Beschluss: Das Gremium beschließt geändert.

Die Planung der Vorranggebiete Windenergienutzung im Rahmen der Teiländerung des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP) erfolgt auf der Grundlage der vorgeschlagenen Ausschluss- und Abwägungskriterien mit der Maßgabe, dass für das Ausschlusskriterium „Abstand von einzelnen Wohngebäuden“ alternativ auch ein Abstand von 500 m überprüft wird.


Dipl.-Geographin Rohlfing berichtet über den Planungsstand im Teiländerungsverfahren des RROP. Die Verwaltung hat auf Grundlage der eingegangenen Stellungnahmen im Rahmen der Bekanntgabe der allgemeinen Planungsabsichten und der Prüfung der herrschenden Rechtsprechung einen Planungskatalog bestehend aus Ausschluss- und Abwägungskriterien entwickelt, der die Grundlage der Neuplanung bilden soll. Bei der Erarbeitung wird insbesondere die wegweisende Rechtssprechung des BVerwG herangezogen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung besagt, dass ein schlüssiges, gesamträumliches Planungskonzept einschließlich der textlichen und zeichnerischen Dokumentation der Arbeitsschritte vorzulegen sei. Die herrschende Rechtsprechung betont das Abwägungsgebot und richtet sich tendenziell gegen eine schematisierte Anwendung von Ausschlusskriterien.

Dipl.-Geographin Rohlfing erläutert gemäß der Beschlussvorlage die Liste der Ausschluss- und Abwägungskriterien, die der Auswahl der Vorranggebiete Windenergienutzung im RROP zugrunde gelegt werden soll. Sie weist darauf hin, dass die rechtliche und fachliche Prüfung insbesondere zu den Abständen, die Windenergieanlagen (WEA) zu Leitungen etc. einhalten sollen, noch nicht abgeschlossen sei. Hier könnten sich noch Änderungen ergeben.

Bei der Vorstellung der Ausschlusskriterien für Natur und Landschaft erläutert sie, dass sich bei den beiden Kriterien „Avifaunistisch wertvolle Bereiche mit gegenüber WEA empfindlichen Arten“ und „Gebiete mit Bedeutung und besonderer Bedeutung für den Fledermausschutz“ eine Änderung ergeben hat. Nach eingehender juristischer Prüfung sei die Verwaltung zu dem Ergebnis gekommen, dass diese beiden Kriterien als klassische Abwägungskriterien einzustufen sind. Die Einstufung als Ausschlusskriterium sei bei diesen beiden Kriterien aufgrund der ungenauen Datenlage nicht zu rechtfertigen.

Abschließend weist Dipl.-Geographin Rohlfing auf die Rechtsprechung des BVerwG hin, die besagt, dass nicht alle nach objektiven Kriterien geeignet erscheinenden Standorte für WEA im RROP festgelegt werden müssen. Grundlage für den Ausschluss von WEA sei im Sinne des raumordnerischen Steuerungs- und Konzentrationsgebots ein schlüssiges, also begründetes, Planungskonzept.

KTA Dr. Weghöft kritisiert die Abstände zur Wohnbebauung insbesondere von nur 300 m bei Wohngebäuden im Außenbereich. Menschen sollten den gleichen Schutzanspruch haben wie Tiere. Daher sollten auch einzelne Wohnhäuser im Außenbereich mit einem 500-m-Puffer geschützt werden.

KTA Hille führt aus, dass die vorgeschlagenen Abstände, die WEA zu Gewässer 1. Ordnung wie der Weser und Wald einhalten sollen, aus Gründen der Gefahrenabwehr zu gering seien. Die Mittelweseranpassung dürfe nicht gefährdet werden.

BauOR Pagels erläutert, dass sich die Abstände zu Wasserstraßen etc. aus den fachlichen Empfehlungen bzw. Richtlinien von Behörden und Fachverbänden ergeben. Ferner sei der Weserbereich weiträumig vor der Errichtung von WEA geschützt, weil das gesetzlich festgelegte Überschwemmungsgebiet als Ausschlussgebiet festgelegt werden soll.

KTA Keitsch kritisiert die seiner Ansicht nach zu geringen Abstände zur Wohnbebauung und verweist auf die 1000-m-Abstandsempfehlung zu Gebieten mit Wohnbebauung im Erlass des Nieders. Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

BauOR Pagels erläutert, dass das BVerwG mit Urteil vom August 2008 besagt, dass eine pauschale Anwendung dieses Abstands als rechtswidrig zu erachten ist. Die einzuhaltenden Abstände leiten sich u. a. aus den immissionsschutzrechtlichen und planungsrechtlichen Regelungen ab.

KTA Dr. Weghöft kritisiert noch einmal die Abstände zur Wohnbebauung. Es müsse auch die Siedlungsstruktur in den dünn besiedelten Räumen des Landkreises Nienburg/Weser berücksichtigt werden.

Dipl.-Geograph Arndt erläutert, dass als Grundlage der Planung die Daten der Automatisierten Liegenschaftskarte (ALK) herangezogen werden. Alle Gebäude mit Wohnnutzung sind mit einem Puffer von 50 m umgeben worden. Alle Pufferbereiche mit einer Gesamtfläche von 5 ha werden als Wohnsiedlungsbereiche definiert. Das hat zur Folge, dass bereits mehrere benachbarte Wohngebäude als Siedlungsbereich unabhängig von der bauleitplanerischen Ausweisung angesehen werden.

KTA Bürmann weist darauf hin, dass keine Verhinderungsplanung betrieben werden dürfe. Er hat den Eindruck, dass nach Anwendung der Kriterien nur kleine Flächen für WEA übrig bleiben würden. Er fragt, ob auch eine landkreisübergreifende Planung stattfinden würde.

Ltd. BauDir Boll erläutert, dass der Vorentwurf des Plans mit der Politik abgestimmt und die darauf folgende Entwurffassung im Rahmen des öffentlichen Beteiligungsverfahrens mit den angrenzenden Kommunen abgestimmt würde.

KTA Kurowski plädiert auch für einen 500-m-Puffer für alle Wohngebäude.

Ltd. BauDir Boll führt aus, dass sich für Wohngebäude im Außenbereich kein erhöhter Schutzanspruch aufgrund der Rechtslage herleiten ließe. Der unterschiedlichen Schutzbedürftigkeit der jeweiligen Gebiete/Kategorien müsse Rechnung getragen werden.

KTA Warnecke weist darauf hin, dass die Kriterien gerichtsfest sein müssen, da der Plan ansonsten wieder angreifbar sei.

KTA Rahlfs merkt an, dass sich der Landkreis Nienburg/Weser nicht bedenkenlos der politischen Großwetterlage unterordnen solle und seine Ermessensspielräume nutzen solle.

KTA Tonne fragt, wann der 5-km-Abstand der einzelnen Vorranggebiete untereinander greife. Führe das Durchschneiden eines Gebietes mit WEA z. B. durch eine Bundesstraße zu zwei Vorranggebieten?

Ltd. BauDir Boll merkt an, dass in diesem Zusammenhang als Maßstab die vorhandene „Abstandsstruktur“ der WEA in den jeweiligen Vorranggebieten betrachtet werden müsse. Sollte der Abstand neuer WEA wesentlich von der vorhandenen Struktur abweichen, muss von 2 Vorranggebieten ausgegangen werden und die 5 ha - Abstandsempfehlung käme zum tragen.

KTA Dr. Weghöft fragt, aus welchen Gründen der Erlass des ML hinsichtlich der Empfehlung, dass WEA mindestens 1000 m Abstand zu Gebieten mit Wohnbebauung einhalten sollten, keine Anwendung finde.

KTA Warnecke betont, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zu beachten sei. Bei der raumordnerischen Planung handelt es sich um ein grundsätzliches Konzept, das von Mindestabständen ausgehe und Ermessensspielräume offen lassen würde.

Ltd. BauDir Boll weist darauf hin, dass es sich beim Erlass des ML lediglich um eine Empfehlung mit Einschränkungen handele. Er zitiert die entsprechende Passage aus dem Erlass: „Es empfiehlt sich bei der Entscheidungsfindung im Rahmen des Abwägungsvorgangs zu Gebieten mit Wohnbebauung von einem Mindestabstand von 1000 m auszugehen und von 5000 m zwischen den einzelnen Vorrang- und Eignungsgebieten. Die festgelegten Abstände müssen sich im Einzelfall aus dem Schutzbedürfnis angrenzender Nutzungen und Raumfunktionen begründen. Da dieses in Abhängigkeit von den raumbedeutsamen Bedingungen unterschiedlich gewichtet werden kann und die technischen Merkmale der in den festgelegten Gebieten möglichen Anlagen zur Windenergienutzung variieren, ist die allgemeinverbindliche Festlegung von Abstandsregelungen für die raumordnerische Standortvorsorge nicht sachgerecht und dem raumordnerischen Abwägungsgebot der Regionalplanung nicht angemessen.“ Damit wird sehr deutlich, dass es sich nicht um eine pauschale „Abstandsvorschrift“ handelt.

Dipl.-Ing. Gänsslen macht darauf aufmerksam, dass die Verwaltung aufgrund der Rechtslage u. a. zu dem Ergebnis gekommen sei, die zunächst als Ausschlusskriterien „Avifauna“ und „Fledermäuse“ vorgesehenen Kriterien nunmehr als Abwägungskriterien einzustufen, um die Gerichtsfestigkeit zu wahren. Es sei im Einzelfall zu begründen, weshalb WEA auf bestimmten Flächen (Negativflächen) ausgeschlossen würden.

KTA Kurowski stellt den Abwägungsgrundsatz in Frage und befürchtet, dass sich der Landkreis Nienburg/Weser dadurch erst recht auf rechtsunsicheres Gebiet begeben würde.

Ltd. BauDir Boll merkt hierzu an, dass z. B. auch Landschaftsschutzgebiete, die einen Rechtsstatus besitzen, der Abwägung im Einzelfall unterzogen würden.

KTA Brunschön weist auf die Rechtssicherheit hin, die durch die Abwägung im Einzelfall gegeben sei.

KTA Dr. Weghöft stellt nochmals den 300-m-Abstand zu Wohngebäuden in Frage und fordert, generell die 500-m-Regelung anzuwenden.

KTA Warnecke schlägt vor, beide Varianten durchzuplanen und das Ergebnis dem AfR zur Beratung vorzulegen.


Einstimmig

Mit Stimmen-
mehrheit

Ja
     

Nein
     

Enthaltung