Betreff
Fortentwicklung der E.ON Avacon AG
Vorlage
2013/014
Aktenzeichen
131-44 80
Art
Beschlussvorlage

1.    Dem Grundsatzbeschluss über die regionale Integration des Hochspannungsnetzes der E.ON Netz GmbH wird zugestimmt.

2.    Der Abspaltung des Vertriebsgeschäfts der E.ON Avacon AG auf eine zusammengeführte, deutschlandweit tätige Vertriebsgesellschaft nach der „1-stufigen Variante (steueroptimiert)“ (nicht-verhältniswahrende Abspaltung) wird zugestimmt. Für den Fall fehlender Einstimmigkeit aller Aktionäre wird auch einer Abspaltung nach der „2-stufigen Variante“ (verhältniswahrende Abspaltung) zugestimmt.

3.    Unabhängig vom Umsetzungsweg beteiligt sich der Landkreis Nienburg/Weser n i c h t  an der Zwischenholding Vertrieb, sondern erhöht ihre Beteiligung an der E.ON Avacon AG um den entsprechenden Wert, ggf. indem nachträglich ein „Tausch Vertrieb gegen Netz“ erfolgt.

4.    Herr Landrat Kohlmeier wird zum Vertreter des Landkreises Nienburg/Weser in der Hauptversammlung gewählt. Er wird angewiesen, die Stimmrechte in der Hauptversammlung der E.ON Avacon AG entsprechend auszuüben und alle für die Umsetzung der Abspaltung erforderlichen oder zweckmäßigen Maßnahmen zu veranlassen, insbesondere auf eine zusätzliche Spaltungsprüfung und auf Rechtsmittel (z.B. Anfechtungsklagen, Spruchverfahren) gegen den Abspaltungsbeschluss oder das Umtauschverhältnis sowie auf die Geltendmachung anderer Leistungen als der beschriebenen im Zusammenhang mit der Abspaltung zu verzichten.


Sachverhalt

Der Landkreis Nienburg/Weser ist mit einem Stammkapital von 1.922.332 EUR

(0,65 %) an der E.ON Avacon AG beteiligt. Diese plant aufgrund der nachstehenden Erläuterungen Umstrukturierungsmaßnahmen:

Die Energieindustrie befindet sich im größten Umbruch ihrer Geschichte – hin zu mehr Dezentralität und Nachhaltigkeit. Im Jahr 2030 werden voraussichtlich ca. 40% der Strommenge dezentral erzeugt. 2010 betrug dieser Anteil noch 15%. Im Gegensatz zum klassischen Kraftwerks- und Vertriebsgeschäft gibt es in den Bereichen „Netz“ und „dezentrale Erzeugung“ Wachstumschancen, verbunden mit der Möglichkeit, die Energiewende vor Ort zu gestalten.

Das Netz mit seinen stabilen Wachstumsaussichten soll daher strategischer Kern der E.ON Avacon bleiben. Die Gesellschaft wird sich künftig auf die Geschäftsbereiche Netz und dezentrale Erzeugung konzentrieren und ihre Geschäftsaktivitäten in diesen Bereichen ausbauen. Darüber hinaus soll sie perspektivisch das in ihrem Gebiet liegende Hochspannungsnetz der E.ON Netz GmbH übernehmen.

Die Bundesnetzagentur fordert unter Berufung auf die gesetzlichen Entflechtungsvorgaben eine klare Trennung des Vertriebsgeschäfts vom Netzgeschäft. Vertreter der Aktionäre der E.ON Avacon AG haben vor diesem Hintergrund Gespräche geführt und eine Abspaltung des Vertriebsgeschäfts, d.h. der E.ON Avacon Vertrieb GmbH und der Beteiligung an der E.ON Vertrieb Deutschland GmbH, als geeignete Lösung identifiziert.

Daneben erfordern geänderte Marktbedingungen weitere Strukturanpassungen. Das Vertriebsgeschäft ist geprägt durch anhaltend scharfen Wettbewerb und einen starken Preis- und Kostendruck. Die Anzahl unabhängiger Strom- und Gasanbieter hat sich in den letzten Jahren annähernd verdoppelt bzw. verdreifacht. Vergleichsportale schaffen hohe Markttransparenz, wodurch die Wechselbereitschaft gefördert wird. Zugleich stagniert die Gesamtnachfrage wegen des zunehmenden Anteils an Selbstversorgern, wachsender Energieeffizienz und des demographischen Wandels. E.ON Avacon Vertrieb hat aufgrund dieser Entwicklungen seit 2008 deutliche Kundenverluste zu verzeichnen. Auch die von der E.ON Avacon bei Industriekunden abgesetzten Strom- und Gasmengen sind seit 2008 nennenswert zurückgegangen und für die kommenden Jahre wird bestenfalls eine Stabilisierung erwartet. Unter diesen externen Einflüssen ist die heutige regionale Aufstellung des E.ON Avacon Vertriebs nicht dauerhaft wettbewerbsfähig.

Die E.ON Avacon AG reagiert darauf, indem sie – wie andere Regionalversorgungsunternehmen des E.ON-Konzerns auch – beabsichtigt, ihr Vertriebsgeschäft auf eine zusammengeführte, deutschlandweit tätige Vertriebsgesellschaft abzuspalten. Durch die Zusammenführung kommt es zu einer effektiveren Steuerung des Vertriebsgeschäfts und es können Sach- und Personalkosten gesenkt werden.

E.ON hat in diesem Zusammenhang allen kommunalen Aktionären der E.ON Avacon angeboten, ihre Beteiligung am Vertriebsgeschäft (d.h. der Zwischenholding Vertrieb) gegen zusätzliche, wertgleiche Anteile an der E.ON Avacon zu tauschen. Dadurch sollen alle kommunalen Aktionäre die Möglichkeit erhalten, ihr unternehmerisches Engagement entsprechend ihrem Risiko-Rendite-Profil zu gestalten.


Die beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften KPMG und BDO werden in Form sog. Fairness Opinions bestätigen, dass die zugrunde gelegte Bewertung mit dem darauf abgestimmten Besserungsschein zu einem angemessenen Umtauschverhältnis für die Aktionäre der E.ON Avacon führt und die Transaktion deshalb für alle Beteiligten fair im Sinne der einschlägigen Grundsätze des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW S 8) ist. Aufgrund dessen ist geplant, dass sämtliche Aktionäre auf eine zusätzliche (kostenintensive) Spaltungsprüfung durch einen gerichtlich bestellten Spaltungsprüfer, also eine dritte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verzichten. Diese Verzichtsmöglichkeit sieht das Umwandlungsgesetz ausdrücklich vor. Vor dem Hintergrund der erzielten Einigung sollen sämtliche Aktionäre darüber hinaus auf Rechtsmittel (z.B. Anfechtungsklagen, Spruchverfahren) gegen den Abspaltungsbeschluss oder das Umtauschverhältnis sowie auf die Geltendmachung anderer Leistungen als der vorstehend beschriebenen im Zusammenhang mit der Abspaltung verzichten. Dies dient einer beschleunigten und reibungslosen Umsetzung der Abspaltung und soll die Gleichbehandlung der Aktionäre sicherstellen.

Die Abspaltung soll im Wege der sog. „1-stufigen Variante (steueroptimiert)“ erfolgen. Prozedural bedeutet dies, dass den kommunalen Aktionären, die sich für eine Erhöhung ihrer Beteiligung an E.ON Avacon entscheiden, bereits im Rahmen der Abspaltung entsprechende E.ON Avacon-Aktien aus dem Bestand der E.ON zugeteilt werden (Gleichzeitigkeit). Damit wird eine Steuerbelastung der Aktionäre aus Realisierung stiller Reserven – vorbehaltlich einer positiven und derzeit laufenden Vorabstimmung mit der Finanzverwaltung – soweit wie möglich vermieden. Die vorstehend dargestellte, jedem Aktionär individuell angebotene Wahlmöglichkeit „Tausch Vertrieb gegen Netz“ bzw. „Verbleib in der zusammengeführten Vertriebsgesellschaft“ ist davon unberührt. Unabdingbare Voraussetzung für dieses Verfahren ist allerdings, dass ausnahmslos alle kommunalen Aktionäre diesem Verfahren zustimmen. Sollte eine solche einstimmige Mitwirkung aller Aktionäre nicht erfolgen, kann die Abspaltung nur als sog. „2-stufige Variante“ erfolgen: Im ersten Schritt werden zunächst alle kommunalen Aktionäre an der Vertriebsgesellschaft entsprechend ihrer Beteiligungsquote an der E.ON Avacon beteiligt. Erst im darauffolgenden, zweiten Schritt würden gemäß individuellem Wahlrecht die tauschwilligen Aktionäre ihre Vertriebsanteile in E.ON Avacon-Aktien tauschen und nicht-tauschwillige Anteilseigner in der zusammengeführten Vertriebsgesellschaft verbleiben. Dieser Umsetzungsweg ist jedoch in jedem Falle – und auch unabhängig von der notwendigen und derzeit laufenden Vorabstimmung mit der Finanzverwaltung – steuerlich nachteilig.

 


Anlagen:

 

·         Zusammenfassende Darstellung der Strukturmaßnahmen