Betreff
4. Änderung des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP) Teilabschnitt Windenergie; Entwurf einer konzeptionellen Grundlage für die Ermittlung von Vorranggebieten Windenergienutzung
Vorlage
2019/185
Aktenzeichen
54.13.71
Art
Beschlussvorlage

Der in der Anlage beigefügte Konzeptentwurf (Anlage 1) ist als Grundlage für die Ermittlung von Vorranggebieten Windenergienutzung im Entwurf der 4. Änderung des RROP heranzuziehen.

Aufgrund der Empfehlung des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung (BAF) und der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) keine Windvorranggebiete im Anlagenschutzbereich der Flugsicherungsanlage VOR Nienburg auszuweisen, wird der Anlagenschutzbereich des VOR Nienburg aus dem gesamträumlichen Planungskonzept zur Steuerung der Windenergienutzung mit Ausschlusswirkung herausgenommen.

Es wird zur Kenntnis genommen, dass die im Konzeptentwurf ermittelten Vorschläge für Vorranggebiete Windenergienutzung noch einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) gemäß § 8 ROG zu unterziehen sind. Es ist davon auszugehen, dass sich durch die UVP noch Änderungen der vorgeschlagenen Gebiete ergeben können.


Sachverhalt

Methodik des gesamträumlichen Planungskonzepts

Auf Grundlage des in der Anlage beigefügten Konzeptentwurfs werden Potenzialflächen für die Suche nach Vorranggebieten Windenergienutzung mit Ausschluss der Windenergienutzung im übrigen Planungsraum des Landkreises Nienburg/Weser ermittelt.

Die Planungsschritte stellen sich im Einzelnen folgendermaßen dar:

In einem ersten Planungsschritt werden auf Grundlage der „harten“ Ausschlusskriterien für den Planungsraum - diejenigen Flächen ermittelt, auf denen eine Windenergienutzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist (Anlage 2, Karte 1).

In einem zweiten Planungsschritt werden die „weichen“ Ausschlussflächen ermittelt, die nach den Planungsvorstellungen des Landkreises Nienburg/Weser für die Windenergienutzung nicht zur Verfügung gestellt werden sollen (Anlage 3, Karte 2).

In einem dritten Planungsschritt sind durch die Anwendung der harten und weichen Ausschlussflächen Potenzialflächen – sog. Weißflächen - ermittelt worden (Anlage 4, Karte 3), die im Einzelfall anhand weiterer öffentlicher und privater Belange hinsichtlich ihrer Eignung der für die Windenergienutzung geprüft werden.

Ausgenommen von diesem gesamträumlichen Planungskonzept mit Ausschlusswirkung ist der Anlagenschutzbereich des VOR Nienburg, wie im Folgenden dargelegt:

 

Ausnahme Anlagenschutzbereich des VOR Nienburg

Die Träger der Regionalplanung sind gehalten, nur solche Flächen als Vorranggebiete Windenergienutzung im RROP festzulegen, in denen sich die Windenergienutzung regelmäßig gegenüber anderen Nutzungen durchsetzen kann. Dies ist im Schutzbereich des Drehfunkfeuers in Wendenborstel derzeit fraglich (siehe Kap. 3.3.3 und 3.3. der Anlage 1).

Der Anlagenschutz-Radius des VOR beträgt 15 km. In RROP-Aufstellungsverfahren wurden seitens des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung (BAF) und der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) empfohlen, keine Vorranggebiete Windenergienutzung im RROP in Anlagenschutzbereichen von Flugsicherungseinrichtungen festzulegen, da es zu Einschränkungen bei Anzahl und Höhe der WEA kommen kann (BAF, Schreiben vom 17.02.2014). Die DFS als Betreiberin des VOR erwartet in ihrer gutachterlichen Stellungnahme durch die weitere Errichtung von WEA im Schutzbereich zusätzliche Störbeiträge der Flugnavigationsanlage, die aufgrund der bestehenden Situation nicht mehr akzeptabel sei. Eine letztliche Entscheidung nach § 18 a LuftVG sei laut BAF und DFS jedoch erst in der konkreten Vorhabenplanung möglich. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der Landkreis Nienburg/Weser bereits einen Antrag auf Genehmigung eines Windenergievorhabens im Anlagenschutzbereich des VOR Nienburg aufgrund der Bedenken des BAF versagen musste.

Aus vorliegenden gutachterlichen Stellungnahmen, Verfahrensunterlagen und unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung erfolgte im Rahmen der Potenzialstudie eine Analyse des Anlagenschutzbereichs. Demnach stellt er keine Fläche, sondern einen Raum dar. Innerhalb eines Radius von 600 m um das VOR reicht der Anlagenschutzbereich bis auf den Boden. Daher ist dort jede bauliche Anlage nach § 18a LuftVG zu bewerten. Zwar findet hier grundsätzlich eine Einzelfallprüfung statt. Im Ergebnis erscheint die Genehmigung einer WEA in diesem Bereich jedoch ausgeschlossen. Es ist daher gerechtfertigt, in dieser „Kernzone“ von einem generellen Bauverbot raumbedeutsamer WEA auszugehen. Folglich wird der Landkreis Nienburg/Weser die Zone im 600-m-Radius um das VOR als harte Tabuzone für WEA betrachten. In der Zone des weiteren Nahbereichs um die Kernzone von 600 m bis zu 3.000 m um das VOR besteht kein ausdrückliches Bauverbot. Das BAF prüft und entscheidet gemäß § 18a LuftVG im Einzelfall, ob eine WEA dort unter das Bauverbot fällt. Eine Störung des VOR kann jedoch erst außerhalb der 600- bis 3.000-m-Nahbereichszone als unwahrscheinlich angesehen werden. Aufgrund dieser unsicheren Genehmigungslage im Radius von 600 m bis 3 km um das VOR würde daher diese Zone als weiche Tabuzone zu betrachten sein. Es ist darauf hinzuweisen, dass eine Unsicherheit möglicher Genehmigungen im gesamten Anlagenschutzbereich (= 15-km-Zone) besteht. Ab einem Abstand von 3 km nimmt jedoch die Störanfälligkeit des VOR durch Bauwerke ab.

Daraus ergibt sich, dass auf Ebene der Regionalplanung nicht abschließend bewertet werden kann, ob sich die Windenergienutzung auf möglichen Eignungsflächen im Anlagenschutzbereich durchsetzen kann. Der Umkreis von 3 bis 15 km um das VOR Nienburg wird daher als „Teilfläche des Landkreises Nienburg/Weser ohne Ausschluss für die Windenergienutzung“ betrachtet. Es sind jedoch bestehende WEA-Standorte im Einzelfall geprüft und  zwei Potenzialflächen als Vorschläge für Vorranggebiete Windenergienutzung innerhalb des Anlagenschutzbereichs ermittelt worden. Sie weisen eine Gesamtgröße von 99 ha auf, werden jedoch nicht in die Prüfung, ob der Windenergie ausreichend Raum gegeben wird, einbezogen (siehe Kap. 4.5 der Anlage 1).

Das BAF und die DFS haben in einem Gespräch am 15.04.2019 vorgeschlagen, im Rahmen eines Modellversuchs „Flugsicherheitsbelange in der Raumordnung“ anhand GIS-unterstützer Berechnungen eine Prognosemöglichkeit für die Vereinbarkeit von WEA und Flugsicherungseinrichtungen im Schutzbereich für die Ebene der Regionalplanung zu entwickeln. Dieser Modellversuch wird derzeit beispielhaft für den Anlagenschutzbereich des Drehfunkfeuers in Wendenborstel in Zusammenarbeit mit der Region Hannover und dem Landkreis Nienburg/Weser umgesetzt. Laut BAF ist ein Ersatz des VOR durch ein ggf. weniger störanfälliges DVOR in Wendenborstel 2021 geplant.

 

Schritte 1 und 2: Weißflächen-Ermittlung

Das Gebiet des Landkreises Nienburg/Weser ist 139.969 ha groß. Davon liegen 39.598 ha innerhalb des Anlagenschutzbereichs des Drehfunkfeuers Wendenborstel (VOR Nienburg). Dieser Bereich wird aus den vorgenannten Gründen nicht in die Potentialflächenanalyse einbezogen, so dass die übrige Landkreisfläche (100.371 ha) die Ausgangskulisse für die Anwendung der harten und weichen Ausschlusszonen bildet. Gemäß den Ergebnissen der Potentialflächenanalyse weist eine Fläche von 69.932 ha harte Ausschlusszonen auf (Anlage 2, Karte 1). Das entspricht 69,7 % der verbleibenden Landkreisfläche. Hinzu kommen die zusätzlichen, vorsorgeorientierten weichen Ausschlusskriterien. Sie führen zu einem zusätzlichen Ausschluss von 25.447 ha (Anlage 3, Karte 2). Insgesamt haben die Ausschlusszonen eine Größe von 95.378 ha. Dementsprechend stehen 95 % der verbleibenden Landkreisfläche für die Windenergienutzung nicht zu Verfügung. Die übrigen 4.993 ha (5,0 %), die sog. „Weißflächen“, bilden die Kulisse für die Potentialflächenbildung. Hierzu wird auf Karte 3 der Anlage 4 hingewiesen.

 

 

Schritt 3: Einzelfallprüfung der Potenzialflächen

Um eine Ausschlusswirkung zu erzielen, muss der Landkreis Nienburg/Weser nicht sämtliche Potenzialflächen bzw. Weißflächen für die Windenergienutzung im RROP als Vorranggebiete festlegen. In einer Einzelfallprüfung werden daher die ermittelten Weißflächen hinsichtlich ihrer Eignung für die Windenergienutzung planerisch abgewogen. Diese Betrachtung erfolgt in drei Prüfschritten:

1. Vorgezogene Überprüfung

Zunächst erfolgt eine vorgezogene Überprüfung der Potenzialflächen auf Grundlage der im Entwurf des Landschaftsrahmenplanes (LRP, Stand 2018) dargestellten Empfehlungen für die Festlegung von Vorranggebieten Natur und Landschaft im RROP. Diejenigen Potenzialflächen innerhalb potenzieller Vorranggebiete für Natur und Landschaft werden im Einzelfall ausgeschieden, wenn das naturschutzfachliche Ziel mit der konzentrierten Ansiedlung von WEA in Konflikt gerät (Kap. 4.3 der Anlage 1; Anlage 5, Karte 4).

2. Anwendung weiterer planerischer Prüfkriterien (Prüfkaskade)

Im zweiten Prüfschritt erfolgt eine Anwendung folgender planerischer Kriterien, um Potenzialflächen, deren Lage oder Größe nicht den planerischen Vorstellungen des Landkreises Nienburg/Weser entspricht, auszuschließen (Anlage, Karte 5):

  • Entfernung von Kleinstflächen < 2,5 ha
  • Festlegung einer Mindestbreite von 130 m (entsprechend dem Rotordurchmesser Referenzanlage), so dass alle Teile einer WEA innerhalb der Fläche liegen
  • Bildung von Flächenclustern: Zusammenfassung von Flächen unterhalb eines Abstands von 700 m zueinander
  • Festlegung einer Flächengröße von > 40 ha

3. Anwendung weiterer Restriktionskriterien

Nach Anwendung der o. g. Prüfkriterien verbleiben 16 Potenzialflächen-Cluster (siehe Anlage 6, Karte 5), die in einem dritten Prüfschritt anhand von Restriktionskriterien, die nicht pauschal als weiches Ausschlusskriterium im Planungskonzept berücksichtigt werden können, im Einzelfall geprüft werden.

4. Betrachtung von Sonderbauflächen in Flächennutzungsplänen

In einem vierten Prüfschritt erfolgt eine Eignungsprüfung der in den gemeindlichen Flächennutzungsplänen dargestellten Sondergebieten Windenergienutzung, in denen bereits WEA errichtet sind. Berücksichtigt werden dabei Gebiete, in denen sich die Windenergienutzung mit mindestens drei WEA durchgesetzt hat, sofern diese Fläche noch nicht bereits als Potenzialfläche geprüft wurde (siehe Kap. 4.4 Anlage 1).

Vorläufiges Ergebnis (Anlage 7, Karte 6)

Nach Anwendung der dargelegten Prüfschritte verbleiben 16 Potenzialflächen mit einer Gesamtgröße von 3.613 ha, entsprechend 2,6 % der Landkreisfläche. In Kapitel 4.3.1 der Anlage sind die Prüfergebnisse in Form von Gebietssteckbriefen dokumentiert.

Insbesondere der vorläufige 5-km-Abstand zu Kernflächen der Windenergienutzung bewirkt ein Ausscheiden von Potenzialflächen. Weiterhin wirken sich naturschutzfachliche Gebietsvorschläge aus dem Entwurf des LRP restriktiv auf die Darstellung der Potenzialflächen aus. Die Berücksichtigung bestehender WEA und Darstellungen in Flächennutzungsplänen sorgen hingegen für Erweiterungen der Potenzialflächen von 129 ha.

Somit ergibt die Eignungsprüfung der Potenzialflächen 11 Gebiete, die grundsätzlich für die Festlegung als Vorranggebiet Windenergienutzung mit Ausschlusswirkung geeignet sind. Sie haben eine Gesamtgröße von 1.675 ha, entsprechend 1,7 % der Landkreisfläche.

Zusätzlich ergibt die Prüfung der Sondergebiete der Flächennutzung zwei weitere Potenzialflächen, die insbesondere aufgrund der sich hier durchgesetzten Nutzung der Windenergie für die Festlegung als Vorranggebiete eignen. Damit ergeben sich 13 Flächenvorschläge für Vorranggebiete Windenergienutzung mit Ausschlusswirkung mit einer Gesamtgröße von 1.725 ha, entsprechend 1,7 % der Landkreisfläche.

Innerhalb des Anlagenschutzbereichs des VOR Nienburg werden zwei Vorschläge für Vorranggebiete Windenergienutzung ermittelt, und zwar in Bereichen, in denen sich die Windenergienutzung bereits durchgesetzt hat. Diese Vorranggebiete sind nicht mit einem Ausschluss für die Windenergienutzung im übrigen Planungsraum verbunden. Daher können auch weitere, geeignete Flächen im Anlagenschutzbereich für die Standortplanung von WEA in Betracht kommen. Die Eignung dieser Flächen würde sich im jeweiligen Genehmigungsverfahren zeigen. Generell ist die Zulässigkeit von Windenergievorhaben im Anlagenschutzbereich des VOR Nienburg auf Ebene des Genehmigungsverfahrens zu prüfen.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Vorschlagsflächen noch nicht abschließend abgrenzt sind. Sie sind in einem weiteren Planungsschritt  einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) gemäß § 8 ROG zu unterziehen. Es ist davon auszugehen, dass sich durch die noch erforderliche UVP Änderungen der Flächenauswahl bzw. -abgrenzungen ergeben können.

Weiteres Verfahren - UVP

Auf Grundlage des Konzeptentwurfs zur Potenzialflächenermittlung sind die Vorschlagsflächen für die Festlegung als Vorranggebiet Windenergienutzung im weiteren Verfahren einer UVP zu unterziehen. Hierzu werden die Umweltverbände und die Fachbehörden mit Umweltbezug nochmals beteiligt und um Einschätzung des naturschutzfachlichen Konfliktpotenzials der potenziellen Vorranggebiete gebeten. Die Ergebnisse der UVP werden in einem Umweltbericht dokumentiert und bei der Entwurfserarbeitung berücksichtigt.

Die Fertigstellung des Entwurfs der 4. Änderung des RROP – Windenergienutzung – ist im ersten Quartal 2020 vorgesehen.

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Der Beschluss hat keine finanziellen Auswirkungen.


Anlagen:

 

  • Anlage 1 Potentialstudie Entwurf
  • Anlage 2 Karte 1 Harte Ausschlusszonen
  • Anlage 3 Karte 2 Weiche Ausschlusszonen
  • Anlage 4 Karte 3 Gesamtausschluss
  • Anlage 5 Karte 4 Potentialflächenbildung
  • Anlage 6 Karte 5 Potentialflächencluster
  • Anlage 7 Karte 6 Potentialflächen