Betreff
Richtlinie zur Vergabe von Stipendien für Studierende der Humanmedizin des Landkreises Nienburg/Weser
Vorlage
2015/048
Aktenzeichen
54
Art
Beschlussvorlage

Der Landkreis Nienburg/Weser beschließt, vorbehaltlich der juristischen Prüfung, die beigefügte „Richtlinie zur Vergabe von Stipendien für Studierende der Humanmedizin“.

Danach kann den Studierenden ein Stipendium in Form einer Grundförderung von 300 € sowie ggf. eines Zuschusses zu den Studiengebühren gewährt werden.

Die Verwaltung wird beauftragt, die erforderlichen Schritte zur Umsetzung einzuleiten, damit zum Wintersemester 2015/16 die ersten Stipendien für Medizinstudenten vergeben werden können.

Gegebenenfalls erforderlich werdende redaktionelle Änderungen an der Richtlinie kann die Verwaltung vornehmen.


Sachverhalt

Im Rahmen der Projektarbeit zur Sicherung der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum des Regionalmanagement Mitte Niedersachsen (ReM) wurde im Hinblick auf die Auswirkungen des Demografischen Wandels das Problem der Ärzteversorgung als eine der zentrale Herausforderungen definiert. Gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachen (KVN), die aktiv in den Arbeitsgruppen mitgewirkt hat, ist deutlicher Handlungsbedarf in Bezug auf die Sicherstellung der wohnortnahen ärztlichen Versorgung im Landkreis Nienburg herausgearbeitet worden.

 

Die KVN geht bei Ihrer Bedarfsplanung davon aus, dass ein Versorgungsgrad von 110 % eine Überversorgung und 50 % bei Fachärzten bzw. 75 % bei Hausärzten eine Unterversorgung darstellt. Der Versorgungsgrad (Stand: 02/2014) für den Landkreis Nienburg ist dem anliegenden Auszug aus der Bedarfsplanung der KVN (Anlage 3) zu entnehmen. Diesem Auszug ist auch zu entnehmen, dass ein sehr hoher Anteil der Ärzte im Landkreis Nienburg/Weser über 60 Jahre alt ist (37 % der Hausärzte und 23 % der Fachärzte). Dies bedeutet, dass in naher Zukunft zahlreiche Praxen aus Altersgründen schließen werden, wenn nicht rechtzeitig Nachfolger gefunden werden. Nach der Auffassung der KVN sei es zu spät für ein Gegensteuern, wenn bereits eine Unterversorgung ausgewiesen werde. Deshalb wird auch die Altersstruktur berücksichtigt.

 

Um die medizinische Daseinsvorsorge angesichts des drohenden bzw. teilweise bereits existierenden Ärztemangels zu gewährleisten, können Nachwuchsmediziner nur mit einer vorausschauenden Bedarfsplanung sowie einem Konzept und entsprechenden Instrumentarium möglichst dauerhaft im ländlichen Raum gebunden werden.

 

In den Arbeitsgruppen des ReM war man sich darüber einig, dass hierzu verschiedene kommunale Unterstützungsmaßnahmen geeignet sein könnten. Vorgesehen ist zum einen eine von allen Gemeinden der Landkreise Nienburg/Weser und Diepholz getragene und von ihnen finanzierte Marketingkampagne. Diese Kampagne „Ärztlich Willkommen“ wird von einer Agentur für Werbemaßnahmen professionell entwickelt und begleitet. Die Kosten hierfür betragen für den Zeitraum von 2015-17 ca. 200.000 €. Neben einer Basisausstattung von Werbemittel umfasst die Kampagne u.a.

 

      Online-Aktionen

      Aktionen im Medizinerumfeld

      Kommunikation vor Ort (Wirtschaftspartner)

      Pressearbeit

 

Substanzieller Teil dieser Kampagne soll auch ein von den beiden Landkreisen getragenes Stipendienprogramm sein, das Gegenstand dieser Beschlussvorlage ist.

 

Die im Rahmen dieser Vorlage verwendeten Informationen und Dokumente basieren in weiten Teilen auf Vorlagen des Landkreises Diepholz und sind nach heutigem Kenntnisstand an die Situation im Landkreis Nienburg / Weser angepasst worden. Der Landkreis Diepholz hat sein Stipendienprogramm bereits vor ca. zwei Jahren initiiert und hat einen entsprechenden Vorsprung in der Entwicklung seiner Abläufe und Strukturen. Das bedeutet, dass im Landkreis Nienburg insofern ein erheblicher Nachholbedarf beim Aufbau der für die Abwicklung notwendigen Strukturen und Instrumente besteht und das vorliegende Konzeptpapier weiter entwickelt und angepasst werden muss. Dies gilt z. B. für die im Konzept beschriebene wünschenswerte Einbeziehung der Mittelweserklinik in das Projekt.

 

Das Stipendienprogramm wird vom Landkreis Nienburg/Weser getragen und finanziert. Die inhaltliche Begleitung des Programms soll durch den Fachbereich 41 Gesundheitswesen erfolgen. Vertragsangelegenheiten mit den Stipendiaten sollen durch den Fachbereich 11 Service und Personal erledigt werden. Die Finanzierung soll aus Einsparungen frei werdenden Mitteln im Produkt 54110 Regionalentwicklung erfolgen, die ab Mitte 2015 durch das Auslaufen von Projektfinanzierungen für REK-Projekte entstehen (Bioenergieregion, Fach- und Führungskräftegewinnung, Glascluster).

 

Nachstehend sind die wichtigsten Eckpunkte des Stipendienprogrammes zusammengefasst. Nähere Einzelheiten sind der anliegenden Richtlinie und dem Konzeptentwurf zu entnehmen.

 

Es sollen pro Jahr bis zu drei Stipendien an Studenten der Humanmedizin vergeben werden. Insgesamt sollen grundsätzlich höchstens 9 Stipendien zeitparallel gewährt werden. Sofern die Regelstudienzeit überschritten wird, sollten die Stipendien für einen begrenzten, absehbaren Zeitraum weiter gewährt werden und gleichzeitig neue vergeben werden können, um die Kontinuität und Planungssicherheit zu wahren.

 

Die hier gewählte Anzahl der Stipendien orientiert sich derzeit noch nicht an einer genauen Bedarfsanalyse. Möglicherweise besteht ein höherer Bedarf, der jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einschätzbar ist und ggf. nachgesteuert werden muss.

 

Die Stipendiaten erhalten ab Beginn des Studiums einen Betrag von monatlich 300 €, um sich von Beginn an intensiv auf ihr Studium konzentrieren zu können. Ein höherer Betrag würde automatisch eine Kürzung der BAFÖG- Förderung nach sich ziehen. Die Stipendiaten können grundsätzlich für die gesamte Dauer der Regelstudienzeit des Medizinstudiums gefördert werden (6 Jahre und 3 Monate). Es müssen Ausnahmeregelungen getroffen werden können, falls die Regelstudienzeit überschritten wird.

 

Die Stipendiaten verpflichten sich im Gegenzug, im Anschluss an das Studium umgehend eine Weiterbildung als Facharzt in einer der vom Landkreis vorgegebenen medizinischen Fachrichtungen durchzuführen, die hier benötigt werden. Die Weiterbildung zum Facharzt ist im Landkreis Nienburg durchzuführen, soweit die Weiterbildungsinhalte vor Ort angeboten werden und freie Weiterbildungsstellen vorhanden sind.

 

Finanzierungsplan (ab dem 8. Jahr ggf. zeitweise mehr als 9 zeitparallele Stipendien)

 

 

1. Jahr (2015)

2. Jahr (2016)

3. Jahr (2017)

4. Jahr (2018)

5. Jahr (2019)

6. Jahr (2020)

7. Jahr (2021)

8.Jahr (2022)

 

3 Stip.

2.700 (3 Stip. a` 300 €/ mtl. x 3 M.)

10.800 (3 Stip. a` 300 €/ mtl. x 12 M.)

10.800

10.800

10.800

10.800

10.800

(3 Stip. a`300 €/ mtl. x 12 M.)

Neuvergabe/

Fortführung

 

10.800 €

weitere

3 Stip.

 

2.700

10.800

10.800

10.800

10.800

10.800

10.800

weitere

3 Stip.

 

 

2.700

10.800

10.800

10.800

10.800

10.800

Max. jährl. G.-kosten:

2.700

13.500

24.300

32.400

32.400

32.400

32.400

32.400

 

Zusätzlich hierzu erhalten die Stipendiaten, soweit entsprechende Studiengebühren anfallen, maximal bis zum Ende der Regelstudienzeit,

 

-         bei einem Studium in Deutschland einen Zuschuss zu den Studiengebühren in Höhe von 50 € monatlich ab dem ersten Studienjahr,

-         bei einem Studium im Ausland einen Zuschuss zu den Studiengebühren in Höhe von 150 € monatlich ab dem zweiten ausländischen Studienjahr.

 

Der Zuschuss zu den Studiengebühren berücksichtigt damit erhöhte Kosten für Stipendiaten, die ihr Studium an Universitäten durchführen, an denen entsprechende Studiengebühren erhoben werden (z. B. in den Niederlanden). Er soll für Stipendiaten, die ihr Studium im Ausland durchführen allerdings erst ab dem zweiten ausländischen Studienjahr gewährt werden, weil Auslandsstudenten gem. der BAföG-Auslandszuschlagsverordnung für ein Jahr einen Anspruch auf nachweisbar notwendige Studiengebühren bis zur Höhe von max. 4.600 € haben.

 

Nach Abschluss der fachärztlichen Weiterbildung leisten die Stipendiaten anschließend in einem unterversorgten Bereich des Landkreises ihre ärztliche Verpflichtungszeit von zwei, drei bzw. vier Jahren (je nach Dauer der in Anspruch genommenen Stipendienförderung) ab.

 

Weitere Details zum Stipendium (Gesamtkosten, Fördervoraussetzungen für die Aufnahme in das Stipendium, Verpflichtungen der Stipendiaten sowie das Auswahlverfahren) sind in dem in der Anlage 1 beigefügten „Konzept für ein Medizinstipendium im Landkreis Nienburg/Weser“ ausführlich dargestellt. In den Richtlinien, als Anlage 2 beigefügt, sind die gegenseitigen Rechte und Pflichten umfänglich beschrieben.

 

Entsprechende Haushaltsmittel für das Stipendienkonzept können durch Einsparungen im Produkt 54 110 Regionalentwicklung bereitgestellt werden.


Finanzielle Auswirkungen:

 

Es entstehen Kosten i. H. v. max. 37.800,00 €/a. Die Haushaltsmittel stehen im Produkt 54110 (Regionalentwicklung zur Verfügung.


Anlagen:

 

·        Konzept für ein Medizin-Stipendium im Landkreis Nienburg/Weser

·        Richtlinien zur Vergabe von Medizin-Stipendien des Landkreises Nienburg/Weser

·        Auszug aus der Bedarfsplanung des KVN