Beschluss: Das Gremium beschließt ungeändert.

Abstimmung: Ja: 10, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 1

Beschlussvorschlag:

 

Mit den als Anlagen beigefügten Entwürfen der Landschaftsschutzgebiets-verordnung, den Verordnungskarten, der Übersichtskarte und der Begründung zur Landschaftsschutzgebietsverordnung wird das offizielle Beteiligungs-verfahren zur Ausweisung des geplanten Landschaftsschutzgebietes (LSG NI 68) „Steinhuder Meerbach und Nebengewässer (mit Leeser Erlen Riede)“ eingeleitet.

 


Beratungsgang:

 

Vor Beratungsbeginn zu diesem TOP gibt KTA Dralle seinen Ausschluss wegen Mitwirkungsverbot bekannt und rückt vom Beratungstisch ab.

 

Landschaftsarchitekt Gänsslen veranschaulicht die Einleitungsabsicht des Beteiligungsverfahrens zur Ausweisung des Landschaftsschutzgebiets (LSG NI 68) „Steinhuder Meerbach und Nebengewässer (mit Leeser Erlen-Riede)“ anhand der Verordnungsübersichtskarte. Das LSG hat eine Größe von 64,74 ha.

 

Im Zuge der Verpflichtung des Landkreises Nienburg/Weser zur Umsetzung der EU-Vorgaben über die Sicherung von Natura 2000-Gebieten gemäß § 32 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) soll die Erhaltung, naturnahe Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes gesichert werden.

Im Besonderen werde hier der Erhalt oder die Wiederherstellung und die Förderung einer vitalen, langfristig überlebensfähigen Population des Hirschkäfers, des Schlammpeitzgers, des Steinbeißers, des Bitterlings, der Helm-Azurjungfer, des Fischotters, des Europäischen Nerzes und der Teichfledermaus (Gewässer begleitend) beabsichtigt.

Ein besonderer Schutzzweck komme zudem auch der Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der Erlen-Bruchwälder, Erlen und Eschen-Sumpfwälder (prioritär), Bodensauren Buchenwälder (hier Hainsimsen-Buchenwälder), Alten bodensauren Eichenwälder auf Sandböden mit Stieleichen sowie Feuchten Hochstaudenfluren zu.

Zusätzlich stehe den wertbestimmenden und weiteren fließgewässertypischen Vogelarten aus der zum Europäischen Vogelschutzgebiet 42 „Steinhuder Meer“ gehörenden Fläche ein Erhaltungs- bzw. Wiederherstellungsziel zum günstigen Erhaltungszustand zu.

  

Hinsichtlich der Verordnungsinhalte habe man sich an den verschiedenen Nutzungen orientiert.

So werde eine ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung nach guter fachlicher Praxis freigestellt. Der Umbruch von Grünland in Acker werde jedoch verboten.

Die natur- und landschaftsverträgliche sonstige fischereiliche Nutzung ohne Nutzungsintensivierung werde freigestellt, soweit sie dem Schutzzweck nicht entgegensteht. Fischen mit Reusen oder Netzen werde indes nicht zugelassen. Die ordnungsgemäße Gewässerunterhaltung werde in einem Unterhaltungsplan geregelt, der im Einvernehmen mit den Unteren Naturschutz- und Wasserbehörden aufgestellt wird. So könne man flexibel auf die verschiedenen Belange reagieren.

Die ordnungsgemäße Ausübung der Jagd werde mit der Ausnahme freigestellt, dass zum Schutz von Fischotter und Europäischem Nerz Totschlagfallen außerhalb des Waldbereiches „Leeser Erlen-Riede“ nicht eingesetzt werden dürfen. Diese Einschränkung werde im April im Jagdbeirat beraten und das Ergebnis in der Sitzung zur Beschlussfassung berücksichtigt.

Die ordnungsgemäße Forstwirtschaft werde nach den Vorgaben des Walderlasses  freigestellt. Die Einschränkungen wurden mit dem Flächeneigentümer (Nds. Landesforsten) im Vorfeld abgestimmt. Zur Verbesserung des Lebensraumes wurde gemeinsam beschlossen, den mindestens zu erhaltenden Altholzanteil in den Lebensraumtypen der Eichen- und Buchenwälder von 20% auf 40% anzuheben.

 

Die Ergebnisse der bisherigen Erörterungen mit den Eigentümern, Nutzungsberechtigten und Interessenvertretern wurden in den Verordnungsentwurf eingearbeitet.

 

Im Verlauf der LSG-Grenze zeigten sich die Gewässerparzellen zum Teil als nicht ausreichend breit. An der Fulde wurde daher, wegen des Vorkommens der Helm-Azurjungfer mit ihren besonderen Lebensraumansprüchen, ein beidseitig 10 m breiter Streifen in das LSG aufgenommen. Ansonsten wurde dem Präzisierungsvorschlag des NLWKN, d. h. einer Abgrenzung ausschließlich nach Gewässerflurstücken, gefolgt.

Die Helm-Azurjungfer besiedle vorwiegend kalkhaltige langsam fließende Bäche und Gräben mit wintergrünen Wasserpflanzen, einem hohen Sauerstoffgehalt sowie einer ausreichenden Erwärmung. Für die Eiablage seien größere Bestände der Berle (einer Pflanzenart der Bachröhrichte) von Bedeutung. Die Entwicklung der Larven im Gewässer dauere rd. 2 Jahre. Dann verlassen sie das Gewässer, um sich zu flugfähigen Libellen zu häuten. Nun benötige die Helm-Azurjungfer als Jagd- und Ruheraum die gewässernahen, hochwüchsigen und kleininsektenreichen Biotope.

 

Aus Sicht der Angelnutzung (Sportangelverein Rehburg und Pächter) werden keine Konflikte mit dem Verordnungsentwurf gesehen. Eine Intensivierung der Angelnutzung sei nicht vorgesehen. Trotz einer nicht stattfindenden Reusen-fischerei sei ein Verbot aber erforderlich, vor Ort aber auch unproblematisch.

Mit dem UHV Meerbach & Führse und anderen Wasser- und Bodenverbänden wurde vereinbart, dass wegen des geringen Gefälles der Gewässer eine regelmäßige Gewässerunterhaltung erforderlich ist, um den Abfluss zu sichern. So erfolge eine Freistellung der ordnungsgemäßen möglichst extensiven Gewässer-unterhaltung, wenn die Maßnahmen im Einvernehmen mit den Unteren Naturschutz- und Wasserbehörden durchgeführt werden. Hierzu werde ein Unterhaltungsplan erarbeitet, der die Ansprüche der FFH-Arten und der Feuchten Hochstaudenfluren berücksichtigt.

Vorabgespräche mit dem Forstamt Nienburg und den Nds. Landesforsten, insbesondere mit dem Forstamtsleiter, dem Revierförster und der Försterin für Waldökologie verwiesen auf die Einhaltung des Walderlasses. Zusätzlich werde der Altholzanteil von 20% auf 40% in den maßgeblichen Lebensraumtypen erhöht. Ein mit der Naturschutzbehörde abgestimmter Bewirtschaftungsplan wird hierzu erarbeitet.

 

Die Nutzung des Steinhuder Meerbaches für Camping-Kanu-Touren erfolgte wegen des geringen Wasserstandes in den letzten Jahren nur noch sehr selten. Die Nutzungsmöglichkeit, inklusive der hierzu vorgesehenen Ein- und Ausstiegsstellen, bleibe aber erhalten.

Die Stadt Rehburg-Loccum betont, dass durch die Verordnung keine weitere Einschränkung der Bebauungsplanung im Innenbereich erfolgen dürfe. Verwaltungs-seitig werde der Konflikt aber nicht gesehen, da grundsätzlich ein mindestens 5 m breiter ungenutzter Gewässerrandstreifen bei zukünftigen Planungen in Gewässernähe bleiben soll.

 

Auf die Frage von KTA Dr. Bauer, ob auch der Nachweis der „Bachschmerle“ erbracht worden sei und ob angesichts der generellen Gefährdungssituation der Insekten – rd. 80% aller Insekten in Europa seien gefährdet – ein Monitoring geplant sei, nimmt Landschaftsarchitekt Gänsslen Stellung.

Aufgrund der Wiederansiedelungsobjekte verfüge man über aussagefähige Unterlagen. Die „Bachschmerle“ sei hier nicht nachgewiesen. Angesichts des Abschlusses der FFH-Gebietssicherungen bis 2018 käme anschließend bis 2020 die Erarbeitung einer Managementplanung auf die Verwaltung zu. Im Rahmen der Fragestellung, welche Maßnahmen erforderlich seien, um den Erhaltungszustand B zu erreichen bzw. zu entwickeln, sei auch der Einsatz eines Monitoring geplant. Eine regelmäßige 6-monatige Berichterstattung sei von den Verwaltungen zu erarbeiten und dem Land vorzulegen.

 

Auf Nachfrage von KTA Engelking warum man, wenn sich die Helm-Azurjungfer bereits in den Gewässerrandstreifen angesiedelt habe, 10m breite Randbereiche zukaufen möchte, antwortet Landschaftsarchitekt Gänsslen, dass der angestrebte Erhaltungszustand B noch nicht gegeben sei. Mit der Schutzzielbestimmung über die LSG-Verordnung sei erst eine Basis geschaffen. Über Fördermittel bzw. mögliche Flurbereinigungsmaßnahmen könnten ggf. Bereiche durch Erwerb dauerhaft geschützt und entwickelt werden.

 

Baudirektor Wehr macht deutlich, dass die Unterhaltungspflichtigen der Ufer-bereiche (zumeist die Eigentümer) u. a. verantwortlich auf die Erhaltung des Lebensraums zu achten haben.

 

KTA Hille lobt die ergebnisorientierte Lösung, einen 10m breiten Randstreifen mit in das LSG einzubeziehen. Insgesamt befürworte er die Entscheidung zugunsten eines LSG ggü. einem NSG. So werde die touristische und landwirtschaftliche Nutzung des Gebietes nicht ausgeschlossen.

 

Auf Nachfrage von KTA Ó Toráin, ob nicht der zu erhaltende Altholzanteil in den Lebensraumtypen der Eichen- und Buchenwälder von 20% auf sogar 60% angehoben werden könne, antwortet Landschaftsarchitekt Gänsslen, dass es sich bei den vereinbarten 40% um eine interne Vorgabe der Nds. Landesforsten unter Akzeptanz des Landes Niedersachsen handele. Altholz sei ökologisch gesehen am wertvollsten, da es in den Zustand des Totholzes überwandere. In Zusammenarbeit mit den Nds. Landesforsten halte man sogar einen Erhaltungszustand A für erreichbar.

 


Beratungsergebnis:

 

Einstimmig ohne Enthaltungen.