Betreff
Umsetzung "Natura 2000"; hier: Überblick über den Sachstand
Vorlage
2016/219
Aktenzeichen
554
Art
Bericht

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt nimmt Kenntnis.

 


Sachverhalt

Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) sind zur Sicherung der Natura 2000-Gebiete durch nationales Recht verpflichtet. Hintergrund ist das Bestreben der EU zur Errichtung des größten ökologischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000 zur Sicherung der biologischen Vielfalt in Europa.

 

Die Natura 2000-Schutzgebietskulisse setzt sich aus Fauna-Flora-Habitat-Gebieten (FFH-Gebieten) und Vogelschutzgebieten zusammen.

Im Landkreis Nienburg/Weser liegen insgesamt 13, z.T. sehr großflächige bzw. breit gestreute FFH-Gebiete und 5 Vogelschutzgebiete. Diese hätten spätestens bis Ende 2013 abschließend hoheitlich, d.h. durch Schutzgebietsausweisung, gesichert werden müssen. Sicherungen in Form des lange durch die alte Landesregierung (bis 2013) kommunizierten Vertragsnaturschutzes als vorrangiges Sicherungsmittel, wurden mit zahlreichen Entscheidungen des europäischen Gerichtshofes u.a. aufgrund der fehlenden dauerhaften Bindungseigenschaft und Drittwirkung, verneint.

 

Frau Staatssekretärin Kottwitz machte mit Erlass (sog. „Kottwitz-Erlass“) vom 03.06.2014 deutlich, dass die EU-Kommission die von den Landkreisen gemeldeten langen Sicherungszeiträume (der LK Nienburg/Weser meldete für die kreiseigene abschließende Natura 2000-Sicherung das Jahr 2027 und für die damit einhergehende Maßnahmenplanung Ende 2029 als Umsetzungstermin) nicht akzeptieren würde und die umgehende Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens zu erwarten sei, da ein entsprechende Vorverfahren, das sog. Pilotverfahren, bereits Anfang 2014 gegen die Bundesrepublik Deutschland eröffnet wurde.

 

Um eine hohe Vertragsverletzungsstraße als Folge eines Vertragsverletzungs-verfahrens zu vermeiden, leitete das Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (MU) die von den Landkreisen angeforderten Berichte mit geänderten Zeiträumen weiter und setze 2018 bzw. 2020 für die Umsetzung als Abschlusszeitpunkte fest.

 

Um im Gegenzug die verstärkte Unterstützung der Landkreise durch das MU und die Fachbehörde für Naturschutz (Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft-, Küsten- und Naturschutz, NLWKN) zu erwirken, stimmten der Niedersächsische Landkreis- (NLT) und -Städtetag (NST) in  der Präsidiumssitzung des NLT vom 30.06.2014 einer „Politischen Zielvereinbarung“ mit dem MU zum „zeitnahen Abschluss der Ausweisung der Natura 2000-Sachutzgebietskulisse in Niedersachsen“ einstimmig zu. Die Zielvereinbarung ist als Anlage  beigefügt.

Diese Zielvereinbarung verpflichtet die Landkreise und das Land zur gemeinsamen Umsetzung der Gebietssicherung bis 2018/20 und benennt konkrete Aufgaben des Landes und des NLWKN zur Behebung der landesseitigen Defizite und zur Unterstützung der unteren Naturschutzbehörden. 

Gleichzeitig forderte der NLT die Landkreise und die Region Hannover auf, das für die Zielerreichung erforderliche Personal und die Sachmittel zur Verfügung zu stellen, um die drastisch verkürzten Umsetzungsfristen und die damit einhergehende Bündelung von Schutzgebietsausweisungsverfahren einhalten zu können.

 

Zur Umsetzung der EU- und bundesrechtlich verankerten Anforderungen zur Sicherung und Entwicklung der Gebietskulisse wurde in der Sitzung des Kreistages am 24.10.2014 einer z.T. zeitlich befristeten Personalaufstockung  von 2 Ingenieurs- und 1,5 Verwaltungsstellen im Fachdienst Naturschutz zugestimmt (ein Stellenmangel im Fachdienst Naturschutz wurde bereits zuvor durch eine hausweite Untersuchung durch ein international renommiertes Beratungs-unternehmen festgestellt).

 

Im Februar 2015 wurde schlussendlich das Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen unzureichender Sicherung der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung durch die EU eingeleitet.

 

 

Aktueller Stand der Gebietssicherung im Landkreis Nienburg / Weser

 

Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurden die folgenden Naturschutzgebiete (NSG) und Landschaftsschutzgebiet (LSG) mit europarechtskonformen Verordnungsinhalten abschließend gesichert:

 

§ NSG HA 208 Uchter Moor (2007)

§ NSG HA 42 Rehburger Moore (2011)

§ LSG NI 34 Sündern (2011)

§ NSG HA 221 Liebenauer Gruben (2012)

§ LSG NI 48 An der Schleifmühle (2013)

§ NSG HA 177 Wellier Schleife/Staustufe Landesbergen (2014)

§ LSG NI 22 Estorfer See (2014)

 

Mit Erhöhung der Personalkapazität wurden die Anstrengungen zur fristgerechten Sicherung nochmals verstärkt, so dass weitere Verordnungen in Kraft treten konnten:

 

§ NSG HA 230 Orchideenwiese bei Diepenau (2015)

§ NSG HA 108 Hägerdorn (2016)

§ NSG HA 98 Burckhardtshöhe (2016)

§ LSG NI 64 Wellier Kolk (2016)

 

Mit Beschluss des Kreistages am 21.10.2016 und der nun noch zu erfolgenden Bekanntgabe im Ministerialblatt werden zeitnah, voraussichtlich noch in 2016, weitere Schutzgebietsverordnungen in Kraft treten:

 

§ NSG HA 234 Randbereiche Lichtenmoor

§ NSG HA 235 Nienburger Bruch

§ LSG NI 63 Teichfledermausgewässer in der Nienburger Marsch

§ LSG NI 65 Teichfledermausgewässer n der Raddestorfer Marsch

 

 

 

 

 

Parallel befinden sich weitere Schutzgebietsausweisungen in der Vorbereitung bzw. im Verfahren, wie z.B. die grenzübergreifende NSG-Ausweisung “Steinbrinker-Ströhener-Masch“, die eng mit dem Landkreis Diepholz abzustimmen ist, sowie die LSG-Ausweisungen „Die Große Aue von Steyerberg bis zur Weser“, „Die Große Aue von Voigtei bis Steyerberg“, „Fledermauswälder nördlich Nienburg“ sowie das Verfahren zu Sicherung des LSG „Steinhuder Meerbach und Nebengewässer“.

 

 

Planung für die Jahre 2017 und 2018

 

Für die kommenden zwei Jahre sind 5 Schutzgebiete, deren Ausweisung sich bereits in Vorbereitung befindet (s.o.), hoheitlich zu sichern. Darüber hinaus sind weitere 6, noch unbearbeitete Schutzgebietsverfahren, vollständig abzuschließen. Hinzu kommen zudem 3 grenzübergreifende Ausweisungsverfahren, die benachbarte Landkreise aufgrund einer Zuständigkeitsübertragung auch auf Flächen des Landkreises Nienburg/Weser durchzuführen haben, und die durch den Landkreis Nienburg/Weser fachlich und personell unterstützend zu begleiten sind.

 

Insgesamt gilt es somit 14 weitere Sicherungsverfahren abzuschließen, um eine erlasskonforme hoheitliche Sicherung aller landkreiseigenen Natura 2000-Gebiete in den nächsten 2 Jahren zu erreichen. Zusätzlich sind für alle Natura 2000-Gebiete die entsprechenden Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen in sog. Management- oder Maßnahmenplänen bis Ende 2020 festzulegen. Vorrangige Aufgabe der unteren Naturschutzbehörde muss daher weiterhin sein, unter dem von der EU und dem Land Niedersachsen erzeugten Zeitdruck die einzelnen Gebiete in der Kulisse Natura 2000 zu sichern.

 

Weitere Erläuterungen zum Thema Natura 2000 werden in der Sitzung gegeben.

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Der Beschluss hat keine finanziellen Auswirkungen.

 


Anlagen:

 

  • Politische Zielvereinbarung zur Umsetzung von Natura 2000