Sitzung: 13.06.2017 Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt
Beschluss: Das Gremium nimmt Kenntnis.
Vorlage: 2017/120
Beschlussvorschlag:
Der
Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt nimmt Kenntnis.
Beratungsgang:
Landschaftsarchitekt
Gänsslen erinnert an die intensive
Begleitung des Landschaftsrahmenplans (LRP) Landkreis Nienburg/Weser durch den
Ausschuss in der letzten Legislaturperiode. Aufgrund von Vorgaben der HOAI
sowie weiterer Prozesse war für die weitere Erarbeitung in 2015 eine
Europaweite Ausschreibung erforderlich geworden.
2016
wurde daraufhin der Auftrag für Leistungsphasen an die Plangruppe Umwelt
erteilt. Neben der Begleitung im Planungsprozess war grundlegender Bestandteil,
die Bestandserfassung und –bewertung der bisher wenig vorhandenen Daten der
Fauna und Flora inhaltlich zu verdichten.
Die Bestandserfassung und
–bewertung zu den Schutzgütern Arten und Biotope ist nun abgeschlossen.
Frau
Dipl.-Ing. Irmgard Peters von der Planungsgruppe Umwelt stellt dann die Ergebnisse vor.
Im
Rahmen des Bearbeitungsprogramms Schutzgüter Arten und Biotope erfolgte
zunächst die flächendeckende Erfassung und Bewertung der Biotoptypen, bevor man
sich der Erfassung und Bewertung von Tier- und Pflanzenartenvorkommen
bzw. ihrer Lebensräume annahm.
Im
Arbeitsumfang enthalten waren die Zusammenstellung und Auswertung der vorhandenen
Datengrundlagen des Landes (NLWKN), der UNB des Landkreises und der Forstverwaltung,
die App-gestützte Expertenabfrage ehrenamtlich aktiver Naturschutzexperten aus
den Naturschutzvereinigungen und Hochschulen, die flächendeckende Luftbildauswertung
sowie Geländekartierungen.
Im
Zuge der Geländekartierungen wurden aus der Biotoptypenerfassung in 2012-2013
rd. 20 % der Luftbildauswertung (Wertstufen 3-5) im Gelände kontrolliert und
die bekannten §30-Biotope (ca. 700 Flächen) überprüft sowie rd. 700 neue
erfasst. Zudem wurden rd. 400 §29-Flächen (Ödland und sonstige naturnahe
Flächen) und rd. 240 neue Flächen Wallhecken überprüft und erfasst.
Wiesenbrüter/Offenlandvogelarten
konnten in 6 ausgewählten Teilräumen, den Wiehbuschwiesen bei Steimbke, dem Siedener
Bruch im Westen des LK, Varlinger Moor, dem Wendener Moor im Osten sowie Hohes
Moor im Südwesten westlich Kirchdorf und Schneerener Moor ca. 8 km südlich von Nienburg
kartiert werden.
Die
Untersuchung von Lebensräumen der Fledermäuse ergab im Gebiet Grinderwald
potenzielle Winterquartiere in einem Stollen bzw. Bunker. Ziel der Untersuchung
war es, Hinweise auf die Bedeutung des Waldes für den Fledermausschutz zu bekommen.
Im
Ergebnis konnte zwar kein Nachweis der Bechsteinfledermaus (keine Wochenstuben)
erbracht werden. Bestätigt ist aber der Sommerlebensraum für Männchen, die
Nutzung als Jagdgebiet von Wochenstubentieren und Jungtieren des Großen
Mausohrs in relativ hoher Anzahl, ohne Klärung der Koloniezugehörigkeit. Ein Kolonielebensraum
für Fransenfledermäuse und Braune Langohren ist nachgewiesen.
Insgesamt
könne eine hohe Wertigkeit des gesamten Waldgebietes Grinderwald aufgrund des
guten Artenspektrums festgestellt werden.
Im
Gebiet Pennigsehl / Hesterberg, wie auch im Gebiet Waldgebiet Weberkuhle –
Kaiserberg ging es um die Bestätigung einer Altinformation über Quartiere der Bechsteinfledermaus
bzw. Schlafplätze in einigen Gebäuden. Das Untersuchungsziel hier war es,
Hinweise zu Artenhilfsmaßnahmen zur Schutzgebietsausweisung zu finden. Zudem
wurden 2 Teilgebiete Mausohrhabitate des FFH Gebietes 442 im LK Nienburg
untersucht.
Im
Ergebnis konnte eine Bechsteinkolonie mit Schwerpunkt im Nordosten des Waldgebietes
festgestellt werden. Zudem werde das Gebiet regelmäßig vom Großen Mausohr als
Jagdgebiet genutzt. Aufgrund der Vorkommen des Braunen Langohrs, der Fransenfledermaus,
der Großen/Kleinen Bartfledermaus, der Zwerg- und Breitflügelfledermaus und dem
Großen Abendsegler sei eine sehr hohe Wertigkeit für Fledermäuse gegeben.
Ebenso sei eine Schutzgebietsausweisung des Waldes östlich der K34 zur
Sicherung von Habitatbäumen angebracht.
Der
landkreisweite Überblick bei den Wäldern zeigt, dass die meisten Waldanteile
eine mittlere Bedeutung (65,19%) für Arten und Biotope aufweisen. Sehr gute Bedeutung
weisen 18,56% auf und 15,80% noch gute Lebensraumbedingungen.
Die
Biotoptypenkartierung Grünland zeige vorrangig artenarmes Intensivgrünland
(64,1%). 8,9% mesophiles Grünland und immerhin noch 1,7% Seggen-, binsen- oder
hochstaudenreiche Nasswiesen seien vorhanden.
Bei
der Flächenentwicklung Grünland zeige sich ein Rückgang von 26.805ha (1991) auf
17.591ha (2013). Dies entspricht einem Rückgang um rd. 35%.
Als
Bereiche mit deutlichem Grünlandrückgang konnten die Alpeniederung/Bruchgraben
bei Rodewald, die Weseraue nördlich Stolzenau zwischen Wellie und Schinna,
sowie das Hohe Moor, das Umfeld des Großen Moores und die
Niederung
der Kleinen Wickriede festgestellt werden.
Zusammenfassend
seien als besondere Artenvorkommen im Landkreis Nienburg/Weser für die Art der Vögel
die Wiesenweihe (Mensinghausen), der Weißstorch, der Fischadler, der Kranich, der
Steinkauz (südöstlich von Uchte) und der Wanderfalke zu benennen. Sehr hohe
Wertstufen haben Moore mit zum Teil sehr hoher Bedeutung für Brutvögel und die Weseraue
als bedeutender Gastvogellebensraum für Gänse und Schwäne.
Für
die Art der Säugetiere sind der Fischotter (Vermehrung im Bereich Steinhuder
Meer, Verbreitung im Bereich der Altarmrinnen der Weser), der europäische Nerz
(Steinhuder Meerbach und Randgewässer) sowie die Fledermäuse besonders hervor
zu heben.
Nennenswerte
europarechtlich relevante Artvorkommen der Amphibien (Laubfrosch, Kreuzkröte
und Moorfrosch) seien ebenso anzutreffen, wie Kreuzottern (Reptilien) oder
Libellen (Gewöhnliche Keiljungfer, Gebänderte Prachtlibelle, Helm-Azurjungfer)
und Fische (Steinbeißer, Schlammpeitzger, Bitterling).
Auf
Nachfrage von KTA Dr. Bauer, ob angesichts der Erwähnung von Libellen
auch Insektenvorkommen untersucht und kartographiert wurden, erklärt Frau Dipl.-Ing.
Peters, dass die Außenerfassung von Insekten nicht über das
Aufgabenspektrum für den LRP abgedeckt sei. Ggf. ergäbe sich zu einem späteren
Zeitpunkt aus anderen Projekten der UNB, gespeist durch Expertenabfragen, eine
Erfassung der Artvorkommen von Insekten in Teilräumen.
Landschaftsarchitekt
Gänsslen erklärt auf Anfrage von KTA
Podehl, wann ein Internet-Zugriff auf die Daten der Kartierungen möglich
sein werde, dass dies z. Zt. noch nicht möglich sei, da man sich im Moment noch
im Prozess der Planentwicklung befände, in der es ständig noch zu Anpassungen
und Weiterentwicklungen kommt. Der Vorentwurf des LRP sei für 2018 vorgesehen. Dieser
sei dann mit den Gemeinden bezüglich Sachfehler abzustimmen und in die
Beteiligung der Träger öffentlicher Belange zu geben. Mittels überarbeiteter
GiS-Software würden danach auch die Daten herausgegeben werden können.
KTA
Dr. Bauer weist auf den aus
naturschutzfachlicher Sicht bedenklich hohen Anteil von fast 70% lediglich
gering wertigen Grünlands hin. Er fragt Frau Peters, ob, angesichts der
festgestellten Reduzierung von Grünlandflächen, hierzu Vorschläge erarbeitet
wurden, die dieser Entwicklung entgegenwirken könnten.
Frau
Dipl.-Ing. Peters verweist auf die
Möglichkeiten der Einflussnahme des LK Nienburg im Zuge der
NATURA2000-Schutzgebietsausweisungen. Der LRP könne als Instrument für ein
Naturschutz-Konzept und als Grundlage für die Umsetzung gezielter
Kompensationsmaßnahmen dienen. So würden einzelne „versprengte“ Maßnahmen vermieden
werden können und gezielt steuernd eingegriffen werden. Zudem könne der LK
Nienburg auch über seine Rechte an Eigentumsflächen steuernd tätig sein.
Stellvertretendes
Mitglied mit beratender Stimme Brüning
erinnert an das Beispiel der Wiehbuschwiesen, wo die Kreispolitik in den
90-iger Jahren über adäquate Entschädigungszahlungen gezielt Vereinbarungen zur
extensiven Bewirtschaftung abgeschlossen hat.
Frau
Dipl.-Ing. Peters bestätigt auf
Nachfrage des Vorsitzenden stellvertretenden Landrat Dr. Schmädeke, dass
auch Grünland, welches im Laufe der Zeit erst neu angelegt wurde, in die
Erfassung und Bewertung mit eingeflossen sei.
Beratungsergebnis:
Ohne.