Betreff
Maßnahmen erster Priorität für die Verwendung der Regionalisierungsmittel
37. Ergänzung (Mai 2014)
Vorlage
2014/084
Aktenzeichen
62.22.361
Art
Beschlussvorlage
Referenzvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Die Liste von Maßnahmen erster Priorität soll um

 

Maßnahme 307        Erweiterung des GVH-Tarifes - Einführung des GVH-Monatskartentarifes  für die Bahnhöfe Eystrup und Leese mit einem Kostenrahmen von 52.370 €

erweitert werden.

 

Damit tritt der Landkreis Nienburg / Weser der Erweiterung des GVH Bartarifes zunächst nicht bei.


Sachverhalt

Maßnahme 307

In den vergangenen Jahren haben die Verflechtungen zwischen der Region Hannover und den benachbarten Kreisen zugenommen. Dies findet auch seinen Ausdruck in stärkeren Verkehrsströmen zwischen der Region Hannover und den sog. Kreisen des 2. Ringes. Nachdem bereits vor einigen Jahren im Bereich der Zeitkarten ein Regionaltarif in allen Kreisen des 2. Ringes eingeführt werden konnte (GVH-Mobil-Card für die Außenringe mit den Tarifzonen R5, R6 und R7), liegt es nahe, nun auch einen Regionaltarif für Fahrkarten im Barverkauf einzuführen (Tickets).

Im Landkreis Nienburg/Weser gilt die GVH-Mobil-Card R7 nur für die Bahnhöfe Linsburg und Nienburg. Im Zuge der Erweiterung ist grundsätzlich nicht nur die Einführung des GVH-Tarifs für Tickets denkbar (Barverkauf), sondern auch die Integration der Bahnhöfe Eystrup und Leese sowohl für Cards als auch für Tickets.

In der Drucksache 2014/013 wurde bereits über Ticketarten und -preise, die zahlreichen Vorteile und wenigen Nachteile (für BahnCard-Kunden) der GVH-Tickets ebenso informiert wie über die Mindererlöse, die den Verkehrsunternehmen entstehen und diesen von den zuständigen Aufgabenträgern (Region Hannover und umliegende Landkreise) auszugleichen sind. Ferner entstehen den Verkehrsunternehmen durch das neue Angebot zusätzliche Vertriebskosten, für die ebenfalls ein Ausgleich erfolgen muss. Im Laufe der Verhandlungen hat sich für den Landkreis Nienburg/Weser folgender, jährlicher Zuschussbedarf ergeben:

1.

Einführung des GVH – Tarifs im Barverkauf (Tickets) auf der Strecke Nienburg – Linsburg – Hannover

174.286 €

2.

Integration der Bahnhöfe Eystrup und Leese

für Tickets

für Cards

 

52.045 €

52.370 €

3.

1. und 2. Zusammen

278.700 €

 

Die oben dargestellten Zuschüsse kann der Landkreis Nienburg/Weser grundsätzlich aus Regionalisierungsmitteln, d.h. Mitteln, die er von der Landes-Nahverkehrsgesellschaft für Maßnahmen zur Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs erhält, finanzieren. Die Höhe dieser Mittel (ca. 548.000 € jährlich) ist allerdings beschränkt, sodass dann zukünftig rund ein Drittel (nur 1.) bzw. rund die Hälfte (3.) dieser Mittel für die Maßnahme „Erweiterung des GVH-Tarifs“ gebunden wäre. Dies hätte zur Folge, dass andere Maßnahmen zur Verbesserung des ÖPNV, wie z.B. der Ausbau von Haltestellen, die Bezuschussung von Sonderfahrten und anderen zusätzlichen Fahrtangeboten etc. nicht mehr im bisherigen Umfang gefördert werden können. Zudem müssten die o.g. Zuschüsse zum GVH-Tarif dauerhaft gezahlt werden, weil ein Abschmelzen der Zuschüsse nicht vorgesehen ist.

 

Die Einführung des GVH – Tarifs im Barverkauf (Tickets) auf der Strecke Nienburg – Linsburg – Hannover ist vor allem für Gelegenheitsfahrer, bzw. Freizeitfahrer interessant. Pendler, die regelmäßig zur Arbeit oder zur Ausbildung nach Hannover fahren, nutzen eine MobilCard, die auch schon heute erhältlich ist. Die Integration des Bahnhofs Eystrup hätte Vorteile für alle Nutzer, wenn sowohl der Zeitkartentarif als auch der Bartarif eingeführt würde. Im Vergleich muss jedoch festgestellt werden, dass ein Großteil der kreisweiten Nachfrage nach Fahrten in Richtung Hannover über die Bahnhöfe Nienburg und Linsburg abgewickelt wird. Zudem erscheint der Zuschuss für die Integration der Bahnhöfe Eystrup und Leese angesichts der geringen Zahl von Fahrgästen sehr hoch. Insbesondere für den Bahnhof Leese kann davon ausgegangen werden, dass die Erweiterung des Tarifs irrelevant ist und keine nennenswerte Nachfragesteigerung induzieren wird. Für Nr. 2 ist daher zu erwarten, dass sich hier ein sehr viel ungünstigeres Verhältnis von Zuschusskosten zur Nachfrage ergibt als für Nr. 1.

An dieser Stelle ist zu bedenken, dass die vorgenannten Regionalisierungsmittel zur Sicherung der Daseinsvorsorge an die Landkreise als Aufgabenträger für den straßengebundenen ÖPNV ausgereicht werden. Das Land Niedersachsen ist für den schienengebundenen ÖPNV zuständig und greift hier „schon tief in seine Taschen“, um attraktive und kostengünstige Tarife anbieten zu können, z.B. in Form Niedersachsenticket oder durch die  Bereitstellung   des Wagenmaterials der Bahnen. Man kann festhalten, dass durch diese Maßnahmen eine Zugfahrt von Nienburg nach Hannover schon heute zumindest ebenso günstig ist wie, in einigen Fällen sogar kostengünstiger ist als eine entsprechende Fahrt im privaten PKW. Berechnungsgrundlage: ADAC Kostentabellen. Hiernach erreichen nur wenige Kleinwagen Kosten unter 30 Cent/KM. Das ergibt bei einer Fahrtstrecke von 100 KM Kosten i.H.v. 30.- €. Dem gegenübergestellt Kosten i.H.v. 22.- € für die Rückfahrkarte Nienburg Hannover im Niedersachsentarif (hier bleiben noch 8 €  für Anschlusstickets), bzw. 22.- € für ein Niedersachsenticket, mit dem man nach 09:00 Uhr  freie Fahrt im Regionalverkehr in ganz Niedersachsen sowie in den größeren Städten wie Hannover, Bremen Hamburg,…, hat. Die Aufgabe der Sicherstellung der Daseinsvorsorge ist aus  Sicht der Verwaltung damit gut erfüllt. Der GVH-Tarif käme nun „on Top“ und würde die Fahrtkosten für Gelegenheits- und Freizeitfahrer nach Hannover noch weiter verbilligen.

Dieser Sachverhalt stellt sich in dieser Form nicht für die in obiger Tabelle unter der Nr.2 aufgeführten Kosten für die „Pendlercards“ in Höhe von 52.370 € dar. Einerseits gibt es dieses Angebot bereits für Pendler, die in Nienburg oder Linsburg zusteigen. Es  ist in seiner Zielrichtung eher eine Maßnahme der Daseinsvorsorge. Zum anderen ist der Zuschussbetrag deutlich geringer und aus Sicht der Verwaltung eher tragbar.

 

Gleichzeitig wird von den Bürgern im Landkreis beklagt, dass z.B. das ÖPNV-Angebot an Wochenenden, in den Abendstunden und in Ferienzeiten nicht ausreicht, oder die Busse unzumutbar überfüllt sind.  Darüber hinaus ist schon jetzt absehbar, dass die Kosten für den ÖPNV im Landkreis Nienburg/Weser zukünftig deutlich steigen werden. Gründe dafür sind z.B. der demografische Wandel und die daraus resultierende Veränderung der Schullandschaft, die zwar weniger Schüler aber voraussichtlich auch einen höheren Transferaufwand aufweisen wird. Die Schrumpfung der öffentlichen Infrastruktur in der Fläche erzeugt einen höheren Mobilitätsbedarf der Bürgerinnen und Bürger.  Durch  das Anwachsen der Altersgruppe der älteren Menschen ist auch gerade deshalb eine höhere Nachfrage nach besonderen ÖPNV- und Mobilitätsangeboten  zu erwarten, die aus Sicht der Verwaltung auch abgedeckt werden muss. Die Vorgaben der EU zur Barrierefreiheit im ÖPNV (z.B. bei Haltestellen, Niederflurbusse, Informationssysteme) konnten bisher nur zu einem geringen Teil im Rahmen des Neubaus von Haltestellen umgesetzt werden. In 2017 bzw. 2019 laufen die Verkehrsverträge mit den Busunternehmen aus und müssen neu vergeben werden. Ob es gelingt die Kosten bei der Neuvergabe „im Rahmen zu halten“, ist fraglich.  Der Einstieg in den GVH-Tarif würde die für den ÖPNV zweckgebundenen Regionalisierungsmittel (= durchgereichte Bundesmittel) voraussichtlich so weitgehend und nachhaltig reduzieren, dass für die vorgenannten bevorstehenden Maßnahmen Mittel aus dem allgemeinen Kreishaushalt verwendet werden müssten.

 

Neben der rein verkehrlichen Bedeutung ist die Erweiterung des GVH-Tarifs aber auch ein Baustein für die Entwicklung einer gemeinsamen Verkehrs-/Verbundregion. Sie trägt zum Zusammenwachsen und zum Zusammenhalt des erweiterten Wirtschaftsraumes Hannover im engeren und der Metropolregion im weiteren Sinne bei. Damit hat die Erweiterung des GVH-Tarifs auch eine entwicklungspolitische Bedeutung, von der nicht nur der Landkreis Nienburg/Weser, sondern auch die Region und das Land Niedersachsen profitieren können. Allerdings gibt es auch bei den anderen beteiligten Landkreisen die Verunsicherung bzw. die Fragestellung, ob der hohe Preis für diese Maßnahme angemessen bzw. gerechtfertigt ist. Auch sind hinsichtlich der Finanzierungsanteile und der Geldflüsse an die Unternehmen noch neue Fragen aufgetaucht, die noch nicht zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Vorlage beantwortet werden konnten.

Von untergeordneter Bedeutung erscheint in diesem Zusammenhang, ob man die  große Lösung (3.) wählt oder erst einmal die kleinere (1.), die nur die Integration der Bahnhöfe Nienburg und Linsburg vorsieht. Aus Sicht der Verwaltung sollte jedoch aus vorgenannten Gründen angestrebt werden, die Integration der Bahnhöfe Eystrup und Leese in den GVH-Tarif lediglich auf Grundlage des „Card-Modells“ für Pendlermonatskarten „als ersten Schritt“ zu ermöglichen. Diese Option muss in den Einzelheiten noch mit der Region Hannover abgeklärt werden. Sollte sie nicht zum Tragen kommen können, empfiehlt die Verwaltung, der GVH-Tariferweiterung nicht bzw. noch nicht  beizutreten. Die Option für einen späteren Beitritt ist aus Sicht der Verwaltung immer offen.

Damit verweigert sich der Landkreis Nienburg/Weser nicht einer GVH-Tarif-Erweiterung, behält aber seine Sonderstellung beim Tarifmodell bei. Ein schrittweiser Eintritt ist angesichts der bestehenden Unklarheiten bei der Kostenentwicklung im ÖPNV für den LK Nienburg aber auch für alle anderen Beteiligten die bessere Option, da ein Austritt – wenn überhaupt machbar -  weitaus mehr Komplikationen nach sich zieht.

Im Hinblick auf den Finanzbedarf für weitere und andere Maßnahme zur Verbesserung des ÖPNV im Landkreis Nienburg/Weser und vor dem Hintergrund von Kosten-Nutzen-Überlegungen empfiehlt die Kreisverwaltung die Erweiterung des GVH-Tarifs im Landkreis Nienburg/Weser mit der Einführung von GVH-Tickets für Monatskarten  auf den Strecken Eystrup -Nienburg – Linsburg und Leese - Hannover.


Finanzielle Auswirkungen:

 

Es entstehen Kosten i. H. v. 52.370 € jährlich zusätzlich. Die Aufwendungen fallen in den Jahren 2015 und folgende an. Die Haushaltsmittel stehen im Produkt 54120 (ÖPNV) zur Verfügung.