Beschluss: Das Gremium beschließt ungeändert.

Abstimmung: Ja: 10, Nein: 0, Enthaltungen: 1, Befangen: 0

Beschluss:

 

Für den Landkreis Nienburg wird in Zusammenarbeit mit den Wassernutzern ein integrales Managementkonzept zur Bewirtschaftung von Wassermengen erstellt.

 


Beratungsgang:

 

Der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke berichtet erfreut darüber, dass seitens der Landesregierung Niedersachsens mit der Förderrichtlinie „Wassermengenmanagement-Projekte“ ein Budget in Höhe von 2,6 Mio. € zur Verfügung gestellt werden konnte. Die Förderquote liege bei bis zu 90 %.

Der Landkreis Nienburg/Weser möchte mit dem Projekt „Integrales Managementkonzept zur Bewirtschaftung von Wassermengen im Landkreis Nienburg/Weser“ daran partizipieren.

 

Über die Inhalte des Konzepts mit den Kosten und der Ablaufplanung informiert Baudirektor Wehr.

 

Zunehmend trockene und heiße Sommer führen in Folge der absinkenden Grundwasserstände und extremer Niedrigwasserabflüsse zur Austrocknung von Biotopen und Oberflächengewässern sowie zu Schäden an Wäldern und Ertragsverlusten in der Landwirtschaft. Andererseits ist aber auch die Zunahme von Hochwassergefahren als Folge des Klimawandels festzustellen. Mit dem Konzept möchte man dieser Ausgangslage gezielt entgegenwirken.

 

Anhand von Wetteraufzeichnungen visualisiert er die Tendenzen der zunehmenden Temperaturanomalie (Temperaturanstiege in Niedersachsen insbesondere seit 2011 um mehr als 2 K über dem Mittel) und Niederschlagsanomalie (2010 -2019, in 2018 besonders unterdurchschnittliche Niederschlagsmengen, 30 % unter dem Mittel).

Die Auswertung der Grundwassermessstellen in Niedersachsen belegt den allgemein fallenden Trend der mittleren Grundwasserstände. Im Jahr 2019 kam es sogar zum Fall auf einen historischen Tiefststand.

Der Grundwasserkörper im Landkreis Nienburg befinde sich aber (noch) in einem guten mengenmäßigen Zustand. Es gebe aktuell keinen Wassernotstand im Landkreis Nienburg.

 

Seit 2015 ist ein deutlicher Rückgang der verfügbaren Wassermengen der Grundwasserkörper (entsprechend um 2,62 Mio. m³/a, rd. 17 %) festzustellen, der zu bewerten sei.

Jahreszeitlich problematische Verhältnisse, wie z.B. in den trockenen Sommermonaten, führten zu Verteilungsproblemen bei den Wasserversorgern. Situationsbedingt wurden von der Unteren Wasserbehörde (UWB) seit 2015 neue Erlaubnisse für die Feldberegnung in einer Gesamtmenge von 2,08 Mio. m³/a erteilt.

 

Die Nutzungskonkurrenz zwischen Trinkwasser, Landwirtschaft und Industrie führe zur Verteilungsdiskussion. Wasserversorger und Behörden werden im Sommer zur Veranlassung von Nutzungseinschränkungen gezwungen sein.

 

So führt einerseits das Absinken der Grundwasserstände im Sommer zu wirtschaftlichen und ökologischen Schäden aber andererseits führen Extremwetterereignisse im Winter zu Hochwasserschäden.

Mit dem integralen Managementkonzept zur Bewirtschaftung der Wassermengen werde ein maßgeblicher Baustein der Daseinsvorsorge für den Landkreis Nienburg erstellt.

 

Inhaltlich soll u.a. das Verhältnis von Wasserdargebot zu Wassernutzungen optimiert werden.

 

Quantitativ zeige der Stand der Grundwasserentnahmen im Landkreis Nienburg seitens der öffentliche Wasserversorgung, des Gewerbes, der Industrie sowie der Landwirtschaft, dass die tatsächlich genutzte Wassermenge mit rd. 22,0 Mio. m³ (44 %) unter der erlaubten Menge liegt.

Der mit 40 % (rd. 15,54 Mio. m³/a) größte Teil entfalle dabei auf die für die landwirtschaftliche Feldberegnung erlaubten Grundwassermengen.

 

Qualitativ, d.h. hinsichtlich der Grundwassergüte, ergibt sich im Landkreis Nienburg nach den vorliegenden Messungen des gewässerkundlichen Landesdienstes (GLD beim NLWKN) ein diverses Bild. Von 32 Grundwassermessstellen des GLD überschreiten 7 Messstellen im Jahresmittel den Grenzwert für Nitrat im Grundwasser (d.h. über 50 mg/l).

 

Baudirektor Wehr erläutert weiter, dass ein Gesamtbild zur Wassermengenbewirtschaftung erarbeitet werden soll. Elementar dafür sei die Erfassung weiterer IST-Daten.

 

Daten u.a. zum Wasserbedarf, zum Wasserdargebot hinsichtlich der wichtigsten Oberflächengewässer, zu den Beständen an Ökosystemen und zu den Böden sollen zusammen mit Informationen zum Zustand der Natur und der Biotope sowie Daten der Forstwirtschaft zum Waldzustand gesammelt werden.

 

Zusammen mit den Beschreibungen zur Grundwasserherkunft und -güte sollen diese Informationen in Zusammenhang gestellt werden und die Auswertung der Daten zu einer übergreifenden Defizitanalyse und Prognose für die Jahre 2030, 2050 und 2100 ausgearbeitet werden.

 

Ziel des Konzepts ist eine zeitnahe und bedarfsgerechte Bereitstellung von Wasser an die unterschiedlichen Nutzer. Den Projektbeteiligten sollen geeignete Mittel zur Anpassung und Steuerung der Wasserverbräuche an die Hand gegeben werden. Hierzu zählen z.B. Maßnahmen der Wasserversorger (Wasserverteilung, Wasserdruck, Speicher usw.) oder die Anpassung der Erlaubnisbescheide durch die Wasserbehörde.

 

Über die Bewertung von Nutzungskonkurrenzen und die Bewertung von nachteiligen Auswirkungen auf die Ökosysteme, die Landnutzung und die Fließgewässer sollen sich verlässlichere Prognosen zu künftigen Wasserbedarfen differenziert nach Wassernutzern in Bezug auf das Grundwasser-Dargebot abgeben lassen.

 

Bereits jetzt arbeitet der Landkreis Nienburg, Fachdienst Wasserwirtschaft eng mit den Wasserverbänden und Unterhaltungsverbänden zusammen.

In die Erarbeitung des Wassermengenmanagementkonzepts werden die Nachbarlandkreise Diepholz, Verden, Schaumburg und die Region Hannover einbezogen, da Wasser keine politischen Grenzen kennt.

Interesse an einer übergreifenden Zusammenarbeit haben zudem der Kreisverband für Wasserwirtschaft, der ULV Große Aue, der Wasserverband Garbsen-Neustadt sowie die Landwirtschaftskammer bekundet.

 

Die Verantwortlichkeit für die Konzepterstellung liegt bei der Fachbereichsleitung Umwelt.

 

Für die Projektdauer (Oktober 2020 bis Dezember 2021) soll eine detaillierte Ablaufplanung der Konzeptschritte unter Datenermittlung durch den Fachdienst Wasserwirtschaft (nur unter Zurückstellung und Priorisierung der vorhandenen Tätigkeiten möglich) in Zusammenarbeit mit einem Planungsbüro erarbeitet werden.

 

Die Kosten hierfür liegen bei rd. 240.000,00 € für das Planungsbüro samt moderierter Termine mit den Projektbeteiligten. Eine Förderung ist bei der Bank des Landes Niedersachsens (NBank) in Höhe von 90 % beantragt, so dass der Eigenanteil des Landkreises bei 24.000,00 € liegt. Die Bereitstellung der Haushaltsmittel erfolgt über den Nachtragsplan 2020.

 

KTA Höper erhebt den Einwand, dass es z.B. bei der Darstellung des Wasserverbrauchs durch die Feldberegnung in den Jahren 2018 und 2019 angesichts der extrem warmen und trockenen Sommerzeit zu sehr hohen Mengen gekommen ist, die zwar dem Bedarf entsprachen, es sich aber um „Extremwerte“ handele, die das Gesamtbild verfälschten.

 

Baudirektor Wehr macht deutlich, dass sich die zur Verfügung stehenden Grundwasserreserven um die Menge der insgesamt zugestandenen Nutzungsrechte minimieren.

Darin seien auch die gewerblichen Großmengenentnehmer, wie z.B. die Firmen Smurfit-Kappa, Göbber oder Frischli enthalten.

Für die rd. 9.000 ha zu bewässernden landwirtschaftlichen Flächen werden die Bewässerungskontingente auf ein 10-Jahres-Mittel begrenzt.

 

KTA Höper regt an, sich angesichts der rückläufigen verfügbaren Wassermengen auch mit dem Verbleib und der Nutzung des Regenwassers zu beschäftigen.

 

Der stellv. Landrat Dr. Schmädeke weist darauf hin, dass noch weitere Ansätze, wie z.B. der des Hochwasserschutzes, verfolgt werden.

 

Das Mitglied mit beratender Stimme Göckeritz mahnt die richtige Trennung der Begriffe zum Verbrauch und zur Nutzung von Wasser an.

Grundwasser werde umfangreich für Trinkwasser und in der Industrie verbraucht. Hingegen tragen z.B. Anteile der Feldberegnungsmengen durch Versickerung wieder zur Grundwasserneubildung bei. Zudem werde mit dem Wasser als Hauptbestandteil der Gülle (rd. 97% bis 98% Wasseranteil) hierzu ebenso ein positiver Beitrag geleistet.

 

Der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke widerspricht dem Argument eines Beitrags der Feldberegnung zur Grundwasserneubildung.

Im Rahmen der „guten fachlichen Praxis“ sei die Feldberegnung so einzustellen, dass nur die für die Ertragsproduktion benötige Bewässerungsmenge ausgebracht werde.

 

Das Mitglied mit beratender Stimme Gerner regt an, auch die Menge an drainiertem Wasser zu ermitteln und nach Möglichkeit zu nutzen, da dieses generell über die Vorfluter als „Verbrauch“ verlorenginge.

Der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke weist in diesem Zusammenhang als Beispiel auf das Gebiet des Lichtenmoores hin, in dem durch eine innovative Steuerung von Drainagen eine temporäre Anhebung der Wasserstände untersucht werden soll.

 

Baudirektor Wehr erinnert daran, dass man zunächst in die differenzierte Betrachtung mit den zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten einsteige und die daraus gewonnenen Erkenntnisse aufbereiten werde.

Unter Zugrundelegung des Bedarfs bestehe dann die Aufgabe darin, dies mit geeigneten Maßnahmen in die bestehende wasserwirtschaftliche Landschaft zu implementieren.

 

KTA Höper weist darauf hin, dass hinsichtlich der Datensammlung bzw. –analyse neben den 32 durch den Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) aus dem Belastungsnetz des Landkreises ausgewählten Grundwassermessstellen (GWM) noch viele weitere GWM im Landkreisgebiet existierten.

 

In diesem Zusammenhang macht das Mitglied mit beratender Stimme Göckeritz deutlich, dass seitens des Landvolkes Mittelweser dem Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (MU) ein Gutachten zu den Messstellen vorgelegt wurde, das Mängel am Grundwassermessstellennetz des NLWKN u.a. in Bezug auf deren Bewirtschaftung und baulichen Zustand beschreibt und somit die Geeignetheit der Messergebnisse in Frage stellt.

So passten z.B. die Darstellungen des Grundwasser-Netzes durch den NLWKN (Abb. auf Seiten 6 und 8 des Konzeptes) nicht überein, was keinen belastbaren hydrogeologischen Bewertung zuließe.

 

Baudirektor Wehr erläutert, dass man sich bewusst für eine Aufnahme und Auswertung von IST-Daten über den Zeitraum von 10 Jahren entschieden hat, um sich gegen mögliche Schwankungen abzubilden.

 

Das Grundwasserdargebot werde einschließlich der Neubildung aktuell berechnet werden müssen, um dem erhöhten Bedarf gerecht zu werden. Dabei dürfe die Landnutzung nicht den wirtschaftlich vertretbaren Rahmen verlassen. Die Abhängigkeit der Ökosysteme von den Grundwasserständen müsse in die Bewertung eingehen.

 

Wichtige Grundlage der Berechnung werden die Daten des „digitalen Wasserbuchs“ sein. Dessen Informationen werden in der Defizitanalyse auf Schwachstellen und Lücken überprüft.

Darüber hinaus sollen weitere Informationen z.B. über organische Böden (Moore) und Biotope der Landschaftsrahmenplanung übernommen werden, um Verbesserungsmöglichkeiten über den Wasserhaushalt planen zu können.

 

Auf Nachfragen von KTA Dr. Bauer, welche Auswahlkriterien bzw. welche Bereiche zugrunde gelegt werden und ob diese Maßnahme der Wasserrahmenrichtlinie entspräche, antwortet Baudirektor Wehr, dass die Förderungen von Maßnahmen an Fließgewässern, die im Rahmen der Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie durch das Land Niedersachsen zugewiesen würden, z.B. an die Unterhaltungsverbände adressiert seien.

 

Die Datenerfassung bzw. –analyse werde schwerpunktmäßig in den Bereichen der Großen Aue und deren Nebengewässer, des Rohrbachs / Winterbachs, des Steinhuder Meerbachs, der Alpe und des Wesertals erfolgen.

 

KTA Höper merkt an, dass der im Sommer zu beobachtende Abfall des Wasserdrucks nicht allein darin begründet sei, dass die Versorger die Drücke zur Wassereinsparung herunterfahren würden.

 

Teils sind die Wassernetze bis zu rd. 70 Jahre alt. Die verbauten Querschnitte orientierten sich zudem an dem damaligen Bedarf.

Zwischenzeitlich sind die Netze aufgrund von weiter erschlossenen Baugebieten erweitert worden und durch ein geändertes Verbraucherverhalten seien die Verbräuche gestiegen.

 

Baudirektor Wehr erläutert, dass über die Bestandsaufnahme der Wassernetze auch die Schwachstellen und der Entwicklungsbedarf untersucht werde und weist auf die Unterhaltungs- und Investitions-Zuständigkeit der örtlichen Wasserversorger hin.

 

Der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke bestätigt, dass die Infrastruktur aufgrund der gestiegenen Anforderungen zeitweise an ihre Grenzen stößt. Neben dem Rohrleitungs-Netz sind u.a. auch die Pumpendrücke und die Vorhaltemengen reglementierende Faktoren.

Eine Zielrichtung des Projektes ist es daher auch, die Möglichkeiten zur Umschichtung und Verteilung der Wassermengen von den regenreichen Monaten in die regenarmen Sommermonate zu verbessern.

 

KTA Kuhlmann spricht sich dafür aus, die Details der Maßnahme zu gegebener Zeit zu diskutieren. Die Verwaltung werde hierzu informieren.

Klar geworden sei, dass man die Zielsetzung verfolgen will, das Dargebot an Wasser zu steigern und den Verbrauch zu optimieren. Daher befürworte sie die Aufstellung eines Wassermengenmanagementkonzeptes.

 

Baudirektor Wehr betont, dass zunächst der IST-Vergleich mit Prognose projektiert werde, bevor eine Strategie zur Umsetzung erarbeitet werden kann.

Neben zu klärender ordnungsrechtlicher Fragen und Ideen zu neuen Organisationsformen (z.B. in Form von Beregnungsverbänden) fließen die Ergebnisse der Zusammenarbeit mit dem NLWKN, dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), den Naturschutzverbänden und den Nachbarkreisen mit in die Maßnahmenkonzeption ein.

Das Planungsbüro liefere hierzu die planerische Unterstützung. Detailliertere Planungen zur Umsetzung werden sich in Folge an das Konzept anschließen müssen.

 

KTA Hille bemängelt die Formulierung der Beschlussvorlage.

Seines Erachtens ist diese nicht umfänglich genug. Hierin sollten auch die Höhen der Kosten und der Fördermittel festgeschrieben sein.

Er stellt daher den Antrag, den Beschlussvorschlag wie folgt zu ändern:

„Für den Landkreis Nienburg wird in Zusammenarbeit mit den Wassernutzern ein integrales Managementkonzept zur Bewirtschaftung von Wassermengen erstellt.

Voraussetzung für die Umsetzung ist eine gesicherte Finanzierung von mindestens 75 Prozent der tatsächlichen Gesamtkosten durch Mittel des Landes Niedersachsen im Rahmen der Förderrichtlinie „Wassermanagement-Projekte“.

Kreisrat Hoffmann macht deutlich, dass, auch wenn der Förderbescheid noch nicht vorliegt, davon auszugehen ist, dass das Projekt des Landkreises mit 90%iger Förderquote bezuschusst werde.

Eine Erweiterung des Beschlussvorschlages wäre aber auch nicht problematisch.

 

KTA Höper spricht sich für die Erweiterung des Beschlussvorschlages aus.

 

KTA Prüfer und KTA Höltke sehen keinen Bedarf, den Beschlussvorschlag zu ändern. Es bestünden keine grundsätzlichen Bedenken und das Vertrauen in das Verwaltungshandeln sei gegeben.

 

KTA Kuhlmann sieht angesichts einer zu erwartenden 90%igen Förderquote die Formulierung „mindestens 75 Prozent“ als irreführend an.

 

Der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke stellt den Ergänzungsantrag zur Abstimmung. Das Abstimmungsergebnis lautet wie folgt:

1 Ja-Stimme, 9 Nein-Stimmen, 1 Enthaltung, 0 Befangene.

Damit ist der Ergänzungsantrag mit Stimmenmehrheit abgelehnt.

 

 


Beratungsergebnis:

 

Mit Stimmenmehrheit:         10 Ja-Stimmen         0 Nein-Stimme         1 Enthaltung.