Sitzung: 16.03.2023 Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt
Beschluss: Das Gremium nimmt Kenntnis.
Vorlage: 2023/023
Beschlussvorschlag:
Der
Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt nimmt Kenntnis.
Beratungsgang:
Baurätin
Schnorr informiert darüber, dass
seitens der Verwaltung geplant ist, eine Allgemeinverfügung zur zeitlichen
Beschränkung der Beregnung im Kreisgebiet des Landkreises Nienburg/Weser im Zeitraum
vom 01.05. bis 30.09.2023 zu erlassen.
Bereits
im Vorjahr wurde diesbezüglich eine zeitlich befristete Allgemeinverfügung
erlassen.
Die
Analyse der Ausgangslage hat ergeben, dass es nach wie vor keine Erholung der
Grundwasserstände von den Trockenjahren gegeben hat. Die Niederschläge in 2022
fielen deutlich geringer aus als im 30-Jahres-Mittel.
Die
klimatische Wasserbilanz im Frühjahr und Sommer (Niederschlagshöhe minus Höhe
der potenziellen Verdunstung) zeichnet ein negatives Ergebnis und in tieferen
Bodenschichten herrscht eine außergewöhnliche Trockenheit (Dürremonitor,
14.03.2023, Quelle: https://www.ufz.de/index.php?de=37937).
Die
Allgemeinverfügung aus 2022 wurde als Basis genommen und angesichts der
gewonnenen Erfahrungen hinsichtlich der Einschränkung der Beregnung leicht überarbeitet.
Eingeschränkt
wird die Beregnung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen, öffentlichen
und privaten Grünflächen mit Schlauchtrommelberegnungsanlagen/
Trommelberegnungssystemen mit Großflächenregnern (Beregnungskanonen) und
Rasensprengern.
Dies
gilt bei Wasserentnahmen aus Brunnen, aus der öffentlichen Trinkwasserversorgung
und Beregnung mit gültiger wasserrechtlicher Erlaubnis in der Zeit von 11:00
Uhr bis 19:00 Uhr (2022 noch 12:00 Uhr bis 18:00 Uhr) und bei einer Temperatur
ab 24 °C für den Zeitraum 01.05.2023 – 30.09.2023.
Diese
Maßnahme begründet sich auf der nicht eingetretenen Erholung der Grundwasserstände.
Ein sparsamer Umgang mit den Grundwasserressourcen ist angezeigt, um einem
weiteren Absinken der Grundwasserstände und einer Vergrößerung der
Grundwassermengendefizite entgegenzuwirken.
Unter
den einschränkenden Bedingungen kommt es zur Verdunstung einer wesentlichen
Menge des verregneten Wassers beim Einsatz der Beregnungskanonen und
Rasensprengern wegen der sommerlichen Temperaturen. Der Gewässerbenutzer hat
aufgrund der sehr hohen Verdunstungsraten keinen hohen Nutzen, das Grundwasserdargebot
wird übermäßig strapaziert.
Die
sofortige Vollziehung wird angeordnet, damit die Einlegung eines Rechtsmittels
keine aufschiebende Wirkung gegen die Verfügung entfaltet.
Aufgrund
der anhaltend niedrigen Grundwasserstände ist das Handeln der Unteren
Wasserbehörde (UWB) zum Schutz des Grundwassers als Lebensgrundlage für den
Menschen im dringenden öffentlichen Interesse.
Als
Rechtsgrundlagen verpflichtet der § 5 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) jede
Person zu einer sparsamen Verwendung des Wassers mit Rücksicht auf den
Wasserhaushalt. Der § 100 Abs. 1 S. 2 WHG erlaubt der UWB nach pflichtgemäßem
Ermessen Regelungen zu treffen, die im Einzelfall notwendig sind, um
Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden. Nach § 35 S. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz
(VwVfG) ist hier die Form der „Allgemeinverfügung“ anzuwenden, da die Adressaten
nicht individuell bestimmbar sind.
Gemäß
§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und Abs. 3
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung
im öffentlichen Interesse zu erfolgen und ist besonders zu begründen.
Ein
Vergleich unter den Landkreisen/Kommunen als Orientierungshilfe ergab folgende
Regelungen:
Der
LK Osnabrück hat dagegen bestehende Erlaubnisse teilwiderrufen und zeitliche
Beschränkungen direkt in die Erlaubnisse aufgenommen.
KTA
Hille fragt angesichts der seit
Einladung vom 20.02.2023 bis zur Sitzung vergangenen Zeitspanne, in der es
erhebliche Niederschläge gegeben hat, wann mit einer Besserung der
Grundwasserstände gerechnet werden könne.
Baurätin
Schnorr schildert, dass sich die
Werte seit Februar nicht sehr verändert haben. So wären vermutlich noch mehrere
Wochen kontinuierlicher Niederschläge erforderlich, um für eine spürbare Verbesserung
zu sorgen.
KTA
Wirtz-Naujoks spricht sich im Namen
der Fraktion für eine flexible Gestaltung der Zeiträume aus, um die Verfügung
zu vereinfachen. Der Umgang mit dem wertvollen Gut Wasser müsse von Einigen
erst noch verstanden werden.
Eine
jährliche Evaluierung der Werte sollte für mehr Klarheit über eine Besserung
der Grundwasserstände und den Erfolg der Maßnahme daran geben.
Baurätin
Schnorr erklärt, dass sich der
Anpassungsbedarf bei den Zeiten 11:00 Uhr bis 19:00 Uhr (täglich 2 Stunden mehr
ggü. 2022) praxisorientiert klar ergeben hat. An zahlreichen Tagen im Sommer
2022 betrugen die Temperaturen bereits vor 12:00 Uhr bzw. nach 18:00 Uhr über
30°C.
Eine
generelle Vereinfachung durch flexible Zeiträume gestaltet sich jedoch
rechtlich schwierig umsetzbar, da der behördliche Eingriff in die Rechte der
Bürger einer belastbaren Begründung bedarf.
Geplant
für die Zukunft ist es, eine entsprechende jahreszeitbedingte Regelung bereits
bei der Erteilung in die jeweilige wasserrechtliche Erlaubnis mit aufzunehmen.
Auf
Nachfrage von KTA Wirtz-Naujoks, die Allgemeinverfügung angesichts der
noch teils sehr heißen Temperaturen um den Monat Oktober zu verlängern, erklärt
der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke, dass im Anschluss an die
Ernten im September die Feldberegnung danach nur noch eine untergeordnete Rolle
spielt.
KTA
Höper fragt angesichts der
erkennbaren regionalen Unterschiede in der Erdfeuchte und –durchdringung,
inwieweit der Verwaltung messbare Daten zur Größe der Grundwasserkörper, dem
jährlichen Schwund und der Bewertung im überregionalen Vergleich vorliegen.
Da
die von der Landwirtschaft erwarteten Wachstumssteigerungen nun einmal nicht
ohne einen steigenden Bewässerungsbedarf realisierbar seien, wäre es
sinnvoller, den Lösungsansatz bei einer über das Jahr gleichmäßigen Verteilung
der Mengen aus den regenreichen Monaten durch Rückhaltung in die Zeit der
regenarmen Monate zu suchen.
Baurätin
Schnorr informiert darüber, dass ein
Großteil der Grundwasserreserven defizitär ist. Im deutschlandweiten Vergleich
steht das Land Niedersachsen schlechter da als der Durchschnitt. Leider ist
auch künftig eher von einer Verschlechterung der Situation auszugehen.
Der
Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke ergänzt, dass die Frage nach
der Wassermenge nebensächlich ist. Entscheidend ist die Wasserdargebotsquote.
Die Differenz zwischen der Grundwasserneugewinnung und dem -verbrauch ergab in
den letzten Jahren ein negativer Wert.
Auf
Nachfrage des stellv. Mitglieds mit beratender Stimme Gerling, ob, mit
Blick auf die Historie, insbesondere den „Dürrejahren“ 2018/19, die getroffenen
Maßnahmen für wirkungsvoll angesehen werden können, antwortet Baurätin
Schnorr, dass trotz der unternommenen Maßnahmen der Trend noch nicht
umgekehrt ist.
Der
Erste Kreisrat Hoffmann erklärt ergänzend, dass im Rahmen der Begründung
dieser Allgemeinverfügung die Werte und Pegel, insbesondere in Hinblick auf den
Erfolg der letztjährigen Verfügung, erörtert wurden. Ein Jahr allein reicht
leider nicht aus, um die beabsichtigte Trendumkehr zu erreichen.
Da
man die Seite der Grundwasserneubildung nicht kurzfristig nachhaltig steuern
kann, bleibt nur der Weg über die Einflussnahme auf die Verbrauchsseite.
Auf
die Frage des stellv. Mitglieds mit beratender Stimme Gerling, inwieweit
sich die Werte aus 2022 konkret aufgrund der Allgemeinverfügung verbesserten,
antwortet Landschaftsarchitekt Gänsslen, dass das Jahr 2022 in den
Sommermonaten so niederschlagsarm war, dass das Delta, d.h. eine Reduzierung
der Differenz, lediglich kleiner geworden ist.
KTA
Ziebolz fragt angesichts dessen,
warum die Allgemeinverfügung nicht über das gesamte Jahr 2023 mit uhrzeitlicher
Einschränkung angeordnet wird.
Der
Erste Kreisrat Hoffmann macht deutlich, dass für das behördliche
Eingreifen aufgrund des vom Grundgesetz geforderten
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes immer ein sinnvoller Grund dafür bestehen muss.
Das Beregnungsverbot uneingeschränkt für das gesamte Kalenderjahr
aufrechtzuerhalten ist jedoch nicht ausreichend sinnvoll begründbar.
KTA
Höper verweist hierzu auf das
Verwaltungsrecht.
Er
beschreibt die Probleme der Verhinderung der Grundwasserneubildung durch die
zunehmende Versiegelung in Form von Schaffung immer neuer Bau- und Verkehrsflächen
usw. sowie durch die Systeme zur Ableitung der Niederschläge über die Vorfluter
in die Weser und weiter in die Nordsee.
Hier
sieht er für die Genehmigungsbehörden einen Verbesserungsbedarf, um der Verhinderung
der Grundwasserneubildung verantwortungsvoll entgegen zu wirken. Bislang wurde
diesem Problem keine ausreichende Beachtung geschenkt.
Der
Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke nimmt hierzu Stellung.
Er
stimmt den Ausführungen von KTA Höper zu, betont aber auch, dass sich
die Bundesregierung mit dem Wassermengenmanagement in einem langfristigen Prozess
befindet. Die Bestrebungen gingen aber auch in diese Richtung.
Die
Umgestaltung dauert allerdings viele Jahre, so dass sofort Wirkung zeigende
Maßnahmen, wie z.B. die Allgemeinverfügung zur Anpassung der Beregnung, priorisiert
werden.
KTA
Kuhlmann erklärt, dass hier der Fokus
auf der Anordnung der Allgemeinverfügung liegt. Sie spricht sich für eine
umfassende Kontrolle und Nutzung der einschlägigen Bußgeldvorschriften aus, um
die „schwarzen Schafe“ zu fangen.
Im
Namen der Fraktion regt sie an, für ausgedehnte Kontrollen auf die
Unterstützung durch studentische Hilfskräfte zurückzugreifen.
Baurätin
Schnorr und der Vorsitzende stellv.
Landrat Dr. Schmädeke unterstreichen den Wert von Kontrollen. Allein der
Erlass der Allgemeinverfügung unterstütze bereits die Disziplin.
Erfahrungsgemäß gäbe es nur wenige „Hardliner“, deren Vergehen auch
entsprechend hart bestraft würden.
Der
Erste Kreisrat Hoffmann macht deutlich, dass 2022 erstmalig und
personalbedingt nicht über den gesamten Zeitraum hinweg Kontrollen durchgeführt
werden konnten. Tagesweise Einsätze des eigenen Personals haben sich aber als
sehr effektive Kontrollmechanismen etabliert. Die Kontrolldichte wird für 2023
angehoben.
KTA
Kuhlmann regt in Richtung des Pressevertreters
der Redaktion „Die Harke“, Herrn Stüben, an, in einem diesbezüglichen
Artikel auch auf die Bußgeldvorschriften mit bis zu 50.000 € hinzuweisen.
KTA
Podehl weist darauf hin, dass im
Entwurf zur Allgemeinverfügung hinsichtlich des unerlaubten Mittels
„Rasensprenger“ nicht klar erkennbar ist, ob hiermit auch eine
Nutzungsversagung von „Gartenschläuchen“ gemeint ist.
Baurätin
Schnorr und der Erste Kreisrat
Hoffmann erklären, dass hier bewusst keine Nutzungsversagung von
„Gartenschläuchen“ ausgesprochen wird, da in diesen Fällen nicht mit hohen
Verdunstungseffekten zu rechnen ist. Bewusst soll hiermit eine Abgrenzung aus
Sicht der Verhältnismäßigkeit erfolgen.
Baurätin
Schnorr berichtet auf die Frage des stellv.
Mitglieds mit beratender Stimme Gerling von den konkreten Zahlen der
festgestellten Verstöße gegen die Allgemeinverfügung in 2022.
Insgesamt
wurde hinsichtlich dieser Maßnahme in 10 Fällen ein Verstoß festgestellt. Die
jeweiligen Betreiber landwirtschaftlicher Bewässerungsanlagen wurden zu den
Vorwürfen schriftlich angehört. Im privaten Bereich wurden keine Verstöße festgestellt
bzw. angezeigt.
Im
Ergebnis haben die durchgeführten Kontrollen deutliche Wirkung gezeigt. Die
Präsenz der Behörde hat sich herumgesprochen, was der Zielerreichung dienlich
ist.
Das
stellv. Mitglied mit beratender Stimme Gerling unterstützt im Namen des
Landvolkes Niedersachsen Kreisverband Mittelweser e.V. die Anordnung der Allgemeinverfügung.
Den
Hinweis von KTA Höper, dass auch bei den Bauhöfen und Straßenmeistereien
hinsichtlich der Bewässerungsarbeiten für einen verantwortungsvollen und bewussten
Einsatz des Gutes Wasser geworben werden solle, nimmt der Vorsitzende stellv.
Landrat Dr. Schmädeke auf.
So
werden dort z.B. bei der Neuanpflanzung von Bäumen bereits langjährig Drainrohre
bzw. Kuhlen rund um die Pflanzen als Bewässerungshilfen genutzt. Die Bepflanzung
bzw. Pflanzenpflege erfolgt grundsätzlich durch verlustarme Schlauchbewässerung.
Er
stellt klar, dass die entscheidenden Wassermengen, die durch die Verdunstungseffekte
verloren gehen, aber unstrittig primär durch die unsachgemäße Nutzung von
Feldberegnungskanonen verloren gingen.
KTA
Schnitzler zweifelt daran, dass die
„Message“ bei allen Privaten angekommen ist. Sie spricht sich dafür aus, mit
einem Flyer auf die Situation konkret hinzuweisen und Handlungsempfehlungen an
die Hand zu geben. Mit den Erkenntnissen um die Situation und Vorschlägen zur
Anwendung erreiche man eine höhere Akzeptanz und Verständnis bei den Bürgern.
Der
Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke regt in Richtung des Pressevertreters
der Redaktion „Die Harke“, Herrn Stüben, an, den Erlass gegebenenfalls
plakativ über den Weg der Presse zu bewerben.
Beratungsergebnis:
Ohne.