Sitzung: 28.09.2022 Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt
Beschluss: Das Gremium beschließt ungeändert.
Abstimmung: Ja: 10, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0
Vorlage: 2022/143
Das Integrale Managementkonzept zur Bewirtschaftung
von Wassermengen im Landkreis Nienburg/Weser wird durch die Projekte
„Implementierung eines adaptiven Managements“ und „Entwicklung eines
Entscheidungsinstruments zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Wassermengen in
den Gebieten Lichtenmoor und Rodewalder Gräben“ fortgesetzt.
Beratungsgang:
Baurätin
Schnorr stellt zunächst die Inhalte
des Konzeptes mit den Kosten und der Ablaufplanung zur Fortsetzung des
Integralen Managementkonzepts zur Bewirtschaftung von Wassermengen im Landkreis
Nienburg/Weser (WMMK) vor.
Ausgehend
von der Veröffentlichung des Abschlussberichtes WMMK im Februar 2022, Teil C
(Defizitanalyse, Entwicklung von konzeptionellen Maßnahmen und Empfehlungen)
ist die Weiterentwicklung des WMMK erforderlich, um auf die klimabedingte
Häufung von Trockenjahren mit dem Einfluss auf das Grundwasser und die
Oberflächengewässer mit geeigneten Mitteln reagieren zu können.
Die
Fortsetzung ist in zwei verschiedenen Projekten mit der Implementierung eines
adaptiven Managements und der Entwicklung eines Entscheidungsinstruments zur
nachhaltigen Bewirtschaftung von Wassermengen in den Gebieten Lichtenmoor und
Rodewalder Gräben geplant.
Durch
Implementierung eines adaptiven Managements (Projekt 1) sollen neue Daten und Informationen einfließen. Als
Managementinstrument dient es der flexiblen Entscheidungsfindung, der Anpassung
an Unsicherheiten und neue Erkenntnisse.
Mittels
systematischer Überprüfung der Effektivität von Maßnahmen und Zielen und einer
regelmäßigen Evaluierung von Prozess und Zwischenergebnissen soll der Umsetzungsprozess
so effektiv wie möglich gestaltet werden.
Auf
diese Weise entsteht ein systematischer Lern- und Erkenntnisprozess. Mit dem
besseren Systemverständnis gelingt eine gezielte Anpassung von Einzelmaßnahmen
sowie des Monitoring-Prozesses selbst.
Zur
Gewinnung neuer Erkenntnisse, z.B. aus Klimamodelldaten, Prognosen zum
Grundwasserdargebot usw. sind alle Akteure einzubinden und mit klaren Aufgabenstellungen
zu betrauen.
Ziel
ist die Identifizierung von Alternativen bzw. Unsicherheiten und einer
bestimmten Risikotoleranz unter Berücksichtigung der gesetzlichen
Rahmenbedingungen.
Hierzu
soll eine Steuerungsgruppe mit externer Projektbegleitung und –moderation
eingerichtet werden.
Mit
den Beteiligten aus dem Kreisverband für Wasserwirtschaft, den Wasserversorgern,
den Gemeinden, dem Landkreis, dem Landvolk, den Beregnungsverbänden, den
Unterhaltungsverbänden, den Naturschutzverbänden und den Fachbehörden (LWK,
NLWKN, LBEG usw.) sollen 4 Arbeitsgruppen entstehen:
- Arbeitsgruppe Wasserversorgung
(Inhaltlicher Schwerpunkt = Sicherstellung der
öffentlichen Wasserversorgung)
- Arbeitsgruppe Landwirtschaft
(Inhaltlicher Schwerpunkt = Beregnung,
Abflusssteuerung)
- Arbeitsgruppe Fließgewässer
(Inhaltlicher Schwerpunkt = Wasserrückhalt,
Fließgewässerbewirtschaftung)
- Arbeitsgruppe Ökosysteme (Moore)
(Inhaltlicher Schwerpunkt = Lichtenmoor, Uchter Moor)
Das
Projektmanagement soll durch ein externes Büro geführt werden und den Landkreis
bei der Strukturierung von Inhalten unterstützen, die Steuerungsgruppe und die
Arbeitsgruppen begleiten, Arbeitsergebnisse evaluieren, Zeit- und
Kostenfaktoren überwachen sowie ein Projekthandbuch mit sämtlichen fachlichen,
organisatorischen und sonstigen Vereinbarungen erarbeiten. Alle Ergebnisse
sollen darin dokumentiert werden.
Das
externe Büro soll zudem hinsichtlich der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
unterstützen. Kontinuierlich und transparent sollen die Information an Nutzergruppen
und Öffentlichkeit weitergegeben werden.
Mit
der Entwicklung eines Projektinformationssystems soll via Internetauftritt die
allgemeinverständliche Darstellung der Ergebnisse, Karten usw. zugänglich
gemacht werden.
Mit
dem Projekt 2 soll ein Entscheidungsinstrument
zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Wassermengen in den Gebieten Lichtenmoor
und Rodewalder Gräben entwickelt werden.
Ausgehend
von dem im Abschlussbericht zum WMMK (Februar 2022) beschriebenen
grundsätzlichen wasserwirtschaftlichen Systemverständnis und ersten konzeptionellen
Maßnahmenideen sollen nun ergänzende Untersuchungen durchgeführt und eine
vertiefte Kenntnis des hydrogeologischen Systems gewonnen werden. Dies ist die
notwendige Basis, um Moorrenaturierungen sinnvoll planen und den Erfolg von
Maßnahmen überprüfen zu können.
Baurätin
Schnorr veranschaulicht anhand einer
graphischen Darstellung des vertikalen Grundwasserfließsystems im Moorkörper
die Stützung des Moorwasserkörpers durch den mineralischen Grundwasserleiter
(hydraulische Anbindung).
Das
Projekt 2 zielt dabei auf die Detaillierung der wasserwirtschaftlichen Systemkenntnisse
und die Quantifizierung von verschiedenen Einflussfaktoren ab. Mit der
Durchführung einer detaillierten Datenerhebung mit Messung sowie Auswertung von
Grundwasserständen, Oberflächenabflüssen, Gewässerprofilen und Durchlässigkeiten
an der Moorsohle wird eine solide Grundlage zur Konkretisierung und Planung der
konzeptionellen Maßnahmen aufgebaut.
Inhaltlich
berücksichtigt der Aufbau des Grundwassermodells unterschiedliche Faktoren, wie
die hydrogeologische Situation, die klimatische Entwicklung, die Grundwasserneubildung
sowie anthropogene, technische Einflussfaktoren (Entnahmen, landwirtschaftliche
Nutzung, Staueinrichtungen usw.).
Ergänzend
finden Geländeuntersuchungen mit einer Vermessung und Kartierung der Gräben
statt. Weiterhin werden Abflussmessungen durchgeführt und die Durchlässigkeit
der Moorkörper und Grundwasserleiter ermittelt. Darüber hinaus finden Messungen
zur Wasserführung in Vernässungspoldern statt, zusätzliche Grundwassermessstellen
werden eingerichtet und Stauversuche durchführt.
Der
Zeitplan des adaptiven Managements (Projekt 1) (begleitet durch Projekthandbuch,
Jahresberichte, Projektinformationssystem) sieht eine Laufzeit von 3 Jahren
vor.
Starten
soll das adaptive Management 1/2023 mit dem Aufbau der Projektorganisation und
des Monitoring-Konzepts sowie Start des Monitorings (Vorbereitung / Ausschreibung).
Die
Entwicklung eines Entscheidungsinstruments zur nachhaltigen Wasserbewirtschaftung
in den Gebieten Lichtenmoor und den Rodewalder Gräben (Projekt 2) soll 1/2023
mit der Vorbereitung und Ausschreibung der Leistungen beginnen. Die Ergebnisse
der 6/2023 beginnenden Geländeuntersuchungen fließen dann auch in die
Auswertung der Monitoring-Ergebnisse in Projekt 1 (1/2024) ein, woraus sich Maßnahmenideen
konkretisieren, die dann in die Initiierung von Projekten (1/2025) münden. Ab
7/2024 wird mit der Erarbeitung eines Grundwassermodells begonnen, in das dann
auch die ausgewerteten Monitoring-Ergebnisse aus Projekt 1 und die Ergebnisse
der Geländeuntersuchungen einfließen.
Die
Koordination erfolgt durch die Fachbereichsleitung. Die Erarbeitung geschieht
überwiegend durch Beauftragung von Ingenieurbüros, wobei die inhaltliche Durchführung
von Aufgaben im FD 552 Wasserwirtschaft unter zeitanteiliger Bearbeitung durch
Ingenieur:innen und Verwaltungskräfte angesiedelt ist. Hierfür muss eine Priorisierung
der vorhandenen Aufgaben erfolgen.
Die
Projektbeteiligten (Wasserversorger, Unterhaltungsverbände, Landwirtschaft,
Landesforsten, Naturschutzverbände, Fachbehörden (NLWKN, LBEG, LWK) haben sich
bereits auf eine unverbindliche Absichtserklärung verständigt („Letters of Intent“).
Die
Gesamtkosten i.H.v. 650.000 € verteilen sich auf das Projekt 1 „Adaptives Management“
mit 330.000 € und auf das Projekt 2 Entscheidungsinstrument nachhaltige
Wasserbewirtschaftung Lichtenmoor und Rodewalder Gräben mit 320.000 € (Bereitstellung
im HJ 2023).
Über
die bereits zum 30.09.2022 beantragte Zuwendung über die Förderrichtlinie
„Klimafolgenanpassung Wasserwirtschaft“ (RdErl. D. MU v. 02.02.2022) kann im Falle
eines positiven Bescheides eine 90%-ige Abdeckung der Kosten (297.000 € bzw.
288.000 €) erfolgen. Der 10%-ige Eigenanteil des Landkreises beträgt somit
33.000 € bzw. 32.000 €.
Die
Zuwendung (gesamt 585.000 €) fließt je nach Bereitstellung der Förderung in
den Haushaltsjahren 2023-2025 jeweils
anteilig in das Produkt 55211 (Gewässerbenutzung und –schutz) zurück.
KTA
Schnitzler erinnert an die
eigentliche Problemstellung, in den trockenen Sommermonaten von dem
Niederschlagsüberschuss aus den Wintermonaten partizipieren zu wollen.
Auf
Nachfrage von KTA Schnitzler, inwieweit Schnittstellen zum gegenseitigen
Informationsaustausch innerhalb der Arbeitsgruppen integriert sind, erklärt Baurätin
Schnorr, dass die Aufteilung in mehrere kleine Gruppen zunächst vorteilhaft
ist. Je nach Fortschritten in den Arbeitsgruppen werden die Informationen über
die Projekt-Leitung, Projekt-Koordination bzw. Steuerungsgruppe weitergegeben.
Das
stellv. Mitglied mit beratender Stimme Dr. Thijsen fragt nach, inwieweit
auch Stillgewässer über das Projekt Berücksichtigung finden.
Baurätin
Schnorr erklärt, dass hier in der 1.
Phase keine separate Betrachtung von Stillgewässern vorgesehen ist. Das Thema
sei aber durchaus beachtenswert und eine Aufnahme in das Projekt werde geprüft.
Auf
Hinweis des stellv. Mitgliedes mit beratender Stimme Dr. Thijsen, dass
die Planungsleistungen ja noch bis 2025 andauerten und die Zeit aufgrund der
Klimasituation doch besser bereits zur Umsetzung von Maßnahmen genutzt werden
könne, entgegnet Baurätin Schnorr, dass die Akteure die Arbeitsgruppen
nutzen sollen, um Vorschläge für ein zielgerichtetes Handeln zu machen und
weiterentwickeln.
Baudirektor
Wehr betont, dass die Teilnehmer und
Inhalte in den Arbeitsgruppen nicht festgelegt sind. Der Landkreis hat dies
bewusst frei gelassen, um keinen „bremsenden“ Faktor einzubauen. Auch im Rahmen
der Förderrichtlinie wird der Landkreis bei einzelnen Projekten eher kein
Träger der Maßnahmen sein.
Er
hebt hervor, dass es für die Akteure wichtig ist, das wasserwirtschaftliche
System zu verstehen und ein konsequentes Monitoring aufzubauen und
durchzuführen. Auf dieser Basis ergeben sich Planungen, die im Sinne des
adaptiven Managements ohne Zeitverzug umgesetzt werden sollen. Die Eigendynamik
der Planung weiterer Akteure soll nicht ausgebremst werden.
Kritisch
sieht Baudirektor Wehr ein voreiliges Vorgehen ohne entsprechende Planungsgrundlagen.
KTA
Schnitzler weist auf den beschränkten
Bereich hin, den das Modellprojekt abbildet. Es sei ein guter Anfang, Daten zu
erheben und geeignete Maßnahmen abzustimmen. Erst ab 2025 in die Fläche zu
gehen, hält sie jedoch für verspätet.
Baurätin
Schnorr weist auf die Möglichkeit
hin, jederzeit, auch vor 2025, entsprechende Vorschläge zu machen bzw. Anträge
zu stellen. In bestimmenden Maßnahmen vorschnell zu agieren, sei aber nicht
zielführend.
Aus
dem Projekt sollen auch Modell-Informationen entnommen werden können, wie sich
bestimmte Maßnahmen in der Praxis auswirken.
Baudirektor
Wehr berichtet über das
flächendeckende hydrogeologische Modell des Landkreises Verden, welches für das
komplette Kreisgebiet zur Förderung beantragt wurde.
Fachlich
eignet sich dieses jedoch nicht für den Landkreis Nienburg/Weser. Über die
regional unterschiedlichen Einzugsgebiete für Grundwasser bzw. Oberflächengewässer
im Kreisgebiet sind hierzu mindestens 4 bis 5 Modelle fachlich sinnvoll abgrenzbar.
Mit
dem Modellprojekt Lichtenmoor und Rodewälder Gräben sollen zunächst Erfahrungen
gesammelt werden, um Fehler in der Zukunft zu vermeiden.
Sicher
gibt es einfachere und sparsamere Möglichkeiten, die dann aber auch nicht die
erforderliche fachliche Qualität besitzen.
Auf
Nachfrage des stellv. Mitgliedes mit beratender Stimme Gerling,
inwieweit die gesteckten Ziele in Hinblick auf die vielfältigen Interessen auch
praktisch erreichbar seien und ob Zwischenziele definiert wurden, nimmt Baurätin
Schnorr Stellung.
Das
globale Ziel ist realistisch in der vorgegebenen Zeit erreichbar. Es setzt sich
aus dem Aufbau, der Vertiefung und der Nutzbarmachung eines Modells für ein
konkretes Gebiet zusammen. Hierzu sollen die verschiedenen Akteure konkrete
Ziele in den Arbeitsgruppen definieren.
Der
Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke betont die Wichtigkeit eines
hydraulischen Fließmodells zur zielführenden Steuerung der Prozesse in der
Zukunft, um auf die Bedingungen des Dargebots bzw. Bedarfs mit geeigneten
Maßnahmen reagieren zu können.
KTA
Schnitzler unterstützt das
Modellprojekt in der Region, mahnt aber auch zur Umsetzung von
Verbesserungsmaßnahmen am Grundwasserkörper. Die Erarbeitung der nächsten
Region benötige gegebenenfalls wieder zunächst 2 Jahre Planungszeit.
Erster
Kreisrat Hoffmann fasst zusammen,
dass zunächst ein fundierter Überblick gewonnen werden soll. Hinsichtlich des
Zieles einer gemeinsamen Grundwassernutzung wird nun konkret die Region Lichtenmoor
und Rodewälder Gräben näher betrachtet.
Maßnahmen
in anderen Regionen sind auch durchaus kurzfristig möglich, wie z.B. die
Allgemeinverfügung zur Beregnungsunterbrechung zeigt.
Auf
die Frage des stellv. Mitgliedes mit beratender Stimme Gerling, ob sich
die Planungsphase zugunsten einer beschleunigten Umsetzung verkürzen ließe,
lädt der Erste Kreisrat Hoffmann ihn ein, Mitglied in einer
Arbeitsgruppe zu werden und konkrete Vorschläge einzubringen.
Beratungsergebnis:
Einstimmig
mit 0 Enthaltungen.