Sitzung: 04.04.2017 Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt
Beschluss: Das Gremium beschließt geändert.
Abstimmung: Ja: 9, Nein: 0, Enthaltungen: 2, Befangen: 0
Vorlage: 2017/067
Beschluss:
Die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Die
Große Aue – Von Steyerberg bis zur Weser“ (LSG NI 66) im Flecken Steyerberg und
in der Samtgemeinde Liebenau wird unter der Voraussetzung des Ersatzes der
Formulierung "einen Durchmesser" durch "eine Öffnungsweite"
in der LSG-Verordnung § 5 Absatz 1 Nr. d) beschlossen.
Beratungsgang:
Der
Beratungsgang gilt gleichlautend auch zu TOP 4 (Drucksache 2017/068).
Das
Gremium beschließt geändert.
Landschaftsarchitekt
Gänsslen erläutert, dass es sich bei
den beiden LSG um das gleiche Gewässer „Die Große Aue“ handelt. Thematisch habe
man sich mit beiden LSG ähnlich auseinandergesetzt.
Das
LSG NI 67 bilde den Gewässerverlauf der „Großen Aue“ von Voigtei bis Steyerberg
mit den Teilgebieten „Aue-Wiesen & Alte Weiden“, „Burgwiesen“, „Herrenbruch
& Wischhagen“ sowie „Brunnenberg & Steyerberg“ ab, bevor es sich im
weiteren Verlauf an das LSG NI 66 „Die Große Aue - Von Steyerberg bis zur
Weser“ mit den Teilgebieten „An der Dunkheide“, „Große Aue bei Spelshausen“,
„Altarme und Teiche Liebenau-Eickhof“, „Altarm am Arkenberg“, „Altarme am
Hokenkamp“ und „Alte Aue“ angliedert.
Den
betroffenen Samtgemeinden, den sonst betroffenen Behörden und den anerkannten
Naturschutzvereinigungen, sowie den Eigentümern wurden die Entwurfsunterlagen
zur Stellungnahme vorab zugeleitet. Im Rahmen des Auslegungsverfahrens ergab
sich daraus für das LSG NI 67 lediglich eine Stellungnahme. 60 Träger öffentlicher
Belange, Interessenvertretungen und anerkannte Naturschutzvereinigungen sowie
Grundstückseigentümer (davon 6 Private) wurden beteiligt. Von denen haben 17
Stellen (davon 5 private Eigentümer) Bedenken, Anregungen und Hinweise vorgebracht.
Von den persönlich beteiligten 6 privaten Eigentümern haben 5 Bedenken oder Anregungen
geäußert. Hauptsächlich waren diese einfache Nachfragen und Bitten um Erläuterungen.
Die Ergebnisse der fachlichen und
rechtlichen Auseinandersetzung sind in den Verordnungsentwurf eingeflossen.
Im
Rahmen des Auslegungsverfahrens für das LSG NI 66 wurden keine Stellungnahmen
vorgelegt. Im Beteiligungsverfahren wurden 91 Träger öffentlicher Belange,
Interessenvertretungen und anerkannte Naturschutzvereinigungen sowie Grundstückseigentümer
beteiligt. 31 Stellen (davon 6 private Eigentümer) haben Bedenken bzw. Anregungen
und Hinweise vorgebracht, mit denen sich fachlich
und rechtlich auseinandergesetzt wurde.
2
der Eigentümer waren mit der geplanten LSG-VO nicht einverstanden, da sie diese
als unzumutbare Härte empfanden. Dem Einwand konnte in beiden Fällen nicht gefolgt
werden, da nur Flächen in das LSG aufgenommen wurden, die als FFH-Gebiet
gemeldet oder als Geschütztes Biotop (GB) per Gesetz geschützt sind. Die
Flächen liegen zudem im bestehenden LSG NI 25. Hinsichtlich der Lage einer
Lagerfläche eines Betriebes wurde die LSG-Grenze in diesem Bereich entsprechend
angepasst.
NABU
und BUND forderten ein Verbot der
angelfischereilichen Nutzung an und auf der neu entstandenen Weserinsel.
Hier wurden Zonen eingerichtet, die die Entwicklung von hochwertigen Biotopen
besonders fördern (ohne Angelnutzung) und Zonen (südlich), die ein Erleben und
die Nutzung der Natur, u. a. durch Angelnutzung, weiterhin zulassen. Lt.
Unterlagen der Planfeststellung zur Mittelweseranpassung und Abstimmungen mit
dem Neubauamt des Bundes unterliegt die Weserinsel nur in der Anwuchsphase
einem Betretungsverbot. Aufgrund der Ausgestaltung der Kompensationsmaßnahmen
werde es nicht möglich sein, die Insel ganzjährig zu betreten, die Möglichkeit
für eine ungestörte Entwicklung der Insel sei somit zeitweise für die ganze Fläche
und ganzjährig für die nördliche Hälfte gegeben.
Der
NABU stellt darüber hinaus einen Antrag auf Gebietserweiterung ohne Angel-nutzung
im Bereich der Mündung der Großen Aue in die Weser. Dieses wurde bereits in der
ALNU-Sitzung vom 20.09.2016 durch den damaligen KTA und jetzt stellv. Mitglied mit beratender Stimme
Brüning vorgetragen. Die Bundesrepublik Deutschland als Eigentümer dieser
Kompensationsmaßnahmenfläche aus der Mittelweseranpassung habe keine Bedenken
gegen die beantragte Hinzuziehung vorgetragen.
Mit
dem Angler-Verein Nienburg wurden Argumente für und gegen eine Sperrung angelfischereilicher
Nutzung eines Teiles dieses neuen LSG-Bereiches ausgetauscht. Es bestehe keine Bereitschaft
zum freiwilligen Verzicht aufgrund der weiteren Angelverbote im Nahbereich, so
dass der Bereich für die Angelnutzung an der Weser nicht gesperrt werden sollte.
Im Bereich des temporär wasserführenden Stillgewässers ohne Weseranschluss sei
die angelfischereiliche Nutzung indes nicht vorgesehen.
Die
LSG-VO stelle aus Sicht des Anglerverbandes Niedersachsen einen schwerwiegenden
Eingriff in die Rechte zur Nutzung der Gewässer und zur Ausübung der Angelfischerei
(an den Altarmen) dar und würde einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
bedeuten. Gleichzeitig begrüße man aber die Regelungen zur Großen Aue und die
mit dem Anglerverein Nienburg einvernehmlich abgestimmten räumlichen Regelungen
auf der Weserinsel und stimme diesen zu.
Mit
der LSG-VO beschränke man die Angelfischerei in den Altarmen auf die bisher
hierfür genutzten Bereiche und erhalte so den „Status quo“. Die Angelbereiche
und Verbotszonen wurden gemeinsam festgelegt. Eigentümern ist es weiterhin
möglich, ihrer Hegepflicht am gesamten Altarm nachzukommen. Die Altarme sind
zum Großteil Geschützte Biotope (GB) und unterliegen weitreichenderen Schutz-bestimmungen
als denen der LSG-VO.
Die
Badenutzung der Großen Aue wird, in Hinblick auf die Identifikation von Jugendlichen
und Kindern mit der Natur und der Heimat, freigestellt. Das Baden sei allerdings
nur im Bereich der offenen Wasserfläche erlaubt, so dass z. B. Röhrichte oder
Schwimmblatt Vegetationen geschützt werden. Weiter bleiben in der Großen Aue
zudem die Angelnutzung, das Befahren mit Booten und die Freizeitaktivität Kanu-Fahren
erlaubt.
Einige
der eingegangen Stellungnahmen beschäftigten sich mit dem Verbot der Reusenfischerei
für die Nicht-Erwerbsfischerei oder der Reusenfischerei ausschließlich mit
Ottergittern. Die Einschränkungen würden eine unzumutbare Härte bedeuten oder
zur Aufgabe der Reusenfischerei führen.
Verwaltungsseitig
könne dem Argument nicht gefolgt werden. Die Nicht-Erwerbsfischerei verwende
keine Reusen. Die Verwendung von Ottergittern durch die Erwerbsfischerei und
das vorsorgliche Verbot der Nutzung von Reusen für die Nicht-Erwerbsfischerei
sei erforderlich, da Nachweise des Fischotters (Lutra lutra) aus den Wintern
2014/2015 und 2016/2017 an der Großen Aue vorliegen. In Hinblick auf zukünftige
Entwicklungen dürften aber „naturschutzfachlich anerkannte“ Reusen verwendet
werden, die dem Fischotter eine Möglichkeit zur unversehrten Flucht bieten.
Ausnahmen oder Befreiungen in Bezug auf die Angelnutzung und die Reusenfischerei
können darüber hinaus erteilt werden.
Das
Mitglied mit beratender Stimme Brauer berichtet darüber, dass seit dem Zeitpunkt,
als ein Fischotter in eine Fotofalle am Steinhuder Meer geraten sei, über die
ÖSSM gutachterlich versucht werde, die Reusenfischerei zu unterbinden. Ein
Praxistest von Reusen mit Soll-Rissstellen beim Otternzentrum Hankensbüttel sei
im Ergebnis vorzeitig abgebrochen worden, bevor der Fischotter eine reale
Fluchtreaktion gezeigt habe. Insgesamt werde, im Gegensatz zu Niedersachsen,
die Population des Fischotters in Schleswig-Holstein seit 1993 dokumentiert. U.
a. ergäben sich hierüber auch genaue Zahlen über das Ableben der Fischotter und
die Gründen hierfür.
Angesichts
der unverhältnismäßig geringen Zahl der durch Reusenfischerei zu Tode
gekommenen Fischotter gegenüber z. B. straßenverkehrsbedingten Fischotterleichen
schlägt er eine Umformulierung der entsprechenden Passagen in den
LSG-Verordnungen (§ 5) vor.
Landschaftsarchitekt
Gänsslen erklärt, dass ihm im Vorfeld
der Sitzung keine Änderung der Formulierungen bekannt gegeben wurde. Er betont,
dass man sich mit der LSG-Verordnung u. a. im Artenschutzrecht bewege, welches
jedes einzelne Exemplar schütze. Weitergehende Erkenntnisse des LAVES und des
NLWKN bestätigten das Vorkommen des Fischotters.
Das
Mitglied mit beratender Stimme Brauer bittet angesichts der wenigen
Todesfälle von Fischottern durch Ertrinken (in Schleswig-Holstein wurden lediglich
3 in den letzten 20 Jahren erfasst) die Reusenfischerei zuzulassen. Zumindest
solle nicht von vornherein die Möglichkeit zur Absprache mit den Betroffenen
ausgeschlossen werden.
Nachdem
sich das stellv. Mitglied mit
beratender Stimme Brüning dezidiert
zur rechtlichen Gebundenheit ohne Ermessensspielraum in diesem Fall äußert, erläutert
Kreisrat Hoffmann, dass unter der Maßgabe des Gefahrenaus-schlusses für
den Fischotter, kein praktischer Unterschied zur bisherigen Regelung bestehe.
Mit „naturschutzfachlich anerkannten“ Reusen dürfe nach wie vor gefischt
werden.
Nachdem
das stellv. Mitglied mit beratender
Stimme Brüning auf eine Unduldbarkeit
der Gefährdung durch derartige, gegenwärtig im Steinhuder Meer in Nutzung befindlichen,
Reusen hinweist, stellt das Mitglied mit beratender Stimme Brauer dies
als eine bloße Behauptung dar.
KTA
Hille fasst zusammen, dass man sich
hier ergebnisorientiert für die Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet
entschlossen habe. Die prioritäre Zielsetzung der Reusenfischerei sei es doch,
mit den Reusen Fische und nicht Fischotter zu fangen. Das Risiko für die Fischotter,
gefangen zu werden, könne nicht gänzlich ausgeschlossen werden, könne aber auch
nicht als unverhältnismäßig hoch bezeichnet werden.
KTA
Ó Toráin merkt an, dass sich die
Fischotter bei der Nahrungssuche in die Fischreusen zu den dort gefangenen
Fischen (quasi als „leichte Beute“) und damit in Lebensgefahr begeben.
Auf
den Hinweis von KTA Höltke, dass man sich angesichts der rechtlichen
Schutzverpflichtung zu einem gesetzeskonformen Kompromissvorschlag verständigen
müsse, hier aber ja nur ein kleiner Bereich betroffen sei, ergänzt das Mitglied
mit beratender Stimme Brauer, dass bis auf die Mündungsbereiche in der
Großen Aue keine Reusenfischerei betrieben werde.
Kreisrat
Hoffmann betont, dass eine „generelle“
Reusenfischerei wegen der Schutzverpflichtung nicht in Frage komme, die
Fischerei mit „naturschutzfachlich anerkannten“ Reusen sei hingegen weiter erlaubt.
Im Zweifel müsse die Untere Naturschutzbehörde (UNB) konkret um Freigabe
gebeten werden.
Auf
Antrag von KTA Podehl wird der Beschlussvorschlag um den Zusatz „… unter der Voraussetzung des
Ersatzes der Formulierung „einen Durchmesser“ durch „eine Öffnungsweite“ in der
LSG-Verordnung § 5 Absatz 1 Nr. d) …“ ergänzt.
Beratungsergebnis:
Einstimmig mit 2 Enthaltungen.