Beschlussvorschlag:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zum Sozialhilfemissbrauch zur Kenntnis.
Immer wieder wird in der
Öffentlichkeit über Missbrauch in der Sozialhilfe diskutiert. Darum will die
Verwaltung hiermit eine Stellungnahme dazu abgeben.
1.
Ausgangslage
Denkbar sind folgende Missbrauchstatbestände, an denen die Verwaltung auch
arbeitet:
a) Verschweigen von Vermögen
Sozialhilfeempfänger/innen haben bei Antragstellung zu unterschreiben, über
welche Konten sie verfügen. Außerdem haben sie Kontobescheinigungen und bei
Bedarf auch Kontoauszüge, Sparbücher usw. vorzulegen. Darüber hinaus wird in
vierteljährlichen Abständen ein Datenabgleich über evtl. bestehende
Freistellungsaufträge durchgeführt. Im Einzelfall haben die Finanzämter
Auskünfte über Vermögen und Erbschaften zu geben. Auch mit unserem Straßenverkehrsamt
wird zur Halterfeststellung bei Kraftfahrzeugen ein regelmäßiger Datenabgleich
durchgeführt.
b) Verschweigen von Erwerbseinkommen
Lohnabrechnungen sind vorzulegen. In vierteljährlichen Abständen wird ein
automatisierter Datenabgleich durchgeführt, in dem Sozialhilfebezug und
gleichzeitige versicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigung
festgestellt wird. Auch hier haben die Finanzämter im Einzelfall Auskünfte zu
erteilen.
Schwarzarbeit ist schwer nachzuweisen. Zuständig hierfür sind die
Hauptzollämter, das Arbeitsamt, die Krankenkassen und auch der Kreis mit seinem
Ermittler. Die Polizei kann mit einer Strafanzeige eingeschaltet werden.
Durch konsequente Aufforderung zur gemeinnützigen Tätigkeit wird versucht,
Schwarzarbeit unmöglich zu machen oder zumindest sehr zu erschweren. Die Folge
der Ablehnung einer gemeinnützigen Tätigkeit ist die Kürzung bzw. Einstellung
der Sozialhilfezahlung. Das hat einen deutlichen Sortierungseffekt zwischen
denen, die - aus welchen Gründen auch immer - nicht arbeiten wollen und denen,
die wollen, aber erst (wieder) an die Arbeit herangeführt werden müssen.
Darüber hinaus hat die Aufforderung zur gemeinnützigen Tätigkeit abschreckende
Wirkung, Sozialhilfe wird gar nicht erst in Anspruch genommen.
c) Verschweigen von sonstigem Einkommen
Bei Antragstellung sind bei Bedarf Kontoauszüge vorzulegen. Ein
vierteljährlicher automatisierter Datenabgleich gibt Auskünfte über
gleichzeitigen Bezug bei der Bundesanstalt für Arbeit, den Renten- und
Unfallversicherungsträgern. Außerdem gilt auch hier, dass die Finanzämter im
Einzelfall Auskunft geben müssen.
d) Verschweigen einer eheähnlichen Gemeinschaft
Eheähnliche Gemeinschaften sind schwer nachzuweisen. Um diese
festzustellen, werden Hausbesuche gemacht, ggf. langwierige und schwierige
Gespräche geführt und eine besonders sorgfältige Überprüfung der im Antrag
gemachten Angaben und der vorgelegten Unterlagen vorgenommen. Im Extremfall
wird die Polizei mit einer Strafanzeige eingeschaltet, die dann mehr
Möglichkeiten bei der Ermittlung hat.
e) Mehrfachbezug von Sozialhilfe
Die Anträge der Sozialhilfeantragsteller/innen müssen von den Gemeinden mit
Stellungnahmen versehen werden, im Bereich der Stadt Nienburg/Weser müssen
Personalausweise vorgelegt werden. Ein vierteljährlicher automatisierter
Datenabgleich mit anderen Sozialhilfeträgern erfolgt.
f) Manipulation bei einmaligen Beihilfen für Hausrat usw.
Vor der Bewilligung von Hausratsgegenständen, von Renovierungsmaterial usw.
werden Hausbesuche durch die Sachbearbeiter/innen durchgeführt. Es werden
insgesamt ca. 1.200 Hausbesuche jährlich durchgeführt. Die Hausbesuche werden
von den Sachbearbeiter/innen durchgeführt, um einen ganzheitlichen
Arbeitsansatz zu erreichen.
2.
Weitere Möglichkeiten
Mit diesen Möglichkeiten wird schon einiges erreicht. Trotzdem ist eine
Verbesserung möglich und auch wünschenswert. Dieses ist jedoch ohne
zusätzliches Personal nicht umzusetzen. Denkbar ist Folgendes:
a) Hausbesuche zur Bedarfsermittlung intensivieren, auch bei Neuanträgen
Das ist mit Bedarfsermittler/innen oder verminderter Fallzahl pro
Sachbearbeiter/in möglich.
b) Hausbesuche zur Prüfung von eheähnlichen Gemeinschaften intensivieren
Das ist ebenfalls mit Bedarfsermittler/innen oder verminderter Fallzahl pro
Sachbearbeiter/in möglich.
c) Eingangsprüfungen bei Neuanträgen verbessern
Auch hierzu muss die Fallzahl vermindert werden oder Aufgaben wie
Bedarfsermittlung abgegeben werden.
d) Regelmäßige Überprüfung aller bereits bestehenden Hilfefälle in bestimmten
Zeitabständen
Auch hierzu muss eine Entlastung der Sachbearbeiter/innen erfolgen.
e) Ausbau der Möglichkeiten zur Beschäftigung im Rahmen der Hilfe zur Arbeit
Die Beschäftigungsmöglichkeit im Möbellager kann professionalisiert - z. B.
durch Gründung einer Beschäftigungsgesellschaft - und ausgebaut werden, damit
jede/r Antragsteller/in sofort eine Arbeitsangebot erhalten kann.
f) Auswegberatung verbessern
Die Auswegberatung ist zurzeit mit Verwaltungskräften besetzt, erforderlich
sind Sozialarbeiter/innen.
g) Fallmanagement
Fallmanager/innen müssen zusätzlich zu den vorhandenen Kräften eingesetzt
werden. Über die genannten Möglichkeiten muss diskutiert werden. Ein Konzept
muss erstellt werden. In der Vergangenheit konnten Vorschläge des Fachamtes zur
Bedarfsermittlung oder zur Fallreduzierung (Team 100) wegen der Personalkosten
nicht umgesetzt werden.
Der Zeitpunkt ist jedoch für alle denkbaren Modelle ungünstig. Es sollte
abgewartet werden, wie die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe
geregelt wird.
3.
Bemerkungen
Verdeckte/heimliche Beobachtungen dürfen nicht durchgeführt werden. Das ist nur
in Einzelfällen über Strafanzeigen bei der Polizei bei Schwarzarbeit und
eheähnlichen Gemeinschaften möglich.
Das Ergebnis einer Untersuchung im Landkreis Ravensburg hat ergeben, dass 1,3 %
der Gesamtausgaben missbräuchlich in Anspruch genommen worden sind. Im Jahr
2002 haben wir ca. 15,4 Mio. € Hilfe zum Lebensunterhalt gezahlt. 1,3 %
wären für uns dann 200.000,00 €. Hinzu kommen Einsparungen durch Abschreckung.