hier: Neues Artikelgesetz des Bundes zum vorbeugenden Hochwasserschutz
Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für Landschaftspflege, Natur- und Umweltschutz nimmt Kenntnis.
Die Bundesregierung hat mit Beschluss des Kabinetts vom 03.03.2004 den neuen Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes vorgelegt. Das neue Gesetz ist ein Artikelgesetz und ändert im Wesentlichen die Bestimmungen des Wasserhaushaltsrechts. Die wichtigen Änderungen sind im Folgenden beschrieben:
- Die zentralen Grundsätze des
Hochwasserschutzes werden neu definiert. Dazu gehören insbesondere die
Rückhaltung des Hochwassers als ausdrückliche Leitlinie der Gewässerbewirtschaftung
sowie die Einführung einer allgemeinen Schadensminderungspflicht (§ 31a WHG).
- Die Verpflichtung der Länder,
innerhalb von fünf Jahren gesetzliche Überschwemmungsgebiete festzusetzen, in
denen ein Hochwasserereignis statistisch mindestens einmal in 100 Jahren zu
erwarten ist (§ 31b Abs. 2 WHG).
- Darin werden durch Landesrecht
außerdem Anforderungen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (Verbot der
Errichtung von neuen Heizölanlagen), zur Vermeidung von Störungen der
Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung und zur Erhöhung oder Vertiefung von
Erdoberflächen zu regeln sein.
- Nach Landesrecht wird die
Verpflichtung geregelt, dass in festgesetzten Überschwemmungsgebieten der
Ackerbau bis zum 31.12.2012 einzustellen ist. Die Länder können außerhalb der
Abzugsbereiche Ausnahmen von solchen Flächen vorsehen, bei denen z.B. durch
Erosionen oder Schadstoffeinträge keine erheblich nachteiligen Auswirkungen auf
das Gewässer zu erwarten sind. Die Länder können hierzu einen Ausgleich der wirtschaftlichen
Nachteile, soweit eine unzumutbare Härte vorliegt, regeln (§ 31b Abs. 3 WHG).
- In gesetzlich ausgewiesenen
Überschwemmungsgebieten dürfen durch Bauleitpläne keine neuen Baugebiete
ausgewiesen werden (§ 31b Abs. 4 WHG).
- Neu sind durch Landesrecht
überschwemmungsgefährdete Gebiete zu ermitteln und in Kartenform darzustellen.
Dieses sind Gebiete, die z.B. durch Versagen von öffentlichen
Hochwasserschutzeinrichtungen überschwemmt werden können. Durch Landesrecht
sind hier die notwendigen Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung von
Schäden durch Überschwemmung zu regeln (§ 31c WHG).
- Die Länder erstellen Hochwasserschutzpläne für Hochwässer, die einmal in 200 Jahren entstehen können. In die Hochwasserschutzpläne sind insbesondere Maßnahmen zum Erhalt oder Zurückgewinnung von Rückhalteflächen, Zurückverlegung von Deichen, zum Erhalt oder zur Wiederherstellung von Auen sowie Zurückhaltung von Niederschlagswasser aufzunehmen (§ 31d WHG).
Darüber hinaus werden in diesem neuen Artikelgesetz das Baugesetzbuch, das
Raumordnungsgesetz, das Bundeswasserstraßengesetz und das Gesetz über den
Deutschen Wetterdienst geändert. Insbesondere sollen im Baugesetzbuch die
Passagen über die Bauleitplanung so ergänzt werden, dass festgesetzte
Überschwemmungsgebiete und überschwemmungsgefährdete Gebiete den jeweiligen
Plänen nachrichtlich übernommen werden.
Der Niedersächsische Landkreistag hat sich mit dem Entwurf des Gesetzes
inhaltlich auseinander gesetzt und kritisiert insbesondere, dass sich aufgrund
der Erfahrungen der letzten Jahrzehnte mit den verschiedensten Hochwässern
gezeigt habe, dass das rechtliche Instrumentarium zur Bewältigung der aus
Hochwassern erfolgenden Probleme im Bereich des Siedlungsbaus und der
Landwirtschaft eigentlich ausreicht, um evtl. notwendige Einschränkungen dieser
beiden Wirtschaftszweige durchzusetzen. Insbesondere wird die Absicht der
Bundesregierung kritisiert, den Ackerbau in Überschwemmungsgebieten innerhalb
von knapp zehn Jahren ohne umfassende Regelung von Ausgleichszahlungen
grundsätzlich zu untersagen. Weiterhin wird erwartet, dass durch die neuen Bestimmungen
ein neuer hoher Verwaltungsaufwand entsteht, der wahrscheinlich zusätzliches
Personal erfordert.
Das Fachamt hat sich ebenfalls mit dem Entwurf des neuen Gesetzes auseinandergesetzt
und bislang jedoch keine eigene Stellungnahme abgegeben.
Im Landkreis Nienburg/Weser sind von dem neuen Gesetz die bestehenden Überschwemmungsgebiete
der Weser, des Steinhuder Meerbachs, der Großen Aue, des Uchter Mühlbachs, der
Siede und des Bückener Mühlbachs betroffen. Außerdem kommen für die Ausweisung
von Überschwemmungsgebieten zusätzlich die Gewässer Sarninghäuser Meerbach,
Führser Mühlbach, Linsburger Bach, Rottbach, Winzlarer Dorfgraben, Fulde und
Graue in Frage.
Durch das große Überschwemmungsgebiet der Weser (Fläche ca. 11.000 ha) ist der Landkreis Nienburg besonders durch die Vorgaben des neuen Gesetzes betroffen. Die genauere gesetzliche Definition für Maßnahmen in Überschwemmungsgebieten wird begrüßt. Die Ermittlung von überschwemmungsgefährdeten Gebieten und die Aufstellung von Hochwasserschutzplänen wird aus den Erfahrungen mit jüngeren Extremhochwässern als besonders wichtig bewertet (vgl. Ds.-Nr. 2004/ALNU/003-01 dieser Sitzung).
Das flächendeckende Verbot der ackerbaulichen Nutzung in Überschwemmungsgebieten wird ebenfalls abgelehnt. Durch Maßnahmen der Flächenbewirtschaftung (Zwischeneingrünung, Fruchtfolge, Fruchtart, Einsaatzeitpunkt) kann ein vergleichsweise guter Beitrag zur Minimierung von Erosionen geleistet werden.
Der Deutsche Landkreistag rechnet im jetzt anlaufenden Gesetzgebungsverfahren mit zahlreichen Änderungsanträgen. Die Beratungen im Bundestag sollen noch vor Sommerpause aufgenommen werden.