Beschluss: Das Gremium nimmt Kenntnis.

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt nimmt Kenntnis.

 


Beratungsgang:

 

Bevor Diplombauingenieurin Nolte über den Sachstand der Belastung des Grundwassers mit erhöhten Nitratwerten im Landkreis Nienburg berichtet, bringt sie die bisherigen Schritte des Vertragsverletzungsverfahrens Nitratrichtlinie in Erinnerung.

Nachdem am 28.04.2015 die EU-Kommission die Bundesrepublik Deutschland vor dem Europäischen            Gerichtshof verklagte, weil diese ihrer Pflicht zur Umsetzung der Nitratrichtlinie nicht ausreichend nachgekommen war, reagierte man seitens des Umweltministeriums mit dem sog. „Wenzel-Erlass“ vom 17.08.2015. Ergänzend wurde vom MU am 02.11.2015 der Hinweis auf die Bereitstellung von Hintergrunddaten durch den Gewässerkundlichen Landesdienst (GLD) gegeben. Aus dem Behördendialog mit der Landwirtschaftskammer (LWK), dem Landkreis Diepholz und dem Fachbereich Umwelt berichtete Landrat Kohlmeier Minister Wenzel am 23.12.2015 das bisherige Ergebnis. Am 12.05.2016 wurde seitens des Ministers ein weiterer Erlass zum Ablaufschema und weiterer Maßnahmen an den Landrat gegeben, auf dessen Basis mit dem GLD ein 2. Behördendialog mit LWK, NLWKN, Landkreis Diepholz, sowie den Fachbereichen Bauen und Umwelt zur Abgrenzung der Suchräume unternommen wurde. Am 21.06.2016 wurden die Suchräume der LWK gemeldet, um durch deren Prüfdienst erste anlassbezogene Kontrollen durchführen zu lassen. Der 3. Behördendialag mit LWK, Prüfdienst, NLWKN, Landkreis Diepholz und dem Fachbereich Umwelt fand am 06.02.2017 statt.

 

 

 

 

 

Aus dem Bericht der EU-Kommission über die durchschnittlichen Nitratkonzentrationen aller Grundwassermessstationen für den Berichtszeitraum 2008-2011 veranschaulicht sie den vorletzten Rang Deutschlands vor Malta. Die Werte für den Berichtszeitraum 2012-2015 wurden von Deutschland unlängst gemeldet, der neue EU-Bericht liege aber noch nicht vor. Man habe lediglich ein überarbeitetes Nitratmessstellennetz verwendet, um unterschiedlich gemeldete Messstellenzahlen zu harmonisieren. Man erwarte Deutschland dadurch an einer besseren Position rangierend, aber immer noch im hinteren Drittel.

 

U. a. sei Niedersachsen von hohen Nitratwerten im Grundwasser stark betroffen, was sie anhand einer Karte des NLWKN mit den 1.112 Grundwasser-Messstellen im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie Grundwasser veranschaulicht. Die landesweiten Messergebnisse spiegeln die Grundwasser-beschaffenheit nach gemessener Nitratgüte in 2015 und den Nitrat-Trend der Jahre 2010 bis 2015 wider.

Die Darstellung der Grundwasser-Bewertung Nitrat 2015 auf einer Karte des NLWKN belege den mehrheitlich schlechten Zustand des Grundwasserkörpers in Niedersachsen. 

 

Die im Landkreis Nienburg gelegenen auffälligen Messstellen „Liebenau II G. 13“ und „Nordel I“ weisen eine Nitrat Güte 2015 von über 50 mg/l (= Schwellenwert) aus und zudem einen steigenden Nitrat-Trend 2010 bis 2015.

Während sich der Jahresmittelwert für Nitrat 2014 bei der Grundwasser-messstelle WW Liebenau II G.13 bei 83,7 mg/l befindet, liegt der Jahresmittelwert für Nitrat 2015 bei der Grundwassermessstelle Nordel I bei 190 mg/l.

 

Hinsichtlich der anlassbezogenen Kontrollen durch den Prüfdienst der Landwirtschaftskammer wurden zunächst die Suchräume vom NLWKN auf Plausibilität geprüft. Landesweit wurden 100 Betriebe stichprobenhalber aus den jeweiligen Suchräumen ausgewählt, von denen aufgrund Risikoanalyse (Anzahl Tiere, Flächengröße usw.) landesweit 60 Betriebe zur Überprüfung übrig blieben. Zwischenzeitlich wurden landesweit bereits 10 ordnungsrechtliche Verfahren eingeleitet.

 

Im Suchraum Nordel wurden 22 Betriebe und im Suchraum Liebenau 25 Betriebe (zusammen 47 Betriebe) ermittelt, von denen 18 Betriebe ausgewählt und über Risikoanalyse auf 8 Betriebe zur Überprüfung reduziert wurden. Das vorläufige Ergebnis der 4 bislang überprüften Betriebe ergab keine Beanstandungen. Begonnen wurde mit den Kontrollen im November 2016. Bis zum 15.03.2017 sollen diese abgeschlossen sein.

 

 

 

 

Nach Abschluss der anlassbezogenen Kontrollen erwarte man den Bericht des Prüfdienstes an die Unteren Wasserbehörden. In den weiteren Schritten werde dem  Ministerium berichtet (bis 31.03.2017) und „Runde Tische“ auf Landkreisebene mit LWK, Landvolk, Kreislandwirt, NLWKN und Landkreis eingerichtet (ab März 2017). Dabei soll die Umsetzung von freiwilligen und ordnungsrechtlichen Maßnahmen, wie z. B. eine Düngeberatung, Kontrollen nach Düngemittelrecht, Optimierungen des qualifizierten Flächennachweises (QFN), eine Intensivierung der freiwilligen Kooperationen in den Wasserschutzgebieten, eine Erhöhung der Lagerkapazität für Wirtschaftsdünger und Kontrollen der Wasserbehörde in den Wasserschutzgebieten bei Biogasanlagen und der Lagerung von Wirtschaftsdünger erörtert werden.

 

Der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke bedankt sich für die Darstellung der vielen Fakten und Daten und ergänzt, dass Bewertungen und Interpretationen allein schon aufgrund der ggf. 30 Jahre alten Grundwässer und unterschiedlichen Gegebenheiten schwer fallen. Durchaus denkbar sei, dass ein zur Überprüfung ausgewählter Betrieb nicht ursächlich an einem erhöhten Nitrateintrag beteiligt gewesen ist. Trotzdem habe man behördlich ein gutes Paket geschnürrt, um dem Erlass des MU zu folgen. Die Fachbehörden seien im regen Austausch. 

 

Das Mitglied mit beratender Stimme Göckeritz stellt die angesichts der Vielzahl von Messstellen unverhältnismäßig darstellenden Meldedaten an die EU-Kommission in Frage.

/         Seine Stellungnahme ist als Anlage dem Protokoll angefügt.

 

Nachdem das Mitglied mit beratender Stimme Gerner auf seine persönlichen Erfahrungen mit der Untersuchung von Gewässern verweist, welche die im Allgemeinen deutlich gestiegenen Nitratwerte im Grundwasser (und auch bei Fließgewässern) bestätigen, erinnert KTA Höltke daran, dass die Landwirte die anfallende Gülle ja auf das Feld bringen müssten. An dem Problem der erhöhten Nitratwerte sei ja auch die EU zum Teil selbst Schuld, da sie die landwirtschaftliche Entwicklung dahin gelenkt habe. Sie macht auf die schwierige Stellung als KTA und Landwirt bzw. Verbraucher aufmerksam.

 

Auf Nachfrage von KTA Hille, in wie weit ein Überschreiten des Schwellenwertes von 50 mg/l gesundheitsschädigend sei und ob auch Belastungen des Grundwassers aufgrund anderer Eintragungen möglich seien, erklärt Diplombauingenieurin Nolte, dass sich der Schwellenwert als EU-Richtwert an einem 70 kg schweren Menschen orientiere. Dieser könne durchschnittlich täglich bis zu 250 mg/l Nitrat zu sich nehmen, bevor dies gesundheitsschädigend sei. Problematisch werde Nitrat erst im Zusammenwirken mit nitritbildenden Bakterien, die über die Nahrung aufgenommen werden. Es werde zudem vermutet, dass Nitrat krebserregend sei.

 

Baudirektor Wehr erläutert ergänzend, dass u. a. auch Salze, Schwermetalle, Kohlenwasserstoffe, sowie regional begrenzt auch Sprengstoffe und Antibiotika bekannte Einträge in das Grundwasser seien.

Hinsichtlich der erhöhten Nitratwerte macht er deutlich, dass die bislang gewonnenen vorsichtigen Ergebnisse nicht geeignet seien, jemandem die Schuld zuzuweisen. Die Kommunen können nur eingeschränkt über Gremienarbeit Standards entwickeln, um dem Trend steigender Messwerte entgegen zu wirken. Ein „Hallo wach – Effekt“ sei bereits erreicht. So investiere bspw. der Landkreis Cloppenburg selbst in die Auswertung des Grundwassers, obwohl es nicht seine originäre Aufgabe ist. Durch Beratungsleistungen konnten in Modellbetrieben z. B. im Zeitraum 2011-2014 bereits 600 to./a Stickstoff eingespart werden. Auch das Land Niedersachsen biete inzwischen zahlreiche Beratungsangebote an.

Neben der ordnungsbehördlichen Zuständigkeit des Prüfdienstes der LWK und anderer Stellen für die Düngeüberwachung, ergäben sich für den Landkreis Nienburg/Weser konkret durch die Querung des Suchraums durch das Trinkwasserschutzgebiet Liebenau II ein Handlungsbedarf. Über die Auswertung von qualifizierten Flächennachweisen sind auch die Genehmigungsbehörden nach Baurecht und Immissionsschutzrecht zuständig.

 

Nachdem KTA Dr. Bauer darüber berichtet, dass die Niedersächsische Landwirtschaftskammer für den Landkreis Nienburg/Weser im Zeitraum 2014/2015 eine Gülleproduktion von rd. 1 Mio. to. angibt und er hinsichtlich des Pflanzenwachstums die kritische Frage nach der Aufnahmefähigkeit des Bodens stellt, erklärt das Mitglied mit beratender Stimme Göckeritz, dass es sich dabei um Angaben des maximal zulässigen Überschusses aus dem Nährstoffbericht handele, der zudem seit kurzem aktualisiert wurde.

 

KTA Kuhlmann lobt die beiderseitige Darstellung aus Sicht der Landwirtschaft und des Naturschutzes. Auch durchaus unterschiedlicher Meinung dürfe man aber nicht das gemeinsame Ziel aus den Augen verlieren, den steigenden Nitratwerten entgegen arbeiten zu müssen.

 


Beratungsergebnis:

 

ohne