Betreff
Gesetzlich geschützte Biotope (GB) gem. § 30 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und § 24 Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG);
hier: Bericht zum aktuellen Sachstand
Vorlage
2015/170
Art
Bericht

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt nimmt Kenntnis.

 


Sachverhalt

In Deutschland und in Niedersachsen stehen bestimmte Biotoptypen wegen ihrer Bedeutung für den Naturhaushalt und die biologische Vielfalt unter unmittelbarem gesetzlichen Schutz (§ 30 BNatSchG und § 24 NAGBNatSchG). Der Schutz bezieht sich auf den Lebensraum und auch auf die zugehörige Lebensgemeinschaft.

Dieser Schutz per Gesetz besteht sofort, wenn ein entsprechender Biotoptyp vorhanden ist, unabhängig davon, ob dieser GB von der Naturschutzbehörde bereits erfasst, ins Verzeichnis der GBs aufgenommen und / oder mitgeteilt ist.

Rechtliche Grundlagen

In § 30 BNatSchG und ergänzend in § 24 NAGBNatSchG ist aufgelistet, welche Biotope in Deutschland und zusätzlich noch in Niedersachsen gesetzlich geschützt sind. Den unmittelbaren gesetzlichen Schutz bestimmter Biotoptypen gibt es in Niedersachsen seit 1990 (ehemals § 28a Nds. Naturschutzgesetz).

 

Nähere Beschreibungen zu den einzelnen Biotopen kann man den Definitionen und Erläuterungen (sog. BfN-Liste) entnehmen, die im Rahmen der Neuregelung von 2002 in der Anlage zur Gesetzesbegründung BT-Drucksache 14/6378 erschienen sind (s. Anlage 1) sowie der BT-Drucksache 16/12274 mit zugehöriger Gesetzesbegründung zur Neuregelung des BNatSchG 2010 bezüglich zusätzlich aufgenommener Biotope.

 

In Niedersachsen ist der Kartierschlüssel für Biotoptypen (O.v. Drachenfels, aktuelle Fassung) Grundlage für die Bestimmung der gesetzlich geschützten Biotope. Bestätigt durch die aktuelle Rechtsprechung, denn in 2015 hat ein betroffener Pächter eines GBs gegen den Landkreis Nienburg vor dem Verwaltungsgericht Hannover und in zweiter Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg geklagt und verloren. In beiden Instanzen wurde bestätigt, dass der sog. Drachenfells Kartierschlüssel als antizipiertes Sachverständigengutachten herangezogen werden kann, soweit dieser mit den gesetzlichen Bestimmungen und den Definitionen und Erläuterungen in der Gesetzesbegründung übereinstimmt.

 

Zusätzliche Informationen bietet der Informationsdienst 3/2010 vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) bezüglich der gesetzlich geschützten Biotope und Landschaftsbestandteile in Niedersachsen.

 

Gesetzlich geschützte Biotope im Landkreis Nienburg

Im Landkreis Nienburg wurden gesetzlich geschützte Biotope (GB) Anfang der neunziger Jahre sukzessive erfasst und fortgeschrieben (691 sog. Alt-GBs mit insgesamt 600 ha Fläche). Aufgrund von erforderlichen Prioritätensetzungen ist eine flächendeckende Erfassung aber immer unterblieben. Im Zuge der nunmehr laufenden Fortschreibung des Landschaftsrahmenplans wurden parallel zu einer flächendeckenden Biotoptypenkartierung im Jahr 2013 folgerichtig auch Wallhecken, geschützte Landschaftsbestandteile (GLB) und gesetzlich geschützte Biotope (GB) im Gelände mit erfasst. Die Alt-GBs wurden im Rahmen dieser Biotoptypenkartierung ebenfalls neu kartiert.

 

Resultierend aus der Kartierung zur Fortschreibung des Landschaftsrahmenplans sind aktuell noch 1391 GBs mit einer Gesamtfläche von ca. 1.578 ha und folgender Verteilung in der Prüfung:

 

 

Gesetzlich geschützte Biotope in den Haupteinheiten:

    Anzahl

GB

Fläche in

          ha

Wald

289

343

Gebüsche, Gehölzbestände und Heiden

103

146

Binnengewässer und Verlandungsbereiche

400

414

Moore, Sümpfe und Nasswiesen

386

372

Stauden- und Ruderalfluren

28

105

Magerrasen und sandige Offenbodenbereiche

127

38

 

Gesetzlich geschützte Biotope in regelmäßig überschwemmten Bereichen gem. § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG, hier:

Anzahl GB

Fläche in ha

Mesophiles Grünland (GM)

37

125

Sonstiges Feucht- und Nassgrünland (GF)

18

27

Artenarmes Extensivgrünland der Überschwemmungsbereiche (GEA) in Biotopkomplexen mit artenreiche-rem Auengrünland bzw. Flutrasen

3

8

 

Gesamtsumme

       1391

         1.578

 

Aufgrund der laufenden Plausibilitätsprüfung werden hier noch Anpassungen, i.d.R. Reduzierungen, erfolgen.

 

Des Weiteren wurden im Rahmen der Waldinventur im Privatwald der Forstbetriebsgemeinschaften Nienburg und Hoya (Drucksache Nr. 2008/ALNU/008-02) gesetzlich geschützte Biotope in den kommunalen und privaten Wäldern erfasst. Es handelt sich um Waldflächen und dem Wald zugehörige Flächen, wie z.B. direkt angrenzende oder im Wald gelegene, meist kleinflächige Heide- oder Moorflächen, Waldtümpel und Nasswiesen. Im Zuge dieser Kartierung wurden zusätzlich ca. 400 ha Fläche nur grob erfasst, die derzeit den Status Verdachtsflächen haben und noch konkreter zu bestimmen sind.

 

Einen Überblick über den Stand der Erfassung, und soweit vorhanden, Gesamtanzahl und Gesamt-Hektar in einigen anderen Landkreisen gibt die Anlage 2. Es wird deutlich, dass die Betroffenheit im LK Nienburg in Bezug auf die Gesamtfläche GBs zur jeweiligen Kreisfläche, wenn eine kreisweite Erfassung vorliegt, eher im mittleren Bereich angesiedelt ist.

 

 

 

Sachstand zu den kartierten GB

Die im Gelände erfassten GBs durchlaufen derzeit eine umfangreiche Plausibilitätsprüfung im Fachdienst Naturschutz (z. B. Nachweis der für den jeweiligen Biotoptyp kennzeichnenden Pflanzenarten, korrekte Abgrenzung anhand von Luftbildern, Einhalten der erforderlichen Mindestgrößen, Lage im ÜSG). In nicht eindeutigen Fällen werden die Flächen nachkartiert.

 

Aufgrund der zeitweilig ruhenden Mitteilung zu den GLBs wurden bereits aktualisierte Mitteilungen an die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Alt-GBs über z. B. geänderte Abgrenzungen der gesetzlich geschützten Biotope auf ihren Flächen versandt. Ebenso sind vereinzelt Mitteilungen aus besonderem Anlass zu Neu-GBs versandt worden, z.B. weil der Eigentümer auf der gleichen Fläche auch eine Mitteilung zu einem GLB erhalten hat oder bei der Naturschutzbehörde gesondert nachgefragt hat.

 

Gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG sind u. a. naturnahe regelmäßig überschwemmte Bereiche gesetzlich geschützte Biotope (GB). In Niedersachsen zählen hierzu z. B. auch die Biotoptypen

-        mesophiles Grünland (GM),

-        sonstiges Feucht- und Nassgrünland (GF) sowie

-        artenarmes Extensivgrünland der Überschwemmungsgebiete(GEA) in Bio

 topkomplexen mit artenreicherem Auengrünland bzw. Flutrasen.

 

Außerhalb der Auen gehören diese Biotoptypen zu den ebenfalls per Gesetz geschützten sonstigen naturnahen Flächen (GLB). In gesetzlich geschützten Überschwemmungsgebieten sind diese Biotoptypen gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG (als GB) geschützt. Dieses ergibt sich aus dem Kartierschlüssel für Biotoptypen in Niedersachsen (O. v. Drachenfels, aktuelle Fassung).

 

Das Nds. Umweltministerium wurde Ende Juli 2015 mit kritischer Anfrage um kurzfristige Antwort gebeten, ob diese Zugehörigkeit der o. g. Grünlandtypen zu § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG  aufgrund des Drachenfels-Schlüssels  zutreffend und das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot hierbei erfüllt ist. Dieses hat das MU nunmehr aktuell bekräftigt. Das MU legt aber auch dar, dass es im Einzelfall Restflächen mesophilen Grünlands geben kann, die aufgrund starken Ausbaus des Flusses (hier: Weser) und großflächig starker Veränderung des betreffenden Überschwemmungsbereichs (z. B. Einebnung, Entwässerung, hoher Ackeranteil) nicht als naturnahe Bereiche gemäß § 30 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG aufgefasst werden müssen. In diesem Fall stünde es im Ermessen der UNB, derartige Flächen nicht als gesetzlich geschützten Biotop einzustufen.

Diesen Ermessensspielraum hat die Verwaltung genutzt  und 13 ha mesophile Grünländer im ÜSG nicht als GB eingestuft. Eine Nichteinstufung als GB führt i. d. R. aber dazu, dass das Grünland dann in das etwas schwächere Schutzregime der GLBs fällt.

 

 

 

 

 

 

Weitere Schritte

Mit Fortschreiten der Plausibilitätsprüfungen soll jetzt auch sukzessive mit der Benachrichtigung der Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigten zu den GBs begonnen werden, die noch nicht in den 90iger Jahren erfasst worden sind. Neben den aktualisierten Mitteilungen zu den Alt-GBs wird kurzfristig vor allem auch mit Mitteilungen zu solchen GBs begonnen, die nicht oder nur in größeren Zeitabständen genutzt werden (z.B. naturnahe Kleingewässer, Waldbiotope).

 

Der Beginn der Mitteilungsphase für die neu erfassten GBs soll z.B. begleitet werden durch: Presseinfos, ausführliche Informationen auf der Homepage des Landkreises, Gesprächsangebot an das Landvolk, Angebot an die örtliche Tagespresse für eine Artikelserie zu den wichtigsten geschützten Biotoptypen im Landkreis und Gesprächsangebote für Betroffene.

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Der Beschluss hat keine finanziellen Auswirkungen.

 


Anlagen:

 

Anlage 1:       Definition und Erläuterungen der Biotope (Anlage zur Gesetzesbegründung BT-Drucksache 14/6378)

Anlage 2:       Kurzdarstellung Situation GB in anderen Landkreisen

(Stand August  2015)