Betreff
Neufestsetzung der Grenzen des Landschaftsschutzgebietes "Wesermarsch" in der Gemeinde Estorf
hier: Entscheidung über die Stellungnahmen und Widersprüche
Vorlage
2003/ALNU/004
Aktenzeichen
66/67
Art
Aussch. f.Landschaftspfl., Natur, Umwelt

Beschlussvorschlag:

 

Die 1. Änderungsverordnung zur Verordnung zum Schutze von Landschaftsteilen in den Gemeinden Drakenburg, Nienburg, Estorf, Liebenau, Binnen, Marklohe und Balge Landschaftsschutzgebiet ("Wesermarsch") vom 27.08.1979 wird in der Fassung der Auslegung beschlossen.


/    Mit Schreiben vom 03.12.2002 hat die Samtgemeinde Landesbergen die "Hinzuziehung von Flächen und Teillöschung des Landschaftsschutzgebietes LSG NI 53 "Wesermarsch" zur Erweiterung eines bestehenden Gewerbebetriebes" beantragt (s. Anlage 1).

 

/    In der Zeit vom 10. März bis zum 10. April 2003 erfolgte die erforderliche Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (TÖB) sowie die öffentliche Auslegung im Kreishaus und im Rathaus Landesbergen für die 1. Änderungsverordnung (s. Anlage 2).

 

/    Die beteiligten TÖB, anerkannten Naturschutzverbände und sonstige Betroffenen, die vorgetragenen Anregungen und Bedenken sowie die

/    hierzu ergehenden Abwägungsvorschläge sind den Anlagen 3 und 4 zu entnehmen.

 

Auslöser für die geplante 1. Änderungsverordnung sind die Erweiterungsabsichten der Glasrecycling Leeseringen GmbH & Co. KG (GRL). Die derzeitigen Betriebsflächen der GRL liegen im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 4 "Gewerbegebiet Weserufer" und grenzen unmittelbar an das bestehende LSG an. Das Betriebsflächenpotential ist vollständig ausgeschöpft. Aus diesem Grunde müssen Glasrecyclingmaterialien bereits an verschiedenen Standorten (außerhalb) zwischengelagert werden. Dieser Zustand ist auf Dauer betriebswirtschaftlich nicht tragbar. Hinzu kommt der Bedarf an weiteren Lagerkapazitäten, um eine betriebliche Entwicklung ermöglichen und konkurrenzfähig bleiben zu können. Einzelaspekte sind u.a.

-    die Neuausschreibungen zum Dualen System Deutschland,

-    der steigende Bedarf des Hauptabnehmers Nienburger Glas nach dessen Übernahme durch den REXAM-Konzern mit weiteren Glaswerken

-    die erfolgte Pfandregelung bei Einwegverpackungen ermöglicht neue betriebliche Entwicklungen

 

In einem langwierigen Abstimmungsprozess zwischen der GRL, der Samtgemeinde, der Gemeinde, der Bezirksregierung, der Forstverwaltung und dem Landkreis Nienburg/Weser wurde festgestellt, dass für die erforderliche Entwicklung nur die Erweiterung in die Waldflächen des LSG in Frage kommt.

 

Erforderliche Verfahrensschritte sind:

- LSG-Löschungsverfahren für die betroffenen Waldflächen

- Aufstellungsverfahren Flächennutzungsplan mit Teillandschaftsplan

- Aufstellungsverfahren Bebauungsplan mit Grünordnungsplan

 

Um die Verfahrenszeiträume so kurz als möglich zu halten, wurde mit der GRL als maßgeblicher Investor vereinbart, dass alle drei Verfahren parallel laufen.

 

Zwischenzeitlich ist das Verfahren zur Aufstellung des Flächennutzungsplanes mit breiter Zustimmung (zwei Gegenstimmen) am 24.04.2003 durch den Samtgemeinderat beschlossen worden. Der Bebauungsplan wurde am 28.04.2003 durch den Gemeinderat Estorf einstimmig beschlossen.

 

Der Bebauungsplan setzt für den Verlust von 3 ha Wald als Ausgleichsmaßnahmen die Aufforstung von 2,23 ha Auwald im Suchraum für Ersatzmaßnahmen "Wellier Schleife" sowie von 1,8 ha Laubwald auf der Geest fest.

 

Bezüglich der eingegangenen Stellungnahmen (s. Anlage 4) ist darauf hinzuweisen, dass nur Anregungen und Bedenken vorgebracht und damit in den Abwägungsprozess eingestellt werden können, welche sich explizit mit den Inhalten und der räumlichen Abgrenzung der 1. Änderungsverordnung auseinander setzen. Entscheidungsrelevant ist,

-    ob das Teillöschungsbegehren höherrangig zu gewichten ist als der bestehende Schutzstatus,

-    die Teillöschung den Schutzzweck für die verbleibenden LSG-Flächen nicht gefährdet,

-    sowie bei Hinzuziehungsflächen die Schutzwürdigkeit und -bedürftigkeit gegenüber den bestehenden Eigentumsrechten überwiegen.

 

Die in den Bauleitplanverfahren vorgesehene Waldumwandlung mit Festlegung der Erstaufforstung im Suchraum für Ersatzmaßnahmen "Wellier Schleife" unterliegt inhaltlich nicht dem Abwägungsprozess dieses 1. Änderungsverfahrens, dies fällt in die kommunale Abwägungskompetenz.

 

In den Entscheidungsprozess über die Teillöschung ist mit einzustellen, ob die getroffenen Entscheidungen auf der kommunalen Ebene über die die Teillöschung auslösende Bauleitplanung fachlich richtig gewichtet worden sind. Dieses ist insbesondere beachtlich, da eine LSG-Teillöschung der Zustimmung der oberen Naturschutzbehörde bedarf und diese die bauleitplanerische Abwägung in ihre Prüfung mit einstellt.

 

Zu den vorgetragenen Bedenken zur Lage der in den Bauleitplanverfahren fixierten Ersatzaufforstung im Suchraum für Ersatzmaßnahmen "Wellier Schleife" wurde von seiten des Amtes für Wasserwirtschaft und Naturschutz eine fachliche Stellungnahme erarbeitet und in den Abwägungsprozess auf kommunaler Ebene eingebracht. In der Anlage 4 "Konkrete naturschutzfachliche Auseinandersetzung mit den eingegangenen Stellungnahmen" ist kenntlich gemacht, welche vorgetragenen Bedenken keinen Eingang finden können in die Entscheidung über die 1. Änderungsverordnung, sondern auf die Bauleitplan-Verfahren zu verlagern sind. Angefügt sind in diesen Fällen jedoch die fachlichen Wertungen, welche in die bereits abgeschlossene Abwägung für die Bauleitplanung der Samtgemeinde Landesbergen und der Gemeinde Estorf eingestellt worden sind.

 

Aus naturschutzfachlicher Sicht sind die in den Bauleitplanverfahren getroffenen Entscheidungen fachlich und sachlich nachvollziehbar erfolgt. Vor allem konnte belegt werden, dass keine räumlichen Alternativen umsetzbar sind und dass die Sicherung und Entwicklung von Arbeitsplätzen in der Gemeinde Estorf in diesem Fall höherrangig zu gewichten ist, als der dauerhafte Erhalt des Waldes an dieser Stelle (s. Anlage 4 zu Nr. 3). Der bestehende Schutzzweck wird durch die verhältnismäßig kleine Teillöschung von ca. 3 ha für die verbleibende LSG-Fläche von ca. 2.200 ha nicht maßgeblich gefährdet.
Für die Zuziehungsflächen ist die Schutzwürdigkeit und -bedürftigkeit eindeutig vorhanden (s. Anlage 4 zu Nr. 4). Die Schutzbedürftigkeit ist dabei eindrucksvoll dadurch belegt worden, dass der vorhandene Wald auf dem Flurstück 24 vollständig und randlich auch auf dem Flurstück 25, welcher sich nach Ausscheiden aus einer landwirtschaftlichen Nutzung vor mindestens 25 Jahren über Brachestadien gebildet hat, in den letzten Wochen ohne die erforderliche Waldumwandlungsgenehmigung mit Ausnahme weniger randlicher Bäume vollständig gerodet worden ist. Naturnahe Ersatzaufforstungen sind für die gerodeten Flächen zwingend erforderlich.

 

Nähere Erläuterungen erfolgen im Rahmen der Ortsbesichtigung sowie in der Ausschusssitzung.


Anlagen: