Betreff
Missbrauch in der Sozialhilfe
Vorlage
2004/SGA/002
Aktenzeichen
50-412-06
Art
Ausschuss für Soziales und Gesundheit

Beschlussvorschlag:

 

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zum Sozialhilfemissbrauch zur Kenntnis.

 

 


Immer wieder wird in der Öffentlichkeit über Missbrauch in der Sozialhilfe diskutiert. Darum will die Verwaltung hiermit eine Stellungnahme dazu abgeben.

1.         Ausgangslage

Denkbar sind folgende Missbrauchstatbestände, an denen die Verwaltung auch arbeitet:
  
a) Verschweigen von Vermögen
Sozialhilfeempfänger/innen haben bei Antragstellung zu unterschreiben, über welche Konten sie verfügen. Außerdem haben sie Kontobescheinigungen und bei Bedarf auch Kontoauszüge, Sparbücher usw. vorzulegen. Darüber hinaus wird in vierteljährlichen Abständen ein Datenabgleich über evtl. bestehende Freistellungsaufträge durchgeführt. Im Einzelfall haben die Finanzämter Auskünfte über Vermögen und Erbschaften zu geben. Auch mit unserem Straßenverkehrsamt wird zur Halterfeststellung bei Kraftfahrzeugen ein regelmäßiger Datenabgleich durchgeführt.

b) Verschweigen von Erwerbseinkommen
Lohnabrechnungen sind vorzulegen. In vierteljährlichen Abständen wird ein automatisierter Datenabgleich durchgeführt, in dem Sozialhilfebezug und gleichzeitige versicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigung festgestellt wird. Auch hier haben die Finanzämter im Einzelfall Auskünfte zu erteilen.

Schwarzarbeit ist schwer nachzuweisen. Zuständig hierfür sind die Hauptzollämter, das Arbeitsamt, die Krankenkassen und auch der Kreis mit seinem Ermittler. Die Polizei kann mit einer Strafanzeige eingeschaltet werden.

Durch konsequente Aufforderung zur gemeinnützigen Tätigkeit wird versucht, Schwarzarbeit unmöglich zu machen oder zumindest sehr zu erschweren. Die Folge der Ablehnung einer gemeinnützigen Tätigkeit ist die Kürzung bzw. Einstellung der Sozialhilfezahlung. Das hat einen deutlichen Sortierungseffekt zwischen denen, die - aus welchen Gründen auch immer - nicht arbeiten wollen und denen, die wollen, aber erst (wieder) an die Arbeit herangeführt werden müssen. Darüber hinaus hat die Aufforderung zur gemeinnützigen Tätigkeit abschreckende Wirkung, Sozialhilfe wird gar nicht erst in Anspruch genommen.

c) Verschweigen von sonstigem Einkommen
Bei Antragstellung sind bei Bedarf Kontoauszüge vorzulegen. Ein vierteljährlicher automatisierter Datenabgleich gibt Auskünfte über gleichzeitigen Bezug bei der Bundesanstalt für Arbeit, den Renten- und Unfallversicherungsträgern. Außerdem gilt auch hier, dass die Finanzämter im Einzelfall Auskunft geben müssen.

d) Verschweigen einer eheähnlichen Gemeinschaft
Eheähnliche Gemeinschaften sind schwer nachzuweisen. Um diese festzustellen, werden Hausbesuche gemacht, ggf. langwierige und schwierige Gespräche geführt und eine besonders sorgfältige Überprüfung der im Antrag gemachten Angaben und der vorgelegten Unterlagen vorgenommen. Im Extremfall wird die Polizei mit einer Strafanzeige eingeschaltet, die dann mehr Möglichkeiten bei der Ermittlung hat.

e) Mehrfachbezug von Sozialhilfe
Die Anträge der Sozialhilfeantragsteller/innen müssen von den Gemeinden mit Stellungnahmen versehen werden, im Bereich der Stadt Nienburg/Weser müssen Personalausweise vorgelegt werden. Ein vierteljährlicher automatisierter Datenabgleich mit anderen Sozialhilfeträgern erfolgt.

f) Manipulation bei einmaligen Beihilfen für Hausrat usw.
Vor der Bewilligung von Hausratsgegenständen, von Renovierungsmaterial usw. werden Hausbesuche durch die Sachbearbeiter/innen durchgeführt. Es werden insgesamt ca. 1.200 Hausbesuche jährlich durchgeführt. Die Hausbesuche werden von den Sachbearbeiter/innen durchgeführt, um einen ganzheitlichen Arbeitsansatz zu erreichen.


2.         Weitere Möglichkeiten

Mit diesen Möglichkeiten wird schon einiges erreicht. Trotzdem ist eine Verbesserung möglich und auch wünschenswert. Dieses ist jedoch ohne zusätzliches Personal nicht umzusetzen. Denkbar ist Folgendes:

a) Hausbesuche zur Bedarfsermittlung intensivieren, auch bei Neuanträgen

Das ist mit Bedarfsermittler/innen oder verminderter Fallzahl pro Sachbearbeiter/in möglich.
 
b) Hausbesuche zur Prüfung von eheähnlichen Gemeinschaften intensivieren

Das ist ebenfalls mit Bedarfsermittler/innen oder verminderter Fallzahl pro Sachbearbeiter/in möglich.

c) Eingangsprüfungen bei Neuanträgen verbessern

Auch hierzu muss die Fallzahl vermindert werden oder Aufgaben wie Bedarfsermittlung abgegeben werden.

d) Regelmäßige Überprüfung aller bereits bestehenden Hilfefälle in bestimmten Zeitabständen

Auch hierzu muss eine Entlastung der Sachbearbeiter/innen erfolgen.

e) Ausbau der Möglichkeiten zur Beschäftigung im Rahmen der Hilfe zur Arbeit

Die Beschäftigungsmöglichkeit im Möbellager kann professionalisiert - z. B. durch Gründung einer Beschäftigungsgesellschaft - und ausgebaut werden, damit jede/r Antragsteller/in sofort eine Arbeitsangebot erhalten kann.

f) Auswegberatung verbessern

Die Auswegberatung ist zurzeit mit Verwaltungskräften besetzt, erforderlich sind Sozialarbeiter/innen.

g) Fallmanagement

Fallmanager/innen müssen zusätzlich zu den vorhandenen Kräften eingesetzt werden. Über die genannten Möglichkeiten muss diskutiert werden. Ein Konzept muss erstellt werden. In der Vergangenheit konnten Vorschläge des Fachamtes zur Bedarfsermittlung oder zur Fallreduzierung (Team 100) wegen der Personalkosten nicht umgesetzt werden.

Der Zeitpunkt ist jedoch für alle denkbaren Modelle ungünstig. Es sollte abgewartet werden, wie die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe geregelt wird.


3.         Bemerkungen

Verdeckte/heimliche Beobachtungen dürfen nicht durchgeführt werden. Das ist nur in Einzelfällen über Strafanzeigen bei der Polizei bei Schwarzarbeit und eheähnlichen Gemeinschaften möglich.

Das Ergebnis einer Untersuchung im Landkreis Ravensburg hat ergeben, dass 1,3 % der Gesamtausgaben missbräuchlich in Anspruch genommen worden sind. Im Jahr 2002 haben wir ca. 15,4 Mio. € Hilfe zum Lebensunterhalt gezahlt. 1,3 % wären für uns dann 200.000,00 €. Hinzu kommen Einsparungen durch Abschreckung.