Der in der Anlage beigefügte Konzeptentwurf (Anlage
1) ist als Grundlage für die Ermittlung von Vorranggebieten Windenergienutzung
im Entwurf der 4. Änderung des RROP heranzuziehen.
Aufgrund der Empfehlung des Bundesaufsichtsamts für
Flugsicherung (BAF) und der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) keine
Windvorranggebiete im Anlagenschutzbereich der Flugsicherungsanlage VOR
Nienburg auszuweisen, wird der Anlagenschutzbereich des VOR Nienburg aus dem
gesamträumlichen Planungskonzept zur Steuerung der Windenergienutzung mit
Ausschlusswirkung herausgenommen.
Es wird zur Kenntnis genommen, dass die im Konzeptentwurf ermittelten Vorschläge für Vorranggebiete Windenergienutzung noch einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) gemäß § 8 ROG zu unterziehen sind. Es ist davon auszugehen, dass sich durch die UVP noch Änderungen der vorgeschlagenen Gebiete ergeben können.
Sachverhalt
Methodik des gesamträumlichen Planungskonzepts
Auf Grundlage des in der Anlage beigefügten
Konzeptentwurfs werden Potenzialflächen für die Suche nach Vorranggebieten
Windenergienutzung mit Ausschluss der Windenergienutzung im übrigen
Planungsraum des Landkreises Nienburg/Weser ermittelt.
Die Planungsschritte stellen sich im Einzelnen
folgendermaßen dar:
In einem ersten Planungsschritt werden auf
Grundlage der „harten“ Ausschlusskriterien für den Planungsraum - diejenigen
Flächen ermittelt, auf denen eine Windenergienutzung aus rechtlichen oder
tatsächlichen Gründen nicht möglich ist (Anlage 2, Karte 1).
In einem zweiten Planungsschritt werden die
„weichen“ Ausschlussflächen ermittelt, die nach den Planungsvorstellungen des
Landkreises Nienburg/Weser für die Windenergienutzung nicht zur Verfügung
gestellt werden sollen (Anlage 3, Karte 2).
In einem dritten Planungsschritt sind durch die
Anwendung der harten und weichen Ausschlussflächen Potenzialflächen – sog.
Weißflächen - ermittelt worden (Anlage 4, Karte 3), die im Einzelfall anhand
weiterer öffentlicher und privater Belange hinsichtlich ihrer Eignung der für
die Windenergienutzung geprüft werden.
Ausgenommen von diesem gesamträumlichen
Planungskonzept mit Ausschlusswirkung ist der Anlagenschutzbereich des VOR
Nienburg, wie im Folgenden dargelegt:
Ausnahme Anlagenschutzbereich des VOR Nienburg
Die Träger der Regionalplanung sind gehalten, nur
solche Flächen als Vorranggebiete Windenergienutzung im RROP festzulegen, in
denen sich die Windenergienutzung regelmäßig gegenüber anderen Nutzungen
durchsetzen kann. Dies ist im Schutzbereich des Drehfunkfeuers in Wendenborstel
derzeit fraglich (siehe Kap. 3.3.3 und 3.3. der Anlage 1).
Der Anlagenschutz-Radius des VOR beträgt 15 km. In
RROP-Aufstellungsverfahren wurden seitens des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung
(BAF) und der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) empfohlen, keine
Vorranggebiete Windenergienutzung im RROP in Anlagenschutzbereichen von
Flugsicherungseinrichtungen festzulegen, da es zu Einschränkungen bei Anzahl
und Höhe der WEA kommen kann (BAF, Schreiben vom 17.02.2014). Die DFS als
Betreiberin des VOR erwartet in ihrer gutachterlichen Stellungnahme durch die
weitere Errichtung von WEA im Schutzbereich zusätzliche Störbeiträge der
Flugnavigationsanlage, die aufgrund der bestehenden Situation nicht mehr
akzeptabel sei. Eine letztliche Entscheidung nach § 18 a LuftVG sei laut BAF
und DFS jedoch erst in der konkreten Vorhabenplanung möglich. In diesem
Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der Landkreis Nienburg/Weser bereits
einen Antrag auf Genehmigung eines Windenergievorhabens im Anlagenschutzbereich
des VOR Nienburg aufgrund der Bedenken des BAF versagen musste.
Aus vorliegenden gutachterlichen Stellungnahmen,
Verfahrensunterlagen und unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung
erfolgte im Rahmen der Potenzialstudie eine Analyse des Anlagenschutzbereichs.
Demnach stellt er keine Fläche, sondern einen Raum dar. Innerhalb eines Radius
von 600 m um das VOR reicht der Anlagenschutzbereich bis auf den Boden. Daher
ist dort jede bauliche Anlage nach § 18a LuftVG zu bewerten. Zwar findet hier
grundsätzlich eine Einzelfallprüfung statt. Im Ergebnis erscheint die
Genehmigung einer WEA in diesem Bereich jedoch ausgeschlossen. Es ist daher
gerechtfertigt, in dieser „Kernzone“ von einem generellen Bauverbot
raumbedeutsamer WEA auszugehen. Folglich wird der Landkreis Nienburg/Weser die
Zone im 600-m-Radius um das VOR als harte Tabuzone für WEA betrachten. In der
Zone des weiteren Nahbereichs um die Kernzone von 600 m bis zu 3.000 m um das
VOR besteht kein ausdrückliches Bauverbot. Das BAF prüft und entscheidet gemäß
§ 18a LuftVG im Einzelfall, ob eine WEA dort unter das Bauverbot fällt. Eine
Störung des VOR kann jedoch erst außerhalb der 600- bis 3.000-m-Nahbereichszone
als unwahrscheinlich angesehen werden. Aufgrund dieser unsicheren
Genehmigungslage im Radius von 600 m bis 3 km um das VOR würde daher diese Zone
als weiche Tabuzone zu betrachten sein. Es ist darauf hinzuweisen, dass eine
Unsicherheit möglicher Genehmigungen im gesamten Anlagenschutzbereich (=
15-km-Zone) besteht. Ab einem Abstand von 3 km nimmt jedoch die
Störanfälligkeit des VOR durch Bauwerke ab.
Daraus ergibt sich, dass auf Ebene der
Regionalplanung nicht abschließend bewertet werden kann, ob sich die
Windenergienutzung auf möglichen Eignungsflächen im Anlagenschutzbereich
durchsetzen kann. Der Umkreis von 3 bis 15 km um das VOR Nienburg wird daher
als „Teilfläche des Landkreises Nienburg/Weser ohne Ausschluss für die
Windenergienutzung“ betrachtet. Es sind jedoch bestehende WEA-Standorte im
Einzelfall geprüft und zwei
Potenzialflächen als Vorschläge für Vorranggebiete Windenergienutzung innerhalb
des Anlagenschutzbereichs ermittelt worden. Sie weisen eine Gesamtgröße von 99
ha auf, werden jedoch nicht in die Prüfung, ob der Windenergie ausreichend Raum
gegeben wird, einbezogen (siehe Kap. 4.5 der Anlage 1).
Das BAF und die DFS haben in einem Gespräch am
15.04.2019 vorgeschlagen, im Rahmen eines Modellversuchs
„Flugsicherheitsbelange in der Raumordnung“ anhand GIS-unterstützer Berechnungen
eine Prognosemöglichkeit für die Vereinbarkeit von WEA und
Flugsicherungseinrichtungen im Schutzbereich für die Ebene der Regionalplanung
zu entwickeln. Dieser Modellversuch wird derzeit beispielhaft für den
Anlagenschutzbereich des Drehfunkfeuers in Wendenborstel in Zusammenarbeit mit
der Region Hannover und dem Landkreis Nienburg/Weser umgesetzt. Laut BAF ist
ein Ersatz des VOR durch ein ggf. weniger störanfälliges DVOR in Wendenborstel
2021 geplant.
Schritte 1 und 2: Weißflächen-Ermittlung
Das Gebiet des Landkreises Nienburg/Weser ist
139.969 ha groß. Davon liegen 39.598 ha innerhalb des
Anlagenschutzbereichs des Drehfunkfeuers Wendenborstel (VOR Nienburg). Dieser
Bereich wird aus den vorgenannten Gründen nicht in die Potentialflächenanalyse
einbezogen, so dass die übrige Landkreisfläche (100.371 ha) die
Ausgangskulisse für die Anwendung der harten und weichen Ausschlusszonen
bildet. Gemäß den Ergebnissen der Potentialflächenanalyse weist eine Fläche von
69.932 ha harte Ausschlusszonen auf (Anlage 2, Karte 1). Das entspricht
69,7 % der verbleibenden Landkreisfläche. Hinzu kommen die zusätzlichen,
vorsorgeorientierten weichen Ausschlusskriterien. Sie führen zu einem
zusätzlichen Ausschluss von 25.447 ha (Anlage 3, Karte 2). Insgesamt haben
die Ausschlusszonen eine Größe von 95.378 ha. Dementsprechend stehen 95 %
der verbleibenden Landkreisfläche für die Windenergienutzung nicht zu
Verfügung. Die übrigen 4.993 ha (5,0 %), die sog. „Weißflächen“,
bilden die Kulisse für die Potentialflächenbildung. Hierzu wird auf Karte 3 der
Anlage 4 hingewiesen.
Schritt 3: Einzelfallprüfung der Potenzialflächen
Um eine Ausschlusswirkung zu erzielen, muss der
Landkreis Nienburg/Weser nicht sämtliche Potenzialflächen bzw. Weißflächen für
die Windenergienutzung im RROP als Vorranggebiete festlegen. In einer
Einzelfallprüfung werden daher die ermittelten Weißflächen hinsichtlich ihrer
Eignung für die Windenergienutzung planerisch abgewogen. Diese Betrachtung
erfolgt in drei Prüfschritten:
1. Vorgezogene Überprüfung
Zunächst erfolgt eine vorgezogene Überprüfung der
Potenzialflächen auf Grundlage der im Entwurf des Landschaftsrahmenplanes (LRP,
Stand 2018) dargestellten Empfehlungen für die Festlegung von Vorranggebieten
Natur und Landschaft im RROP. Diejenigen Potenzialflächen innerhalb
potenzieller Vorranggebiete für Natur und Landschaft werden im Einzelfall
ausgeschieden, wenn das naturschutzfachliche Ziel mit der konzentrierten
Ansiedlung von WEA in Konflikt gerät (Kap. 4.3 der Anlage 1; Anlage 5, Karte
4).
2. Anwendung weiterer planerischer Prüfkriterien
(Prüfkaskade)
Im zweiten Prüfschritt erfolgt eine Anwendung
folgender planerischer Kriterien, um Potenzialflächen, deren Lage oder Größe
nicht den planerischen Vorstellungen des Landkreises Nienburg/Weser entspricht,
auszuschließen (Anlage, Karte 5):
- Entfernung von Kleinstflächen < 2,5 ha
- Festlegung einer Mindestbreite von 130 m
(entsprechend dem Rotordurchmesser Referenzanlage), so dass alle Teile
einer WEA innerhalb der Fläche liegen
- Bildung von Flächenclustern: Zusammenfassung
von Flächen unterhalb eines Abstands von 700 m zueinander
- Festlegung einer Flächengröße von > 40 ha
3. Anwendung weiterer Restriktionskriterien
Nach Anwendung der o. g. Prüfkriterien verbleiben
16 Potenzialflächen-Cluster (siehe Anlage 6, Karte 5), die in einem dritten
Prüfschritt anhand von Restriktionskriterien, die nicht pauschal als weiches
Ausschlusskriterium im Planungskonzept berücksichtigt werden können, im
Einzelfall geprüft werden.
4. Betrachtung von Sonderbauflächen in
Flächennutzungsplänen
In einem vierten Prüfschritt erfolgt eine
Eignungsprüfung der in den gemeindlichen Flächennutzungsplänen dargestellten
Sondergebieten Windenergienutzung, in denen bereits WEA errichtet sind.
Berücksichtigt werden dabei Gebiete, in denen sich die Windenergienutzung mit
mindestens drei WEA durchgesetzt hat, sofern diese Fläche noch nicht bereits
als Potenzialfläche geprüft wurde (siehe Kap. 4.4 Anlage 1).
Vorläufiges Ergebnis (Anlage 7, Karte 6)
Nach Anwendung der dargelegten Prüfschritte
verbleiben 16 Potenzialflächen mit einer Gesamtgröße von 3.613 ha, entsprechend
2,6 % der Landkreisfläche. In Kapitel 4.3.1 der Anlage sind die Prüfergebnisse
in Form von Gebietssteckbriefen dokumentiert.
Insbesondere der vorläufige 5-km-Abstand zu
Kernflächen der Windenergienutzung bewirkt ein Ausscheiden von
Potenzialflächen. Weiterhin wirken sich naturschutzfachliche Gebietsvorschläge
aus dem Entwurf des LRP restriktiv auf die Darstellung der Potenzialflächen
aus. Die Berücksichtigung bestehender WEA und Darstellungen in
Flächennutzungsplänen sorgen hingegen für Erweiterungen der Potenzialflächen
von 129 ha.
Somit ergibt die Eignungsprüfung der
Potenzialflächen 11 Gebiete, die grundsätzlich für die Festlegung als
Vorranggebiet Windenergienutzung mit Ausschlusswirkung geeignet sind. Sie haben
eine Gesamtgröße von 1.675 ha, entsprechend 1,7 % der Landkreisfläche.
Zusätzlich ergibt die Prüfung der Sondergebiete der
Flächennutzung zwei weitere Potenzialflächen, die insbesondere aufgrund der
sich hier durchgesetzten Nutzung der Windenergie für die Festlegung als
Vorranggebiete eignen. Damit ergeben sich 13 Flächenvorschläge für
Vorranggebiete Windenergienutzung mit Ausschlusswirkung mit einer Gesamtgröße
von 1.725 ha, entsprechend 1,7 % der Landkreisfläche.
Innerhalb des Anlagenschutzbereichs des VOR
Nienburg werden zwei Vorschläge für Vorranggebiete Windenergienutzung
ermittelt, und zwar in Bereichen, in denen sich die Windenergienutzung bereits
durchgesetzt hat. Diese Vorranggebiete sind nicht mit einem Ausschluss für die
Windenergienutzung im übrigen Planungsraum verbunden. Daher können auch
weitere, geeignete Flächen im Anlagenschutzbereich für die Standortplanung von
WEA in Betracht kommen. Die Eignung dieser Flächen würde sich im jeweiligen
Genehmigungsverfahren zeigen. Generell ist die Zulässigkeit von
Windenergievorhaben im Anlagenschutzbereich des VOR Nienburg auf Ebene des
Genehmigungsverfahrens zu prüfen.
Es wird darauf hingewiesen, dass die
Vorschlagsflächen noch nicht abschließend abgrenzt sind. Sie sind in einem
weiteren Planungsschritt einer
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) gemäß § 8 ROG zu unterziehen. Es ist davon auszugehen, dass sich durch
die noch erforderliche UVP Änderungen der Flächenauswahl bzw. -abgrenzungen ergeben
können.
Weiteres Verfahren - UVP
Auf Grundlage des Konzeptentwurfs zur
Potenzialflächenermittlung sind die Vorschlagsflächen für die Festlegung als
Vorranggebiet Windenergienutzung im weiteren Verfahren einer UVP zu
unterziehen. Hierzu werden die Umweltverbände und die Fachbehörden mit
Umweltbezug nochmals beteiligt und um Einschätzung des naturschutzfachlichen
Konfliktpotenzials der potenziellen Vorranggebiete gebeten. Die Ergebnisse der
UVP werden in einem Umweltbericht dokumentiert und bei der Entwurfserarbeitung
berücksichtigt.
Die Fertigstellung des Entwurfs der 4. Änderung des
RROP – Windenergienutzung – ist im ersten Quartal 2020 vorgesehen.
Finanzielle Auswirkungen:
Der Beschluss hat keine
finanziellen Auswirkungen.
Anlagen:
- Anlage 1 Potentialstudie Entwurf
- Anlage 2 Karte 1 Harte Ausschlusszonen
- Anlage 3 Karte 2 Weiche Ausschlusszonen
- Anlage 4 Karte 3 Gesamtausschluss
- Anlage 5 Karte 4 Potentialflächenbildung
- Anlage 6 Karte 5 Potentialflächencluster
- Anlage 7 Karte 6 Potentialflächen