Beschluss: Das Gremium beschließt geändert.

Abstimmung: Ja: 9, Nein: 0, Enthaltungen: 2, Befangen: 0

Beschluss:

 

Die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Die Große Aue – Von Steyerberg bis zur Weser“ (LSG NI 66) im Flecken Steyerberg und in der Samtgemeinde Liebenau wird unter der Voraussetzung des Ersatzes der Formulierung "einen Durchmesser" durch "eine Öffnungsweite" in der LSG-Verordnung § 5 Absatz 1 Nr. d) beschlossen.

 


Beratungsgang:

 

Der Beratungsgang gilt gleichlautend auch zu TOP 4 (Drucksache 2017/068).

Das Gremium beschließt geändert.

 

Landschaftsarchitekt Gänsslen erläutert, dass es sich bei den beiden LSG um das gleiche Gewässer „Die Große Aue“ handelt. Thematisch habe man sich mit beiden LSG ähnlich auseinandergesetzt. 

Das LSG NI 67 bilde den Gewässerverlauf der „Großen Aue“ von Voigtei bis Steyerberg mit den Teilgebieten „Aue-Wiesen & Alte Weiden“, „Burgwiesen“, „Herrenbruch & Wischhagen“ sowie „Brunnenberg & Steyerberg“ ab, bevor es sich im weiteren Verlauf an das LSG NI 66 „Die Große Aue - Von Steyerberg bis zur Weser“ mit den Teilgebieten „An der Dunkheide“, „Große Aue bei Spelshausen“, „Altarme und Teiche Liebenau-Eickhof“, „Altarm am Arkenberg“, „Altarme am Hokenkamp“ und „Alte Aue“ angliedert.

 

Den betroffenen Samtgemeinden, den sonst betroffenen Behörden und den anerkannten Naturschutzvereinigungen, sowie den Eigentümern wurden die Entwurfsunterlagen zur Stellungnahme vorab zugeleitet. Im Rahmen des Auslegungsverfahrens ergab sich daraus für das LSG NI 67 lediglich eine Stellungnahme. 60 Träger öffentlicher Belange, Interessenvertretungen und anerkannte Naturschutzvereinigungen sowie Grundstückseigentümer (davon 6 Private) wurden beteiligt. Von denen haben 17 Stellen (davon 5 private Eigentümer) Bedenken, Anregungen und Hinweise vorgebracht. Von den persönlich beteiligten 6 privaten Eigentümern haben 5 Bedenken oder Anregungen geäußert. Hauptsächlich waren diese einfache Nachfragen und Bitten um Erläuterungen. Die Ergebnisse der fachlichen und rechtlichen Auseinandersetzung sind in den Verordnungsentwurf eingeflossen.

 

Im Rahmen des Auslegungsverfahrens für das LSG NI 66 wurden keine Stellungnahmen vorgelegt. Im Beteiligungsverfahren wurden 91 Träger öffentlicher Belange, Interessenvertretungen und anerkannte Naturschutzvereinigungen sowie Grundstückseigentümer beteiligt. 31 Stellen (davon 6 private Eigentümer) haben Bedenken bzw. Anregungen und Hinweise vorgebracht, mit denen sich fachlich und rechtlich auseinandergesetzt wurde.

2 der Eigentümer waren mit der geplanten LSG-VO nicht einverstanden, da sie diese als unzumutbare Härte empfanden. Dem Einwand konnte in beiden Fällen nicht gefolgt werden, da nur Flächen in das LSG aufgenommen wurden, die als FFH-Gebiet gemeldet oder als Geschütztes Biotop (GB) per Gesetz geschützt sind. Die Flächen liegen zudem im bestehenden LSG NI 25. Hinsichtlich der Lage einer Lagerfläche eines Betriebes wurde die LSG-Grenze in diesem Bereich entsprechend angepasst.

NABU und BUND forderten ein Verbot der  angelfischereilichen Nutzung an und auf der neu entstandenen Weserinsel. Hier wurden Zonen eingerichtet, die die Entwicklung von hochwertigen Biotopen besonders fördern (ohne Angelnutzung) und Zonen (südlich), die ein Erleben und die Nutzung der Natur, u. a. durch Angelnutzung, weiterhin zulassen. Lt. Unterlagen der Planfeststellung zur Mittelweseranpassung und Abstimmungen mit dem Neubauamt des Bundes unterliegt die Weserinsel nur in der Anwuchsphase einem Betretungsverbot. Aufgrund der Ausgestaltung der Kompensationsmaßnahmen werde es nicht möglich sein, die Insel ganzjährig zu betreten, die Möglichkeit für eine ungestörte Entwicklung der Insel sei somit zeitweise für die ganze Fläche und ganzjährig für die nördliche Hälfte gegeben.

 

Der NABU stellt darüber hinaus einen Antrag auf Gebietserweiterung ohne Angel-nutzung im Bereich der Mündung der Großen Aue in die Weser. Dieses wurde bereits in der ALNU-Sitzung vom 20.09.2016 durch den damaligen KTA und jetzt  stellv. Mitglied mit beratender Stimme Brüning vorgetragen. Die Bundesrepublik Deutschland als Eigentümer dieser Kompensationsmaßnahmenfläche aus der Mittelweseranpassung habe keine Bedenken gegen die beantragte Hinzuziehung vorgetragen.

Mit dem Angler-Verein Nienburg wurden Argumente für und gegen eine Sperrung angelfischereilicher Nutzung eines Teiles dieses neuen LSG-Bereiches ausgetauscht. Es bestehe keine Bereitschaft zum freiwilligen Verzicht aufgrund der weiteren Angelverbote im Nahbereich, so dass der Bereich für die Angelnutzung an der Weser nicht gesperrt werden sollte. Im Bereich des temporär wasserführenden Stillgewässers ohne Weseranschluss sei die angelfischereiliche Nutzung indes nicht vorgesehen.

 

Die LSG-VO stelle aus Sicht des Anglerverbandes Niedersachsen einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechte zur Nutzung der Gewässer und zur Ausübung der Angelfischerei (an den Altarmen) dar und würde einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz bedeuten. Gleichzeitig begrüße man aber die Regelungen zur Großen Aue und die mit dem Anglerverein Nienburg einvernehmlich abgestimmten räumlichen Regelungen auf der Weserinsel und stimme diesen zu.

Mit der LSG-VO beschränke man die Angelfischerei in den Altarmen auf die bisher hierfür genutzten Bereiche und erhalte so den „Status quo“. Die Angelbereiche und Verbotszonen wurden gemeinsam festgelegt. Eigentümern ist es weiterhin möglich, ihrer Hegepflicht am gesamten Altarm nachzukommen. Die Altarme sind zum Großteil Geschützte Biotope (GB) und unterliegen weitreichenderen Schutz-bestimmungen als denen der LSG-VO.

Die Badenutzung der Großen Aue wird, in Hinblick auf die Identifikation von Jugendlichen und Kindern mit der Natur und der Heimat, freigestellt. Das Baden sei allerdings nur im Bereich der offenen Wasserfläche erlaubt, so dass z. B. Röhrichte oder Schwimmblatt Vegetationen geschützt werden. Weiter bleiben in der Großen Aue zudem die Angelnutzung, das Befahren mit Booten und die Freizeitaktivität Kanu-Fahren erlaubt.

 

Einige der eingegangen Stellungnahmen beschäftigten sich mit dem Verbot der Reusenfischerei für die Nicht-Erwerbsfischerei oder der Reusenfischerei ausschließlich mit Ottergittern. Die Einschränkungen würden eine unzumutbare Härte bedeuten oder zur Aufgabe der Reusenfischerei führen.

Verwaltungsseitig könne dem Argument nicht gefolgt werden. Die Nicht-Erwerbsfischerei verwende keine Reusen. Die Verwendung von Ottergittern durch die Erwerbsfischerei und das vorsorgliche Verbot der Nutzung von Reusen für die Nicht-Erwerbsfischerei sei erforderlich, da Nachweise des Fischotters (Lutra lutra) aus den Wintern 2014/2015 und 2016/2017 an der Großen Aue vorliegen. In Hinblick auf zukünftige Entwicklungen dürften aber „naturschutzfachlich anerkannte“ Reusen verwendet werden, die dem Fischotter eine Möglichkeit zur unversehrten Flucht bieten. Ausnahmen oder Befreiungen in Bezug auf die Angelnutzung und die Reusenfischerei können darüber hinaus erteilt werden.

 

Das Mitglied mit beratender Stimme Brauer berichtet darüber, dass seit dem Zeitpunkt, als ein Fischotter in eine Fotofalle am Steinhuder Meer geraten sei, über die ÖSSM gutachterlich versucht werde, die Reusenfischerei zu unterbinden. Ein Praxistest von Reusen mit Soll-Rissstellen beim Otternzentrum Hankensbüttel sei im Ergebnis vorzeitig abgebrochen worden, bevor der Fischotter eine reale Fluchtreaktion gezeigt habe. Insgesamt werde, im Gegensatz zu Niedersachsen, die Population des Fischotters in Schleswig-Holstein seit 1993 dokumentiert. U. a. ergäben sich hierüber auch genaue Zahlen über das Ableben der Fischotter und die Gründen hierfür.

 

Angesichts der unverhältnismäßig geringen Zahl der durch Reusenfischerei zu Tode gekommenen Fischotter gegenüber z. B. straßenverkehrsbedingten Fischotterleichen schlägt er eine Umformulierung der entsprechenden Passagen in den LSG-Verordnungen (§ 5) vor.

 

Landschaftsarchitekt Gänsslen erklärt, dass ihm im Vorfeld der Sitzung keine Änderung der Formulierungen bekannt gegeben wurde. Er betont, dass man sich mit der LSG-Verordnung u. a. im Artenschutzrecht bewege, welches jedes einzelne Exemplar schütze. Weitergehende Erkenntnisse des LAVES und des NLWKN bestätigten das Vorkommen des Fischotters.

 

Das Mitglied mit beratender Stimme Brauer bittet angesichts der wenigen Todesfälle von Fischottern durch Ertrinken (in Schleswig-Holstein wurden lediglich 3 in den letzten 20 Jahren erfasst) die Reusenfischerei zuzulassen. Zumindest solle nicht von vornherein die Möglichkeit zur Absprache mit den Betroffenen ausgeschlossen werden.

 

Nachdem sich das stellv. Mitglied mit beratender Stimme Brüning dezidiert zur rechtlichen Gebundenheit ohne Ermessensspielraum in diesem Fall äußert, erläutert Kreisrat Hoffmann, dass unter der Maßgabe des Gefahrenaus-schlusses für den Fischotter, kein praktischer Unterschied zur bisherigen Regelung bestehe. Mit „naturschutzfachlich anerkannten“ Reusen dürfe nach wie vor gefischt werden.

 

Nachdem das stellv. Mitglied mit beratender Stimme Brüning auf eine Unduldbarkeit der Gefährdung durch derartige, gegenwärtig im Steinhuder Meer in Nutzung befindlichen, Reusen hinweist, stellt das Mitglied mit beratender Stimme Brauer dies als eine bloße Behauptung dar.

 

KTA Hille fasst zusammen, dass man sich hier ergebnisorientiert für die Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet entschlossen habe. Die prioritäre Zielsetzung der Reusenfischerei sei es doch, mit den Reusen Fische und nicht Fischotter zu fangen. Das Risiko für die Fischotter, gefangen zu werden, könne nicht gänzlich ausgeschlossen werden, könne aber auch nicht als unverhältnismäßig hoch bezeichnet werden.

KTA Ó Toráin merkt an, dass sich die Fischotter bei der Nahrungssuche in die Fischreusen zu den dort gefangenen Fischen (quasi als „leichte Beute“) und damit in Lebensgefahr begeben.

 

Auf den Hinweis von KTA Höltke, dass man sich angesichts der rechtlichen Schutzverpflichtung zu einem gesetzeskonformen Kompromissvorschlag verständigen müsse, hier aber ja nur ein kleiner Bereich betroffen sei, ergänzt das Mitglied mit beratender Stimme Brauer, dass bis auf die Mündungsbereiche in der Großen Aue keine Reusenfischerei betrieben werde.

 

Kreisrat Hoffmann betont, dass eine „generelle“ Reusenfischerei wegen der Schutzverpflichtung nicht in Frage komme, die Fischerei mit „naturschutzfachlich anerkannten“ Reusen sei hingegen weiter erlaubt. Im Zweifel müsse die Untere Naturschutzbehörde (UNB) konkret um Freigabe gebeten werden.

 

Auf Antrag von KTA Podehl wird der Beschlussvorschlag um den Zusatz „… unter der Voraussetzung des Ersatzes der Formulierung „einen Durchmesser“ durch „eine Öffnungsweite“ in der LSG-Verordnung § 5 Absatz 1 Nr. d) …“ ergänzt.

 


Beratungsergebnis:

 

Einstimmig mit 2 Enthaltungen.