Sitzung: 26.04.2018 Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt
Beschluss: Das Gremium nimmt Kenntnis.
Vorlage: 2018/068
Beschluss:
Der
Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt nimmt Kenntnis.
Beratungsgang:
Landschaftsarchitekt
Gänsslen informiert über das Vorhaben
zur Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben in nationales Recht in Bezug auf
das
Vogelschutzgebiet „Schaumburger Wald“ (V 67). Hier soll die Sicherung des im
Landkreis Nienburg/Weser liegenden Teils des V 67 als LSG „Münchehägener Forst“
(LSG NI 72) erfolgen.
Das
grenzübergreifende Vogelschutzgebiet „Schaumburger Wald“ (V 67) umfasst
insgesamt rd. 4.160 ha, von denen rd. 4.122 ha im LK Schaumburg und lediglich
rd. 38 ha im LK Nienburg (Gemarkung Münchehagen, Stadt Rehburg-Loccum) liegen.
Aus
den Gesprächen mit dem LK Schaumburg heraus zeigte sich die zustimmende Haltung
für eine grenzübergreifende Sicherung. Eine gemeinsame Sicherung von FFH-Gebiet
und V-Gebiet zeigte sich aber unter dem Aspekt der Fristwahrung (Sicherung
aller FFH-Gebiete bis 2018) unrealistisch, so dass zunächst nur das FFH-Gebiet
gesichert wird. Für den nienburger Teilbereich müsse eine eigenständige Sicherung
durch LSG-Verordnung erfolgen. Die Abgrenzung des LSG orientiert sich dabei an
den an die EU gemeldeten Grenzen des Vogelschutzgebietes, um die Ausweisung
noch in 2018 abschließen zu können.
Er
führt seine Erläuterungen hinsichtlich des Schutzzweckes und der Erhaltungsziele
des Münchehägener Forstes fort.
Hier
sind Laub- und Nadelmischwald in Form von reinem Fichtenforst, Mischwäldern aus
Buche und Kiefer, Laubmischwäldern mit Eiche, Hainbuchen und Eichen sowie
Sumpfwäldern mit Eichen, Hainbuchen und Haseln anzufinden, die den Mittel-,
Schwarz- und Grauspechten (wertbestimmende Vogelarten für den nienburger Teilbereich)
als Lebensraum dienen. Sie benötigen vorrangig Mischwälder mit hohem Alt- und Totholzanteil
für Insekten (vorrangig Ameisen) und Käfer als ihre Nahrungsgrundlage. Weitere maßgebliche
Arten sind die Waldschnepfe, der Wendehals, der Rot- und Schwarzmilan sowie der
Wespenbussard. Für das gesamte V 67 gilt der Erhaltungszustand B.
Von
der insgesamt rd. 37,9 ha Waldfläche stehen rd. 32,3 ha im Eigentum der Gemeinde
Münchehagen, 0,7 ha im Eigentum der Stadt Rehburg-Loccum sowie rd. 4,9 ha im
Privateigentum. Landwirtschaftlich genutzte Flächen sind nicht betroffen.
Zu
den geplanten Verordnungsinhalten erläutert er, dass aufgrund des Spechtvorkommens
der Walderlass („Erlass zur Unterschutzstellung von Natura 2000-Gebieten im
Wald durch Naturschutzgebietsverordnung“) Anwendung findet. D.h., dass u.a. der
Holzeinschlag und die Pflege von Altholzbeständen in der Zeit 01.03.-31.08. der
Zustimmung der UNB bedarf. Jeder Eigentümer hat einen Altholzanteil von 20 %
der Waldfläche zu erhalten bzw. zu entwickeln. Mindestens 3 lebende Altholzbäume/ha
sind dauerhaft als Habitatbäume zu markieren und zu belassen.
Eine
Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart ist nicht erlaubt, genauso wie eine
Umwandlung von Laub- oder Mischwald in Nadelwald zum Schutz des Lebensraumes
der Spechte nicht erlaubt ist. Bei einer künstlichen Verjüngung sind mind. 80%
standortgerechte, heimische Baum- und Straucharten zur Verbesserung der Lebensraumqualität
und Erhöhung des Laubholzanteils einzubringen und ein flächiger Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln ist nur mit Erlaubnis der UNB zulässig (zum Schutz der
Insekten/Käfer als Nahrungsgrundlage der Spechte).
Zum
Schutz der Lebensstätten und der Nahrungsgrundlage der Spechte darf keine Entnahme
von Horst- und Höhlenbäumen sowie stehenden Totholzbäumen erfolgen. Außerdem
darf keine zusätzliche Entwässerung betrieben werden (Schutz der Sumpf- und
Bruchwaldstandorte mit ihren alten Eichen, Erlen und Buchen in Habitatbaumqualität);
Ausnahme: Bestandgründungen mit vorheriger Zustimmung der UNB.
Die
Aufnahme der zusätzlichen Einschränkungen in den VO-Entwurf orientiert sich an
den Ergebnissen der zeitnah mit den Eigentümern (vorrangig der Stadt Rehburg-Loccum)
geführten Gespräche.
Nach
der Abfrage der aktuellen Datengrundlage bei der Vogelschutzwarte (NLWKN) und
Ankündigung der geplanten Ausweisung bei der Stadt Rehburg-Loccum erfolgte eine
Ortsbesichtigung, auf deren Basis ein erster Verordnungsentwurf unter Beratungsleistung
der NLWKN erarbeitet wurde.
In
kommenden Gesprächen mit der Stadt und deren Bewirtschaftern der Waldflächen
werden Vorabinformationen an alle Eigentümer, NABU und BUND Nienburg gegeben.
Alle
Ergebnisse fließen in die Entwürfe der Verordnung, Karte und Begründung ein und
werden in der ALNU-Sitzung am 27.06.18 vorgestellt. Dann soll der Beschluss
über die Einleitung des Beteiligungsverfahrens beraten und gefasst werden.
Auf
Nachfrage von KTA Hille, ob zu einem späteren Zeitpunkt mit einer
gemeinsam durch die LK Nienburg/Weser und Schaumburg überarbeiteten Verordnung
zum Vogelschutzgebiet (VSG-VO) zu rechnen ist, bestätigt Landschaftsarchitekt
Gänsslen das getrennte Verfahren beider LK. Der LK Nienburg bleibe so auch
ohne den LK Schaumburg beschlussfähig.
Den
Hinweis von KTA Linderkamp, dass die Gemeinde Münchehagen als Einheitsgemeinde
so nicht mehr bestehe, nimmt Landschaftsarchitekt Gänsslen zur Kenntnis.
In den Zuständigkeiten habe man sich an die Eintragungen im Grundbuch gehalten.
Landschaftsarchitekt
Gänsslen antwortet auf die Frage des Mitglieds
mit beratender Stimme Gerner, ob seitens des LK Schaumburg die Sicherung
als NSG oder LSG favorisiert werde, dass seiner Einschätzung nach eher mit
einer tendenziellen Ausweisung als LSG zu rechnen sei, um die Möglichkeiten von
Erschwernisausgleichen zu öffnen.
Das
Mitglied mit beratender Stimme Rösler macht auf die aus
naturschutzfachlicher Sicht sehr unglückliche Tendenz zur Gebietsausweisung als
LSG hin. Auch, wenn der bestehende Zeitdruck zur Ausweisung bekannt sei, wäre
eine NSG-Ausweisung zum Schutz der gefährdeten Tiere (hier insbesondere die
Raubvögel) erforderlich.
Der
Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke erklärt, dass landesweit erst
150 Ausweisungsverfahren abgearbeitet seien. Im Gegensatz dazu ständen noch 232
offene Verfahren.
Das
EU-Recht als Vorgabe ist nun mal 1-zu-1 umzusetzen. Innerhalb des Zeitrahmens,
der am 31.12.2018 endet, war zu prüfen, was zeitlich umsetzbar gewesen ist. Mit
der Wahl zur Ausweisung als LSG habe man sich bewusst auf das mildeste Mittel
verständigt, um so einen Konsens finden zu können.
Bekannt
sei zwar u.a. auch, dass die Region Hannover (als Bsp.) mit ihrer Arbeit zur
FFH-Gebietsausweisung weit hinter dem Zeitplan zurückläge. Seitens des LK Nienburg
sollte man aber nicht erst abwarten, bis die EU das laufende Klageverfahren gegen
Deutschland weiter forciert, der dann über die Länder an die Landkreise verpflichtend
die Umlegung der Strafzahlungen verfügt. Die Arbeit sollte doch lieber jetzt
gemacht werden.
Landschaftsarchitekt
Gänsslen stellt ergänzend fest, dass
über die Sicherung des Gebietes als LSG zusammen mit dem Walderlass ein
ausreichender Schutz gegeben sei und eine Ausweisung zum NSG nicht zwingend
erforderlich wäre.
Der
Nienburger Teilbereich ist „nur“ Vogelschutzgebiet für die drei wertbestimmenden
Spechtarten. Das FFH-Gebiet mit ggf. umfänglicher zu schützenden Lebensraumtypen,
die einen NSG-Schutz erfordern, beginnt erst mehrere 100 Meter südlich der
Kreisgrenze im LK Schaumburg.
Auf
den Hinweis von KTA Linderkamp, dass hier im Rahmen der Vorabinformation
der Ausschuss nur Kenntnis nehme und über die Stellungnahmen Einfluss auf das
Verfahren genommen werden könne, entgegnet das Mitglied mit beratender
Stimme Rösler, dass dann allerdings der Schutzstatus bereits vorgegeben
sein wird.
Beratungsergebnis:
ohne