Sitzung: 22.06.2018 Kreistag
Vorlage: 2018/160
Der Kreistag erklärt den
Landkreis zum „FrackingFreienLandkreis Nienburg“. Er erweitert damit seine
Resolution vom 06.07.2012 und spricht sich für ein sofortiges, unbefristetes
Verbot sämtlicher Formen von Fracking aus. Der Landkreis Nienburg wird damit
Teil eines Zusammenschlusses von Gemeinden, Städten und Landkreisen, die ihrem
Protest gegen den Einsatz der Fracking-Technologie in Deutschland als
„Frackingfreie Gemeinden“ gemeinsam Ausdruck verleihen.
Beratungsgang:
KTA Kretschmer legt dar, der Kreistag solle den Landkreis Nienburg zum
frackingfreien Landkreis erklären und sich so mit anderen Landkreisen
solidarisieren. Bereits 2012 habe es eine Resolution gegeben, die Rechtslage
habe sich 2016 jedoch geändert. Niedersachsen sei Erdgasförderland Nummer 1 in
Deutschland. Auch der Landkreis Nienburg sei betroffen. Fracking sei
höchstgefährlich und könne die Lebensgrundlagen der hier lebenden Menschen
zerstören. Die Folgen seien irreparabel. Fracking leiste mit 0,8 % nur einen
sehr geringen Beitrag zur Energieversorgung. Sie beantrage namentliche
Abstimmung.
KTA Heineking erklärt, für seine Fraktion bei der Bewertung zu einem
anderen Ergebnis gekommen zu sein. Niedersachsen sei nach wie vor auf die
Erdöl- und Erdgasförderung angewiesen. Seit der Resolution 2012 habe sich
vieles zum Positiven verändert. Fracking gänzlich zu verbieten, halte er für
den falschen Weg. Die aktuelle
Gesetzgebung reiche seiner Meinung nach aus. Die CDU-Fraktion werde die Resolution
daher ablehnen.
KTA Harms-Hentschel führt aus, sie habe noch keine Argumente gehört, die gegen
die Resolution sprechen würden. Eine Landkarte Niedersachsens sehe aufgrund der
vielen Fracking-Projekte aus wie ein „Schweizer Käse“. Daher dürfe das Thema
nicht aufgeschoben werden. Von der Resolution könne ein wichtiges Signal des
Kreistags ausgehen.
KTA Linderkamp hinterfragt, ob die Resolution ein geeignetes Mittel sei.
Der Landkreis habe gar keine Zuständigkeit für das Bergrecht. Insofern sei das
eine Frage der Bundesgesetzgebung. Der Landkreis werde im Verfahren ggfs. als
Träger öffentlicher Belange beteiligt. Es dürfe auch kein falscher Rechtsschein
erweckt werden, da die Resolution keine Bindungswirkung entfalte. Daher werde
seine Fraktion den Antrag ablehnen.
KTA Hille hinterfragt die Rolle der SPD-Fraktion, die 2012 die Resolution noch
mitgetragen habe, obwohl auch diese keine rechtliche Bindung gehabt habe. Die
Resolution von 2012 halte er für ausreichend. Eine weitere Verschärfung sei
nicht angezeigt. Im Übrigen kritisiere er die von der Partei „Bündnis 90 / Die
Grünen“ organisierte Diskussionsveranstaltung, an der er teilgenommen habe.
Eine Diskussion sei dort gar nicht erwünscht gewesen. Seine Fraktion werde die
Resolution nicht mittragen.
KTA Leseberg ist der Meinung, die Resolution sei nur sinnvoll, wenn sie
einstimmig verabschiedet werde. Es wäre daher nach der sich abzeichnenden
ablehnenden Haltung der Kreistagsfraktionen der bessere Weg gewesen, die
Resolution dem Kreistag nicht mehr zur Beschlussfassung vorzulegen. Nun gehe
ein verheerendes Signal davon aus. Seine Fraktion werde sich daher enthalten.
KTA Ó Torain
erklärt, seine Fraktion lehne den kommerziellen Einsatz des Frackings zur
Erdöl- und Erdgasförderung ab, solange die Energieversorgung Deutschlands
anderweitig sichergestellt sei. Die endgültige Entscheidung über den Einsatz
der Fracking-Technik an geeigneten Standorten solle letztlich von den
Bürgerinnen und Bürgern vor Ort gefällt werden.
KTA Harms-Hentschel erklärt, ihrer Gruppe gehe es nicht um Wahlkampf. Es gebe
wissenschaftliche Belege für die schädliche Wirkung von Fracking.
Stellv. Landrätin Altmann erwidert, die Resolution aus 2012 habe Bestand. Ihre
Fraktion habe mitnichten die Meinung geändert. Kein Kreistagsmitglied der
Mehrheitsfraktionen wünsche sich Fracking.
KTA Werner
führt aus, es gebe keinen erneuerbaren Energieträger, der vollkommen sicher sei.
Es solle endlich wissensbasiert diskutiert werden. Die Resolution sei damals
beschlossen worden. Der Antrag der Gruppe sei Effekthascherei.
KTA Kretschmer zeigt sich erstaunt über die Argumente. Die Pressemitteilung
von stellv. Landrat Beermann erweckten einen falschen Eindruck. Die Unternehmen
würden alles tun, um Probebohrungen in tiefen Gesteinsschichten zu ermöglichen.
Der ganze Landkreis sei zum Beispiel durch Bohrschlamm und Lagerstättenwasser
verseucht. Die Resolution aus 2012 sei nur ein Kompromiss gewesen. Sie finde es
schlimm, dass der Deutsche Bundestag solche Technologien fördere.
Stellv. Landrat Beermann erklärt, er wolle die teils emotional geführte
Debatte wieder versachlichen. Die Überschrift seiner Pressemitteilung habe
gelautet: „Fracking wird stärker reglementiert.“ Insofern sei die Behauptung,
er habe erklärt, Fracking werde erlaubt, unwahr und er bitte solche Aussagen zu
unterlassen. Es sei im Übrigen zwischen konventionellem und unkonventionellem
Fracking zu unterscheiden. Die Resolution aus 2012 sei ausreichend und für die
Zukunft bindend.
KTA Höper sieht nur einen Grund für den Antrag der Gruppe. Es handele sich lediglich
um Werbung für eine Partei. Er könne dem Antrag daher nicht zustimmen. Die
Behauptung, in seiner Heimatgemeinde Rodewald bestehe ein Zusammenhang zwischen
der Erdölförderung und einer Häufung von Blutkrebsfällen, weise er angesichts
der Untersuchungsergebnisse entschieden zurück. Das Verhalten der Gruppe halte
er vor diesem Hintergrund für ehrenrührig.
KTA Ó Torain führt aus, Niedersachsen sei nur eines von 16 Bundesländern.
Vom Deutschen Bundestag, in dem Abgeordnete aller Bundesländer vertreten seien,
könne nicht erwartet werden, auf die Belange Niedersachsens Rücksicht zu
nehmen.
KTA Völlers erklärt, der Föderalismus sei grundsätzlich zu begrüßen. Sie
treffe im Deutschen Bundestag als Abgeordnete Entscheidungen für ganz
Deutschland, nicht nur für Niedersachsen oder gar für ihren Wahlkreis.
KTA Harms-Hentschel erklärt, sie weise den Vorwurf der Ehrenrührigkeit massiv zurück.
Der Antrag auf namentliche Abstimmung
wird mit 9 Ja-Stimmen und 28 Nein-Stimmen abgelehnt.
Beratungsergebnis:
Mit Stimmenmehrheit: 7 Ja-Stimmen 27 Nein-Stimmen 3 Enthaltungen