Sitzung: 04.04.2017 Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt
Beschluss: Das Gremium beschließt ungeändert.
Abstimmung: Ja: 10, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 1
Vorlage: 2017/070
Beschlussvorschlag:
Mit
den als Anlagen beigefügten Entwürfen der Landschaftsschutzgebiets-verordnung,
den Verordnungskarten, der Übersichtskarte und der Begründung zur
Landschaftsschutzgebietsverordnung wird das offizielle Beteiligungs-verfahren
zur Ausweisung des geplanten Landschaftsschutzgebietes (LSG NI 68) „Steinhuder
Meerbach und Nebengewässer (mit Leeser Erlen Riede)“ eingeleitet.
Beratungsgang:
Vor
Beratungsbeginn zu diesem TOP gibt KTA Dralle seinen Ausschluss wegen Mitwirkungsverbot
bekannt und rückt vom Beratungstisch ab.
Landschaftsarchitekt
Gänsslen veranschaulicht die Einleitungsabsicht
des Beteiligungsverfahrens zur Ausweisung des Landschaftsschutzgebiets (LSG NI 68)
„Steinhuder Meerbach und Nebengewässer (mit Leeser Erlen-Riede)“ anhand der
Verordnungsübersichtskarte. Das LSG hat eine Größe von 64,74 ha.
Im
Zuge der Verpflichtung des Landkreises Nienburg/Weser zur Umsetzung der
EU-Vorgaben über die Sicherung von Natura 2000-Gebieten gemäß § 32 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz
(BNatSchG) soll die Erhaltung, naturnahe Entwicklung oder Wiederherstellung der
Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes gesichert werden.
Im
Besonderen werde hier der Erhalt oder die Wiederherstellung und die Förderung
einer vitalen, langfristig überlebensfähigen Population des Hirschkäfers, des Schlammpeitzgers,
des Steinbeißers, des Bitterlings, der Helm-Azurjungfer, des Fischotters, des
Europäischen Nerzes und der Teichfledermaus (Gewässer begleitend) beabsichtigt.
Ein
besonderer Schutzzweck komme zudem auch der Erhaltung oder Wiederherstellung
eines günstigen Erhaltungszustandes der Erlen-Bruchwälder, Erlen und Eschen-Sumpfwälder
(prioritär), Bodensauren Buchenwälder (hier Hainsimsen-Buchenwälder), Alten
bodensauren Eichenwälder auf Sandböden mit Stieleichen sowie Feuchten
Hochstaudenfluren zu.
Zusätzlich
stehe den wertbestimmenden und weiteren
fließgewässertypischen Vogelarten aus der zum Europäischen Vogelschutzgebiet 42
„Steinhuder Meer“ gehörenden Fläche ein Erhaltungs- bzw. Wiederherstellungsziel
zum günstigen Erhaltungszustand zu.
Hinsichtlich
der Verordnungsinhalte habe man sich an den verschiedenen Nutzungen orientiert.
So
werde eine ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung nach guter fachlicher
Praxis freigestellt. Der Umbruch von Grünland in Acker werde jedoch verboten.
Die
natur- und landschaftsverträgliche sonstige fischereiliche Nutzung ohne Nutzungsintensivierung
werde freigestellt, soweit sie dem Schutzzweck nicht entgegensteht. Fischen mit
Reusen oder Netzen werde indes nicht zugelassen. Die ordnungsgemäße
Gewässerunterhaltung werde in einem Unterhaltungsplan geregelt, der im Einvernehmen
mit den Unteren Naturschutz- und Wasserbehörden aufgestellt wird. So könne man flexibel
auf die verschiedenen Belange reagieren.
Die
ordnungsgemäße Ausübung der Jagd werde mit der Ausnahme freigestellt, dass zum
Schutz von Fischotter und Europäischem Nerz Totschlagfallen außerhalb des Waldbereiches
„Leeser Erlen-Riede“ nicht eingesetzt werden dürfen. Diese Einschränkung werde
im April im Jagdbeirat beraten und das Ergebnis in der Sitzung zur
Beschlussfassung berücksichtigt.
Die
ordnungsgemäße Forstwirtschaft werde nach den Vorgaben des Walderlasses freigestellt. Die Einschränkungen wurden mit
dem Flächeneigentümer (Nds. Landesforsten) im Vorfeld abgestimmt. Zur
Verbesserung des Lebensraumes wurde gemeinsam beschlossen, den mindestens zu
erhaltenden Altholzanteil in den Lebensraumtypen der Eichen- und Buchenwälder
von 20% auf 40% anzuheben.
Die
Ergebnisse der bisherigen Erörterungen mit den Eigentümern, Nutzungsberechtigten
und Interessenvertretern wurden in den Verordnungsentwurf eingearbeitet.
Im
Verlauf der LSG-Grenze zeigten sich die Gewässerparzellen zum Teil als nicht
ausreichend breit. An der Fulde wurde daher, wegen des Vorkommens der
Helm-Azurjungfer mit ihren besonderen Lebensraumansprüchen, ein beidseitig 10 m
breiter Streifen in das LSG aufgenommen. Ansonsten wurde dem Präzisierungsvorschlag
des NLWKN, d. h. einer Abgrenzung ausschließlich nach Gewässerflurstücken,
gefolgt.
Die
Helm-Azurjungfer besiedle vorwiegend kalkhaltige langsam fließende Bäche und
Gräben mit wintergrünen Wasserpflanzen, einem hohen Sauerstoffgehalt sowie einer
ausreichenden Erwärmung. Für die Eiablage seien größere Bestände der Berle (einer
Pflanzenart der Bachröhrichte) von Bedeutung. Die Entwicklung der Larven im Gewässer
dauere rd. 2 Jahre. Dann verlassen sie das Gewässer, um sich zu flugfähigen
Libellen zu häuten. Nun benötige die Helm-Azurjungfer als Jagd- und Ruheraum die
gewässernahen, hochwüchsigen und kleininsektenreichen Biotope.
Aus
Sicht der Angelnutzung (Sportangelverein Rehburg und Pächter) werden keine
Konflikte mit dem Verordnungsentwurf gesehen. Eine Intensivierung der Angelnutzung
sei nicht vorgesehen. Trotz einer nicht stattfindenden Reusen-fischerei sei ein
Verbot aber erforderlich, vor Ort aber auch unproblematisch.
Mit
dem UHV Meerbach & Führse und anderen Wasser- und Bodenverbänden wurde
vereinbart, dass wegen des geringen Gefälles der Gewässer eine regelmäßige Gewässerunterhaltung
erforderlich ist, um den Abfluss zu sichern. So erfolge eine Freistellung der
ordnungsgemäßen möglichst extensiven Gewässer-unterhaltung, wenn die Maßnahmen
im Einvernehmen mit den Unteren Naturschutz- und Wasserbehörden durchgeführt
werden. Hierzu werde ein Unterhaltungsplan erarbeitet, der die Ansprüche der
FFH-Arten und der Feuchten Hochstaudenfluren berücksichtigt.
Vorabgespräche
mit dem Forstamt Nienburg und den Nds. Landesforsten, insbesondere mit dem
Forstamtsleiter, dem Revierförster und der Försterin für Waldökologie verwiesen
auf die Einhaltung des Walderlasses. Zusätzlich werde der Altholzanteil von 20%
auf 40% in den maßgeblichen Lebensraumtypen erhöht. Ein mit der Naturschutzbehörde
abgestimmter Bewirtschaftungsplan wird hierzu erarbeitet.
Die
Nutzung des Steinhuder Meerbaches für Camping-Kanu-Touren erfolgte wegen des
geringen Wasserstandes in den letzten Jahren nur noch sehr selten. Die Nutzungsmöglichkeit,
inklusive der hierzu vorgesehenen Ein- und Ausstiegsstellen, bleibe aber erhalten.
Die
Stadt Rehburg-Loccum betont, dass durch die Verordnung keine weitere Einschränkung
der Bebauungsplanung im Innenbereich erfolgen dürfe. Verwaltungs-seitig werde der
Konflikt aber nicht gesehen, da grundsätzlich ein mindestens 5 m breiter
ungenutzter Gewässerrandstreifen bei zukünftigen Planungen in Gewässernähe
bleiben soll.
Auf
die Frage von KTA Dr. Bauer, ob auch der Nachweis der „Bachschmerle“ erbracht
worden sei und ob angesichts der generellen Gefährdungssituation der Insekten –
rd. 80% aller Insekten in Europa seien gefährdet – ein Monitoring geplant sei,
nimmt Landschaftsarchitekt Gänsslen Stellung.
Aufgrund
der Wiederansiedelungsobjekte verfüge man über aussagefähige Unterlagen. Die
„Bachschmerle“ sei hier nicht nachgewiesen. Angesichts des Abschlusses der
FFH-Gebietssicherungen bis 2018 käme anschließend bis 2020 die Erarbeitung einer
Managementplanung auf die Verwaltung zu. Im Rahmen der Fragestellung, welche
Maßnahmen erforderlich seien, um den Erhaltungszustand B zu erreichen bzw. zu
entwickeln, sei auch der Einsatz eines Monitoring geplant. Eine regelmäßige
6-monatige Berichterstattung sei von den Verwaltungen zu erarbeiten und dem
Land vorzulegen.
Auf
Nachfrage von KTA Engelking warum man, wenn sich die Helm-Azurjungfer bereits
in den Gewässerrandstreifen angesiedelt habe, 10m breite Randbereiche zukaufen
möchte, antwortet Landschaftsarchitekt Gänsslen, dass der angestrebte Erhaltungszustand
B noch nicht gegeben sei. Mit der Schutzzielbestimmung über die LSG-Verordnung
sei erst eine Basis geschaffen. Über Fördermittel bzw. mögliche
Flurbereinigungsmaßnahmen könnten ggf. Bereiche durch Erwerb dauerhaft geschützt
und entwickelt werden.
Baudirektor
Wehr macht deutlich, dass die
Unterhaltungspflichtigen der Ufer-bereiche (zumeist die Eigentümer) u. a.
verantwortlich auf die Erhaltung des Lebensraums zu achten haben.
KTA
Hille lobt die ergebnisorientierte
Lösung, einen 10m breiten Randstreifen mit in das LSG einzubeziehen. Insgesamt
befürworte er die Entscheidung zugunsten eines LSG ggü. einem NSG. So werde die
touristische und landwirtschaftliche Nutzung des Gebietes nicht ausgeschlossen.
Auf
Nachfrage von KTA Ó Toráin, ob nicht der zu erhaltende Altholzanteil in
den Lebensraumtypen der Eichen- und Buchenwälder von 20% auf sogar 60% angehoben
werden könne, antwortet Landschaftsarchitekt Gänsslen, dass es sich bei
den vereinbarten 40% um eine interne Vorgabe der Nds. Landesforsten unter Akzeptanz
des Landes Niedersachsen handele. Altholz sei ökologisch gesehen am wertvollsten,
da es in den Zustand des Totholzes überwandere. In Zusammenarbeit mit den Nds.
Landesforsten halte man sogar einen Erhaltungszustand A für erreichbar.
Beratungsergebnis:
Einstimmig ohne Enthaltungen.