Beschluss: Das Gremium nimmt Kenntnis.

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt nimmt Kenntnis. 

 


Beratungsgang:

 

Baurätin Schnorr informiert darüber, dass seitens der Verwaltung geplant ist, eine Allgemeinverfügung zur zeitlichen Beschränkung der Beregnung im Kreisgebiet des Landkreises Nienburg/Weser im Zeitraum vom 01.05. bis 30.09.2023 zu erlassen. 

 

Bereits im Vorjahr wurde diesbezüglich eine zeitlich befristete Allgemeinverfügung erlassen.

 

Die Analyse der Ausgangslage hat ergeben, dass es nach wie vor keine Erholung der Grundwasserstände von den Trockenjahren gegeben hat. Die Niederschläge in 2022 fielen deutlich geringer aus als im 30-Jahres-Mittel.

Die klimatische Wasserbilanz im Frühjahr und Sommer (Niederschlagshöhe minus Höhe der potenziellen Verdunstung) zeichnet ein negatives Ergebnis und in tieferen Bodenschichten herrscht eine außergewöhnliche Trockenheit (Dürremonitor, 14.03.2023, Quelle: https://www.ufz.de/index.php?de=37937).

 

Die Allgemeinverfügung aus 2022 wurde als Basis genommen und angesichts der gewonnenen Erfahrungen hinsichtlich der Einschränkung der Beregnung leicht überarbeitet.

 

Eingeschränkt wird die Beregnung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen, öffentlichen und privaten Grünflächen mit Schlauchtrommelberegnungsanlagen/ Trommelberegnungssystemen mit Großflächenregnern (Beregnungskanonen) und Rasensprengern.

Dies gilt bei Wasserentnahmen aus Brunnen, aus der öffentlichen Trinkwasserversorgung und Beregnung mit gültiger wasserrechtlicher Erlaubnis in der Zeit von 11:00 Uhr bis 19:00 Uhr (2022 noch 12:00 Uhr bis 18:00 Uhr) und bei einer Temperatur ab 24 °C für den Zeitraum 01.05.2023 – 30.09.2023.

 

Diese Maßnahme begründet sich auf der nicht eingetretenen Erholung der Grundwasserstände. Ein sparsamer Umgang mit den Grundwasserressourcen ist angezeigt, um einem weiteren Absinken der Grundwasserstände und einer Vergrößerung der Grundwassermengendefizite entgegenzuwirken.

Unter den einschränkenden Bedingungen kommt es zur Verdunstung einer wesentlichen Menge des verregneten Wassers beim Einsatz der Beregnungskanonen und Rasensprengern wegen der sommerlichen Temperaturen. Der Gewässerbenutzer hat aufgrund der sehr hohen Verdunstungsraten keinen hohen Nutzen, das Grundwasserdargebot wird übermäßig strapaziert.

 

Die sofortige Vollziehung wird angeordnet, damit die Einlegung eines Rechtsmittels keine aufschiebende Wirkung gegen die Verfügung entfaltet.

Aufgrund der anhaltend niedrigen Grundwasserstände ist das Handeln der Unteren Wasserbehörde (UWB) zum Schutz des Grundwassers als Lebensgrundlage für den Menschen im dringenden öffentlichen Interesse.

 

Als Rechtsgrundlagen verpflichtet der § 5 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) jede Person zu einer sparsamen Verwendung des Wassers mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt. Der § 100 Abs. 1 S. 2 WHG erlaubt der UWB nach pflichtgemäßem Ermessen Regelungen zu treffen, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden. Nach § 35 S. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) ist hier die Form der „Allgemeinverfügung“ anzuwenden, da die Adressaten nicht individuell bestimmbar sind.

Gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und  Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung im öffentlichen Interesse zu erfolgen und ist besonders zu begründen.

 

Ein Vergleich unter den Landkreisen/Kommunen als Orientierungshilfe ergab folgende Regelungen:

Der LK Osnabrück hat dagegen bestehende Erlaubnisse teilwiderrufen und zeitliche Beschränkungen direkt in die Erlaubnisse aufgenommen.

 

 

KTA Hille fragt angesichts der seit Einladung vom 20.02.2023 bis zur Sitzung vergangenen Zeitspanne, in der es erhebliche Niederschläge gegeben hat, wann mit einer Besserung der Grundwasserstände gerechnet werden könne.

 

Baurätin Schnorr schildert, dass sich die Werte seit Februar nicht sehr verändert haben. So wären vermutlich noch mehrere Wochen kontinuierlicher Niederschläge erforderlich, um für eine spürbare Verbesserung zu sorgen.

 

KTA Wirtz-Naujoks spricht sich im Namen der Fraktion für eine flexible Gestaltung der Zeiträume aus, um die Verfügung zu vereinfachen. Der Umgang mit dem wertvollen Gut Wasser müsse von Einigen erst noch verstanden werden.

Eine jährliche Evaluierung der Werte sollte für mehr Klarheit über eine Besserung der Grundwasserstände und den Erfolg der Maßnahme daran geben.

 

Baurätin Schnorr erklärt, dass sich der Anpassungsbedarf bei den Zeiten 11:00 Uhr bis 19:00 Uhr (täglich 2 Stunden mehr ggü. 2022) praxisorientiert klar ergeben hat. An zahlreichen Tagen im Sommer 2022 betrugen die Temperaturen bereits vor 12:00 Uhr bzw. nach 18:00 Uhr über 30°C.

Eine generelle Vereinfachung durch flexible Zeiträume gestaltet sich jedoch rechtlich schwierig umsetzbar, da der behördliche Eingriff in die Rechte der Bürger einer belastbaren Begründung bedarf.

Geplant für die Zukunft ist es, eine entsprechende jahreszeitbedingte Regelung bereits bei der Erteilung in die jeweilige wasserrechtliche Erlaubnis mit aufzunehmen.

 

Auf Nachfrage von KTA Wirtz-Naujoks, die Allgemeinverfügung angesichts der noch teils sehr heißen Temperaturen um den Monat Oktober zu verlängern, erklärt der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke, dass im Anschluss an die Ernten im September die Feldberegnung danach nur noch eine untergeordnete Rolle spielt.

 

KTA Höper fragt angesichts der erkennbaren regionalen Unterschiede in der Erdfeuchte und –durchdringung, inwieweit der Verwaltung messbare Daten zur Größe der Grundwasserkörper, dem jährlichen Schwund und der Bewertung im überregionalen Vergleich vorliegen.

Da die von der Landwirtschaft erwarteten Wachstumssteigerungen nun einmal nicht ohne einen steigenden Bewässerungsbedarf realisierbar seien, wäre es sinnvoller, den Lösungsansatz bei einer über das Jahr gleichmäßigen Verteilung der Mengen aus den regenreichen Monaten durch Rückhaltung in die Zeit der regenarmen Monate zu suchen.

 

Baurätin Schnorr informiert darüber, dass ein Großteil der Grundwasserreserven defizitär ist. Im deutschlandweiten Vergleich steht das Land Niedersachsen schlechter da als der Durchschnitt. Leider ist auch künftig eher von einer Verschlechterung der Situation auszugehen.

 

Der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke ergänzt, dass die Frage nach der Wassermenge nebensächlich ist. Entscheidend ist die Wasserdargebotsquote. Die Differenz zwischen der Grundwasserneugewinnung und dem -verbrauch ergab in den letzten Jahren ein negativer Wert.

 

Auf Nachfrage des stellv. Mitglieds mit beratender Stimme Gerling, ob, mit Blick auf die Historie, insbesondere den „Dürrejahren“ 2018/19, die getroffenen Maßnahmen für wirkungsvoll angesehen werden können, antwortet Baurätin Schnorr, dass trotz der unternommenen Maßnahmen der Trend noch nicht umgekehrt ist.

 

Der Erste Kreisrat Hoffmann erklärt ergänzend, dass im Rahmen der Begründung dieser Allgemeinverfügung die Werte und Pegel, insbesondere in Hinblick auf den Erfolg der letztjährigen Verfügung, erörtert wurden. Ein Jahr allein reicht leider nicht aus, um die beabsichtigte Trendumkehr zu erreichen.

Da man die Seite der Grundwasserneubildung nicht kurzfristig nachhaltig steuern kann, bleibt nur der Weg über die Einflussnahme auf die Verbrauchsseite.

 

Auf die Frage des stellv. Mitglieds mit beratender Stimme Gerling, inwieweit sich die Werte aus 2022 konkret aufgrund der Allgemeinverfügung verbesserten, antwortet Landschaftsarchitekt Gänsslen, dass das Jahr 2022 in den Sommermonaten so niederschlagsarm war, dass das Delta, d.h. eine Reduzierung der Differenz, lediglich kleiner geworden ist.

 

KTA Ziebolz fragt angesichts dessen, warum die Allgemeinverfügung nicht über das gesamte Jahr 2023 mit uhrzeitlicher Einschränkung angeordnet wird.

 

Der Erste Kreisrat Hoffmann macht deutlich, dass für das behördliche Eingreifen aufgrund des vom Grundgesetz geforderten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes immer ein sinnvoller Grund dafür bestehen muss. Das Beregnungsverbot uneingeschränkt für das gesamte Kalenderjahr aufrechtzuerhalten ist jedoch nicht ausreichend sinnvoll begründbar.

 

KTA Höper verweist hierzu auf das Verwaltungsrecht.

Er beschreibt die Probleme der Verhinderung der Grundwasserneubildung durch die zunehmende Versiegelung in Form von Schaffung immer neuer Bau- und Verkehrsflächen usw. sowie durch die Systeme zur Ableitung der Niederschläge über die Vorfluter in die Weser und weiter in die Nordsee.

 

Hier sieht er für die Genehmigungsbehörden einen Verbesserungsbedarf, um der Verhinderung der Grundwasserneubildung verantwortungsvoll entgegen zu wirken. Bislang wurde diesem Problem keine ausreichende Beachtung geschenkt.

 

Der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke nimmt hierzu Stellung.

Er stimmt den Ausführungen von KTA Höper zu, betont aber auch, dass sich die Bundesregierung mit dem Wassermengenmanagement in einem langfristigen Prozess befindet. Die Bestrebungen gingen aber auch in diese Richtung.

Die Umgestaltung dauert allerdings viele Jahre, so dass sofort Wirkung zeigende Maßnahmen, wie z.B. die Allgemeinverfügung zur Anpassung der Beregnung, priorisiert werden.

 

KTA Kuhlmann erklärt, dass hier der Fokus auf der Anordnung der Allgemeinverfügung liegt. Sie spricht sich für eine umfassende Kontrolle und Nutzung der einschlägigen Bußgeldvorschriften aus, um die „schwarzen Schafe“ zu fangen.

Im Namen der Fraktion regt sie an, für ausgedehnte Kontrollen auf die Unterstützung durch studentische Hilfskräfte zurückzugreifen.

 

Baurätin Schnorr und der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke unterstreichen den Wert von Kontrollen. Allein der Erlass der Allgemeinverfügung unterstütze bereits die Disziplin. Erfahrungsgemäß gäbe es nur wenige „Hardliner“, deren Vergehen auch entsprechend hart bestraft würden.

 

Der Erste Kreisrat Hoffmann macht deutlich, dass 2022 erstmalig und personalbedingt nicht über den gesamten Zeitraum hinweg Kontrollen durchgeführt werden konnten. Tagesweise Einsätze des eigenen Personals haben sich aber als sehr effektive Kontrollmechanismen etabliert. Die Kontrolldichte wird für 2023 angehoben.

 

KTA Kuhlmann regt in Richtung des Pressevertreters der Redaktion „Die Harke“, Herrn Stüben, an, in einem diesbezüglichen Artikel auch auf die Bußgeldvorschriften mit bis zu 50.000 € hinzuweisen.

 

KTA Podehl weist darauf hin, dass im Entwurf zur Allgemeinverfügung hinsichtlich des unerlaubten Mittels „Rasensprenger“ nicht klar erkennbar ist, ob hiermit auch eine Nutzungsversagung von „Gartenschläuchen“ gemeint ist.

 

Baurätin Schnorr und der Erste Kreisrat Hoffmann erklären, dass hier bewusst keine Nutzungsversagung von „Gartenschläuchen“ ausgesprochen wird, da in diesen Fällen nicht mit hohen Verdunstungseffekten zu rechnen ist. Bewusst soll hiermit eine Abgrenzung aus Sicht der Verhältnismäßigkeit erfolgen.

 

Baurätin Schnorr berichtet auf die Frage des stellv. Mitglieds mit beratender Stimme Gerling von den konkreten Zahlen der festgestellten Verstöße gegen die Allgemeinverfügung in 2022.

Insgesamt wurde hinsichtlich dieser Maßnahme in 10 Fällen ein Verstoß festgestellt. Die jeweiligen Betreiber landwirtschaftlicher Bewässerungsanlagen wurden zu den Vorwürfen schriftlich angehört. Im privaten Bereich wurden keine Verstöße festgestellt bzw. angezeigt.

Im Ergebnis haben die durchgeführten Kontrollen deutliche Wirkung gezeigt. Die Präsenz der Behörde hat sich herumgesprochen, was der Zielerreichung dienlich ist.

 

Das stellv. Mitglied mit beratender Stimme Gerling unterstützt im Namen des Landvolkes Niedersachsen Kreisverband Mittelweser e.V. die Anordnung der Allgemeinverfügung.

 

Den Hinweis von KTA Höper, dass auch bei den Bauhöfen und Straßenmeistereien hinsichtlich der Bewässerungsarbeiten für einen verantwortungsvollen und bewussten Einsatz des Gutes Wasser geworben werden solle, nimmt der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke auf.

 

So werden dort z.B. bei der Neuanpflanzung von Bäumen bereits langjährig Drainrohre bzw. Kuhlen rund um die Pflanzen als Bewässerungshilfen genutzt. Die Bepflanzung bzw. Pflanzenpflege erfolgt grundsätzlich durch verlustarme Schlauchbewässerung.

 

Er stellt klar, dass die entscheidenden Wassermengen, die durch die Verdunstungseffekte verloren gehen, aber unstrittig primär durch die unsachgemäße Nutzung von Feldberegnungskanonen verloren gingen.

 

KTA Schnitzler zweifelt daran, dass die „Message“ bei allen Privaten angekommen ist. Sie spricht sich dafür aus, mit einem Flyer auf die Situation konkret hinzuweisen und Handlungsempfehlungen an die Hand zu geben. Mit den Erkenntnissen um die Situation und Vorschlägen zur Anwendung erreiche man eine höhere Akzeptanz und Verständnis bei den Bürgern.

 

Der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke regt in Richtung des Pressevertreters der Redaktion „Die Harke“, Herrn Stüben, an, den Erlass gegebenenfalls plakativ über den Weg der Presse zu bewerben.

 

 


Beratungsergebnis:

 

Ohne.