Dem Konzept zum Ausbau der Sprachförderung, den Maßnahmen zur Früherkennung von Teilleistungsstörungen sowie der Verbesserung der frühkindlichen Bildung mit einem zusätzlichen Gesamtaufwand von rd. 200.000,00 €/Jahr wird zugestimmt.
Der Landkreis Nienburg/Weser
führt seit dem 01.08.2006 in eigener Anstellungsträgerschaft die mit
Landesmitteln geförderte Sprachförderung zum Erwerb der deutschen Sprache im
Elementarbereich durch.
Das Sprachförderprogramm des Landes Niedersachsen ist zunächst bis 2009
befristet. Es kommen zur Zeit drei Sprachförderkräfte (ErzieherInnen) mit
insgesamt 97 Wochenstunden Sprachförderung in sechs Tageseinrichtungen zum
Einsatz. Finanziert wird die Sprachförderung bislang ausschließlich aus
Landesmitteln.
Auch für das Kindergartenjahr 2007/2008 liegt bereits eine vorläufige Zusage
über die Zuweisung von Landesmitteln auf Grundlage des vom FB Jugend mit den
Kommunen entwickelten Folgekonzeptes vor, so dass davon ausgegangen werden
kann, dass die Fortführung im bisherigen Umfang zunächst weiter gewährleistet
ist. Schon die bisherige Sprachförderung hat sich in den ersten Ergebnissen als
ein hervorragendes Instrument vorausschauender Jugendhilfe erwiesen,
insbesondere im Hinblick auf die Vorbereitung zur Einschulung. In ersten Tests
(Abfrage hinsichtlich der Pluralregeln) konnte schon nach den ersten Monaten
intensiver Sprachförderung bei den betroffenen Kindern erstaunliche
Verbesserungen um bis zu 90% !! festgestellt werden.
Ein verstärkter Ausbau der Sprachförderung über den Finanzrahmen des Landes
hinaus würde es ermöglichen, auf breiter Front bereits im frühkindlichen Alter
Defizite aufzudecken und auszugleichen, die anderenfalls im Jugend- und
Erwachsenenalter zwangsläufig zu erheblichen sozialen und ökonomischen
Problemen der jungen Leute und damit für den Landkreises führen werden.
Adressaten der bisherigen Förderung sind zum einen Kinder nicht deutscher
Herkunftssprache, aber auch Kinder aus besonders benachteiligten
Bevölkerungsgruppen, d.h. Kinder, in deren Lebens-situation es keine oder nur
unzureichende Anregungen zum Erwerb von Sprach- und Sprechkompetenz gibt (z.B.
in sozialen Brennpunkten) und bei denen deutliche Verzögerungen in ihrer
sprach-lichen Entwicklung festzustellen sind.
Mit den zur Verfügung stehenden Mitteln werden momentan insgesamt ca. 180 Kinder in sechs Tagesstätten
versorgt. ( Stolzenau, Eystrup, 4 Tagesstätten in Nienburg)
Es handelt sich hierbei im Wesentlichen um Migrantenkinder, wobei die Kinder
aus benachteiligten Bevölkerungsgruppen nach den Vorgaben der Landesrichtlinien
nur abhängig von der Schwere ihrer Entwicklungsverzögerung mit einbezogen
werden können.
Dem gegenüber steht eine Gesamtzahl der potentiell zu versorgenden Kinder nicht
deutscher Herkunftssprache auf Grundlage der gemeldeten Zahlen mit
insgesamt rund 330 Kinder, hinzu kommt auf Basis der bislang
vorliegenden Erkenntnisse eine Zahl von wenigstens 150 bis 200 Kindern
aus der Gruppe der sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten, bei
denen eine Sprachentwicklungsverzögerung und damit die Notwendigkeit einer
Sprachförderung zu unterstellen ist.
Der Versorgungsgrad beträgt aktuell nur knapp 35 Prozent.
Wissenschaftlich belegt ist, dass
die Beherrschung der Sprache der Schlüssel für den individuellen Bildungserfolg
ist. Die rechtzeitige Identifikation und die sich daran anschließende
individuelle Förderung von Kindern mit Sprachdefiziten leistet einen
wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Chancen von Kindern beim
Schuleintritt.
Eine rechtzeitige und gezielte Förderung vermeidet spätere Ausgaben für Nachqualifizierung von
Kindern und Jugendlichen, die in der Schule oder der Berufsausbildung nicht
mitkommen.
Im Hinblick auf die demografische Entwicklung und die von der Wirtschaft
eingeforderten qualifizierten Fachkräfte lässt die rechtzeitige Investition in
die frühkindliche Bildung positive Auswirkungen auf die Arbeitslosenquote, ein
höheres Sozialprodukt sowie vermehrte Einnahmen an Steuern und Sozialbeiträgen
erwarten.
Auch der Standort Landkreis Nienburg/Weser profitiert mittelfristig von der
Investition in die frühkindliche Bildung, da das vorhandene Potential an gut
ausgebildeten Fachkräften für Ansiedlung und Fortbestand anspruchsvoller Wirtschaftsunternehmen
entscheidungsrelevanter Standortfaktor sein wird.
Gerade die jüngste Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft macht die hohe
Rendite deutlich, die mit einer Verbesserung von Qualität und Quantität
frühkindlicher Bildung zu erwirtschaften ist.
Quasi als Nebeneffekt wird die verbesserte frühkindliche Bildung zur
Verringerung von z.B. Kinder- und
Jugendkriminalität, Suchtproblematiken, Integrationsdefiziten, etc. führen, die
momentan in Form von Jugendhilfe den Haushalt des Landkreises mit jährlich
beträchtlichen Steigerungsraten belasten.
Die Beobachtung der Fallzahlentwicklung in der Jugendhilfe lenkt das Augenmerk
auch auf ein weiteres Problemfeld:
In jüngster Zeit werden bei Schulkindern vermehrt Teilleistungsstörungen wie
die Lese-Rechtschreibschwäche (LRS, Legasthenie) oder auch die Rechenschwäche
(Dyskalkulie) diagnostiziert. Dies führt in deutlich steigender Zahl zu
Jugendhilfemaßnahmen nach § 35a SGB VIII zur Abwendung einer seelischen
Behinderung bei den betroffenen Kindern. (Aktuell gibt es ca. 160 Fälle mit
veranschlagten Haushaltsmitteln in Höhe von z. Zt. 250.000,00€).
Mittlerweile ist auch hier wissenschaftlich belegt, dass durch frühzeitige
Identifizierung und Förderung und –soweit angezeigt- zeitnahe Heranführung an
eine Therapie schon im vorschulischen Alter erstaunliche
Entwicklungsfortschritte erreichbar sind, die Frustration, Schulangst und weitere negative Begleiterscheinungen bei den betroffenen
Kindern vermeiden.
Zur rechtzeitigen und effektiven Förderung von Kindern mit
Teilleistungsschwächen ist es notwendig, dass Informationen zwischen
Kindergarten, (kinder-) psychologischen Diensten, niedergelassenen Therapeuten
ausgetauscht werden und die Eltern für eine Kooperation gewonnen werden.
Die im Rahmen von Sprachförderung permanent laufende Beobachtung der Kinder in
den Tagesstätten könnte – bei entsprechender Aufstockung der Stundensätze und
weitergehender Qualifizierung der Sprachförderkräfte – gut für die Identifizierung von
Risikokindern genutzt werden und würde die anschließende Ziel gerichtete
Förderung in der Einrichtung, die Beratung der Eltern und den frühzeitigen
Beginn einer ergotherapeutischen, logopädischen oder psychomotorischen
Behandlung sicher stellen.
Unabdingbar ist im Bereich der Sprachförderung ferner, über die
Kindertagesstätten eine enge regionale Zusammenarbeit mit den Schulen
aufzubauen und zu pflegen, mit dem Ziel, nach Möglichkeit über entsprechende
Dokumentationen eine nahtlose Fortführung der Sprachförderung zu ermöglichen.
Ausbau/Verstärkung der Sprachförderung/Früherkennung
Ausgehend von den oben genannten Fallzahlen könnte über eine Aufstockung der Kräfte, weitergehende Qualifizierung, verstärkte Einbindung der Kindertagesstätten und Grundschulen sowie eine enge Vernetzung mit den Diensten des FB Jugend und FB Gesundheitsdienste eine sehr gute Abdeckung der Sprachförderung, Früherkennung und Verbesserung der frühkindlichen Bildung erreicht werden mittels nachstehendem personellen und sachlichen Ansatz:
Aufstockung der bisherigen Stundenzahl an Sprachförderung von derzeit 97 auf insgesamt 275 Stunden/Woche (= 1/2 Std. pro Kind u. Woche bei 550 Kindern als Berechnungsgrundlage) durch zusätzliche Einstellung/Erweiterung der Arbeitszeit der jetzigen Kräfte.
Hierzu kann
1. zunächst die derzeitige Arbeitszeit der vorhandenen Sprachförderkräfte um insgesamt 11 Std./Woche (Herr Dohrmann 5 Std., Frau Helmers 6 Std.) erhöht werden. Die noch verbleibende Lücke von 178 Std. und der zusätzliche administrative Aufwand (Aufarbeitung/Verwaltung der Dokumentationen, Organisation von Fortbildungen u. Schulungen, Ansprechpartner im Landkreis, etc.) würde sinnvoll geschlossen durch
2. die Neueinstellung von zunächst drei weiteren Sprachförderkräften,
3. die Aufstockung der Arbeitszeit der zugehörigen Verwaltungskraft, Frau Schulze, um 5 St. /Woche sowie
4. eine deutlich erhöhte Investition in weitergehende Qualifizierung der MitabeiterInnen, Kita-Kräfte sowie die Bereitstellung entsprechender Materialien für die eigenen Kräfte und die Kitas.
Finanzielle Auswirkungen auf den Haushalt:
Orientiert an den aktuellen Buchungsbeträgen des FB Personal entständen folgende zusätzliche Kosten ohne Berücksichtigung der üblichen Sach-/Verwaltungsgemeinkosten:
- Aufstockung der Arbeitszeit der jetzigen Sprachförderkräfte um 11 Stunden/Woche ca. 25.000,00 €/p.a.
- Einstellung von drei Kräften Vollzeit ca. 110.000,00 €/p.a.
- Aufstockung der Arbeitszeit der Verwaltungskraft um 5 Stunden ca. 8.000,00 €/p.a.
- Qualifizierungsmaßnahmen/Fortbildungsangebote/Sprach-fördermaterialien ca. 50.000,00 €/p.a..
Mit dem Einsatz der vorstehenden Fachkräfte und Mittel lässt sich der Gesamtbedarf im Landkreis voraussichtlich nicht vollständig abdecken. Über den Ziel gerichteten Personal- und Mitteleinsatz wird jedoch mittelfristig die vollständige Abdeckung des Förderbedarfs erreicht werden können.
Der Gesamtbedarf für eine umfassende, die Fördermittel des Landes Niedersachsen ergänzende Sprachförderung sowie eine verbesserte Früherkennung und frühkindliche Bildung beläuft sich demnach gegenwärtig auf annähernd 200.000,00 €/Jahr.