Sitzung: 29.11.2018 Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt
Beschluss: Das Gremium beschließt ungeändert.
Abstimmung: Ja: 11, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0
Vorlage: 2018/266
Beschluss:
Die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet NI
72 „Münchehägener Forst“ in der Stadt Rehburg-Loccum wird beschlossen.
Beratungsgang:
Kreisamtfrau
Müller erläutert, mit der Landschaftsschutzgebietsverordnung
„Münchehägener Forst“ (LSG NI 72) der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben in
nationales Recht, hier dem Vogelschutzgebiet „Schaumburger Wald“ (V 67), nachzukommen.
Das
grenzübergreifende Vogelschutzgebiet „Schaumburger Wald“ (V 67) mit einer
Gesamtfläche von 4.159 ha hat im Landkreis Nienburg eine Fläche von ca. 38 ha,
die in der Stadt Rehburg-Loccum liegen. Rd. 87% der Fläche (33 ha) stehen im Eigentum
der Stadt Rehburg-Loccum, die restlichen 4,9 ha in Privateigentum.
Betroffen
sind ausschließlich Waldflächen, deren wertbestimmende Arten der Mittel-,
Schwarz- und Grauspecht sind. Diese benötigen Alt- und Totholz, Mischwälder, Habitatbäume
und Insekten (vorrangig Ameisen). Weitere maßgebliche Arten sind die
Waldschnepfe, der Wendehals, der Rot- und Schwarzmilan und der Wespenbussard.
Auszugsweise
berichtet sie aus der fachlichen und rechtlichen Auseinandersetzung mit den
eingegangenen Stellungnahmen aus dem Beteiligungsverfahren. Die Verordnung und die Begründung wurden geringfügig
angepasst. Die Karte zur Verordnung blieb unverändert.
So
wurde u.a. eine Freistellung für Flüge der Bundeswehr zur Wahrnehmung ihrer
hoheitlichen Aufgaben in die Verordnung aufgenommen. In der Begründung zur Verordnung
wird prophylaktisch darauf hingewiesen, dass ausschließlich Flüge und keine
weiteren Maßnahmen inkludiert sind.
Der
Forderung des NABU Nienburg, die 80%-Regelung des Walderlasses zur Sicherung
eines ausreichenden Anteils von heimischen (Laub-)bäumen für die Spechte auf
100% anzuheben, wurde nicht gefolgt, da die Vorgabe fachlich nicht begründbar
und daher unverhältnismäßig wäre.
Ebenso
wurde der Forderung der Nds. Landesforsten, den flächigen Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln unter 10-tägige Anzeigepflicht und nicht unter
Erlaubnisvorbehalt zu stellen, nicht gefolgt. Die Erlaubnis ermögliche die
Festsetzung von Nebenbestimmungen.
Auch
dem Einwand der Nds. Landesforsten, das Umwandlungsverbot nicht zu akzeptieren,
wurde nicht gefolgt. Das Verbot der Umwandlung von Laub- oder Mischwald in
einen reinen Nadelwald diene dem Erhalt des Spechtvorkommens. Nur der
Schwarzspecht nutze eingeschränkt auch Kiefern als Habitat, primär seien die
Spechte aber auf alte Laubbäume angewiesen. Zudem liege der Laubwaldanteil im Gebiet
bei nur 30 %. Eine weitere Verringerung des Lebensraumes würde zu einer
Verschlechterung des Erhaltungszustandes (EHZ) führen. Gleichzeitig aber verfügten
bei dieser Regelung die Waldeigentümer noch immer über ausreichend wirtschaftlich
nutzbare Flächen zur Kultivierung von Nadelbäumen.
Den
Einwänden eines Privateigentümers, über übermäßige Belastung durch die Schutzgebietsausweisung
hinsichtlich finanzieller Einbußen und erheblich erschwerter Bewirtschaftung
ohne finanziellen Ausgleich konnte nicht gefolgt werden. Das Eigentum ist lt.
Art. 14 Grundgesetz sozial gebunden, d.h. gewisse finanzielle Einbußen sind
entschädigungslos hinzunehmen. Die Einschränkungen der Verordnung führten nicht
zu einer weitreichenden Entwertung bzw. Unnutzbarkeit und damit zu einer unzumutbaren
Belastung. Die angekündigte „Erschwernisausgleichsverordnung Wald“ die zukünftig
auch für Landschaftsschutzgebiete gelten soll, bietet hier künftig ggf. entsprechende
Ausgleiche für weitreichende Entwertungen.
Einer
Änderung des Gebietszuschnitts unter Hinzuziehung von Flächen um die Deponie
Münchehagen und aus der Flurbereinigung Münchehagen wurde nicht gefolgt.
Die
Meldung des Gebietes orientierte sich an der Waldgrenze des Schaumburger Waldes
sowie dessen Identifizierung als bedeutendes Brutgebiet und geeigneter Lebensraum
für die wertbestimmenden Spechte.
Totholz,
hier sog. „starkes“ Totholz (Mindestdurchmesser 50 cm, mind. 3 m lang) ist wichtiger
Bestandteil eines ökologischen Waldgefüges, leistet einen großen Beitrag zur
Biodiversität und ist damit Lebensraum für viele Arten. Die Entnahme sämtlichen
Totholzes entspricht nicht der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft. Vitale Fichten
können ohne Zustimmung entnommen werden. Nur in Altholzbeständen bedarf es aufgrund
des Artenschutzes einer Zustimmung in der Zeit vom 01.03.-31.08. (Vorgabe aus
dem Walderlass).
Auf
Nachfrage von KTA Ó Toráin nach der Alters-Untergrenze von „Altholz“ (Erlen
benötigten für die angegebenen Mindestmaße des „Totholzes“ rd. 30-60 Jahre
Wachstumszeit), erklärt Kreisamtfrau Müller, dass eine wirtschaftliche
Entnahme auch durchaus früher erfolgen könne. Das Alter der vorhandenen Bäume
betrage aber auch teilweise rd. 100 Jahre und mehr.
KTA
Hille fragt, Bezug nehmend auf Nr.
9.3 der fachlichen und rechtlichen Auseinandersetzung, anlässlich zu
erwartender künftiger Ermächtigungsgrundlagen zur Bekämpfung invasiver Arten,
nach den konkreten Erwartungen bzw. Planungen der Verwaltung.
Landschaftsarchitekt
Gänsslen berichtet darüber, dass das
Land Niedersachsen in Abstimmung mit dem BUND gegenwärtig Listen invasiver
Arten erarbeitet, die künftig für die Unteren Naturschutzbehörden (UNB) als
Basis zur Erarbeitung geeigneter Maßnahmen nach Naturschutzrecht dienen sollen.
Das
Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (MU)
habe hierfür 400.000 € in den Haushalt 2019 eingeplant, so dass zeitnah auch mit
einer entsprechenden Verordnung gerechnet wird.
Der
Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke unterbricht um 15.30 Uhr die
öffentliche Sitzung, um dem einzigen Zuhörer, der auch nur zu diesem
Tagesordnungspunkt erschienen ist, bereits hier die Möglichkeit einzuräumen,
seine Fragen im Plenum zu stellen.
Zuhörer
Herr Bullmahn gibt an, Beteiligter im
Verfahren zu sein und bereits im Rahmen des Beteiligungsverfahrens seine Bedenken
und Hinweise vorgebracht zu haben. Die Schutzgebietsausweisung stelle für ihn
eine übermäßige Belastung dar. Neben finanziellen Einbußen werde die
Bewirtschaftung erschwert, ohne dass es hierfür einen finanziellen Ausgleich
gäbe.
Seine
Eigentumsflächen liegen im äußeren nördlichen Randbereich des LSG. Diese
Flächen sollten seiner Meinung nach aus dem Schutzgebiet herausgenommen und
dafür die Waldflächen rund um die Mülldeponie dem LSG zugewiesen werden. Alternativ
sei ein Grundstücksverkauf an den Landkreis Nienburg/Weser von diesem abgelehnt
worden.
Angesichts
der geforderten Schutzqualität sei für ihn unverständlich, weshalb die Federwildjagd
erlaubt bliebe und die groben Misshandlungen der Flächen (Rodung von Bäumen,
Aufstellung von Blechhütten) tatenlos und ohne Ahndung geduldet würden.
Kreisamtfrau
Müller erklärt, dass das Gebiet
bereits 2007 durch die Landesbehörde kartiert und als geeigneter Lebensraum für
verschiedene Spechte in den Managementplan aufgenommen wurde. Mit den Vorgaben
zur Sicherung der Wertigkeit und Entwicklung haben sich die Managementpläne auch
weiterentwickelt. Die möglichen Gründe für eine Herausnahme von Flächen aus der
Sicherung sind zwischenzeitlich durch gerichtliche Entscheidungen definiert
worden. So sei dies nur möglich, wenn zuvor keine Erhebung zur Sicherung
erfolgt sei oder die Sicherung auf lange Sicht (50 Jahre) sinnlos (z.B. wegen einer
Bodenverseuchung) sei. Dies läge hier nicht vor.
Auf
Nachfrage von KTA Ó Toráin hinsichtlich eines möglichen Flächenankaufs
durch den Landkreis antwortet Landschaftsarchitekt Gänsslen, dass damit
eine ökologische Aufwertung erreicht werden müsse. Beispiel dafür ist der
damalige großräumige Flächenankauf des Landes rund um die Sondermülldeponie
(SAD) Münchehagen zum Zwecke der Aufforstung.
Die
Spechtarten seien durch die Federwildjagd überdies nicht betroffen.
Der
Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke fasst zusammen, dass der
FFH-Grenzverlauf fix sei und ein Flächenankauf wohl nicht in Frage komme.
Er
nimmt um 15.45 Uhr die öffentliche Sitzung wieder auf und ruft, nachdem keine
Wortbeiträge mehr gegeben oder Fragen gestellt werden, zur Beschlussabstimmung
auf.
Beratungsergebnis:
Einstimmig
mit 0 Enthaltungen.