Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt nimmt Kenntnis.
Sachverhalt
Die Mitgliedsstaaten der
Europäischen Union (EU) sind zur Sicherung der Natura 2000-Gebiete durch
nationales Recht verpflichtet. Hintergrund ist das Bestreben der EU zur
Errichtung des größten ökologischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000 zur Sicherung
der biologischen Vielfalt in Europa.
Die Natura 2000-Schutzgebietskulisse
setzt sich aus Fauna-Flora-Habitat-Gebieten (FFH-Gebieten) und
Vogelschutzgebieten zusammen.
Im Landkreis Nienburg/Weser
liegen insgesamt 13, z.T. sehr großflächige bzw. breit gestreute FFH-Gebiete
und 5 Vogelschutzgebiete. Diese hätten spätestens
bis Ende 2013 abschließend hoheitlich, d.h. durch Schutzgebietsausweisung,
gesichert werden müssen. Sicherungen in Form des lange durch die alte
Landesregierung (bis 2013) kommunizierten Vertragsnaturschutzes als vorrangiges
Sicherungsmittel, wurden mit zahlreichen Entscheidungen des europäischen
Gerichtshofes u.a. aufgrund der fehlenden dauerhaften Bindungseigenschaft und
Drittwirkung, verneint.
Frau Staatssekretärin
Kottwitz machte mit Erlass (sog.
„Kottwitz-Erlass“) vom 03.06.2014 deutlich, dass die EU-Kommission die
von den Landkreisen gemeldeten langen Sicherungszeiträume (der LK
Nienburg/Weser meldete für die kreiseigene abschließende Natura 2000-Sicherung
das Jahr 2027 und für die damit einhergehende Maßnahmenplanung Ende 2029 als
Umsetzungstermin) nicht akzeptieren würde und die umgehende Einleitung eines
Vertragsverletzungsverfahrens zu erwarten sei, da ein entsprechende
Vorverfahren, das sog. Pilotverfahren, bereits Anfang 2014 gegen die
Bundesrepublik Deutschland eröffnet wurde.
Um eine hohe
Vertragsverletzungsstraße als Folge eines Vertragsverletzungs-verfahrens zu
vermeiden, leitete das Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (MU) die
von den Landkreisen angeforderten Berichte mit geänderten Zeiträumen weiter und
setze 2018 bzw. 2020 für die Umsetzung als Abschlusszeitpunkte fest.
Um im Gegenzug die
verstärkte Unterstützung der Landkreise durch das MU und die Fachbehörde für
Naturschutz (Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft-, Küsten- und Naturschutz,
NLWKN) zu erwirken, stimmten der Niedersächsische Landkreis- (NLT) und
-Städtetag (NST) in der
Präsidiumssitzung des NLT vom 30.06.2014 einer „Politischen Zielvereinbarung“
mit dem MU zum „zeitnahen Abschluss der Ausweisung der Natura
2000-Sachutzgebietskulisse in Niedersachsen“ einstimmig zu. Die
Zielvereinbarung ist als Anlage beigefügt.
Diese Zielvereinbarung
verpflichtet die Landkreise und das Land zur gemeinsamen
Umsetzung der Gebietssicherung bis 2018/20 und benennt konkrete Aufgaben
des Landes und des NLWKN zur Behebung der landesseitigen Defizite und zur
Unterstützung der unteren Naturschutzbehörden.
Gleichzeitig
forderte der NLT die Landkreise und die Region Hannover auf, das für die
Zielerreichung erforderliche Personal und die Sachmittel zur Verfügung
zu stellen, um die drastisch verkürzten Umsetzungsfristen und die damit
einhergehende Bündelung von Schutzgebietsausweisungsverfahren einhalten zu
können.
Zur Umsetzung der EU- und bundesrechtlich verankerten Anforderungen zur
Sicherung und Entwicklung der Gebietskulisse wurde in der Sitzung des
Kreistages am 24.10.2014 einer z.T. zeitlich befristeten
Personalaufstockung von 2 Ingenieurs-
und 1,5 Verwaltungsstellen im Fachdienst Naturschutz zugestimmt (ein
Stellenmangel im Fachdienst Naturschutz wurde bereits zuvor durch eine
hausweite Untersuchung durch ein international renommiertes Beratungs-unternehmen
festgestellt).
Im Februar 2015 wurde schlussendlich
das Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen
unzureichender Sicherung der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung durch die
EU eingeleitet.
Aktueller Stand der Gebietssicherung im Landkreis Nienburg / Weser
Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurden die folgenden Naturschutzgebiete
(NSG) und Landschaftsschutzgebiet (LSG) mit europarechtskonformen
Verordnungsinhalten abschließend gesichert:
§ NSG HA 208 Uchter
Moor (2007)
§ NSG HA 42 Rehburger
Moore (2011)
§ LSG NI 34 Sündern
(2011)
§ NSG HA 221
Liebenauer Gruben (2012)
§ LSG NI 48 An der
Schleifmühle (2013)
§ NSG HA 177 Wellier
Schleife/Staustufe Landesbergen (2014)
§ LSG NI 22 Estorfer
See (2014)
Mit Erhöhung der Personalkapazität wurden die
Anstrengungen zur fristgerechten Sicherung nochmals verstärkt, so dass weitere
Verordnungen in Kraft treten konnten:
§ NSG HA 230
Orchideenwiese bei Diepenau (2015)
§ NSG HA 108
Hägerdorn (2016)
§ NSG HA 98
Burckhardtshöhe (2016)
§ LSG NI 64 Wellier
Kolk (2016)
Mit Beschluss des Kreistages am 21.10.2016
und der nun noch zu erfolgenden Bekanntgabe im Ministerialblatt werden zeitnah,
voraussichtlich noch in 2016, weitere Schutzgebietsverordnungen in Kraft
treten:
§ NSG HA 234
Randbereiche Lichtenmoor
§ NSG HA 235
Nienburger Bruch
§ LSG NI 63
Teichfledermausgewässer in der Nienburger Marsch
§ LSG NI 65
Teichfledermausgewässer n der Raddestorfer Marsch
Parallel befinden sich weitere
Schutzgebietsausweisungen in der Vorbereitung bzw. im Verfahren, wie z.B. die
grenzübergreifende NSG-Ausweisung “Steinbrinker-Ströhener-Masch“, die eng mit
dem Landkreis Diepholz abzustimmen ist, sowie die LSG-Ausweisungen „Die Große
Aue von Steyerberg bis zur Weser“, „Die Große Aue von Voigtei bis Steyerberg“,
„Fledermauswälder nördlich Nienburg“ sowie das Verfahren zu Sicherung des LSG
„Steinhuder Meerbach und Nebengewässer“.
Planung für die Jahre 2017 und 2018
Für
die kommenden zwei Jahre sind 5 Schutzgebiete, deren Ausweisung sich bereits in
Vorbereitung befindet (s.o.), hoheitlich zu sichern. Darüber hinaus sind
weitere 6, noch unbearbeitete Schutzgebietsverfahren, vollständig
abzuschließen. Hinzu kommen zudem 3 grenzübergreifende Ausweisungsverfahren,
die benachbarte Landkreise aufgrund einer Zuständigkeitsübertragung auch auf
Flächen des Landkreises Nienburg/Weser durchzuführen haben, und die durch den
Landkreis Nienburg/Weser fachlich und personell unterstützend zu begleiten
sind.
Insgesamt gilt es somit 14 weitere Sicherungsverfahren
abzuschließen, um eine erlasskonforme hoheitliche Sicherung aller
landkreiseigenen Natura 2000-Gebiete in den nächsten 2 Jahren zu erreichen.
Zusätzlich sind für alle Natura 2000-Gebiete die entsprechenden Pflege- und
Entwicklungsmaßnahmen in sog. Management- oder Maßnahmenplänen bis Ende 2020
festzulegen. Vorrangige Aufgabe der unteren Naturschutzbehörde muss daher
weiterhin sein, unter dem von der EU und dem Land Niedersachsen erzeugten
Zeitdruck die einzelnen Gebiete in der Kulisse Natura 2000 zu sichern.
Weitere
Erläuterungen zum Thema Natura 2000 werden in der Sitzung gegeben.
Finanzielle Auswirkungen:
Der Beschluss hat keine finanziellen Auswirkungen.
Anlagen:
- Politische Zielvereinbarung zur Umsetzung von Natura 2000