermaus-Gewässer in der Nienburger Marsch“ (LSG-NI63) in der Stadt
Nienburg wird fortgeführt. Die hoheitliche Sicherung des Teilgebietes „Düsterer
See“ in der Samtgemeinde Marklohe und der Stadt Nienburg erfolgt durch ein neu
einzuleitendes Verfahren als Naturschutzgebiet. In dieses geplante
Naturschutzgebiet werden dann die sogenannten Storchenteiche in der Stadt Nienburg
wegen ihrer naturschutzfachlichen Wertigkeit zusätzlich mit aufgenommen.“
KTA Hüneke macht deutlich, dass die Nienburger Wesermarsch
zunehmend von der Bevölkerung zur Erholung genutzt werde. Die vorhandene
Infrastruktur komme Radfahrern, Spaziergängern und Anglern entgegen und habe
sich in den letzten Jahren gut entwickelt. „Die Rolle“ werde alljährlich
intensiv durch Badende und Surfer genutzt. Auch habe sich, trotz einer
Angelnutzung, am „Düsteren See“ der Eisvogel und der Fischotter wieder
angesiedelt. Naturschutz und Angelnutzung schlössen sich somit nicht
gegenseitig aus, sondern könnten in Harmonie nebeneinander bestehen. So zeige
das am „Nienburger Gruben“ gelungene Fischotter-Projekt nur ein Beispiel dafür.
Ein weiteres Beispiel sei die Ansiedlung und Vermehrung eines
Seeadler-Pärchens, das sich im Estorfer Wald ohne einen vorhandenen
Schutzstatus angesiedelt habe und dort bereits 14 Junge groß gezogen hatte,
bevor ein Elterntier an einer Windkraftanlage zu Tode gekommen ist.
Ein NSG würde Verbote nach sich
ziehen, wie z. B. ein Betretungs- und Angelverbot. Er gibt zu bedenken, dass
sich seltene Tier- und Pflanzenarten auch ohne einen Schutzgebietsstatus neben
dem Menschen ansiedelten und vermehrten. Selbst ehemalige Mülldeponien seien
durch die Natur als Lebensraum zurückerobert worden.
Ein aktiver Naturschutz
funktioniere nur mit dem Menschen zusammen. Im Sinne einer „Gestaltungspolitik“
und nicht einer „Verbotspolitik“ spreche sich die Fraktion für den
ausreichenden Schutzstatus als LSG aus.
KTA Brieber berichtet darüber, dass man sich vor Ort mit den
Verbänden durchgängig auf Kompromisse einigen konnte. Strittig bliebe allein
die Angeltätigkeit am „Düsteren See“.
Fraktionsseitig habe man sich,
nach langer Debatte, darauf verständigt, dass ein LSG-Status mit Erweiterung um
ein Angelverbot am südlichen Ende und im mittleren östlichen Bereich des
„Düsteren Sees“, ausreichend sei.
KTA Podehl weist auf die nach der letzten ALNU-Sitzung
entstandenen Missverständnisse unter den Anglern hin. Eine fachliche
Auseinandersetzung habe diese beseitigen können.
Dies führe zu dem Vorschlag, dass
für die künftige Legislaturperiode ein weiteres beratendes Mitglied aus den
Reihen der Angler-Interessenvertretung, z. B. dem Landessportfischerverband
Niedersachsen e. V., in den ALNU aufgenommen werde.
Im Übrigen schließe man sich dem
Votum der SPD-Fraktion an.
Der Vorsitzende KTA Andermann
lässt über den Antrag abstimmen, die Sitzung an dieser Stelle zu unterbrechen,
um mit der Einwohnerfragestunde zu diesem TOP fortzusetzen.
Das Abstimmungsergebnis lautet 11
Ja-Stimmen, 0 Nein-Stimmen und 0 Enthaltungen. Der Antrag wurde somit
einstimmig angenommen.
Herr Hartmut Gruhlke, 1. Vorsitzender des Angler Vereins Nienburg e. V.,
begrüßt den Vorschlag, ein weiteres Mitglied mit beratender Stimme aus dem
Kreis der Angler-Interessengemeinde in den ALNU aufnehmen zu wollen.
Im Hinblick auf eine Beschränkung
des Schutz-Status als LSG am „Düsteren See“ sage er als Kompromiss eine
ausschließliche einseitige Beangelung im nord-östlichen Bereich zu. Man spreche
hier von nur rd. 10 Angelplätzen.
Nachdem sich Herr Peter Uslar,
Obmann der Fischereiaufseher des Angler Vereins Nienburg e. V., mit dem Hinweis
auf insgesamt betroffene rd. 250m den Ausführungen anschließt, erklärt Landschaftsarchitekt
Gänsslen, dass verwaltungsseitig angesichts dieses Kompromisses ein
generelles Angelverbot verzichtbar wäre.
Der Einwand Herrn Günter
Hillmanns, dass doch direkt am „Estorfer See“ ein Radweg vorbeiführe und
eine am Ufer gelegene Hütte gern von Jugendlichen als Aufenthaltsort bzw.
Grillplatz genutzt werde, obwohl dieses Gebiet doch den NSG-Status habe, kann
nicht nachvollzogen werden. Ein NSG sei Landschaftsarchitekt Gänsslen
dort nicht bekannt. Der „Estorfer See“ habe lediglich den Status als LSG.
Auf die Frage von Herrn Michael
Jakob, wie weit man sich an ein Gewässerufer nähern dürfe, das unter
NSG-Status stünde, antwortet Landschaftsarchitekt Gänsslen, dass dies
nicht pauschal beantwortet werden könne. Innerhalb der NSG-Grenzen bestehe ein
allgemeines Betretungsverbot mit Ausnahme freigegebener Wege. Bei dem hier geplanten LSG seien hingegen die
Ufer entlang vorhandener Wege, bestehender Angelplätze und weiterer offener
kurzrasiger Stellen erlebbar.
Weitere Fragen wurden nicht
gestellt, so dass der Vorsitzende KTA Andermann die Einwohnerfragestunde
unterbricht und mit der öffentlichen Sitzung des ALNU fortfährt.
Das Mitglied mit beratender
Stimme Gerner unterstützt den Antrag von KTA Brüning.
Er weist darauf hin, dass die rote
Liste der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten immer länger werde. Es ginge
darum, das unbefugte Eingreifen in die Natur zu unterbinden, um gerade
störungsempfindliche Tiere zu schützen. So sei z. B. die Fischotter-Fortpflanzung
noch nicht gesichert. Ein Angelverbot am „Düsteren See“ böte viel
naturschützendes Potenzial gegen geringe Einschränkung.
KTA Dr. Schmädeke spricht sich für das Engagement der
Naturschutzverbände aus und zitiert das Motto des NABU: „Wir machen mit, weil
wir gern in der Natur unterwegs sind“. Ein absolutes Betretungsverbot durch die
Fischerei-Verbände, die ja ebenfalls Naturschutz-Verbände seien, würde diese
ausschließen und damit ungleich behandeln. Fraktionsseitig stimme man dem
Kompromiss-Vorschlag der SPD-Fraktion zu.
Auf den Hinweis des Mitglieds
mit beratender Stimme Boße, dass man seitens des NABU bemüht sei, alle
Menschen für den Schutz der Natur sensibel zu machen, weist KTA Brieber
auf die Einigkeit in Bezug auf das Erlebbarmachen der Natur hin. Die Natur
solle nicht leiden bzw. geschädigt werden. Ein striktes Betretungsverbot sei
jedoch an dieser Stelle nicht verhältnismäßig.
Der Vorsitzende KTA Andermann
bittet um Abstimmung über den von KTA Brüning gestellten Antrag. Das
Abstimmungsergebnis lautet 1 Ja-Stimme, 5 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen. Der
Antrag wurde somit mehrheitlich abgelehnt.
KTA Brieber stellt daraufhin den folgenden neuen Beschlussantrag:
„Das begonnene Verfahren zur hoheitlichen Sicherung der Teilgebiete „Haaken
Werder“, „Die Rolle“, „Nienburger Gruben“ und „Altes Rott“ durch Ausweisung des
Landschaftsschutzgebietes „Teichfledermaus-Gewässer in der Nienburger Marsch“
(LSG-NI63) in der Stadt Nienburg wird fortgeführt. Beim Teilgebiet „Düsterer
See“ ist das auf der Westseite des Sees bereits bestehende Angelverbot so zu
erweitern, dass das Angeln auf die im Nordosten des Sees bisher genutzten
Angelplätze beschränkt bleibt.“
Der Vorsitzende KTA Andermann
bittet um Abstimmung über den von KTA Brieber gestellten Antrag. Das
Abstimmungsergebnis lautet 10 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme und 0 Enthaltungen. Der
Antrag wurde somit mehrheitlich angenommen.
Der Vorsitzende KTA Andermann
bittet Landschaftsarchitekt Gänsslen, die Beschlussvorlage für die
Sitzung des ALNU im September entsprechend aufzu-arbeiten.
Er empfiehlt, in der neuen
Legislaturperiode ein weiteres Mitglied mit beratender Stimme aus dem
Interessenkreis der Angler in das Gremium aufzunehmen. Hierüber entscheiden
müsste der neu gewählte Kreistag im Rahmen der Gremienbildung.
Beratungsergebnis:
Mit Stimmenmehrheit: 10
Ja-Stimmen 1 Nein-Stimme 0 Enthaltungen