Sitzung: 28.11.2017 Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt
Beschluss: Das Gremium nimmt Kenntnis.
Vorlage: 2017/240
Beschlussvorschlag:
Der
Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt nimmt Kenntnis.
Beratungsgang:
Landschaftsarchitekt
Gänsslen berichtet über die
Ergebnisse der Auseinandersetzung der Verwaltung mit der Thematik der für ein
Landschaftsschutzgebiet und seine Schutzgüter notwendigen Ge- und Verbote sowie
Freistellungen.
Als
Auffangtatbestand dient der § 26 Abs. 2 BNatSchG: „In einem LSG sind unter
besonderer Beachtung des § 5 Abs. 1 BNatSchG und nach Maßgabe näherer Be-stimmungen
alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern oder dem
besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen.“
Das
Bestimmtheitsgebot nach Art. 20 Abs. 3 GG verbietet die ausschließliche Zitierung
von § 26 Abs. 2 BNatSchG, da der Betroffene den Inhalt und die Schranken des im
Gebiet Erlaubten und Verbotenen erkennen können muss. Auch hinsichtlich einer gerichtlichen
Überprüfbarkeit ist der besondere Schutzzweck näher zu definieren.
Die
Sicherstellung des Verschlechterungsverbots bzw. eines günstigen Erhaltungszustands
nach Vorgaben der Natura 2000-Richtlinien kann nur durch spezifische Ge- und
Verbote sowie Erlaubnisvorbehalte unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
und des Übermaßverbots gewährleistet werden. Hierzu ist die präzise und
lückenlose Definition des Schutzzweckes in einer Verordnung erforderlich.
Konkret
am Beispiel des § 3 (Schutzbestimmungen) in der geplanten LSG-Verordnung
„Fledermaus-Lebensraum in der Alpeniederung“ macht er deutlich, dass z.B. ein
Lärmverbot zur Erholung des Menschen, zum Naturgenuss und zur Beruhigung des
LSG für die störungsempfindliche Art Otter (Umsetzung Natura 2000) erforderlich
ist.
Das
Zeltverbot, wie es seit rd. 50 Jahren unverändert Anwendung findet, werde künftig
dahingehend aufgeweicht, als dass nun nach Prüfung und Abwägung der unterschiedlichen
Interessen im Gebiet im Einzelfall Ausnahmen von diesem Verbot, abhängig von der
beantragten Personenanzahl, Art der Zeltaktivität, Dauer, Standort etc., zugelassen
werden können. Eine Verschlechterung muss aber ausgeschlossen sein.
So
ist ein Ablageverbot von Müll, Schutt etc., obwohl relevant für den Schutzzweck,
entbehrlich, weil ein solches Vergehen, unabhängig von der Nennung in einer VO,
auf Basis anderer rechtlicher Vorgaben verboten ist.
Mit
der Aufnahme einer Freistellung für Nutzungsberechtigte wie z.B. Angler, das
Gebiet auch außerhalb der dem Verkehr gewidmeten Wege befahren zu dürfen
(grundsätzlich verboten nach § 3 der VO) schließt man eine Regelungslücke.
Das
Anbringen von Werbeeinrichtungen etc. hatte bisher keine Praxisrelevanz, so
dass auf eine explizite Nennung in der VO verzichtet werden kann.
Auch
die Regelungen zur Entnahme von Bodenbestandteilen (Anlage von Kies-, Sand- und
Lehmgruben) ergeben sich aus den Genehmigungen, die auf anderen
Rechtsvorschriften basieren. Im Genehmigungsverfahren ist die Verträglichkeit,
unabhängig von einem (nicht) vorhandenen Erlaubnisvorbehalt in der VO, mit dem
Schutzzweck der VO zu prüfen.
In
einem Exkurs macht Landschaftsarchitekt Gänsslen die Auswirkungen von Inhaltsverschärfungen
und Inhaltsabschwächungen auf das Beteiligungs- und damit Ausweisungsverfahren
deutlich.
Das
Beteiligungsverfahren verfolgt den gesetzlichen Zweck, den Betroffenen Gelegenheit
zu geben, sich zu den Nachteilen und Belastungen, die sich aus der VO ergeben, zu
äußern und damit ihre Interessen und Rechte frühzeitig in den Entscheidungsprozess
mit einzubringen. Ziel ist die gerechte Abwägung öffentlicher und privater
Belange.
Eine
nachträgliche Aufnahme von zuvor noch nicht im VO-Entwurf berücksichtigten
Einschränkungen kann eine Wiederholung der Auslegung oder eine ergänzende Beteiligung
erforderlich machen, wenn der ausgelegte VO-Entwurf wesentlich verändert worden
ist.
Ob
eine Änderung des Verordnungsentwurfes wesentlich ist, beurteilt sich danach,
ob die Belange der Eigentümer wesentlich stärker als zunächst vorgesehen,
berührt werden (z.B. durch nicht unerhebliche Erweiterung des Verbotskatalogs
durch Neuaufnahme eines Verbotes zu Lasten des Betroffenen; es entsteht eine
neue Betroffenheit; vgl. Urt. v. 09.11.2000 OVG Lüneburg/ Urt. v. 13.11.2008
OVG Berlin).
Neben
einer Neuaufnahme eines Verbots kann auch die komplette Streichung eines
maßgeblichen Verbotes dazu führen, dass wesentliche Schutzinhalte der VO betroffen
sein können, so dass eine neue Betroffenheit, z.B. bei den Naturschutzverbänden,
entstehen könnte. Die Folge wäre in beiden Fällen eine erneut durchzuführende Beteiligung
aus formalen Gründen.
Insgesamt
ist, auch mit Blick auf den Zeitaufwand und die Personalbindung, eine Sensibilisierung
der Verwaltung durch den Antrag der Politik erfolgt.
Künftig
werde bei der Ausarbeitung der Schutzbestimmungen das jeweilige Gebiet mit
seinen Gegebenheiten und Schutzgütern individueller betrachtet werden und die
notwendigen Einschränkungen unter Berücksichtigung des Verschlechterungs-, aber
auch Übermaßverbots daraus abgeleitet.
KTA
Hille und KTA Höper schließen
sich dem Dank des Vorsitzenden stellv. Landrats Dr. Schmädeke an die
Verwaltung für die Ausarbeitung der Thematik an. Eine gelungene Verschlankung
der Schutzgebietsverordnung sei so erzielt worden.
Auf
Nachfrage des Mitglieds mit beratender Stimme Göckeritz erklärt Kreisrat
Hoffmann, dass man allein schon aus Gründen der Rechtssicherheit bereits
mit dem Verordnungsentwurf zur Beteiligung der TÖB möglichst nah an der
Beschluss-VO formulieren solle. Vermieden werde dadurch, dass sich im Zuge der
Beratungen, Stellungnahmen und Auswertungen, z.B. über die Aufnahme von
Verschärfungen bzw. Erleichterungen, eine neue, nicht vorhersehbare, Betroffenheit
ergibt. Diese führte in der Rechtsfolge schnell zu einer formal nicht korrekt
durchgeführten Auslegung, die dann (verfahrensverlängernd) zunächst wiederholt
werden müsse.
Der
Standpunkt der Verwaltung sei es, dem Schutzzweck angemessene Vorgaben zu
machen. Grundsätzlich werde man keine Zeltplätze in den Landschaftsschutzgebieten
zulassen. Ausnahmen vom „Zeltverbot“ sind künftig möglich, werden aber individuell
geprüft.
Beratungsergebnis:
ohne