Betreff
Umsetzung der europäischen Richtlinien zu Fauna-Flora-Habitat-Gebieten / Natura 2000; FFH-Gebiet 289 "Teichfledermausgewässer im Raum Nienburg";
hier: Einleitung des Beteiligungsverfahrens zum Erlass der Verordnung über das Landschaftsschutzsgebiet (LSG NI 67) "Die Große Aue - Von Voigtei bis Steyerberg" im Flecken Steyerberg.
Vorlage
2016/221
Aktenzeichen
554
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt

Anlass der Unterschutzstellung ist die europarechtliche Verpflichtung zur Sicherung von Natura 2000-Gebieten durch nationales Recht.

 

Das neu auszuweisende Landschaftsschutzgebiet LSG NI 67 „Die Große Aue - Von Voigtei bis Steyerberg“ besteht aus 4 Teilgebieten des FFH-Gebietes 289 „Teichfledermaus-Gewässer im Raum Nienburg“ („Aue-Wiesen & Alte Weiden“, „Burgwiesen“, „Herrenbruch & Wischhagen“ und „Brunnenberg & Steyerberg“). Das geplante LSG umfasst eine Gesamtfläche von 114,61 ha (s. Anlagen 2-6).

 

Teilbereiche dieses Gebiets gehörten bisher bereits zu dem LSG NI 23 „Auetal oberhalb Steyerberg“. Die Verordnungsinhalte dieses Landschaftsschutzgebietes haben bisher keinen ausreichenden inhaltlichen Bezug zu den Vorgaben der FFH-Richtlinie. Mit der Neuausweisung wird ein Teilgebiet aus dem vorgenannten Landschaftsschutzgebiet herausgelöst. Dieser bildet, zusammen mit den weiteren Teilgebieten, das mit der vorgelegten Verordnung neu festzusetzende LSG NI 67 „Die Große Aue - Von Voigtei bis Steyerberg“.

 

Die Bereiche des im ersten Absatz genannten Landschaftsschutzgebietes, die nicht von der Neuausweisung betroffen sind, unterliegen weiterhin unverändert den geltenden Bestimmungen der Landschaftsschutzgebietsverordnung des LSG NI 23 „Auetal oberhalb Steyerberg“.

 

Das FFH-Gebiet dient dem Schutz der Teichfledermaus (Myotis dasyneme), einer Art des Anhangs II der FFH-Richtlinie, und der Entwicklung/dem Erhalt der Lebensraumtypen 3150 des Anhangs I der FFH-Richtlinie „Natürliche und naturnahe nährstoffreiche Stillgewässer mit Laichkraut- oder Froschbiss-Gesellschaften“ und 6430 „Feuchte Hochstaudenfluren“. Neben der Teichfledermaus findet der Fischotter (Lutra lutra) ebenfalls einen Lebensraum entlang der „Großen Aue“. Der Fischotter steht momentan als vom Aussterben bedrohte Art auf den Roten Listen von Deutschland und Niedersachsen und ist in den Anhang II der FFH-Richtlinie aufgenommen. Durch das Bundesnatur-schutzgesetz ist er zudem streng geschützt. Die Neuausweisung umfasst neben den Wasserflächen z.B. die entlang der „Großen Aue“ befindlichen Verwallungen, die hauptsächlich mit Trockenrasen und Grünland bestanden sind, gewässerbegleitende Gehölze sind vereinzelt vorhanden. In der „Großen Aue“ sind wenige Vorkommen von Schwimmblatt-Gesellschaften, Röhrichtbeständen oder Verlandungsbereiche zu finden. An den naturnahen nährstoffreichen Altgewässern finden sich teilweise sehr gut ausgeprägte Verlandungsbereiche in verschiedenen Entwicklungsstadien. Ausgestattet sind diese mit Röhrichten, wurzelnden Schwimmblattpflanzen, Flutrasen, Binsen und Seggen. Es lassen sich weiter Landröhrichte, Großseggenriede und Nasswiesen sowie feuchte Staudenfluren und Flutrasen finden. Die Altwasser und Teiche sind mit typischen Arten der Schwimmblatt-Gesellschaften und der Wasserlinsen-Gesellschaften ausgestattet. Begleitet werden die Gewässer landseitig von fragmentarischen Ausprägungen und Relikten von Auwäldern mit Erlen, Eschen und Weiden oder Bruchwäldern und Weiden-Sumpfgebüsche oder Erlen-Weiden-Bachuferwäldern. Zusätzlich zu den FFH-Gebietsteilen werden die im Rahmen von Kompensationsverpflichtungen und konkreten Naturschutzplanungen entwickelten und noch zu entwickelnden Bereiche an der Südseite der „Großen Aue“ bei Sarninghausen und Steyerberg mit in das LSG „Die Große Aue - Von Voigtei bis Steyerberg“ einbezogen. Hierzu gehört eine größere Gewässerentwicklungs-maßnahme, die die Gewässerstruktur der „Großen Aue“ verbessern und ihr punktuell den Raum zur Eigenentwicklung geben soll. Es sollen Mäander, vernässte Bereiche und ein unregelmäßiges Bodenprofil entstehen, sodass sich ein gewässertypischer dynamischer Auenbereich entwickelt. Weitere Entwicklungsschritte schaffen im Bereich Sarninghausen extensives Feuchtgrünland und Sukzessionsflächen oder Laichbiotope, wie sie im Bereich Steyerberg bereits erfolgreich umgesetzt worden sind. Durch diese Maßnahmen werden weitere Teillebensräume für anspruchsvollere Tierarten wie den Fischotter (Lutra lutra) oder die Teichfledermaus (Myotis dasycneme) geschaffen.

 

Die Eigentumsverhältnisse sind in der ALNU-Sitzung vom 20.09.2016 näher dargestellt worden (s. BV 2016/140). Unter 9% sind in Privateigentum.

 

Neben der naturschutzfachlichen Qualität der Großen Aue, ihrer Altgewässer und angrenzender Teiche, haben diese auch einen Wert für die Erholungs- und Freizeitnutzung, sowie das Landschaftserleben. Durch die Vorgespräche und Stellungnahmen aus der frühzeitigen Beteiligung der Eigentümer und Nutzer wurde deutlich, dass einige Altgewässer und Teiche zur Angelnutzung oder zum Baden und die Große Aue zum Kanufahren genutzt werden. Diese Nutzungen sind schon seit vielen Jahren an den Gewässern etabliert. Durch die Landschaftsschutzgebietsverordnung sollen die bisherigen zum Angeln, Baden und Kanufahren genutzten Bereiche weiterhin hierfür zur Verfügung stehen (Erhalt des Status Quo). In Abstimmung mit Eigentümern und Nutzungsberechtigten wurden Bereiche an den Altgewässern und Teichen ermittelt, die für die bisherigen Nutzungen weiterhin freigestellt sind. Weiter wurden Bereiche abgestimmt, in denen keine Freizeitnutzung stattfinden soll. Die Ausübung der Hegepflicht für den Eigentümer ist dabei weiterhin freigestellt. Das Bootfahren wird unter bestimmten Voraussetzungen freigestellt. Das Baden in den Gewässern wird durch die LSG-VO allgemein verboten, lediglich an einer kleinen Stelle am „Ahrensbruch Teich“ wird eine Badestelle aufgenommen, die ausschließlich durch den Eigentümer und seine Nutzungsberechtigten nutzbar sein wird. Durch die vorgenannten Beschränkungen können durchgehende ungestörte Uferbereiche als Jagdhabitat für die Teichfledermaus und Lebensraum für den Fischotter entstehen, sowie die bestehende Störungsarmut dieser Gewässerrandbereiche festgeschrieben  werden. Eine weitere Eutrophierung der Gewässer kann zudem verhindert werden. Des Weiteren können sich hier die Lebensraumtypen 3150 und 6430 ungestört entwickeln. Die Beschränkungen sind ebenfalls mit den Eigentümern und den Nutzungsberechtigten abgestimmt.

 

Weitere Einzelheiten zum Schutzzweck sowie zu den geplanten Schutzbestimmungen und Freistellungen können den Anlagen 1 und 7 entnommen werden.

 

Landwirtschaftliche Nutzflächen sind lediglich in sehr geringem Umfang betroffen. Es handelt sich hierbei um Grünlandbereiche an den Altgewässern. Die Verordnung sieht für alle betroffenen Grünlandflächen, die Freistellung der ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Nutzung nach guter fachlicher Praxis vor, mit Ausnahme der Umwandlung von Grünland in Acker.

 

Die ordnungsgemäße Ausübung der Jagd wird unter der Einschränkung freigestellt, dass bestimmte Totschlagfallen verboten sind, die den Fischotter gefährden würden.

Die Jagdbehörde ist über die geplante VO informiert worden und die ersten Abstimmungen sind erfolgt. Weitere Abstimmungsgespräche erfolgen nach der öffentlichen Auslegung, dem Beteiligungsverfahren und der Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen.

 

Im Zusammenhang mit der Gewässerunterhaltung ist, zur Bekämpfung von Nutria und Bisamen, das Aufstellen von Fallen weiterhin erlaubt. Die durch den berechtigten Nutria- und Bisamjäger aufgestellten Fallen gefährden den Fischotter und seine Jungen nicht. Dieses wurde beim zuständigen Nutria- und Bisamjäger der Landwirtschaftskammer, bei der Aktion Fischotterschutz und dem Otterzentrum Hankensbüttel erfragt, fachlich bewertet und bestätigt.

 

Als Vorbereitung der Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes wurden der Verordnungsentwurf und die Entwürfe der Verordnungskarten, sowie die Begründung an alle Eigentümer und die direkt betroffenen Interessengruppen (z. B. die Angelvereine, die Jagdausübungsberechtigten, den NLWKN, die betroffenen Gemeinden) als Vorabinformation übersandt und um Stellungnahme gebeten. Die Anregungen wurden geprüft und soweit möglich in den Verordnungsentwurf aufgenommen.

Auch BUND und NABU sind per Email und durch Übersendung der Entwürfe über das Schutzgebiet informiert und beteiligt worden. Mit den Angelvereinen und Jagdpächtern konnten ebenfalls positive Gespräche zu beider Seiten Zufriedenheit geführt werden. Von den angeschriebenen Eigentümern meldeten sich nur zwei Eigentümer mit Bedenken und Einwänden. Während eines persönlichen Gesprächs konnten mit einem der beiden Eigentümer Fragen geklärt und im Nachhinein größtenteils Kompromisse gefunden werden, die mit in die Verordnung aufgenommen werden konnten. Die fernmündlich vorgebrachten Bedenken des anderen Eigentümers waren größtenteils unbegründet.

 

 Weitere Verfahrensschritte sind nach der Beschlussfassung wie folgt geplant:

 

  • TÖB-Beteiligung und öffentliche Auslegung, Auswertung der einge­gangenen Stellungnahmen
  • ALNU-Sitzung, Erörterung der Stellungnahmen und Beschluss des VO-Entwurfs
  • Kreisausschuss
  • Kreistag, Beschluss der LSG-Verordnung
  • Inkrafttreten durch Verkündung im Ministerialblatt.

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Der Beschluss hat finanzielle Auswirkungen.

 

Es entstehen Kosten i. H. v. ca. 2.500 € für die Beschilderung des LSG. Die Mittel werden für den nächsten Haushalt im Produktkonto 55410.424100 eingeplant.

 

Die Flächen im LSG befinden sich in Privateigentum sowie im Eigentum der Gemeinde Sarninghausen und des Flecken Steyerberg, dem Unterhaltungs- und Landschaftspflegeverband Große Aue, dem Land Niedersachsen und dem Landkreis Nienburg/Weser. Momentaner Haupteigentümer ist der Unterhaltungs- und Landschaftspflegeverband Große Aue. Der zukünftige Aufwand für Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen ist abhängig von der Entwicklung des Gebietes in Bezug auf den Schutzzweck. Er soll jedoch möglichst gering gehalten werden.

 


Anlagen:

 

1            Entwurf der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Die Große Aue - Von Voigtei bis Steyerberg“

2 - 6       Entwurf der Übersichtskarte und der Verordnungskarten

7            Entwurf der Begründung zur Ausweisung des Landschaftsschutz-gebiets „Die Große Aue - Von Voigtei bis Steyerberg“