Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Bericht über die aktuellen Entwicklungen in der Jugendhilfe zur Kenntnis
a. Fachberatung
Kindertagesstätten:
Die Fachberatung, Frau Daniela Krone, hat mittlerweile die Kontakte zu und die
Arbeit mit den Kindertagesstätten deutlich ausbauen können.
Allein durch ihre Qualifikation zur „Insoweit erfahrenen Fachkraft“ nach § 8a
SGB VIII im Bereich Kindeswohlgefährdung ist sie aufgrund sehr hoher Nachfrage
inzwischen mehrmals die Woche in den Einrichtungen unterwegs, um beratend tätig
zu werden. Darüber hinaus bildet sie die Kitas im Landkreis intensiv zum Thema
Kindeswohlgefährdung weiter, unterstützt durch ihre gute Zusammenarbeit mit dem
Land die Kommunen im Ausbau der Angebote. Sie erarbeitet – in enger Abstimmung
mit dem FSB - einen Gesamtbetreuungsbedarfsplan für den Bereich der
Altersgruppe 1-6 Jahre.
Hierzu findet in der Zeit vom 25.05. bis zu den Sommerferien die angekündigte
kreisweite Betreuungsbedarfsabfrage in den Gemeinden statt, die eine
belastbarere Planungsgrundlage für den Betreuungsbedarf und damit auch den
-ausbau geben soll.
Sämtliche Kommunen sind hierbei mit einbezogen worden, werden als Unterstützung
die entsprechende Datensätze liefern und nach Vorliegen der Ergebnisse im
Herbst selbstverständlich in die Ergebnisbewertung mit einbezogen.
Der Bedarfsplan soll dann in den Folgejahren regelmäßig fortgeschrieben werden.
Zur neuen pädagogischen Leitung der kirchlichen Kindertagesstätten in Nienburg
und Marklohe, Frau Göb, bestehen positive Kontakte, so dass sich für die
Zukunft die Zusammenarbeit in zahlreichen Themenbereichen noch verbessern wird.
b. Betreuungsausbau:
Der Betreuungsausbau in den Gemeinden wird intensiv vom FSB in der Antragstellung
begleitet. Es besteht ein guter Kontakt zum Land, sowohl im Bereich Tagespflege
als auch Krippenausbau. Zahlreiche Änderungsverfahren zu den Anträgen als
Reaktion auf die Entwicklung in den Gemeinden sind hierbei unterstützend zu
begleiten, laufen allerdings in der Praxis aus Sicht des Fachbereichs
problemfrei.
Die 20%-ige Beteiligung des Landkreises an den Investitionsmaßnahmen wird ab
Juni „in Schwung“ kommen, vorher kann dies aus personellen Gründen nicht
geleistet werden, da der Sachbearbeiter seinerzeit unmittelbar nach
Dienstantritt gleich wieder in den Zivildienst gegangen war und für die
Abarbeitung der Verfahren nicht zur Verfügung stand.
Bis Juni wird das FSB noch einmal die aktuelle Ausbauplanung der Kommunen und
die damit verbundenen investiven Maßnahmen im Rahmen der RIK abfragen und
zusammenstellen, um eine Planungsgrundlage für die Haushaltsmittel 2011 und
Folgejahre zu erhalten, damit nicht jährlich investive Mittel in das Folgejahr
übertragen werden müssen. Entscheidend für den endgültigen Mittelabfluss an die
Kommunen ist aber auch die jeweilige Spitzabrechnung durch Verwendungsnachweis
gegenüber dem Land und die Bestandskraft der Förderbescheide, die dann
letztlich die Basis für den Investitionszuschuss des Landkreises darstellen.
Zu rechnen ist mit zunehmenden Renovierungs- und Umbaumaßnahmen, aber auch
Schließungen, Verlegungen oder Zusammenlegungen ganzer Einrichtungen im Bereich
der bereits vorhandenen Regelplätze, da das Angebot neben der demografischen
Entwicklung auch dem regionalen Bedarf anzupassen sein wird.
Der Fachbereich wird sich hier durch intensive Ansprache der Gemeinden
informieren, um rechtzeitig für den Haushalt planen zu können.
Im Bereich der Tagespflege ist die Fallzahlentwicklung permanent steigend. Die
kreisweite Bedarfsanalyse wird sicherlich einen wesentlichen Beitrag für die
regionale und quantitative Aufstellung liefern und Grundlage für die weitere
Ausbauplanung darstellen.
c. Familienfreundlichkeit:
Das bisherige Konzept mit seinen Vorgaben und Zielsetzungen hat sich nach
Ansicht des Fachbereichs bewährt. Die Zusammenarbeit mit den Kommunen ist gut
und drückt sich in zahlreichen erfolgreichen gemeinsamen Aktivitäten (z.B.
Aktionswoche Tagespflege), aber auch täglichem unkomplizierten Austausch aus.
Schon heute sei im Hinblick auf den Haushalt 2011 darauf hingewiesen, dass nach
Auslauf des Förderprogramms „Familie mit Zukunft“ die gesamte Finanzierung der
Ausrichtung an der strategischen Zielsetzung Familienfreundlichkeit zu Lasten
des Kreishaushalts geht.
d. Jugendschutz
Der Fachdienst Jugendarbeit und Sport unter Herrn Borck hat in den vergangenen
Monaten die Aktivitäten im Jugendschutz deutlich erhöht.
„Bleifrei“-Aktionen in Stolzenau und Möhlenhalenbeck sind erfolgreich
angenommen worden und werden fortgeführt. In enger Abstimmung mit der Polizei
laufen Vorbereitungen im Hinblick auf Großveranstaltungen (Himmelfahrt,
Abi-Feten, Altstadtfest) in die auch die Kräfte des ASD mit einbezogen werden.
Weitere Themen sind Präventionswochen Sucht, Workshops „Alkohölle“ mit Schulen
und die Zusammenarbeit mit Präventionsräten in unterschiedlichen Gemeinden.
Die Beratung verschiedener Veranstalter von Großveranstaltungen gehört schon
heute zur Selbstverständlichkeit und wird regelmäßig begrüßt, teils sogar angefragt.
Weiter stehen auf der Agenda die Abstimmung des Jugendschutzes mit
Nachbarlandkreisen und die Verbesserung der Abstimmung mit den Gemeinden im
Bereich der Gestattungen nach dem Gaststättengesetz.
Insgesamt unterliegt das Konzept Jugendschutz der Überarbeitung und wird
voraussichtlich noch in diesem Jahr dem Ausschuss vorgestellt werden.
e. Hilfen zur Erziehung (HzE):
Die Tendenz der Vorjahre setzt sich fort. Derzeit werden über die
Wirtschaftliche Jugendhilfe rund 960 Zahlfälle bearbeitet. Allein die Zahl der
größeren Fachteamsitzungen, in denen über Art und Umfang der
(kostenintensiveren) Hilfen zu entscheiden war, ist von 2008 mit 74 auf 110 in
2009 gestiegen.
Erhöhte Fallzahlen sind zu verzeichnen bei der gemeinsamen Unterbringung von
Müttern und Vätern mit ihren Kindern. Hier macht sich wieder einmal der im
Vergleich zu anderen Kreisen überproportionale Anteil Alleinerziehender
bemerkbar. Hierzu wurde im Rahmen der Kooperationsvereinbarung mit der ARGE
vereinbart, ein besonderes Projekt für diese Zielgruppe zu erarbeiten, das den
zumeist jungen Müttern eine Perspektive hinsichtlich der Teilhabe am
Arbeitsmarkt und damit auch am gesellschaftlichen Leben eröffnen soll. Insbesondere
darauf abgestellte Betreuungs- und Unterstützungsangebote werden hierfür zu
erarbeiten sein.
Auch die Fallzahlen der stationären Unterbringung in Heimen und die Hilfen an
junge Volljährige sind gestiegen. Die Ursachen – insbesondere zur stationären
Unterbringung – sind in den vorangegangenen Berichten bereits dargestellt
worden.
Sowohl der ASD als auch der PKD arbeiten derzeit intensiv im Rahmen einer
Geschäftsprozessoptimierung, begleitet durch die Firma GEBIT, Münster.
Im Fokus hierbei sind die Verfahrensabläufe der Gewährung der HzE im Jugendamt
und die Erarbeitung und Vereinbarung gemeinsamer Fachstandards. Daran
anschließen wird sich die statistische Aufbereitung der Fachdaten und die
regelmäßige Auswertung der Fachdaten, um über den Verlauf und die Entwicklung
der Hilfen eine Grundlage für Planung und Controlling zu bekommen.
Projektverantwortlich ist hierfür die Controllerin, Frau Valeria Niessen, ASD,
die die Ergebnisse gemeinsam mit den beteiligten Diensten und der GEBIT im
Herbst vorstellen wird.
Ein weiteres Projekt im Rahmen der IBN ist die Erarbeitung standardisierter
Empfehlungen zu § 35a SGB VIII (seelische Behinderung). Hierzu haben sich neun
Jugendämter in Niedersachsen zusammengeschlossen, um im Rahmen der gesetzlichen
Parameter von der Falleingangssteuerung bis hin zur Feststellung der
Teilhabebeeinträchtigung und der Hilfeplanung Empfehlungen zu erarbeiten, die
dann nach Erprobung in den beteiligten Jugendämtern den übrigen Jugendämtern
der IBN zur Verfügung gestellt werden sollen.
Dieses Projekt wird von Frau Dehmel und für die Zukunft auch von Frau Tannahill
als der neuen Leitung des Fachdienstes Beratungsstellen begleitet. Die
Ergebnisse werden voraussichtlich im Rahmen eines landesweiten Fachtages im
Juni 2011 vorgestellt. Entsprechende Informationen werden rechtzeitig erfolgen.
Die in der jüngeren Vergangenheit verstärkte mediale Berichterstattung über die
Arbeitsweise der Jugendämter zieht sich mittlerweile hin bis auf
unterschiedliche Websites im Internet.
Die steigende Anzahl von Inobhutnahmen – auch durch das Nienburger Jugendamt – wird
in Einzelfällen stark kritisiert und sich über entweder zu restriktive und zu
übervorsichtige oder zu zögerlich handelnde Akteure der Sozialarbeit beschwert.
Dies geht hin bis zu konkreten Auseinandersetzungen mit Anwälten, die im
Auftrag ihrer Mandanten die Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit
jugendamtlichen Handelns in Frage stellen. Dies bindet immense administrative
Kapazitäten und verschafft den Dokumentationen im Fallkontext eine völlig neue
Dimension, die nicht nur zeitlich, sondern auch psychisch zu weiteren
Belastungen führt. Anhängig sind bzw. waren in diesem Jahr bereits drei
Vorgänge, die in einem der Fälle z. B. als Strafverfahren gegen den
Sachbearbeiter mit dem Vorwurf der Kindesentziehung, in den anderen Fällen mit
dem Thema Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit geführt werden.
Das Bild der Öffentlichkeit, das sich zunehmend wandelt hin zur Annahme, dass
von der Einrichtung Jugendamt eine „Gefahr“ ausgeht und sich von diesem abwendet
als einer Einrichtung, die im Falle der Hilfsbedürftigkeit mit Beratung,
Unterstützung und konkreten Hilfen bereitsteht, erschwert immer mehr den Zugang
zu den Familien und damit den Einsatz und die Wirkung von Hilfen. Dem tritt der
Fachbereich 36 mit zahlreichen positiven öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten
des FSB, der Kita-Fachberatung, der Beratungsstellen und einer vermehrten
Pressearbeit entgegen.
Daneben haben auch Problemfälle wie z.B. Zwangsheiten/Zwangsehen den Landkreis
nicht verschont. Der Umgang und der Zugang mit/zu Eltern und deren Kindern gestaltet
sich aufgrund der kulturellen Unterschiede, aber auch des hohen Gefahrenpotentials
(im Vorfeld stehen oftmals innerfamiliäre Straftaten, wie z.B. schwere
Körperverletzung, Freiheitsberaubung) sehr schwierig. Bereits zwei junge Frauen
waren in einer Schutzstelle vorübergehend unterzubringen und durch intensive
Elternarbeit in Verbindung mit Sprach- und Integrationslotsen zu begleiten, um
die Rückführung in die Familie zu ermöglichen. Eine enge Kooperation mit der
Polizei geht damit zwangsläufig einher.
Allein die zeitlichen Kapazitäten, die ein solcher Fall bindet, sprengen jedes
bisher gewohnte Maß der Arbeit mit und in Familien.
Über die Auswirkungen der Reformen des familiengerichtlichen Verfahrens, die
das Jugendamt seit September 2009 in zahlreichen Bereichen zu spüren bekommt,
wird in einer der nächsten Sitzungen berichtet werden.
Ebenso zu den Erkenntnissen/Notwendigkeiten, die sich aus dem seit dem
01.04.2010 geltenden Niedersächsischen Kinderschutzgesetz ergeben.
Für beide Bereiche liegen noch nicht ausreichend belastbare Daten und
Erfahrungen vor.