Sitzung: 16.02.2022 Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt
Beschluss: Das Gremium nimmt Kenntnis.
Vorlage: 2022/015
Beschlussvorschlag:
Der
Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt nimmt Kenntnis.
Beratungsgang:
Baudirektor
Wehr verweist auf die kurzfristig
erfolgende Fertigstellung des Abschlussberichtes zum Integralen
Managementkonzeptes zur Bewirtschaftung der Wassermengen
(Wassermengenmanagementkonzept, WMMK) und die Präsentation hierzu im Vorfeld
der Sitzung.
Mit
dem Klimawandel nimmt der Nutzungsdruck zu und die Wasserverbräuche steigen.
Die signifikanten Auswirkungen auf Menge, Qualität und Verfügbarkeit des
Grundwassers sowie der Oberflächengewässer und die Einflussnahme auf die wasserabhängigen
Ökosysteme haben den Landkreis Nienburg veranlasst, diesen maßgeblichen
Baustein der Daseinsvorsorge unter Einbindung der unterschiedlichen
Wassernutzer, Verbände und Fachbehörden zu erarbeiten.
Vom
Niedersächsischen Umweltministerium (MU) wurde durch die NBank eine 90%ige
Zuwendung über 216.000 € für die Erstellung des Wassermengenkonzeptes durch ein
Ingenieurbüro mit externer Moderation gewährt. An den rd. 240.000 € Gesamtkosten
ist somit für den Landkreis Nienburg ein Eigenanteil von 24.000 € verblieben.
In
der Sitzung des ALNU am 09.09.2020 wurde die Aufstellung des WMMK dann beschlossen
(Drucksache ALNU/2020/043).
Der
FD Wasserwirtschaft hatte bereits vor Beauftragung des Planungsbüros mit der
Erfassung der Ist-Daten über Grundwassernutzungen und Rechte begonnen. Den
Projektbeteiligten aus Wasserversorgung, Gewerbe/Industrie,
Land-/Forstwirtschaft, Gemeinden, Umweltverbänden und Fachbehörden wurden die
Projektstruktur sowie die Aufgaben und die Ziele des Projektes in einer
Auftaktveranstaltung im November 2020 erläutert.
Mit
der Bearbeitung des WMMK wurde die Bietergemeinschaft der Büros ahu GmbH
Wasser-Boden-Geomatik, Aachen und CONSULAQUA Hildesheim beauftragt.
Ausgehend
von der umfassenden Auswertung der Ist-Daten zum Wasserbedarf, dem Wasserdargebot,
den Einzugsgebieten der Oberflächengewässer und der Ökosysteme wurde nach
Analyse der Defizite der zukünftige Wasserbedarf dem Wasserdargebot
gegenübergestellt. Aus der Prognose in den Zeitschritten 2030, 2050 und 2100
ergeben sich nach dem Sektor-übergreifenden Soll-Ist-Vergleich Vorschläge zu entsprechenden
Maßnahmenprogrammen.
Der
Geschäftsführer der ahu GmbH, Herr Dipl.-Geol. Frank Müller, trägt die
wichtigen Ergebnisse des noch im Februar abzugebenden Abschlussberichtes vor.
/ Seine
Präsentation ist als Anlage dem Protokoll angefügt.
Den
Mitgliedern des ALNU wird die Gelegenheit gegeben, Fragen zum Bericht und zum
weiteren Vorgehen im Wassermengenmanagement zu stellen bzw. dies inhaltlich zu
diskutieren.
Auf
die Frage des Mitgliedes mit beratender Stimme Dallmeyer, worin der Unterschied
einer Zone III zu einer Zone III A/B innerhalb eines Wasserschutzgebietes (WSG)
liegt, erklärt Herr Dipl.-Geol. Frank Müller, dass dies abhängig von der
jeweiligen WSG-Verordnung ist.
Bei
kleineren Einzugsgebieten kann die Abgrenzung einer zusammengefassten Zone III
ausreichend sein. Wo hingegen durch die örtlichen Gegebenheiten (z.B. Größe
bzw. Entfernung) eine schärfere Abgrenzung sinnvoll ist, sind Unterscheidungen
nach den Zonen III/A und III/B zu finden.
Frau
KTA Schnitzler fragt, inwieweit Garten- und Rasenbewässerungen privater
Haushalte im Konzept berücksichtigt wurden.
Herr
Dipl.-Geol. Frank Müller erläutert,
dass Haushalte und Kleingewerbe mit betrachtet wurden. Sie machen mit 32,3% rd.
ein Drittel des Gesamtbedarfs aus.
Der
vorgeschlagene Maßnahmenkatalog biete auch hierzu zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten,
quasi wie ein Werkzeugkasten. Konkrete Maßnahmen, wie z.B. Einzelanordnungen
könnten aber in der Schärfe zum gegebenen Zeitpunkt nicht aus dem Konzept
abgeleitet werden.
Baudirektor
Wehr führt hierzu ergänzend aus, dass
für die Ist-Daten bzw. Prognosen der Bedarfe nur nachvollziehbare Daten von den
Versorgern (Auswertung von Gartenwasser- oder anderen Zählern) herangezogen
werden konnten. Ein zunehmender Trend zum eigenen Gartenbrunnen, für den keine
rechtliche Erlaubnis erforderlich ist, sei zudem klar erkennbar. Die durch
private Gartenbrunnen genutzten Grundwassermengen sind deshalb auch nirgends zu
melden und werden somit nicht erfasst.
Diese
„Grauzonen-Daten“ kann das Konzept aktuell nicht darstellen. Der Faktor werde
aber nicht unterschätzt.
Der
Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke betont die schwierige
Erfassung und Differenzierbarkeit der Daten zum Trink- und Brauchwasserbedarf
in privaten Haushalten (Gartenbewässerung) sowie in der Landwirtschaft
(Viehtränke).
KTA
Hille fragt, inwieweit die in der
„Bilanz für die Versorger“ rot dargestellten negativen Zahlen zum
Entwicklungs-Bedarf für den Wasserverband „Am Sandkamp“ bereits den reduzierten
Bedarf des Wasserwerks „Wiesenhof/Holte“ berücksichtigen.
Baudirektor
Wehr räumt ein, dass das Konzept auf
dem Datenstand bis 2019 beruht. Insofern ist eine Verbesserung der
Versorgungssicherheit hier absehbar. Aktuell besteht hier ein entsprechendes
Wasserrecht, das an den Kreisverband für Wasserwirtschaft übertragen worden
ist. Der Verband hat bereits erste Investitionen zur Trinkwasserversorgung im
Gebiet Wietzen umgesetzt.
KTA
Podehl erkennt an, dass man sich viel
Mühe gegeben hat. Eine verlässliche Defizitanalyse der Bedarfsprognosen brauche
jedoch belastbare Zahlen.
Angesichts
der unscharfen Abgrenzung von Trink- und Brauchwasserbedarf (z.B. zur
Viehtränke und Gartenbewässerung) gäbe es noch Nachbesserungsmöglichkeiten.
Auf
den Einwand des Mitglieds mit beratender Stimme Dallmeyer, dass der grenzübergreifende
Grundwasserkörper durch defizitäre Bereiche jenseits der Kreisgrenze in der
Aufsummierung zu noch dramatischeren Zahlen führen könne, entgegnet Herr
Dipl.-Geol. Frank Müller, dass diese Folgerung zwar richtig sei, der Effekt
aber im begünstigenden Fall auch zu einer Verbesserung der Zahlen führen
könnte.
Hierzu
wäre eine weitere Detailbetrachtung erforderlich.
Der
Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke verweist auf die ganzheitliche
Betrachtung als Zielvorgabe für das Konzept.
Das
Mitglied mit beratender Stimme Dallmeyer erinnert an den sich zunehmend
verschlechternden Zustand der Hochmoore mit teilweise bereits komplett ausgetrockneten
Bereichen. Aus der Darstellung im „Libellen-Atlas“ seien bereits einige Hochmoore
komplett verschwunden. Diese Entwicklung führe zwangsläufig auch zum Artensterben.
Er
fordert die gleichrangige Betrachtung der ökologischen Verhältnisse gegenüber
den wirtschaftlichen.
Landschaftsarchitekt
Gänsslen erklärt, dass dies auch das
Ansinnen der Verwaltung ist. Bei der rechnerischen Ermittlung des nutzbaren
Grundwasserdargebots ist einbezogen, dass grundwasserabhängige Landökosysteme
geringere Grundwasser-Neubildungsraten aufweisen und hier häufig auch der
Oberflächenabfluss größer ist.
Diese
Erkenntnisse werden planerisch und rechnerisch in die sogenannten Zehrungswerte
umgesetzt und vom Dargebot abgezogen. Zusätzlich wird dieser Zehrungswert noch
ein zweites Mal abgezogen, da klar ist, dass in Trockenwetterzeiten die als
Zehrungswert angesetzten Wassermengen zur aktiven GW-Förderung vorhanden sein
müssen, um die grundwasserabhängigen Landökosysteme, einschließlich der Moore
mit ihren eigenen Moorwasserhaushalten, in Zukunft aktiv stützen zu können.
Mit
dem Konzept wurden beispielhaft zwei Hochmoore, das „Lichtenmoor“ und das
„Uchter Moor“, in ihrer Entwicklung verfolgt und Empfehlungen ausgesprochen. Im
Zuge der weiteren Umsetzung des Konzeptes sollen konkrete Zahlen hierzu (und
auch zu den Waldgebieten) erhoben werden. Weitere Grundwasser- und Moorwassermessstellen
sowie längere Monitoringzeiträume sind hierfür erforderlich.
KTA
Kuhlmann fasst zusammen, dass eine
ganzheitliche Betrachtung unter Einbeziehung aller Belange im Sinne aller
Beteiligten sein dürfte.
Baudirektor
Wehr trägt zur Prognose die
Schwerpunkte des Wassermanagements aus Sicht des Landkreises Nienburg vor.
Neben
der Erhöhung und Stabilisierung der Versorgungssicherheit für alle Wassernutzer
in der Zukunft, einer Verbesserung der Resilienz der Ökosysteme im Hinblick auf
die Klimafolgen, der Sicherung des Landschaftswasserhaushalts und der
ökologischen Entwicklung unserer Fließgewässer sowie Entwicklung und Priorisierung
von Maßnahmen mit möglichst hohem Wirkungsgrad (Stichwort „Werkzeugkoffer“)
soll das Projekt als adaptives Management unter Durchführung eines konsequenten
Monitorings über erforderliche Daten zur Vorbereitung und Bewertung des Erfolgs
von Maßnahmen fortgeführt werden.
Dabei
wurde darauf geachtet, dass alle betroffenen Akteure einbezogen sind und eine
gemeinsame Kommunikation stattfindet.
Bis
September 2022 ist beabsichtigt, einen Vorschlag durch den Landkreis Nienburg
über die weiteren Umsetzungsschritte zu erarbeiten. Darin sollen die Themen,
die teilnehmenden Akteure sowie ihre Rollenverteilung und Zuständigkeiten und
auch die organisatorischen Strukturen für das Monitoring (Steuerungsgruppe, AG)
und die Prüfung von Ressourcen (Personal, Finanzen, Förderprogramme)
vorbereitet werden.
Mit
Annahme des Vorschlags durch die politischen Gremien ab September 2022 könnte
die Etablierung des adaptiven Managements einschließlich Monitoring mit den
vereinbarten Strukturen noch bis Dezember 2022 erfolgen.
Die
durchführende Umsetzung des Wassermengenmanagements ist ab Januar 2023 geplant.
Der
gesamte Abschlussbericht zum WMMK steht allen Interessierten auf der Homepage
des Landkreises Nienburg bis Mitte März 2022 zur Verfügung:
https://www.lk-nienburg.de/politik-verwaltung/umwelt/wasserwirtschaft/integrales-wassermanagement
Beratungsergebnis:
Ohne.