Sitzung: 05.09.2018 Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt
Beschluss: Das Gremium nimmt Kenntnis.
Vorlage: 2018/178
Beschluss:
Der
Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt nimmt Kenntnis.
Beratungsgang:
Landschaftsplanerin
Fröhlich gibt zunächst einen
Überblick über den Rechtsstatus des Wolfs, der über das Washingtoner
Artenschutzabkommen in die höchste Schutzkategorie eingruppiert ist. Der Wolf
ist eine FFH-Art nach der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie der Europäischen Union
und in Deutschland streng geschützt nach § 44 BNatSchG.
Zugewandert
sei der Wolf aus Polen, was durch die Grenzöffnung begünstigt wurde.
Nachgewiesen ist der Wolf in Deutschland ungefähr seit der Jahrtausendwende, einen
ersten Nachweis in Niedersachsen gab es in 2007. Zunächst als „Durchzügler“,
dann als „residenter Wolf“.
Weiter
differenziert sie die Handlungsrahmen der Naturschutzverwaltung, die die geltende
Rechtslage lediglich umsetzt, aber nicht über die Rechtsgrundlagen (FFH-Richtlinie,
BNatSchG, Wolfskonzept Nds. als Leitlinie des Landes) entscheidet.
Die
Öffentliche Sicherheit ist Aufgabe des Landes. Das Umweltministerium zeichnet
für den Erlass und die finanzielle Ausstattung der Richtlinie Wolf und der Einrichtung
des Wolfsbüros verantwortlich.
Das
Wolfsbüro im NLWKN – Abt. Artenschutz setzt das Wolfskonzept und die Richtlinie
Wolf letztendlich um.
Das
Wolfskonzept des Landes Niedersachsen regelt und benennt die Grundsätze und
Maßnahmen im Umgang mit der wachsenden Wolfspopulation in Niedersachsen. Die
oberste Priorität liegt in der Sicherheit des Menschen. Das Konzept dient als
Leitlinie zum Umgang mit z.B. „auffälligem Wolf“ und definiert Begriffe wie
„auffälliger Wolf“ und „Nachweis“.
Das
Wolfsbüro wurde 2015 durch das Umweltministerium eingerichtet und beim Niedersächsischen
Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, Abt. Artenschutz (NLWKN)
angesiedelt. Von dort erfolgt die Umsetzung des Wolfskonzepts und der
„Richtlinie Wolf“.
Zu
den Aufgaben gehören insbesondere die Beratung von Weidetierhaltern, die Erfassung
und Bewertung von Weidetierriss-Meldungen sowie deren amtliche Bestätigung, die
Bearbeitung von Anträgen auf Entschädigungszahlungen und Herdenschutzmaßnahmen.
Weiterhin erfolgen die Beurteilungen „Auffälliger Wolf“ und das weitere
Vorgehen mit dem Einzeltier.
Zudem
liegt hier die Zuständigkeit für Entschädigungszahlungen bei Nutztierrissen in
Niedersachsen. In der Kulisse Herdenschutz werden Zuschüsse für wolfsabweisende
Zäune gewährt. Die Kulisse Herdenschutz gilt landesweit seit 6.6.2018 für
Schafe, Ziegen, Gatterwild. Für Pferde und Rinder sei ein normaler Weidezaun grundsätzlich
ausreichend.
Das
Wolfsmonitoring diene der Erfassung und Dokumentation von Wolfsvorkommen in
Niedersachsen. Die Aufgabe wurde vom Umweltministerium 2011 an die Landesjägerschaft
Niedersachsen (LJN) übertragen. Die Datenerhebung erfolgt vor allem durch die
ehrenamtlichen Wolfsberater, die in enger Zusammenarbeit mit dem Wolfsbüro
stehen. Über die Zusammenführung von Daten zur Ausbreitung des Wolfs in Niedersachsen
werden Wild- und Nutztierrisse dokumentiert und ausgewertet.
Im
LK Nienburg nachgewiesen durch das Wolfsmonitoring sei ein „residenter“ Einzelwolf
im Raum Rodewald. Ein potenzieller „residenter“ Einzelwolf im Raum Rehburg sei
„unter Beobachtung“.
Nach
(nichtamtlicher) Einschätzung vor Ort wird aufgrund der Vielzahl und der Art
der Nutztierrisse vor allem 2018 im Raum Rodewald / Steimbke von einem Rudel
ausgegangen. Genetische Nachweise über mehrere miteinander verwandte Individuen
liegen aber bisher nicht vor.
Ergänzung
zum Zeitpunkt der Protokollfertigung: Das Vorhandenseine eines „Rodewalder
Wolfsrudels“ ist amtlich bestätigt.
Andere
Risse und Sichtungen stammen vermutlich von durchziehenden Einzeltieren. Sichtungen
und die Mehrzahl der Nachweise sagen nichts darüber aus, um welches
Wolfs-Individuum es sich handelt und ob das Tier hier mehrmals gesichtet wurde oder
weitergezogen ist.
Eine
genaue DNA-Bestimmung gestalte sich umso schwieriger, je älter der Kadaver ist.
So ist die genaue Zahl der Wölfe im Landkreis nicht sicher festzustellen. Die
Rissmenge deute jedoch auf mehre Wölfe hin.
Aufgrund
der vielen Risse im Raum Rodewald / Steimbke lädt das Wolfsbüro zu mehreren
Infoterminen im Landkreis Nienburg ein. Die Einladungen zu zwei Infoterminen
speziell für Weidetierhalter werden in Kürze über das Landvolk verschickt. Ein
Termin für die interessierte Bevölkerung ist in Vorbereitung, hierzu wird über
die Presse eingeladen und der Ort bekanntgegeben.
Darüber
hinaus stehen Informationen im Netz zur Verfügung:
Wolfsmonitoring
der Landesjägerschaft Niedersachsen:
Wolfsbüro
im NLWKN:
https://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/wolfsbuero/
Meldungen
an die Wolfsberater für den Landkreis Nienburg:
- Rudolf Bremer
(Raum Husum)
- Thorsten Plagge
(Südkreis)
- Martin Fitschen
(Nordkreis)
- Hubert Wichmann (mittleres Kreisgebiet)
- Lisa Nier (Südkreis)
Auf
die Frage von KTA Höper, welche Kriterien für die Anerkennung der
Kulisse Herdenschutz für Rinder im Landkreis Nienburg gegeben sein müssen,
nimmt Wolfsberater Wichmann Stellung.
Als
Voraussetzung gelten drei Übergriffe auf Rinder bzw. Pferde innerhalb eines Jahres
innerhalb eines Radius von 30 km. Seines Erachtens sei die Kulisse Herdenschutz
für den Landkreis Nienburg bereits anerkannt.
Die
Vorlage neuester Zahlen bestätige, dass sich die aktuelle Situation seit dem
01.08.2018 deutlich verschärft hat. Waren zuvor gelegentliche Risse (alle ein
bis zwei Monate) zu verzeichnen, sind seither zehn Nutztier-Risse von Schafen,
Rindern und Ziegen, die letzten aktuell im Raum Stöckse aktenkundig geworden.
Der
durch das Wolfsbüro ausgegebene Flexi-Zaun sei dabei durch den Wolf überwunden
worden. Die Gründe hierfür werden aktuell analysiert.
Auffällig
sei, dass die Nutztiere zuletzt auch tagsüber, in Hof-Nähe und ohne nennenswerten
Verzehr gerissen wurden. Das Gerücht, es handele sich um ein Rudel, könne nicht
bestätigt werden. Ein entsprechender DNA-Nachweis fehle hierzu.
Ergänzung
zum Zeitpunkt der Protokollfertigung: Der Nachweis ist zwischenzeitlich
erbracht.
Er
empfiehlt dringend die Nutzung des vom Wolfsbüro in Form von Zäunen
verteilten wolfsabweisenden
Grundschutzes zur Sicherung der Viehbestände. Eine finanzielle Förderung werde
auf Antrag gewährt.
Der
Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke unterbricht die öffentliche
Sitzung um 15.30 Uhr, um an dieser Stelle den zahlreich erschienenen
Einwohnerinnen und Einwohnern die Möglichkeit zur Fragestellung und Diskussion
zum Thema zu geben. Auf besonderen Wunsch aus dem Kreis der Zuhörerschaft und
Zustimmung durch den Ausschussvorsitzenden werden die Inhalte nicht protokolliert.
Der
Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke setzt die öffentliche Sitzung
um 16.35 Uhr wieder fort.
KTA
Hille erklärt, dass deutlich geworden
ist, welche Zuständigkeiten gegeben sind. Vom Landkreis Nienburg wünsche er
sich einen verwaltungs- wie gremienseitigen konstruktiven Druck auf die
Landesregierung auszuüben, da der aktuelle Zustand so dort nicht bekannt sei, hier
aber auch nicht länger so hinnehmbar sei.
Das
Mitglied mit beratender Stimme Göckeritz bedankt sich zunächst beim
Vorsitzenden für die Unterbrechung der Sitzung, die von den Zuhörerinnen und
Zuhörern positiv aufgenommen wurde.
Er
fasst zusammen, dass in einem aktuellen Fall der wolfsabweisende Grundschutz
von diesem überwunden wurde. Der Grundschutz werde nur an registrierte
Landwirte ausgegeben, nicht aber an die zahlreichen Hobbytierhalter, die
darüber eine wichtige Funktion für das Gemeinwesen erfüllten. Nach Aussage des
hiesigen Veterinärs seien für die Anerkennung der Schutzkulisse drei Risse im
selben Tierbestand erforderlich. Dies habe dann ggf. auch nachteilige
CC-Relevanz für den Betroffenen.
Weiterhin
seien über die etwaig zugesprochenen Billigkeitsleistungen keine Folgekosten,
die z.B. aus „Verfohlungen“ bzw. „Verlammungen“ entstehen, abgedeckt. Als
Schutzfunktion für die Bürger regt er den Ausschuss an, hierzu einen Antrag an
den Kreistag zu stellen, sich hierzu eindeutig zu positionieren.
In
Form einer Resolution solle eine Güterabwägung des Wolfsschutzes ggü. anderer
Tierarten, die z.B. in den Elektrozäunen verenden, im Sinne einer „Ursache –
Symptom – Abgrenzung“ erfolgen.
Kreisrat
Hoffmann stellt klar, dass auch der
Fachbereich Veterinärwesen im Hause an die Rechtsgrundlagen gebunden ist.
Grundsätzlich sind „häufige Übergriffe auf die selbe Tierhaltung“ CC-relevant.
Man sei sich aber auch bewusst, dass in den betroffenen Fällen auch der
Tierhalter Opfer sei und gehe daher auch entsprechend sensibel mit dieser
Information um.
Auf
die inhaltliche Ergänzung von Landschaftsplanerin Fröhlich, dass
Hobbytierhalter zwar auf Antrag Billigkeitsleistungen erhalten könnten, aber eine
Teilkostenübernahme für Schutzzäune an sie nicht vorgesehen sei, weist der
Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke auf die wichtige Funktion der
Hobbytierhalter zum Kulturerhalt hin. Die Grünlanderhaltung würde ohne
Hobbytierhalter verschwinden.
Ergänzung
zum Zeitpunkt der Protokollfertigung: Eine Teilkostenübernahme für
Herdenschutzzäune ist jetzt auch für Hobbyhalter möglich.
KTA
Höper berichtet darüber, in der
Vergangenheit schon häufig darauf angesprochen worden zu sein, dass das Tier
„Wolf“ betreffende Regularien nötig sind. Wie sich gezeigt habe, sind Viele
durch den Interessenbereich betroffen.
Er
schlägt vor, den Beginn der Ausschusssitzungen auf einen späteren Zeitpunkt zu
verschieben.
Der
Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke weist auf den „traditionellen“
Beginn der Ausschusssitzungen um 15.00 Uhr hin. Dieser Zeitpunkt habe sich über
Jahre hinweg durchgesetzt.
Beratungsergebnis:
Ohne.