a) Anpassung der Kindertagespflege an die aktuelle
und künftige Bedarfslage
b) Aufbau einer Großtagespflegestelle in Nienburg/Weser
zu a)
Der Jugendhilfeausschuss empfiehlt die vom Fachbereich vorgeschlagene
Vorgehensweise.
zu b)
Der Jugendhilfeausschuss empfiehlt den Aufbau von zwanzig Betreuungsplätzen in der Tagespflege in der vom Fachbereich Jugend vorgeschlagenen
Vorgehensweise.
Sachverhalt
a) Anpassung der
Kindertagespflege an die aktuelle und künftige Bedarfslage
Rückblickend auf die letzten fünf Jahre ist festzustellen, dass sich die Zahl der
Tagespflegepersonen und damit die Zahl der verfügbaren Betreuungsplätze U3 in der Tagespflege sehr stark verringert hat.
Gleichzeitig stieg – insbesondere in den letzten eineinhalb Jahren – die Nachfrage in einigen Gemeinden durch
- verstärkte Geburtenzahlen,
- Wanderungszuwächse – nicht allein durch den Zugang von Flüchtlingen –
und
- durch ein allgemein steigendes Interesse von Eltern an der Wiederaufnahme einer Berufstätigkeit und damit einhergehend an mehr Betreuungsplätzen.
- Als weitere Schwierigkeit kommt die rechtzeitige Bereitstellung von Betreuungsplätzen für das aufgenommene – wenn auch derzeit im Zugang verringerte – Kontingent an Flüchtlingskindern hinzu. Zurzeit liegt nur für einen sehr kleinen Bruchteil von Flüchtlingskindern eine Anmeldung vor. Nicht nur hier ist sehr zeitnah mit gravierenden Veränderungen nicht nur der Bedarfszahlen (Betreuungsplätze), sondern auch des Betreuungsrahmens hinsichtlich der zeitlichen Flexibilität zu rechnen (Weitergehende Flexibilisierung der Arbeitszeiten von Eltern, notwendige frühkindliche Bildung und Spracherwerb, Integrationsmaßnahmen der Eltern, Arbeitsaufnahme der Eltern).
Allein bis Anfang Mai 2016 hat der Landkreis Nienburg/Weser über 700 Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren als Flüchtlinge aufgenommen. Selbst bei ausschließlicher Berücksichtigung der mit einer belastbaren Bleiberechtsperspektive ausgestatteten Kinder resultiert hieraus eine sehr große Herausforderung, der mit dem bisherigen Krippenausbau allein nicht begegnet werden kann. Hier sind – auch mit Blick auf den Arbeitsmarkt und das dort verfügbare pädagogische Personal – die Grenzen für einen weiteren Ausbau erreicht, so dass die Gemeinden sowohl personell als auch konzeptionell, aber auch mit entsprechenden Räumlichkeiten das nun zu erwartende Maß an notwendiger flexibler Betreuung nicht mehr ausreichend garantieren können.
Orientiert an der bei Einführung der Tagespflege vom Gesetzgeber gewünschten gleichrangigen Betreuungsalternative Tagespflege und des bereits im Rahmen des Krippengipfels vereinbarten anzustrebenden Anteils von 30% der Plätze in Tagespflege führt insbesondere der Schwund der Tagespflege in den vergangenen Jahren jetzt zu Lücken, die – trotz aller Bemühungen und Gespräche der Kommunen mit ihren Trägern nicht zu schließen sind.
Viele bereits geplante Maßnahmen zur Erweiterung der vorhandenen Kapazitäten und Konzepte durch Ausbau, Umbau oder Veränderung der Gruppenstrukturen und –angebote – werden ohne zusätzliches Engagement des Landkreises in der Tagespflege den zukünftigen Bedarf an flexibler und gleichzeitig verlässlicher Betreuung nicht mehr abdecken können.
Auch wenn – mit sehr vorsichtigem Blick – die Betreuung für das Kindergartenjahr 2016/17 zunächst noch zu klappen scheint, ist angesichts der dann aber zu erwartenden Zahlen der Ausbau von Betreuungsplätzen in der Tagespflege forciert anzugehen, um rechtzeitig den notwendigen Vorhalt für das kommende Jahr zu gewährleisten.
In den vergangenen Jahren spielte die Tagespflege in der Bedarfsdeckung aufgrund fehlender Nachfrage durch die Elternschaft bei einem zu der Zeit ausreichenden Angebot an Krippenplätzen nur eine untergeordnete Rolle und wurde im Landkreis überwiegend für die Randzeitenbetreuung und Überhänge, denen im Rahmen der angebotenen Betreuungszeiten nicht ausreichend entsprochen werden konnte, genutzt.
Nur vereinzelt wurde die Tagespflege von Anfang an in die Betreuungslandschaft integriert und entsprechend aufgebaut.
Der einmal vorhandene Bestand an Tagespflegepersonen und – plätzen ging
aufgrund fehlender Inanspruchnahme kontinuierlich zurück.
Viele Tagespflegepersonen wendeten sich einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit zu, da eine Auskömmlichkeit in der Tagespflege nicht mehr zu erreichen war. Dies trotz der seinerzeit deutlich angehobenen Leistungen im Rahmen der
Entgeltordnung.
Folgende wesentliche Ursachen sind im Rahmen eines Workshops mit den
Tagespflegepersonen im Februar identifiziert worden:
- Fehlende Planungssicherheit und die hieraus entstehenden Schwankungen im monatlichen Einkommen und bei der Absicherung
in der Sozialversicherung,
- Fehlende Einbindung in das kommunale Vergabesystem,
- Fehlende Risikoabsicherung bei Abbruch oder Ausfall,
- Hoher organisatorischer Aufwand,
- Schwierige Vertretungsregelungen bei kurzfristigen Ausfällen von Tagespflegepersonen,
- Zu geringe Öffentlichkeitsarbeit durch Landkreis und Kommunen, um die Tagespflege in die Wahrnehmung der Eltern zu bringen.
Zudem wurde – da die Tagespflegepersonen sich auch gern für die Arbeit mit Flüchtlingskindern einbringen würden – ein deutliches Mehr an Fort- und Weiterbildung eingefordert.
Während die organisatorischen Schwierigkeiten, die Aus- und Weiterbildung,
die Öffentlichkeitsarbeit und die Regelung von Vertretungen in die Zuständigkeit des Landkreises fallen und in Abstimmung mit den Tagespflegepersonen und den Diensten des Fachbereichs veränderbar sind, fallen die Anerkennung der Tagespflege als gleichrangiges Angebot, die entsprechende Berücksichtigung bei der Vergabe und die auf Dauer angelegte verlässliche Einbindung in die Betreuungslandschaft in die Aufgaben der Gemeinden.
Dieses wurde am 04. Mai mit den Hauptverwaltungsbeamten ausführlich erläutert und vom Fachbereich als Grundvoraussetzung für eine Reaktivierung
der Tagespflege dargelegt.
Von dort wurde einvernehmlich Zustimmung zu dieser Analyse signalisiert, was dem Landkreis nun die Möglichkeit gibt, die Tagespflege noch einmal mit Blick auf die jetzt bestehenden Notwendigkeiten neu zu konzipieren bzw. mit den entsprechenden Regularien zur Absicherung des Rechtsanspruchs auf Betreuung zu hinterlegen.
Hierfür wird die Einführung einer weiteren Kategorie in der Tagespflege in der
Entgeltordnung vorzusehen sein.
Wert zu legen ist hierbei auf eine Tagespflege, die sich im Rahmen einer
verbindlichen Kooperationsvereinbarung zwischen
Landkreis, Kommune und Tagespflege dazu verpflichtet,
- Auf zusätzliche privatrechtliche Entgelte zu verzichten,
- Ein minimales Betreuungszeitfenster anzubieten,
- Erweiterte Qualitätsansprüche zu erfüllen hinsichtlich Fort-
und Weiterbildung sowie laufender Qualitätsentwicklung.
Hierdurch entsteht für die Zukunft eine tatsächliche Gleichrangigkeit neben
der Krippenbetreuung.
Zum Ausgleich für diese verbindliche Kooperation und die daraus erwachsenden Belastungen ist der durchschnittliche Stundensatz für die Betreuungsleistung
zu erhöhen.
Eine entsprechende Änderung wird derzeit erarbeitet und soll dem Kreisausschuss zur Beschlussfassung für die Änderung der bestehenden Entgeltordnung vorgelegt werden, um bereits zum Beginn des kommenden Betreuungsjahres wirksam
zu werden.
b) Aufbau einer
Großtagespflegestelle in Nienburg/Weser
Bereits im vergangenen Jahr hat der Fachbereich auf die steigenden
Bedarfe an Betreuungsplätzen hingewiesen.
Hinsichtlich der Defizite – insbesondere im Wissen um die bislang noch nicht
angemeldeten Flüchtlingskinder – nimmt hier die Stadt Nienburg/Weser einen
besonderen Platz ein.
Daneben wird - z.B. von den Helios-Kliniken- ein Bedarf nach einem flexiblen, an den Arbeitszeiten der Bediensteten ausgerichteten Betreuungsangebot gesehen, das im Rahmen der städtischen Angebote nicht erfüllt werden kann.
Gleiches gilt für die zahlreichen Arbeitgeber, die keine „normalen“ Arbeitszeiten
anbieten, sondern auf Schichtarbeit oder wechselnde Tagesschichten zurückgreifen.
Hier sind exemplarisch die Polizei, Ärzte und der Einzelhandel zu nennen.
Diesen kann im Rahmen des jetzigen Angebots nur unzureichend genügt werden.
Während die im vergangenen Jahr erwogene landkreisbetriebene
Großtagespflegestelle sich allein aufgrund der hohen Gestellungskosten der in
Betracht gezogenen Immobilie (ca. 350.000 €) erledigt hat und damit einhergehend auch die Festanstellung entsprechender Betreuungskräfte entfällt, kann
der Fachbereich jetzt auf eine unerwartete Möglichkeit zurückgreifen:
Auf dem Gelände der ehemaligen Mudra Kaserne (Gelände Polizei, Krankenhaus am Berliner Ring) steht durch einen Investor die umfassende Renovierung eines noch verbliebenen Blockes in der Diskussion.
Der Investor bietet die Möglichkeit, im Erdgeschoss die für zwanzig Betreuungsplätze (Einschätzung durch den Fachbereich zur künftigen Notwendigkeit) erforderlichen Umbauten vorzunehmen und im Anschluss dem Landkreis zu vermieten.
Hierdurch entstände für den Fachbereich die Möglichkeit, im Rahmen einer
Untervermietung dort ausgewählte Tagespflegepersonen anzusiedeln und - unter Verrechnung mit den vom Landkreis ihnen zu zahlenden Sachkosten- selbständig tätig werden zu lassen.
Durch eine bereits bestehende Nachfrage seitens der Helios-Kliniken und die von umliegenden Behörden (Polizei, Amtsgericht), des Einzelhandels (Aldi, Lidl,
BurgerKing) sowie zahlreicher Ärztehäuser und Apotheken zu erwartende
Inanspruchnahme sollte eine Auslastung möglich sein.
Zudem wäre ein zentraler Vorhalt eines Platzangebotes für notwendig
werdende Vertretungen möglich, der es Eltern aus in schwierigen Lagen kurzfristig ermöglicht, ihr Kind betreuen zu lassen.
Der Fachbereich hält es für zielführend – ein dem ortsüblichen Mietzins
entsprechendes Angebot vorausgesetzt – sich dort einzumieten und zwanzig Betreuungsplätz in der Tagespflege zu schaffen.
Die hierfür möglichen Fördermittel – soweit sich aus Landes- oder Bundesmitteln welche generieren lassen – würden dazu abgerufen und eingebracht.