Betreff
Bericht zur Entwicklung der Jugendhilfe im Kontext der Aufnahme von Flüchtlingen und Asylbewerbern;
Notwendige personelle Nachsteuerung für den Haushalt/Stellenplan 2016
Vorlage
2015/267
Aktenzeichen
36
Art
Beschlussvorlage

Der Jugendhilfeausschuss empfiehlt die Einstellung des vom Fachbereich Jugend beantragten Personals.


Sachverhalt

Gem. § 6 (4) Nds. AG SGB VIII v. 05.02.1993 berichtet der Leiter des Jugendamts (Fachbereich Jugend) dem Jugendhilfeausschuss regelmäßig über die Tätigkeit der  Verwaltung des Jugendamts sowie über die Lage der Jugend im

Zuständigkeitsbereich des örtlichen Trägers.

 

Daneben gilt die hausinterne Regelung der Kreisverwaltung, neue Stellen aufgrund einer Stellenbemessung und ggf. Geschäftsprozessoptimierung im Fachausschuss vorzulegen, zu beraten und ggf. für die Aufnahme im Stellenplan eine Empfehlung auszusprechen.

 

Bereits in der Sitzung vom 30.09.2015 fanden die Auswirkungen der Zuwanderung von Asylbewerbern und Flüchtlingen in einer vorsichtigen Einschätzung der daraus erwachsenden Probleme in den Fachdiensten ihren Niederschlag, jedoch ohne dass der Fachbereich Jugend auf konkrete Personalanforderungen einging.

 

Die aktuellen, durchaus als rasant zu bezeichnenden Entwicklungen in der Jugendhilfe, die ihre Ursache in der starken Zuwanderung von Flüchtlingen haben, veranlassen den Fachbereich nun zur Anberaumung einer weiteren Sitzung des JHA, um über den Vortrag dort nicht nur die Weichenstellung für die Ausrichtung der Jugendhilfe in diesem Bezug, sondern auch die Empfehlung zur Bereitstellung entsprechend notwendigen Personals noch für den  Stellenplan 2016 zu erhalten.

 

 

Die Entwicklungen haben sich durch die neuen gesetzlichen Grundlagen, die laufenden Zugänge von Flüchtlingen und die inzwischen bekannten zu erwartenden Zuweisungsquoten unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge derweil so verschärft, dass die entsprechenden Handlungsvorschläge und die aus Sicht des Fachbereichs damit zwangsläufig verbundenen Personalanforderungen dem Ausschuss vorzutragen sind.

 

Die Darstellung der Entwicklung/Problemlagen erfolgt in numerischer Reihenfolge der Fachdienste:

 

 

 

1. Fachdienst 361 (Beistandschaften u.Vormundschaften)

 

Die mittlerweile bekannte, derzeit noch offene Zuweisungsquote von noch rund 40-50 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMA) für 2015  ist mit dem jetzigen Personalbestand nicht händelbar.

 

Dabei ist der bisherige Bestand an Mündeln, die vorwiegend durch auswärtige Jugendämter im LK bei Familien und in Einrichtungen untergebracht wurde, noch nicht einbezogen. Auch hier  ist in allerkürzester Zeit mit einem Übergang zahlreicher Vormundschaften aufgrund der dauerhaften Wohnsitznahme durch familiengerichtlichen Entscheid zu rechnen, da die teils weit entfernten Jugendämter (Regensburg, Passau, etc.) ihrem Auftrag nicht nachkommen können.

 

Derzeit sind rund 40 (!) „fremde“ Mündel hier im Landkreis untergebracht, bei denen der Übergang der Vormundschaft zuzüglich zur Quote des LK  ins Haus steht.

 

Der Fachdienst, der einer gesetzlichen Fallquotierung unterliegt, arbeitet bereits jetzt über seine Grenzen hinaus, denn die Arbeit der Vormünder mit Flüchtlingen ist ungleich umfangreicher als mit „normalen“ Mündeln und bedarf wenigstens des doppelten, wenn nicht dreifachen Arbeitseinsatzes.

Der zeitlich absehbare Zugang von 40 -100 neuen Fällen (da ist noch nicht von weiteren Zahlen für 2016 die Rede) ist ohne Personalverstärkung nicht umsetzbar.

 

Hier ist dringendst mit zunächst einer Vollzeitstelle Vormundschaften(mit der Option, bei weiterhin konstanter Entwicklung der Fallzugänge sofort weitere erforderliche Stellen ohne nochmaligen Vortrag im Fachausschuss gestellt zu bekommen) nachzusteuern.

 

 

2. Fachdienst 362 (Jugendarbeit und Sport)

 

Die soziale und die Arbeitsmarktintegration von jungen Flüchtlingen

(bis max. 27 Jahre) zielt auf die rasche und flächendeckende Vorbereitung und Unterstützung der jungen Zuwanderer bei der Integration in den Arbeitsmarkt und das Bildungssystem und die Begleitung beim Übergang in die Regelsysteme des SGB II und III. Dies bedarf – und da herrscht absolute Einigkeit auch in Abstimmung mit dem Jobcenter und der Agentur für Arbeit – einer besonders verstärkten Widmung, da die Verteilmechanismen für die dezentrale Unterbringung  der  Asylbewerber und Flüchtlinge weder den Arbeitsmarkt- noch  den Kriterien für die soziale Integration in irgendeiner Weise Rechnung tragen.

 

Hier ist eine intensive Vernetzung zu zahlreichen Kooperationspartnern

( Kommunen, Flüchtlings- und Migrationsberatung, Arbeitsmarktinstrumente, Vereine und Jugendhäuser, etc.) aufzubauen bzw. aufzunehmen und als Landkreis steuernd für diese Belange zu wirken.

 

Gerade für die jungen Zuwanderer sind

 

-           Eine sinnvolle Tagesgestaltung,

-           Die Kenntnis über die Strukturen der Arbeitswelt und deren Erleben,

-           Die Begegnung mit jungend Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen,

-           Das Erlernen der deutschen Sprache im Arbeitskontext,

-           Eine pädagogische Begleitung zur Unterstützung,

-           Ansprache und Anerkennung der Motivation und nicht zuletzt der Erwerb

 

eines Schulabschlusses von elementarer Bedeutung.

 

Hierfür besonders geeignet sind die kreiseigenen Einrichtungen der Jugendwerkstatt und des Pro-Aktiv-Centers.

 

 

 

 

 

 

Zur Umsetzung wären folgende Personalzuweisungen unabdingbar:

 

1 VZÄ Anleiter Garten- und Landschaftsbau, um den bisherigen Anleiter, mit

seinen Erfahrungen und Kenntnissen im Theorieunterricht (Deutsch und Vorbereitung Hauptschulabschluss, Betriebskontakte, Vermittlung Praktika, Kammerkontakte, Vermittlung in Arbeit, etc.) einsetzen zu können.

 

In diesem Kontext wäre die Zuweisung von 0,5 VZÄ Sozialpädagogik zur sozialen Begleitung und Unterstützung des Adressatenkreises unabdingbar. Es ist davon auszugehen, dass die jungen Flüchtlinge ein großes Maß an pädagogischer Begleitung benötigen werden – bedingt durch die (Flucht-) Erfahrungen und die nun zwingende Integration in ein völlig neues soziales und kulturelles Umfeld. Hier sind rechtzeitige Interventionen durch unterschiedliche (auch Einzel-) Maßnahmen anzubieten bzw. durch entsprechend vorher zu erstellende Diagnose in die richtigen Wege zu leiten.

 

Weitere dringend erforderliche Maßnahmen sind:

 

-           Zielgruppenspezifische Spracherwerbsangebote mit entsprechender lokaler Anbindung,

 

-           Angebote zur Tagesgestaltung und Freizeitaktivitäten,

 

-           Vermittlung interkulturelle Kompetenz im Rahmen der Jugendarbeit mit Vereinen, Jugendhäusern und die hierfür notwendige Beratung,

 

-           Ausbildung von MultiplikatorInnen,

 

-           Mobbingprävention,

 

-           Vermittlung interkultureller Kompetenzen in der Schule und Einbringung eigener Angebote wie Mädchenschwimmkurse, Fahrradkurse für Mädchen, etc.

 

Für die Umsetzung der vorstehenden Maßnahmen bedarf es keiner weiteren

Personalzuweisung, allerdings einer internen Neuordnung bzw. Zuordnung der Aufgabenwahrnehmung innerhalb der Mitarbeiterschaft unter  ergänzender  Inanspruchnahme des Kreisjugendrings, der die  ihm vom LK gewährte Unterstützung mit den oben beschriebenen Angeboten insbesondere in den Schulen einbringen und – soweit noch Kapazitäten vorhanden sind – die weiteren Aufgaben der Jugendpflege ergänzend unterstützen wird.

 

Zur Umsetzung aller – aus Sicht des Fachbereichs in diesem Fachdienst unstrittig notwendigen – Maßnahmen ist zudem von einem finanziellen Nachtragsvolumen für 2016 von wenigstens 45.000,00 € auszugehen, um die Umsetzung zu ermöglichen.

 

Selbstverständlich bemüht sich der FD 362 parallel um Fördermittel Dritter, die im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen einzubeziehen sind

(z.B. Jobcenter, Agentur, NBank) und sich entlastend auswirken könnten.

 

 

 

 

3. Fachdienst 363 (Allgemeiner Sozialer Dienst)

 

Die gerade verabschiedeten gesetzlichen Neuregelungen und die hierzu ergangenen Landesweisungen binden jetzt auch den ASD in einem erheblichen Maß ein.

 

Nachdem erst im September eine sehr gute Kraft den ASD verlassen hat, um bei einem anderen Jugendamt zu arbeiten, hat  in dieser Woche noch eine weitere bewährte Kraft gekündigt und verlässt den ASD zum Jahresende.

Die laufend hohe Fluktuation (es kommen zu den Abgängen auch noch die Schwangerschaften und die Stundenreduzierungen aus unterschiedlichsten Gründen dazu) schwächt den Dienst im Alltag ungemein, da permanent neue Kräfte einzuarbeiten und in der Interimszeit ständig Vertretungsleistungen zu erbringen sind.

 Diese Diskontinuität erschwert nicht nur die sachgerechte Hilfeerbringung, sondern irritiert auch die Adressaten, die laufend neue Ansprechpartner an die Seite gestellt bekommen.

 

Im ASD wird derzeit eine landes- und bundesweit agierende Ansprechstelle für UMA aufgebaut, die den neuen Anforderungen  hinsichtlich der Aufnahme und der Bewältigung der Verteilung von UMA auf Landesebene gerecht wird.

 

Zusätzlich verlangen die neuen Grundlagen eine arbeitsintensive Auseinandersetzung – insbesondere bei den UMA – bis hin zur Identitäts- und Altersbestimmung und einem umfangreichen Hilfeplanverfahren. Aktuell wird hier noch kein

Personal“notstand“ gesehen.

Es muss aber vorsichtshalber auf die Unwägbarkeit der Entwicklungen und daraus entstehende Notwendigkeiten mit Blick auf den Nachtrag 2016 hingewiesen werden. Abhängig wird der Stellenbedarf wesentlich von der Altersstruktur der Zuwanderer und daraus entstehende Problemlagen sein.

 Hier müsste je nach Entwicklung  u.U. über einen Stellenplannachtrag in 2016 sehr  kurzfristig weiteres Personal zugewiesen werden. Der Fachdienst 363 steht derzeit unter einer sehr restriktiven Aufgabenkritik, um ein belastbares Bild über die Personalkapazitäten bzw. -defizite zu erhalten.

 

Ab dem 02.11. hat das Land sein Registrierverfahren verändert und ruft mittlerweile auch aus der Aufnahmeeinrichtung in Langendamm mit Bussen die Zuwanderer zur Registrierung in Diepholz ab. Für den ASD, PKD und die Vormundschaften stehen dann unmittelbar die im Rahmen dieser Registrierung auffallenden unbegleiteten Minderjährigen Ausländer zur Betreuung heran, die dann sofort – ohne weitere Bearbeitung -  in die Zuständigkeit des Jugendamts übergeben werden.

Dies stellt den ASD und die beteiligten Dienste dann vor die Herausforderung,

innerhalb von drei Werktagen für eine Inobhutnahme zu sorgen.

Dem folgen dann die sofortige Einrichtung einer Vormundschaft, die ID-Klärung und ggf. Altersbestimmung, die Gesundheitsfürsorge und letztlich die Hilfeplanung und die Begleitung ins Asylverfahren.

Daneben sind Verwandtschaftsverhältnisse zu klären mit der Frage ob und in welcher Geeignetheit Verwandte für eine Vormundschaft zur Verfügung stehen, und es sind innerhalb kürzester Zeit die vormundschaftsgerichtlichen Entscheidungen herbeizuführen.

 

 

 

 

4. Fachdienst 364 (Pflegekinderdienst)

 

Bereits jetzt bestehen Nachfragen aus der Bevölkerung zur Möglichkeit, als sog. Gastfamilien zu arbeiten, die Flüchtlingskinder und –jugendliche aufnehmen und betreuen.

Natürlich gelten auch hier die wesentlichen rechtlichen Bestimmungen für die Pflege und die Sicherstellung des Kindeswohls. Und natürlich wird auch hier auf die vorzuweisenden pädagogischen Grundkompetenzen als Gewähr für eine gute Erziehung und Bildung geachtet werden müssen.

 

Gerade bei der Aufnahme von Flüchtlingskindern geraten Gast- bzw. Pflegeeltern aufgrund fehlender interkultureller Kompetenzen und fehlender Ausbildung im Umgang mit z.T. schwersttraumatisierten Kindern sehr schnell an ihre Grenzen. Es bedarf hier einer sehr sorgfältigen Auswahl, Ausbildung und Begleitung.

 

Auch die Unterbringung von UMA bei Verwandten steht unter denselben rechtlichen Vorgaben. Die MitarbeiterInnen im PKD sind von der Personalstärke her schon durch die allgemeine Fallzahlentwicklung der letzten zwei Jahre sehr stark belastet worden. Die Altersstruktur und die wachsende  Belastung der letzten zwei Jahre  wirken sich  mittlerweile spürbar auf die tägliche Arbeit und die psychische wie physische Verfassung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus.

Es zeichnet sich auch hier – wie beim ASD – ein bei anhaltender Überschreitung der  Belastungsgrenzen - sehr kurzfristig zu befriedigender Personalbedarf ab. Ebenfalls über den Stellenplannachtrag in 2016.

 

 

5. Fachdienst 365 (Wirtschaftliche Jugendhilfe)

 

Auch wenn die Wirtschaftliche Jugendhilfe in direktem Bezug zu den Leistungen der anderen Fachdienste steht, wird derzeit kein aktuelles Personaldefizit gesehen. Wahrscheinlich wird erst das „Aufholen“ der Zuwanderer in der Jugendhilfe (Betreuung, HzE) neue Belastungssituationen schaffen.

 

Bis dahin werden  die nach Abwicklung des Betreuungsgeldes zur Verfügung

stehende  Personalkapazität und ggf. ergänzende Aufstockungen von

MitarbeiterInnen für’s Erste den Bedarf abdecken.

 

6. Fachdienst 366 (Familie und Integration)

 

Die vorgesehene Zuweisung von zwei Stellen zur Unterstützung des Ehrenamts und der Kommunen im Rahmen des Nachtrags 2015  setzt den Fachdienst sicherlich in die Lage, erste Unterstützungsmaßnahmen einzuleiten und zu betreiben. Angesichts der (noch) dezentralen Unterbringung und der zu bearbeitenden Fläche besteht dennoch eine große Herausforderung, wie sich an der  jetzigen sehr hohen Nachfrage und den Inanspruchnahmen gut ablesen lässt.

 

Die konsequente Umsetzung der neuen (Aufbau eines umfänglichen Integrationslotsenbestandes) und die Stabilisierung bewährter Projekte (Elmigra, MiMi) sowie die Übernahme des Integra-Projektes zum Frühjahr (hier steht eine Verdopplung des Dolmetscher und Integrationsbegleitpersonals heran)

sind mit dem derzeitigen Personalbestand aufgrund der Entwicklung trotz einer vorgenommenen, befristeten Erhöhung um eine halbe Stelle, nicht ausreichend zu leisten.

 

Die Inanspruchnahme der Integrationsprojekte (nicht nur hausintern, sondern auch durch zahlreiche andere Leistungserbringer wie AA, Jobcenter, Polizei, Kommunen, Schulen, Kitas, etc) ist rasant angestiegen und lässt sich schon jetzt kaum noch abwickeln.

 

Eine quantitative Vergrößerung der Projekte ist hier unumgänglich. Dies wird auch für die Umsetzung der in Richtung Eltern- und Familienarbeit zielenden Unterstützungsarbeit des FSB zwingend benötigt, um der Zielsetzung der Familienfreundlichkeit und der Erziehungsfähigkeit der Eltern auch bei den Flüchtlingen gerecht werden zu können.

 

Hier sollte dem FD 366 (FSB) eine weitere halbe Stelle dazugegeben werden, die in diesem Bedarfsfeld unterstützt. Gut wäre es, die bislang durch Landeszuweisungen mittelbar kofinanzierte halbe Stelle der im Rahmen der Koordinierungsstelle Migration und Teilhabe eingesetzten Sachbearbeiterin  auf Vollzeit aufzustocken, um den Belangen der Konzeption Familienfreundlichkeit Rechnung zu tragen.

 

Die Sachbearbeiterin hat sich als fachlich sehr versiert in ihrer Aufgabenwahrnehmung gezeigt und bringt für dieses Vorhaben sehr gute Voraussetzungen ein, um gerade die Belange der Integrationsprojekte und -angebote mit Blick auf die für Familien notwendigen Maßnahmen gut in die Vernetzung zu bringen und den Fachdiensten der Jugendhilfe und zahlreichen Externen in diesem Kontext zugänglich zu machen.

  

Natürlich ist auch das originäre Familienservicebüro mit seinen Aufgaben jetzt – und bei der noch zu erwartenden Zuwanderung von nachreisenden Familien auch künftig – stark gefordert.

 

Hier bleibt aus Sicht des Fachbereichs zunächst abzuwarten, wie die Situation sich übers Jahr 2016 entwickelt und welche Notwendigkeiten sich daraus ergeben. Ggf. müsste auch hier über einen Stellennachtrag kurzfristig reagiert werden, um der Zielsetzung „Familienfreundlicher Landkreis“ noch ausreichend entsprechen zu können.

 

Zu berücksichtigen wäre dabei auch die Entwicklung einer vom Fachbereich eingebrachten Idee eines one-stop-governments (Unterbringung des FSB im Haus A als zentrale Anlaufstelle der Jugendhilfe, wie es im ursprünglichen Konzept Familienfreundlichkeit in seiner Funktion vorgesehen war). Hierdurch würde eine sowohl persönliche wie auch  schnelle fachlich versierte Problemaufnahme und Weiterverweisung für die Nachfragenden sichergestellt.

Gerade angesichts der Aufnahme der Flüchtlinge, deren erste Anlaufstellen ebenfalls im Haus A liegen, eine verbesserte Möglichkeit, auch auf diesen Personenkreis einzugehen. Nach Rückmeldung vom Fachbereich 11 wird dieser Ansatz derzeit verfolgt und bedarf noch weiterer Bewertung – insbesondere aus dem Bereich Liegenschaften.

 

 

 

 

 

 

7. Fachdienst 367 (Beratungsstellen)

 

Wie bereits im Bericht zur Entwicklung der Jugendhilfe (im JHA) vorgetragen, sind die Beratungsstellen stark nachgefragt. Insbesondere von Schulen, Kitas und freien Trägern, aber auch aus dem Ehrenamt heraus wird hier permanent um Unterstützung ersucht, um den Alltagserfordernissen gerade mit Blick auf die Traumaproblematik bei Flüchtlingen und den teils divergierenden erzieherischen Vorstellungen begegnen zu können.

 

Hier gilt es sehr kurzfristig strukturiert über den ganzen Landkreis hinweg Angebote aufzustellen und Informationen zu vermitteln, die den unterschiedlichen kulturell bedingten  Erziehungsvorstellungen gerecht werden und dem pädagogischen, aber auch dem kommunalen Personal und dem Ehrenamt Hilfestellung vermitteln. Auch der bereits jetzt vom Ehrenamt schon sehr deutlich vorgetragene Wunsch, regelmäßig Entlastung im Rahmen einer „Psychohygiene“ zu erfahren, fordert den Einsatz (Trauma-) erfahrener Beratungskräfte.

 

Dazu kommt das im Rahmen der letzten Organisationsuntersuchung noch nicht berücksichtigte Arbeitsaufkommen für die Beratung und Unterstützung der Heimkinder aus den 50/60er Jahren, das sich wegen der notwendigen Mehrfachberatungen, die sich aufgrund der psychischen Verfassung der Ratsuchenden sehr aufwändig gestaltet und zu einem (allerdings verpflichtenden) Kapazitätsfresser entwickelt hat.

 

Die entsprechenden Richtlinien und Anweisungen sind gerade bis einschließlich 2018 in Verlängerung gebracht worden.

Im Ergebnis muss hier eine Vollzeitstelle für beratende Tätigkeiten im obigen Sinne zugewiesen werden.

 

 

8. Fachdienst 368 (Frühkindliche Bildung und Teilhabe)

 

Zunächst ist hier auf ein seit Jahren – im Rahmen der Untersuchung Ramboll und durch eine aktuelle Aufgabenfortschreibung und Stellenbemessung aus 2015 bestätigtes  - bestehendes Defizit zu verweisen, das sich mittlerweile auf drei Vollzeitäquivalente beläuft.

 

Bislang hatte der Fachdienst den Defizitausgleich immer wieder verschoben.

Zum einen aufgrund der vorübergehenden Unterbringung in der Rühmkorffstr., wo keine Büros zur Verfügung standen, zum anderen aber sollte die sehr starke Aufgabenentwicklung in dieser Interimszeit verfolgt und bewertet werden, um eine konkrete Vorstellung über die Notwendigkeiten zu erhalten.

 

Im Ergebnis soll hier trotz eines größeren Defizites versucht werden, mit vorläufig nur einer Vollzeitstelle Sozialarbeiter/in den immensen Aufgabenzuwachs in diesem Fachdienst mit den Schwerpunkten Frühkindliche Bildung, Qualitätsentwicklung, Kinderschutz, gesetzliche Beratungsverpflichtung nach

§§ 8a u. b SGB VIII sowie Frühe Hilfen (Familienhebammen) aufzufangen, um dann über das Jahr 2016 die weitere Entwicklung im Rahmen der Aufgabenfortschreibung erneut zu bewerten und zu diskutieren.

 

Ein sehr aktuelles Problem kommt auf den Fachdienst 368 (und die kreisangehörigen Gemeinden) in den nächsten Monaten als für die Bewältigung schwer einschätzbare Aufgabe zu:

 

Derzeit ist von einem Gesamtplatzdefizit von rund 200 Betreuungsplätzen (derzeit rund 60 Kinder kreisweit auf Wartelisten und bislang rund 140 Kinder U7 Flüchtlinge, die einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz vortragen könnten) im Landkreis auszugehen, ohne dass eine Begrenzung wegen der wöchentlichen Steigerung durch Aufnahme weiterer Flüchtlinge absehbar ist.

Mit einem kurzfristigen Ausgleich durch kommunale Aktivitäten (Bau von Krippen und Kitas) ist angesichts der finanziellen Anforderungen durch die Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge und der Unwägbarkeit der weiteren Entwicklung nur eingeschränkt zu rechnen.

 

Eine besondere Stellung wird hier die – über die Förderrichtlinien in den Investitionen teils refinanzierbare – Gestellung von Tagespflege einnehmen.

Nicht nur dass sie hinsichtlich der zeitlichen Bindung der Fördermittel auf nur sieben gegenüber 25 Jahren beim Krippenausbau verpflichtet ist, sondern auch dadurch, dass es für die Genehmigung der Räumlichkeiten und die Ausbildung des erforderlichen Personals bei entsprechender Herangehensweise  - trotz des für pädagogische Fachkräfte sehr schwierigen Arbeitsmarktes -  im Vergleich relativ kurzfristige Perspektiven zur Umsetzung gibt. Auch zahlt das Land eine Betriebskostenförderung von € 1,68/h U3 und 0,78€/h Ü3 an den Landkreis und finanziert die Fachberatung und die Fortbildung mit 599,00 €/je Tagespflegeperson, die sich dem Landkreis zur Verfügung stellt.

 

Dem gegenüber steht nicht nur die finanzielle Verpflichtung des Landkreises zur Kofinanzierung von 20% der investiven Kosten lt. Vereinbarung beim Ausbau von Einrichtungen, sondern auch - infolge des erweiterten Stundenangebots - die steigenden Betriebs- und Folgekostenförderungen (bislang rund 1,5 Mio € p.a.) in Analogie zur zeitlichen Bindung der investiven Mittel.

 

Unabhängig davon sei auf die für den Landkreis bestehende Verpflichtung zum Vorhalt von anteilig 30% der gesamten Betreuungsplätze U3 in der Tagespflege hingewiesen, die 2008 auch als Grundlage für die Verteilung der Fördermittel und die Ausgestaltung des Angebots mit den Kommunen vereinbart worden war.

 

Der Fachbereich hält hier zunächst die Einrichtung von 20 Plätzen in der Tagespflege in Nienburg für sinnvoll, um einen ersten Schritt in diese Richtung zu gehen. Aus den bisherigen Daten zu den Wartelisten geht die Stadt Nienburg deutlich als Problembereich hervor, nicht nur weil die Tagespflege in den letzten Monaten im Stadtbereich rund fünfzehn Plätze im Angebot verloren hat, sondern auch weil das Gesamtangebot aufgrund der letzten Meldungen nicht ausreichend zur Bedarfsdeckung aufgestellt ist.

 

Hinzu kommt das vermehrte Angebot von Sprachkursen für die Zuwanderer, bei denen Eltern während der  Teilnahme eine Betreuungsmöglichkeit für ihre Kinder anzubieten ist.

Soweit die Kinderbetreuung von anderen Leistungsträgern(z.B. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Jobcenter, Agentur) finanziert wird, wird selbstverständlich ein Erstattungsanspruch geltend gemacht werden.

 

Abgesehen von den erforderlichen Investitionen in die Tagespflege, die teils über die Richtlinie Ausbau Tagesbetreuung (RAT) gegenfinanziert werden können, lässt sich eine solche Großtagespflegestelle personell nur noch über ein Festanstellungsmodell betreiben.

 

Für die Absicherung eines ausreichend flexiblen zeitlichen Betreuungskorridors (06.00 bis 18.00 Uhr) und ein 20 Plätze umfassendes Angebot wäre die Bewilligung von drei VZÄ ErzieherIn (S 6) und drei VZÄ Tagespflegepersonen (S3) in flexibler Ausgestaltung der Präsenz notwendig. Auch dieses müsste im Stellenplan 2016 seinen Platz finden. Für eine durchgängige Auslastung wären u.a. Absprachen mit der VHS und anderen Anbietern zu treffen, die darauf zielen das Betreuungs- und das Sprachlernangebot in zeitliche Kongruenz zu bringen.

 

Die Akquise von Erzieherinnen für eine risikobehaftete freiberufliche Tätigkeit in der TP und auch von „Tagesmüttern“ hierfür ist derzeit illusorisch, da sich nicht nur die Nachfrage nach ErzieherInnen grundlegend gewandelt hat, sondern sich daneben die  Tagesmütter, die ihre Ausbildung in den letzten Jahren abgeschlossen haben, aufgrund des hohen Betriebsrisikos und der bisher schwierigen Auslastung/Auskömmlichkeit  mittlerweile anderen Tätigkeiten zugewandt haben, die ihnen auch den Beitritt zur Sozialversicherung ermöglichen.

 

Soweit sich die Inanspruchnahme einer kreiseigenen Liegenschaft nicht umsetzen lässt, wäre in erhöhtem Maß von bisher nicht veranschlagten Investitionskosten in fremdes Eigentum auszugehen.

 

Frühkindliche Bildung/Spracherwerb:

 

Ein weiteres – die Integration und Teilhabe der Zuwanderer wesentlich bestimmendes Moment - ist die Kenntnis der deutschen Sprache. Hier kommt der Vermittlung im Rahmen der Frühkindlichen Bildung (wissenschaftlich seit Jahren belegt) die wichtigste Rolle zu.

Immer mehr „sprachlose“ Kinder finden sich in den Tageseinrichtungen und bedürfen einer besonderen Förderung und daneben wegen ihrer bisher sehr schwierigen Erfahrungen auch einer speziellen individuellen Auseinandersetzung.

Auch die Elternarbeit in diesem Kontext stellt eine Herausforderung für das pädagogische Personal dar, das schon jetzt  mit der Erfüllung der Rahmenempfehlungen hinsichtlich Bildung, Erziehung und Betreuung an oder über die eigenen Grenzen hinweg arbeitet.

 

Hier sind – bei Entwicklung entsprechender Konzepte – zusätzliche Personalkosten zunächst vermeidbar, indem über Honoraraufwand z.B. die pädagogischen Fachkräfte der Grundschulen eingebunden und ein über entsprechende Schulungsangebote begleitetes Ehrenamt für die Sprachentwicklung angesprochen werden könnte.

 

 

Dies hätte jedoch bei 368 nochmals gravierende Veränderung im Sprachförderkonzept und eine Neuordnung der Aufgaben der Sprachförderkräfte in Richtung Ausbildungspersonal zur Folge.

 

Die Kooperationsvereinbarung mit dem Landkreis Schaumburg im Rahmen des Bundesprojekts Sprach-Kita deckt gerade einmal fünf Einrichtungen ab, so dass in den rund 65 verbleibenden Einrichtungen Sprachförderung zu einem Dauerdefizit aufwachsen wird, wenn nicht jetzt dagegen vorgegangen wird.

 

Niedrigschwellige Jugendhilfeansätze im Rahmen der Frühen Hilfen:

  

Mit den  künftigen Entwicklungen im Kinderschutz mit Sicht auf die Zuwanderer werden niedrigschwellige Hilfen wie Familienrat und Unterstützungsfamilien eine deutliche Erweiterung erfahren, da bei diesem Adressatenkreis durchaus auf funktionierende Familiensysteme gesetzt werden kann, die sich durch passende Begleitung in die „Selbsthilfe“ steuern lassen.

Ob und in welchem Umfang dies personelle Konsequenzen zeigen wird, bleibt abzuwarten. Im Vergleich zu den  Kosten für stationäre oder umfangreiche ambulante Maßnahmen würde sich ein solcher Einsatz in allerkürzester Zeit amortisieren.

 

Auch dieser Bereich bleibt in der Beobachtung und geht in die im Verlauf von 2016 vorzunehmende Bewertung mit ein.  

 

 

9. Allgemeine soziale Integration/Heranführung an die Jugendhilfe

 

Mit den obigen Ansätzen  ist die soziale Integration und die Hinführung zur

Jugendhilfe der Zuwanderer  nicht einmal im Ansatz  abgedeckt.

 

Die Heranführung an das soziale und das Bildungssystem, die Begleitung in zahlreichen Alltags-, Erziehungs- und Erwerbsobliegenheiten bis hin zur Gewährung erzieherischer Hilfen braucht Zugänge und Maßnahmen, die es vorzubereiten und umzusetzen gilt.

Hier werden auch die Flüchtlingsberatung und die Migrationsberatung in der Subsidiarität  seitens des Landes über eine veränderte Richtlinie personelle und finanzielle Neuaufstellung erfahren. Dies wird aber bei der Vielzahl von Belangen der Jugendhilfe  und der dezentralen Unterbringungen (sehr schwierige Erreichbarkeit) bei Weitem nicht ausreichen, insbesondere mit konkretem Bezug und dem notwendigen direkten Kontakt  zu den Angeboten und Diensten des Landkreises, insbesondere der Jugendhilfe.

 

Allein für das ProAktiv-Center ergeben sich schon auf einen ersten Blick durch künftig vermehrt notwendig werdende aufsuchende Arbeit sehr sinnvolle Einsatzmöglichkeiten, die aufgrund bereits vorliegender Ideen schon heute die Dimension einer Vollzeitstelle erreichen.

Gleiches gilt für die oben näher beschriebenen Entwicklungen, die der ASD und der PKD aktuell hinzunehmen haben.

 

Neben diesen bereits vorliegenden, aber noch nicht hinreichend bewerteten Ideen und Entwicklungen, „bereist“ der Fachbereich im November und Dezember –wie in der Sitzung am 06. Oktober mit den Kommunen vereinbart -  mit den Fachdienstleitungen  362, 366, 368 die Gemeinden, um sich einen Überblick über die lokalen Gegebenheiten zu verschaffen und die Erwartungshaltungen und auch Möglichkeiten der einzelnen Kommunen zu Jugendarbeit, Erwerbsintegration, Integration, Betreuung und Frühkindlicher Bildung u. Teilhabe und die Belange der ehrenamtlichen Unterstützerkreise aufzunehmen, zu bewerten und  in ein Unterstützungskonzept umzusetzen.

Auch die Bewertung hinsichtlich der sozialräumlichen Notwendigkeiten aus Perspektive der Jugendhilfe der sozialen Dienste ASD und PKD wird in diesem Kontext vorgenommen.

 

Für die hieraus dann zu erwartenden Aufgaben ist der Stellenansatz von

wenigstens zwei Stellen Sozialarbeit – unabhängig davon, welchem Fachdienst sie hinterher zugeschlagen werden – in den Stellenplan einzubringen. Diese sollen bis zur Bewertung des künftigen (ggf. vorübergehend flexiblen) Einsatzes (Priorisierung erfolgt in Bewertung der laufenden Entwicklungen und daraus erwachsender Notwendigkeiten) zunächst bei der Fachbereichsleitung angegliedert werden, die diese dann nach Notwendigkeit einsetzt.

 

Der Blick auf den sehr schwerfälligen Arbeitsmarkt und die Erfahrungen aus der jetzigen Entwicklung lassen den vorsorglichen Vorhalt einer Einstellungsmöglichkeit für dringend notwendig erscheinen, um rechtzeitig reagieren zu können.

 

Daneben betreibt der Fachbereich auf der Ebene der Fachdienste eine sehr restriktive Aufgabenkritik, definiert Zuständigkeiten und Schnittmengen der einzelnen Fachdienste, um Parallelstrukturen oder Überschneidungen mit Reibungsverlusten zu vermeiden.

 

 

Fazit:

 

Trotz der auf den ersten Blick sicher sehr hoch anmutenden Personalanforderung muss darauf hingewiesen werden, dass dies nur die schon heute absehbaren Notwendigkeiten erfasst. Ausgehend von der bisher bekannten Zuweisungsquote und den damit in der Folge zu erwartenden Familiennachzügen (statistischer Ansatz ist hier das Verhältnis 1 : 5-8) kann in der Dimension durchaus der Vergleich mit den Spätaussiedlerzugängen in den 80/90er Jahre gezogen werden.

 

Allerdings wanderte seinerzeit eine Bevölkerungsgruppe zu, die in ihren Wertevorstellungen eine große Kongruenz mit der Aufnahmegesellschaft aufzuweisen hatte und der – aufgrund der geschichtlichen Hintergründe – von vorneherein eine offenere Willkommenskultur entgegengebracht wurde. Dies zeichnet sich in Betrachtung der aktuellen Widerstände aus der Bevölkerung (Pegida, rechtsextr. Anschläge, offen artikulierter „Sozialneid“) schon jetzt  leider  nicht so positiv ab.

 

Gemessen an den tatsächlichen Erfahrungen der (nicht ausreichend

stattgefundenen) Integration der Gastarbeiter und deren Nachfolgegenerationen, dem  Erleben noch heute teils fehlender Integration der Asylbewerberwelle der 90er und an einigen Stellen selbst bei den Spätaussiedlern heute noch wahrnehmbaren Ausgrenzungen kann von hier nur dringend ein  rechtzeitiges und offensives Eingehen auf die jetzige Herausforderung angeraten werden, um z. B.  nicht erneut enorme Steigerungen in den Jugendhilfekosten für die Folgejahre  - wie in diesem Jahrzehnt - zu provozieren, von den gesellschaftlichen Problemlagen der Segregation ganzer Bevölkerungsgruppen einmal abgesehen.