Beschluss: Das Gremium beschließt ungeändert.

Abstimmung: Ja: 11, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0


Beratungsgang:

 

Landschaftsarchitekt Gänsslen berichtet über die Einleitung eines Änderungsverfahrens für den Bebauungsplan zur Betriebserweiterung der frischli Milchwerke GmbH in Rehburg und die Auswirkungen auf das Landschaftsschutzgebiet „Steinhuder Meerbach und Nebengewässer (mit Leeser Erlen-Riede)“ (LSG NI 68).

 

Die frischli Milchwerke GmbH in Rehburg steht seit über 120 Jahren (Gründung im Jahr 1901) für die Produktion von Milchprodukten. Seit 1969/70 bzw. 1973 existieren in Rehburg, Wietzen und Rodewald drei Hauptstandorte. Im Jahr 2015 wurde ein neuer 40 m hoher Trockenturm in Rehburg fertiggestellt.

Als wichtiger Arbeitgeber für die Region werden aktuell insgesamt 930 Mitarbeiter:innen beschäftigt und zahlreiche Ausbildungsstätten für diverse Ausbildungsberufe und duale Studiengänge angeboten. Der jährliche Umsatz beträgt rd. 500 Mio. €.


Seitens der frischli Milchwerke GmbH ist eine Erweiterung des derzeit bestehenden Betriebsgeländes in nördlicher Richtung über den „Südbach“ hinausgehend zur Nutzung weiterer Produktions- und Lagerflächen geplant.
Andere Möglichkeiten zur Erweiterung des Betriebes stehen nicht zur Verfügung.

 

Im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 27 „Gewerbe- und Industriegebiet am Bahndamm“ wurde die Untere Naturschutzbehörde (UNB) als Träger öffentlicher Belange (TöB) durch die Stadt Rehburg beteiligt.

 

Betroffen durch die geplante Erweiterung ist das LSG NI 68.

Die geplante gewerbliche Nutzung ist mit dem allgemeinen und besonderen Schutzzweck der LSG-Verordnung nicht vereinbar. Beabsichtigt ist daher eine Teillöschung und Teilneuausweisung des LSG.

 

Unter den besonderen Schutzzweck der LSG-Verordnung fallende Arten sind u.a. der Schlammpeitzger (Misgurmus fossilis), der Steinbeißer (Cobitis taenia), der Bitterling (Rhodeus amarus), die Helm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale), der Fischotter (Lutra lutra), der Europäische Nerz (Mustela luttreola) und Gewässer begleitend die Teichfledermaus (Myotis dasycneme) sowie der Lebensraumtyp LRT 6430 „Feuchte Hochstaudenfluren“. Prioritäre Arten und Lebensraumtypen kommen nicht vor.

 

Um die Erweiterung des Betriebsgeländes der frischli Milchwerke GmbH zu ermöglichen, muss der „Südbach“ als FFH- und LSG-Teilbereich nach Norden verlegt werden. Der fast kanalartig ausgebaute „Südbach“ soll nördlich mäandrierend und naturnah um den neu ausgewiesenen Teilbereich herum geführt werden.

Die geplante Umlegung in den betroffenen Teilbereichen wird von Landschaftsarchitekt Gänsslen auf einer Karte gezeigt.

 

Die vorgesehene Umfluterherstellung ist geeignet, die ökologische Gewässersituation zu verbessern und wird daher auch von der UNB befürwortet.

 

Die Veränderung des „Südbaches“ im geplanten LSG-Löschungsbereich erfordert gleichermaßen auch eine Gebietsanpassung des FFH-Gebietes „Steinhuder Meer (mit Randbereichen)“.

 

In Bezug auf das Natura-2000-Gebiet hat dazu eine FFH-Verträglichkeitsprüfung gemäß § 34 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) i.V.m. Art. 6 Abs. 3 und 4 der FFH-Richtlinie 92/43/EWG zu erfolgen.

 

Da weder prioritäre Arten noch Lebensraumtypen in dem entsprechenden FFH-Gebiet beeinträchtigt werden, ist es ausreichend, die EU-Kommission über diesen Tatbestand zu unterrichten.

In einem Kabinettsbeschluss entscheidet zunächst die Landesregierung über die Anpassung des Gebietes und leitet einen entsprechenden Antrag über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMU) an die EU-Kommission, die eine endgültige Entscheidung über die Anpassung trifft.

 

Mit dem Beschluss des Ausschusses für Landschaftspflege, Natur und Umwelt (ALNU) zur Einleitung des Änderungsverfahrens zur Verordnung „Steinhuder Meerbach und Nebengewässer (mit Leeser Erlen-Riede)“ werden in der Folge die LSG-Unterlagen durch die Stadt Rehburg-Loccum gemeinsam und zeitgleich mit den Bebauungsplan-Unterlagen im Rahmen des 2. Beteiligungsverfahrens zum Bebauungsplan öffentlich bekannt gemacht und ausgelegt.

 

Die Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen wird anschließend erörtert und zusammen mit dem Verordnungs-Entwurf dem ALNU in einer seiner nächsten Sitzungen zur Beratung vorgelegt. Die Beratungsfolge zum Beschluss der Änderungsverordnung (Kreisausschuss und Kreistag) schließt sich daran an.

 

Das Inkrafttreten der Änderungsverordnung erfolgt, vorbehaltlich des Kabinettsbeschlusses des Landes und der positiven Entscheidung der EU-Kommission zur Gebietsanpassung des FFH-Gebietes, durch Bekanntmachung im Ministerialblatt.

 

Auf Nachfrage von KTA Buschmann bestätigt Landschaftsarchitekt Gänsslen, dass das im Eigentum der frischli Milchwerke GmbH stehende Haus in der Jägerstraße laut Plan abgerissen wird.

 

KTA Kruse stellt den Aufwand, der mit der Planungsumsetzung verbundenen ist, in Frage. In dieser ländlich geprägten Region, in der die Wirtschaftlichkeit eine wichtige Rolle spielt, wäre das Festhalten am Bachverlauf bzw. das für das Umlegen von insgesamt rd. 250 Metern Bachlauf erforderliche Verwaltungsverfahren bis zur Genehmigung durch die EU unverhältnismäßig. Das müsste zukünftig „schlanker“ möglich sein.

 

Das Mitglied mit beratender Stimme Dammeyer stellt die Frage, ob es sich angesichts der zunehmenden, versiegelnden Betriebsfläche um ein Überschwemmungsgebiet (ÜSG) handelt.

 

Landschaftsarchitekt Gänsslen antwortet darauf, dass die erweiterte Betriebsfläche nicht innerhalb von ÜSG-Grenzen liegt.

 

Bauamtsrat Zechlin ergänzt, dass die Untere Wasserbehörde (UWB) im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplanes durch die Stadt Rehburg-Loccum als TöB aus wasserwirtschaftlicher Sicht beteiligt worden ist. Ein ÜSG ist hier nicht betroffen.

 

 

Das Mitglied mit beratender Stimme Dammeyer macht deutlich, dass hier aus seiner Sicht die wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund stehen. Angesichts des verbreiteten Artensterbens von Insekten und Vögeln solle dem Naturschutz die erste Priorität zugestanden werden.

 

Nachdem KTA Kruse daran erinnert, die Verhältnismäßigkeit zu wahren, fragt KTA Höper nach den Kosten bzw. der Zeitspanne für die frischli Milchwerke GmbH.

 

Landschaftsarchitekt Gänsslen erklärt, dass zur Erfüllung der Rechtsnorm ebenso die Verpflichtung zur Kompensation durch die frischli Milchwerke GmbH zu erfüllen ist.

Hinsichtlich vergleichbarer Kosten und die Dauer existieren bislang keine Erfahrungswerte. Hierzu jetzt Werte anzugeben, wäre darüber hinaus rein spekulativ.

 

Mit der Möglichkeit zur Betriebserweiterung einerseits und der ökologischen Aufwertung des Gewässers andererseits, erreicht man aber eine Win-Win-Situation.

 


Beratungsergebnis:

 

Einstimmig mit 0 Enthaltungen.