Sitzung: 25.05.2022 Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt
Beschluss: Das Gremium beschließt ungeändert.
Abstimmung: Ja: 11, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0
Vorlage: 2022/067
Beschluss:
Die
Entwürfe der Verordnung zur Festsetzung des Wasserschutzgebietes Stolzenau, des
Lageplans sowie des Kataloges der Schutzbestimmungen werden zur Kenntnis
genommen und das öffentliche Anhörungsverfahren wird eröffnet.
Beratungsgang:
Bauamtsrat
Zechlin stellt als vorläufiges
Ergebnis der sämtlichen fachlichen Abstimmungen die Entwürfe der Verordnung,
des Lageplans und des Schutzkataloges zum geplanten Wasserschutzgebiet (WSG)
Stolzenau vor.
Das
Wasserwerk Stolzenau (Baujahr 1970) verfügt über zwei Förderbrunnen mit einer
Förderleistung bis 100 m³/h. Die wasserrechtliche Bewilligung umfasst bis
500.000 m³/a und ist bis 2047 erteilt. Das Versorgungsgebiet umfasst die
Gemeinde Stolzenau mit rd. 7.500 Einwohnern.
Im
Interesse der öffentlichen Trinkwasserversorgung wird als letzter Schritt zur Sicherung
einer ortsnahen Versorgung vom Wasserversorgungsbetrieb Stolzenau die
Ausweisung eines WSG als erforderlich angesehen.
Gemäß
dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ist der Schutz des Grundwassers vor
Beeinträchtigungen zu gewährleisten. U.a. ist hierfür eine Minimierung bzw.
Abwehr des Eintrags von nachteiligen Stoffen und Organismen, Gefährdungen und
Risiken für das Grundwasser, wie auch nachteilige Temperaturveränderungen des
Grundwassers im Einzugsgebiet zu vermeiden.
Der
hydrogeologisch begründete Vorschlag umfasst
das gesamte unterirdische Einzugsgebiet. Er berücksichtigt modellbasiert die
langfristigen mittleren niedrigen hydrogeologischen
Verhältnisse und maximalen Entnahmemengen. Die Grundwassergleichen wurden aus
langjährigen Grundwasserstands-Messungen ermittelt.
Das
westlich von Stolzenau / nördlich von Nendorf geplante WSG umfasst ein Einzugsgebiet
von rd. 4,58 km², in dem 2 Förderbrunnen und 88 Messstellen vorhanden sind.
Die
Schutzbedürftigkeit des Grundwassers ergibt
sich u.a. aus den geringen Grundwasser-Flurabständen im Einzugsgebiet,
fehlender geologischer Deckschichten (dadurch geringes bis sehr geringes
Schutzpotential), Nachweisen von Trifluoressigsäure (TFA) in 12 von 15
Wasserproben sowie Nitratgehalten bis max. 130 mg/l.
Der
auf Grundlage der „Landes-Schutzverordnung“ erarbeitete Entwurf der
WSG-Verordnung umfasst inhaltlich den Verordnungstext mit §§ (Teil 1), das
Verzeichnis der Schutzbestimmungen „Verbotskatalog“ (Teil 2) sowie die Karte
des Schutzgebietes (Teil 3).
Bauamtsrat
Zechlin geht konkret auf den
Verordnungstext ein. Er betont insbesondere, dass Genehmigungen durch die
Untere Wasserbehörde (UWB) des Landkreises Nienburg/Weser erteilt werden.
Versagungen erfolgen nur, wenn die beabsichtigte Handlung oder Anlage auf das
geschützte Grundwasser nachteilig einwirken kann und diese Nachteile durch
Auflagen bzw. Bedingungen nicht verhütet werden können (§ 6). Zur Vereinfachung
und Verschlankung der Verwaltungsverfahren z.B. in Baugenehmigungsverfahren
werden sogenannte „verknüpfte Genehmigungen“ erteilt (§ 6 Abs. 5).
Unter
bestimmten Voraussetzungen sind auch Ausnahmen vom Verbot möglich bzw.
verpflichtend. Hierzu erfolgt eine jeweilige Prüfung auf einen Antrag hin.
Grundsätzlich sind aber erhöhte Anforderungen maßgebend (§ 7 Befreiungen).
Anlagen
und sonstige Einrichtungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung
rechtmäßig bestehen, genießen Bestandsschutz. Ggf. ergeben sich Anpassungen an
erforderliche Schutzmaßnahmen, sofern der Schutzzweck der Verordnung dies
erfordert (§ 11 Bestandsschutz).
Zum
Katalog der Schutzbestimmungen erläutert Bauamtsrat Zechlin, dass grundsätzlich
in der Anlage 2 zum § 6 der Schutzgebietsverordnung die Handlungen oder
(Bau)-vorhaben aufgelistet werden, die in Hinblick auf den vorbeugenden Trinkwasserschutz
verboten, beschränkt zulässig (und damit einer Genehmigung bedürfen) oder
zulässig sind.
Dieser
wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Wasserversorger unter Beteiligung der
Landwirtschaftskammer (LWK) und weiteren Behörden auf Basis der Praxisempfehlung
für Nds. Wasserversorgungsunternehmen und Wasserbehörden - Handlungshilfe (Teil
II) vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und
Naturschutz (NLWKN) erarbeitet.
Systematisch
wird in „Schutzzone I“, „Schutzzone II“ und „Schutzzone III“ unterschieden.
Symbolisch dargestellt werden verbotene Handlungen oder Bauanlagen mit (V),
beschränkt zulässige, und demzufolge eine wasserrechtliche Genehmigung bedürfende
mit (G) und zulässige mit (-).
Die
Karte des Schutzgebietes zeigt eine parzellenscharfe Abgrenzung nach Einzelfallentscheidung.
Als Kriterien sind 1/3 Flächenanteil oder 20 m Puffer bei gleicher
Bewirtschaftung zugrunde gelegt worden.
Um
die Öffentlichkeit frühzeitig zu beteiligen, hatte der FD Wasserwirtschaft
gemeinsam mit dem Wasserversorgungsbetrieb (WVB) und dessen Ingenieurbüro
bereits am 24.03.2022 eine öffentliche Informationsveranstaltung zum geplanten
WSG Stolzenau im Forum des Gymnasiums Stolzenau abgehalten.
Der
weitere geplante zeitliche Ablauf sieht vor, dass Mitte Juni 2022 mit der Anhörung
aller Träger öffentlicher Belange (TöB) begonnen wird. Die öffentliche Auslegung
durch und bei der Gemeinde Stolzenau erfolgt dann im Juli 2022. Damit ergibt
sich zum Anfang August 2022 das Fristende für Stellungnahmen der TöB bzw. für
Einwendungen. Erörterungstermine ergeben sich spätestens zum Oktober 2022.
Die
Verordnung und ihre Anlagen werden dem ALNU in einer seiner nächsten Sitzungen
(am 28.09. bzw. 30.11.2022) zur Beratung vorgelegt. Die weitere Beratungsfolge
(Kreisausschuss, Kreistag) schließt sich daran an.
Das
Inkrafttreten der Verordnung ist zum 01.01.2023 beabsichtigt.
Das
Mitglied mit beratender Stimme Dallmeyer fragt nach, inwieweit die Daten
des Wassermengenmanagementkonzeptes (WMMK), die angesichts der letztjährigen
trockenen Sommer einen defizitären Grundwasserspiegel ausweisen, in die Planungen
eingeflossen sind.
Bauamtsrat
Zechlin erklärt, dass hier die Beurteilung
in erster Linie auf Grundlage der Dargebotsreserve (DGR) nach dem
Mengenbewirtschaftungserlass des Landes zu erfolgen hat. Die gegebene DGR sei
hier noch sehr üppig vorhanden.
Die
Trinkwasser-Rechte sind vorrangig einzustufen. Beim zugewiesenen Recht orientiert
man sich zudem u.a. an den bestehenden Bewilligungen.
Der
Geschäftsführer der GeoDienste GmbH Dr. Rogge ergänzt, dass die
Erkenntnisse aus dem WMMK, soweit sie für bekannte, abgrenzbare Flächen gelten,
auch in die Planungen mit eingeflossen sind. Das hier mit dem geplanten WSG
betroffene Wasserrecht gibt jedoch feste fachliche Vorgaben.
Der
Fokus bei der künftigen Rechtebewilligung wird darauf zu legen sein, wie viele
Rechte noch benötigt werden und wie viele noch vergeben werden können. Eine
Rahmenrichtlinie des Landes soll auch hierzu künftig Vorgaben bieten. Das bestehende
Wasserrecht ist aber in der aktuellen Berechnung der DGR durch das Land bereits
berücksichtigt.
Baudirektor
Wehr betont, dass die UWB den regen
Informationsaustausch mit dem Kreis der Beteiligten und Betroffenen,
insbesondere der LWK als Fachbehörde gesucht und gepflegt hat. Er verweist auf
die langjährige Gewässerschutzkooperation mit den landwirtschaftlichen
Betrieben im Raum Stolzenau.
Das
Gutachten zum WSG berücksichtigt gleichermaßen Siedlungsflächen wie landwirtschaftlich
genutzte Flächen. In die Verordnung wurden insbesondere zu den erforderlichen
Genehmigungen für beschränkt zulässige Handlungen vereinfachende
katalogähnliche Inhalte formuliert (§ 6 Abs. 7). Die Vorlage entsprechender
Verträge bei der UWB ist dabei grundsätzlich ausreichend.
Das
stellv. Mitglied mit beratender Stimme Dr. Thijsen weist darauf hin,
dass die chemischen Werte für TFA erschreckend hohe Mengen darstellen und
fragt, in wie weit die Herkunft der Stoffe bekannt ist.
Der
stellv. Geschäftsführer des Kreisverbandes für Wasserwirtschaft Oltmann
erläutert, dass TFA eine sehr gut wasserlösliche und in der Umwelt schwer
abbaubare vollständig fluorierte Alkansäure ist, die aufgrund ihrer hohen
Polarität auch in Böden schlecht zurückgehalten wird. Der Stoff kann dabei aus
zahlreichen Quellen stammen. So wird u.a. die Umstellung bzw. der Wechsel in
der Klima-Anlagen-Technik als eine mögliche Ursache benannt.
Erstmals
wurden die Parameter im Jahr 2018 gemessen. Da hierzu aber keine Grenzwerte
definiert sind, gelten diese Parameter zunächst als reine Orientierungswerte
und werden weiter beobachtet.
Der
Geschäftsführer der GeoDienste GmbH Dr. Rogge erklärt, dass es keine
identifizierende Hauptquelle für TFA gibt. Der Stoff sei zudem sehr resistent.
KTA
Höper ergänzt, dass TFA durch den
Zerfall-Prozess unterschiedlichster Produkte entsteht. Die Quellen sind daher
vielfältig.
Beratungsergebnis:
Einstimmig mit 0 Enthaltungen.