Beschluss: Das Gremium beschließt ungeändert.

Abstimmung: Ja: 11, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0

Beschluss:

 

Die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet NI 72 „Münchehägener Forstin der Stadt Rehburg-Loccum wird beschlossen.

 

 


Beratungsgang:

 

Kreisamtfrau Müller erläutert, mit der Landschaftsschutzgebietsverordnung „Münchehägener Forst“ (LSG NI 72) der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben in nationales Recht, hier dem Vogelschutzgebiet „Schaumburger Wald“ (V 67), nachzukommen.

Das grenzübergreifende Vogelschutzgebiet „Schaumburger Wald“ (V 67) mit einer Gesamtfläche von 4.159 ha hat im Landkreis Nienburg eine Fläche von ca. 38 ha, die in der Stadt Rehburg-Loccum liegen. Rd. 87% der Fläche (33 ha) stehen im Eigentum der Stadt Rehburg-Loccum, die restlichen 4,9 ha in Privateigentum.

Betroffen sind ausschließlich Waldflächen, deren wertbestimmende Arten der Mittel-, Schwarz- und Grauspecht sind. Diese benötigen Alt- und Totholz, Mischwälder, Habitatbäume und Insekten (vorrangig Ameisen). Weitere maßgebliche Arten sind die Waldschnepfe, der Wendehals, der Rot- und Schwarzmilan und der Wespenbussard.

 

Auszugsweise berichtet sie aus der fachlichen und rechtlichen Auseinandersetzung mit den eingegangenen Stellungnahmen aus dem Beteiligungsverfahren. Die Verordnung und die Begründung wurden geringfügig angepasst. Die Karte zur Verordnung blieb unverändert.

 

So wurde u.a. eine Freistellung für Flüge der Bundeswehr zur Wahrnehmung ihrer hoheitlichen Aufgaben in die Verordnung aufgenommen. In der Begründung zur Verordnung wird prophylaktisch darauf hingewiesen, dass ausschließlich Flüge und keine weiteren Maßnahmen inkludiert sind.

 

Der Forderung des NABU Nienburg, die 80%-Regelung des Walderlasses zur Sicherung eines ausreichenden Anteils von heimischen (Laub-)bäumen für die Spechte auf 100% anzuheben, wurde nicht gefolgt, da die Vorgabe fachlich nicht begründbar und daher unverhältnismäßig wäre.

 

Ebenso wurde der Forderung der Nds. Landesforsten, den flächigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln unter 10-tägige Anzeigepflicht und nicht unter Erlaubnisvorbehalt zu stellen, nicht gefolgt. Die Erlaubnis ermögliche die Festsetzung von Nebenbestimmungen.

 

Auch dem Einwand der Nds. Landesforsten, das Umwandlungsverbot nicht zu akzeptieren, wurde nicht gefolgt. Das Verbot der Umwandlung von Laub- oder Mischwald in einen reinen Nadelwald diene dem Erhalt des Spechtvorkommens. Nur der Schwarzspecht nutze eingeschränkt auch Kiefern als Habitat, primär seien die Spechte aber auf alte Laubbäume angewiesen. Zudem liege der Laubwaldanteil im Gebiet bei nur 30 %. Eine weitere Verringerung des Lebensraumes würde zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes (EHZ) führen. Gleichzeitig aber verfügten bei dieser Regelung die Waldeigentümer noch immer über ausreichend wirtschaftlich nutzbare Flächen zur Kultivierung von Nadelbäumen.

 

Den Einwänden eines Privateigentümers, über übermäßige Belastung durch die Schutzgebietsausweisung hinsichtlich finanzieller Einbußen und erheblich erschwerter Bewirtschaftung ohne finanziellen Ausgleich konnte nicht gefolgt werden. Das Eigentum ist lt. Art. 14 Grundgesetz sozial gebunden, d.h. gewisse finanzielle Einbußen sind entschädigungslos hinzunehmen. Die Einschränkungen der Verordnung führten nicht zu einer weitreichenden Entwertung bzw. Unnutzbarkeit und damit zu einer unzumutbaren Belastung. Die angekündigte „Erschwernisausgleichsverordnung Wald“ die zukünftig auch für Landschaftsschutzgebiete gelten soll, bietet hier künftig ggf. entsprechende Ausgleiche für weitreichende Entwertungen.

 

Einer Änderung des Gebietszuschnitts unter Hinzuziehung von Flächen um die Deponie Münchehagen und aus der Flurbereinigung Münchehagen wurde nicht gefolgt.

Die Meldung des Gebietes orientierte sich an der Waldgrenze des Schaumburger Waldes sowie dessen Identifizierung als bedeutendes Brutgebiet und geeigneter Lebensraum für die wertbestimmenden Spechte.

 

Totholz, hier sog. „starkes“ Totholz (Mindestdurchmesser 50 cm, mind. 3 m lang) ist wichtiger Bestandteil eines ökologischen Waldgefüges, leistet einen großen Beitrag zur Biodiversität und ist damit Lebensraum für viele Arten. Die Entnahme sämtlichen Totholzes entspricht nicht der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft. Vitale Fichten können ohne Zustimmung entnommen werden. Nur in Altholzbeständen bedarf es aufgrund des Artenschutzes einer Zustimmung in der Zeit vom 01.03.-31.08. (Vorgabe aus dem Walderlass).

 

Auf Nachfrage von KTA Ó Toráin nach der Alters-Untergrenze von „Altholz“ (Erlen benötigten für die angegebenen Mindestmaße des „Totholzes“ rd. 30-60 Jahre Wachstumszeit), erklärt Kreisamtfrau Müller, dass eine wirtschaftliche Entnahme auch durchaus früher erfolgen könne. Das Alter der vorhandenen Bäume betrage aber auch teilweise rd. 100 Jahre und mehr.

 

KTA Hille fragt, Bezug nehmend auf Nr. 9.3 der fachlichen und rechtlichen Auseinandersetzung, anlässlich zu erwartender künftiger Ermächtigungsgrundlagen zur Bekämpfung invasiver Arten, nach den konkreten Erwartungen bzw. Planungen der Verwaltung.

 

Landschaftsarchitekt Gänsslen berichtet darüber, dass das Land Niedersachsen in Abstimmung mit dem BUND gegenwärtig Listen invasiver Arten erarbeitet, die künftig für die Unteren Naturschutzbehörden (UNB) als Basis zur Erarbeitung geeigneter Maßnahmen nach Naturschutzrecht dienen sollen.

Das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (MU) habe hierfür 400.000 € in den Haushalt 2019 eingeplant, so dass zeitnah auch mit einer entsprechenden Verordnung gerechnet wird.

 

Der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke unterbricht um 15.30 Uhr die öffentliche Sitzung, um dem einzigen Zuhörer, der auch nur zu diesem Tagesordnungspunkt erschienen ist, bereits hier die Möglichkeit einzuräumen, seine Fragen im Plenum zu stellen. 

 

Zuhörer Herr Bullmahn gibt an, Beteiligter im Verfahren zu sein und bereits im Rahmen des Beteiligungsverfahrens seine Bedenken und Hinweise vorgebracht zu haben. Die Schutzgebietsausweisung stelle für ihn eine übermäßige Belastung dar. Neben finanziellen Einbußen werde die Bewirtschaftung erschwert, ohne dass es hierfür einen finanziellen Ausgleich gäbe.

Seine Eigentumsflächen liegen im äußeren nördlichen Randbereich des LSG. Diese Flächen sollten seiner Meinung nach aus dem Schutzgebiet herausgenommen und dafür die Waldflächen rund um die Mülldeponie dem LSG zugewiesen werden. Alternativ sei ein Grundstücksverkauf an den Landkreis Nienburg/Weser von diesem abgelehnt worden.

Angesichts der geforderten Schutzqualität sei für ihn unverständlich, weshalb die Federwildjagd erlaubt bliebe und die groben Misshandlungen der Flächen (Rodung von Bäumen, Aufstellung von Blechhütten) tatenlos und ohne Ahndung geduldet würden.

 

Kreisamtfrau Müller erklärt, dass das Gebiet bereits 2007 durch die Landesbehörde kartiert und als geeigneter Lebensraum für verschiedene Spechte in den Managementplan aufgenommen wurde. Mit den Vorgaben zur Sicherung der Wertigkeit und Entwicklung haben sich die Managementpläne auch weiterentwickelt. Die möglichen Gründe für eine Herausnahme von Flächen aus der Sicherung sind zwischenzeitlich durch gerichtliche Entscheidungen definiert worden. So sei dies nur möglich, wenn zuvor keine Erhebung zur Sicherung erfolgt sei oder die Sicherung auf lange Sicht (50 Jahre) sinnlos (z.B. wegen einer Bodenverseuchung) sei. Dies läge hier nicht vor. 

 

Auf Nachfrage von KTA Ó Toráin hinsichtlich eines möglichen Flächenankaufs durch den Landkreis antwortet Landschaftsarchitekt Gänsslen, dass damit eine ökologische Aufwertung erreicht werden müsse. Beispiel dafür ist der damalige großräumige Flächenankauf des Landes rund um die Sondermülldeponie (SAD) Münchehagen zum Zwecke der Aufforstung.

Die Spechtarten seien durch die Federwildjagd überdies nicht betroffen.

 

Der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke fasst zusammen, dass der FFH-Grenzverlauf fix sei und ein Flächenankauf wohl nicht in Frage komme.

 

Er nimmt um 15.45 Uhr die öffentliche Sitzung wieder auf und ruft, nachdem keine Wortbeiträge mehr gegeben oder Fragen gestellt werden, zur Beschlussabstimmung auf.

 


Beratungsergebnis:

 

Einstimmig mit 0 Enthaltungen.