Sitzung: 22.05.2019 Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt
Beschluss: Das Gremium nimmt Kenntnis.
Vorlage: 2019/050
Beschluss:
Der Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt
nimmt Kenntnis.
Beratungsgang:
Baudirektor
Wehr gibt einen Überblick über das Konzeptvorhaben
einer gemeinsamen Klärschlammentsorgung für die Gemeinden und Verbände im
Landkreis Nienburg/Weser.
Von
den 13 Klärwerken im Gebiet des Landkreises Nienburg/Weser ist das Klärwerk der
Stadt Nienburg/Weser mit einer Ausbaugröße für 160.000 Einwohner, einem täglichen Zufluss von rd. 7.700 m³/d und
einem anfallenden Klärschlamm von 1.450 Mg TS/a das mit Abstand größte.
/ Eine
Standortkarte mit den 13 Klärwerken unter Angabe ihrer Ausbaugrößen ist als
Anlage dem Protokoll beigefügt.
Aus
dem Klärschlammbericht der Landwirtschaftskammer 2017 ist zu entnehmen, dass 3.200
Mg Trockenmasse Klärschlamm (TM KS) aus 13 Klärwerken angefallen sind. Davon
wurden 2.460 Mg TM KS in die Landwirtschaft gegeben (69 %) und 740 Mg TM KS
gelangten in die Verbrennung, Kompostierung und Zwischenlagerung (31 %).
Für
das Jahr 2018 rechne man zusätzlich mit einer 30%igen Reduzierung der TM KS,
die in die Landwirtschaft geht.
Mit
der Situation der landbaulichen Klärschlammentsorgung im Landkreis Nienburg/Weser
müsse man sich auseinandersetzen, da Klärschlamm auch düngende Wirkung hat. So
ist aus rechtlicher Sicht neben der novellierten Klärschlammverordnung vom 27.
September 2017 (mit der Pflicht zum Phosphorrecycling ab 2029) auch die neue
Düngeverordnung (vom 26. Mai 2017) anzuwenden.
Wegen
der Verwertungskonkurrenz des Wirtschaftsdüngers aufgrund der im Klärschlamm
enthaltenen Nährstoffe (Stickstoff und Phosphat) kommt es in der Landwirtschaft
in der Folge zu fehlender Akzeptanz um Klärschlamm abzunehmen. Mögliche Überschreitungen
von Grenzwerten nach Klärschlammverordnung und Düngerecht verunsichern hier die
Landwirte zusätzlich.
Die
Gemeinden und Abwasserverbände haben sich daher dazu entschlossen, unter der
Federführung der Verwaltung des Landkreises Nienburg/Weser einen gemeinsamen
Weg in eine zukunftsfähige Klärschlammentsorgung zu gehen.
Entsorgungsengpässe
bedingen die Entwicklung zeitnaher Lösungen und darüber hinaus die vorhandenen
hiesigen Angebote und Kapazitäten zu prüfen und ihre Realisierungschancen zu bewerten.
Eine
alternative Möglichkeit ergäbe sich aus der Nutzung einer großvolumigen Biogasanlage
mit Lagerkapazitäten der RWG in Leese, Industriegebiet „Oehmer Feld“. Eine Vorbehandlung, Ausfaulung, Entwässerung, Trocknung, Lagerung
und Logistik von rd. 22.000 m³ Klärschlamm aus den Abwasseranlagen im Landkreis
Nienburg/Weser wäre damit möglich, zusammen mit weiteren Lagermöglichkeiten im
Betriebsgelände der RWG. Aktuell werden die genehmigungsrechtlichen Auflagen hierzu
geklärt.
Die
Alternative, mit der BAWN als Kooperationspartner der Abfallwirtschaftsgesellschaft
im Landkreis Diepholz (AWG) eine Mitverbrennung im Heizkraftwerk in Bremen-Blumenthal
durchzuführen und hierzu eine neue Anlage zur Monoverbrennung (KENOW) zu
planen, fällt als direkte Alternative leider weg. Die Überprüfung ergab, dass
eine Übertragung eines Teils der Abwasserbeseitigungspflicht rechtlich unzulässig
ist.
Ergänzend
hat inzwischen die Hansewasser/KENOW Bremen angeboten, den Klärschlamm auch aus
Nienburg zu übernehmen und in einer noch zu errichtenden Monoverbrennungsanlage
(55.000 Mg/a) zu verbrennen.
Eine
weitergehende Klärschlammtrocknung in Steyerberg unter Mitnutzung von Überschusswärme
der Fa. Oxxynova ist im Rahmen einer Konzeptstudie vorgeprüft worden. Die
Studie kommt zu dem vorläufigen Ergebnis, dass eine Klärschlammtrocknung am
Standort Steyerberg für die sich anschließenden Gemeinden durchaus wirtschaftlich
sein kann.
Eine
weitere Alternative ergibt sich aus der Mitverbrennung von Klärschlamm im Biomasseheizkraftwerk
der Fa. Statkraft in Landesbergen. Versuche mit einer Probemenge von 20 Mg sind
für Juli dieses Jahres geplant. Hierzu erfolgen aktuell Detailabstimmungen
zwischen Landkreis, Fa. Stakraft, Stadt Nienburg und der Gewerbeaufsicht.
Mit
der Kommunalen Nährstoffrückgewinnung Niedersachsen in Hildesheim (KNRN)
verfolgt
man ein umfassendes Projekt zur Entsorgung von Klärschlamm einschließlich des
Transports, der Trocknung, Monoverbrennung und später erforderlichen Phosphor-Recyclings
über 24.000 Mg TR/a Ausbaugröße, 40,8 Mio.€ Investitionskosten (mittlere Größe).
Der Standort ist in Hildesheim auf einem städtischen Grundstück in Nachbarschaft
zur Kläranlage mit Bahnanschluss und Hafen. Mit der Möglichkeit zur
Fernwärmeauskopplung zur Versorgung eines Gewerbegebietes verwirklicht man
zudem noch Synergieeffekte. Die Organisationsform der KNRN als GmbH ist offen
für kommunale Mitgesellschafter.
Zu
den Vorteilen der KNRN zählt u.a. die Klärschlammentsorgung mit Nährstoffrecycling
in öffentlicher Hand ohne eine Gewinnorientierung und die Erweiterungsoption
für Rückgewinnung von Phosphor aus den Aschen der Monoverbrennung. Als öffentlicher
Mitgesellschafter ist das Thema Klärschlammentsorgung Inhouse-fähig, d.h.
Ausschreibungen sind nicht erforderlich. Durch den überregionalen kommunalen
Verbund mehrerer Klärschlammerzeuger wird eine wirtschaftlich bessere Anlagenauslastung
erreicht und die Risiken reduziert.
Die
Gemeinden und Abwasserverbände im Landkreis Nienburg haben ihr großes Interesse
an dem Angebot der KNRN bekundet. Hinsichtlich des Eintritts der Gemeinden und
Verbände in die KNRN bedarf es aktuell noch der Klärung der rechtlichen
Organisationsform (z. B. GmbH, Kreisverband o.ä.).
Das
Begleitprojekt „SATELLITE“ der Leibniz Universität Hannover untersucht konzeptionell
die Möglichkeiten der Klärschlammentsorgung an zentraler Stelle und bindet
regionale Zentren aus dem interkommunalen Verbund mit ein. Die Untersuchung
wird zu 100 % aus Bundesmitteln gefördert.
Neben
der Potentialerfassung werden die Verfahren für die Region aus technischer,
wirtschaftlicher und ökologischer Sicht analysiert und bewertet.
An
diesem Projekt beteiligen sich unsere Gemeinden und Verbände sowie die RWG
Leese. Erste Ergebnisse werden bereits Mitte Juni präsentiert, sodass eine Entscheidung
zum Beitritt in die KNRN rechtzeitig möglich wird.
Der
Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke weist abschließend darauf hin,
dass noch zahlreiche Gespräche mit den verschiedenen Stellen zu führen sind.
KTA
Ó Toráin fragt nach dem
Wahrheitsgehalt des Gerüchtes, dass Klärschlamm aus den Faultürmen des
Klärwerks Rehburg-Loccum ohne Untersuchung auf dem Land verteilt worden ist.
Baudirektor
Wehr ist hierzu nichts bekannt. Er
weist darauf hin, dass die Klärschlammwerte und –mengen kontinuierlich erfasst,
dokumentiert und über die Landwirtschaftskammer gemeldet werden müssen.
KTA
Hille macht deutlich, dass die
Rechnung für die Kosten, die durch den Transport des Klärschlamms zur Kommunalen
Nährstoffrückgewinnung Niedersachsen nach Hildesheim entstehen, letztendlich zusätzlich
dem Gebührenzahler belastend aufgetragen werden.
Beratungsergebnis:
Ohne.