Der Antrag auf Erweiterung des Förderschwerpunktes
der Gutenbergschule um den Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung wird
abgelehnt. Die Entscheidung über die Erweiterung um den Förderschwerpunkt
Emotionale und Soziale Entwicklung wird zurückgestellt bis über die Zukunft der
Förderschulen Lernen im Landkreis Nienburg/Weser abschließend entschieden ist.
Der Bedarf soll bis dahin konkreter ermittelt, ggf. soll eine Befragung der
Erziehungsberechtigten durchgeführt werden.
Sachverhalt
Die Gutenbergschule Hoya ist eine Förderschule mit
dem Schwerpunkt Lernen. Diese Schulform ist nach § 14 NSchG in der Fassung aus
dem Jahr 2015 nicht mehr vorgesehen. Ab dem Schuljahr 2017/2018 dürfen an den
Förderschulen Lernen in den 5. Klassen keine Schülerinnen und Schüler (im
folgenden Schüler) mehr aufgenommen werden. Nach der Übergangsvorschrift im §
183 c NSchG aus dem Jahr 2015 kann für Schüler, die am Ende des Schuljahres
2014/2015 eine Förderschule Lernen besucht haben, die Schulform fortgeführt
werden, bis ihr Schuljahrgang die Schule verlässt. Das bedeutet, dass die
Förderschulen Lernen zum Ende des Schuljahres 2021/22 auslaufen werden.
Im Rahmen der Schulentwicklungsplanung hat der
Kreistag im Jahr 2014 beschlossen, die damaligen Förderschulen Lernen in Uchte
und Pennigsehl aufzuheben und die Förderschulen Lernen in Hoya und Rehburg zum
1.8.2018 mit der Förderschule Lernen Friedrich-Fröbel-Schule in Nienburg
zusammenzulegen. Aufgrund eines Antrags des Kreiselternrates wurde diese
Zusammenlegung ausgesetzt. Nach Vorliegen der amtlichen Schulstatistik für das
Schuljahr 2017/2018 soll die Entwicklung der Förderschulen erneut geprüft
werden.
Der Leiter der Gutenbergschule Hoya hat nun
beantragt, für die Förderschule Lernen in Hoya die Förderschwerpunkte zu
erweitern und zwar um die Förderschwerpunkte Geistige Entwicklung (GE) und
Emotionale und Soziale Entwicklung (ESE). Er begründet dies damit, dass
zunehmend ein sonderpädagogischer Förderbedarf diagnostiziert wird und dies
auch deutlich häufiger den Bereich ESE betrifft.
Rechtliche
Ausgangslage
Das Schulgesetz bestimmt im § 101, dass die Schulträger das notwendige Schulangebot
und die erforderlichen Schulanlagen vorzuhalten haben. Schulträger für die
Förderschulen ist der Landkreis (§ 102). Aus § 106 ergibt sich die Pflicht,
Schulen zu errichten, zu erweitern, einzuschränken, zusammenzulegen, zu teilen
oder aufzuheben, wenn die Entwicklung der Schülerzahlen dies erfordert. Abs. 5
konkretisiert sodann die Kriterien, an denen die Schulträger ihre
schulorganisatorischen Entscheidungen auszurichten haben. Danach sind zu
berücksichtigen:
· die
Vorgaben nach Absatz 9 Satz 1 Nr. 2 sowie die Vorgaben zur Festlegung von
räumlichen Bereichen, auf die sich das Bildungsangebot am Schulstandort bezieht
(Einzugsbereich) – dies betrifft
insbesondere die Größe der Schule, die Zügigkeit, geregelt in der Verordnung
für die Schulorganisation (SchOrgVO)
· das
vom Schulträger zu ermittelnde Interesse der Erziehungsberechtigten
· die
raumordnerischen Anforderungen an Schulstandorte und Einzugsbereiche sowie
· dass
die schulorganisatorischen Maßnahmen der Entwicklung eines regional
ausgeglichenen Bildungsangebots nicht entgegenstehen.
Die SchOrgVO aus dem Jahr 2011 bestimmt, dass
Förderschulen einzügig geführt werden können. Dabei ist von folgenden Schülerzahlen
auszugehen:
Förderschule Geistige Entwicklung 7
Schüler
Förderschule Emotionale u. Soziale Entwicklung 10
Schüler
pro Jahr.
Für einen Antrag auf Einrichtung dieser Schulform müssen Prognosen vorliegen,
nach denen die vorgenannten Schülerzahlen über einen Zeitraum von mindestens 10
Jahren erreicht werden. Die Verordnung regelt außerdem, dass die
Einzugsbereiche der Förderschulen, die den Schwerpunkt Geistige Entwicklung
oder Emotionale und Soziale Entwicklung haben, mit den Einzugsbereichen der
übrigen Schulen im Primarbereich und im Sekundarbereich I so abgestimmt werden
sollen, dass die Schülerbeförderung erleichtert wird.
Förderschulen Geistige Entwicklung
In der Trägerschaft des Landkreises werden zwei
Förderschulen Geistige Entwicklung geführt, und zwar die Astrid-Lindgren-Schule
in Nienburg und die Helen-Keller-Schule in Stolzenau. Daneben besteht in Hoya
eine Tagesbildungsstätte Weserschule der Lebenshilfe, die als Ersatzschule
anerkannt ist.
An der Astrid-Lindgren-Schule werden im Schuljahr
2016/17 76 Schüler in den Klassen 1 bis 13 beschult. Nur in den Klassen 4, 9
und 10 wird die Zahl von mindestens 7 Schülern erreicht. In der Regel werden 4
bis 6 Schüler pro Jahrgang beschult.
An der Helen-Keller-Schule werden derzeit 80 Schüler in den Klassen 1 bis 15 beschult.
Die Zahl von 7 Schülern wird derzeit in den Klassen 2, 4, 5, 10 und 12 erreicht.
Die übrigen Klassen besuchen 3 bis 6 Schüler.
In der Tagesbildungsstätte Weserschule in Hoya
werden derzeit 27 Schüler beschult. Die Klassen 1 bis 12 besuchen zwischen 1
und 5 Schüler. Hier kann darauf verwiesen werden, dass die Schule überwiegend
von Schülern aus den Landkreisen Diepholz und Verden besucht wird. Die Zahl der
Schüler aus dem Landkreis Nienburg hat sich in den letzten Jahren von rd. 20
auf aktuell 10 reduziert, die in den Klassenstufen 5 bis 10 beschult werden. Es
handelt sich also um 1 bis 3 Schüler pro Jahrgang aus dem Kreisgebiet. Diese
Schüler könnten zusätzlich in der Astrid-Lindgren-Schule beschult werden, ohne
dass die Zahl von 7 Schülern in den Klassen 1 bis 8 überschritten würde.
Lediglich in den Klassenstufen 9 und 10 käme es zu einer höheren Schülerzahl.
Der Leiter der Gutenbergschule hat für die Grundschulen aus der Samtgemeinde
Grafschaft Hoya berichtet, dass dort 3 Schüler mit dem Förderschwerpunkt
Geistige Entwicklung inklusiv beschult werden.
Nach alledem kann festgestellt werden, dass eine gesicherte Prognose über eine
Schülerzahl von mindestens 7 mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung
über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren nicht möglich ist. Der Bedarf kann
durch die bestehenden Förderschulen in Nienburg und Stolzenau abgedeckt werden.
Dies gilt um so mehr, als in den nächsten Jahren insgesamt mit einem Rückgang
der Schülerzahlen gerechnet werden muss, der im 1. Bildungsbericht aus dem Jahr
2013 mit mehr als 25 % bis zum Jahr 2025 ermittelt wurde.
Förderschule Emotionale und Soziale
Entwicklung
Eine Förderschule Emotionale und Soziale
Entwicklung in der Trägerschaft des Landkreises besteht nicht. Schüler mit
diesem Förderschwerpunkt besuchen eine Regelschule oder eine der freien Schulen
wie die Christopherusschule des Christlichen Jugenddorfs in Nienburg oder
Förderschulen außerhalb des Kreisgebiets. Das sind die Ita-Wegmann-Schule in
Benefeld, die Ludolf-Wilhelm-Fricke-Schule der Stephanstift gGmbH in Borstel
und die Janucz-Korczak-Schule in Freistatt. Der Landkreis übernimmt beim Besuch
der freien Schulen jeweils die Schulrestkosten und die Fahrtkosten zur Schule.
Die Schüler werden in der Regel im Freistellungsverkehr mit Taxen/Mietwagen
befördert.
An der Christopherusschule in Nienburg werden aktuell im Primarbereich (Klasse
2 bis 4) 11 Schüler beschult, von denen allerdings 5 Schüler aus dem
angrenzenden Landkreis Schaumburg und der Region Hannover kommen. Im Bereich
der Sekundarstufe I werden in den Klassen 5 bis 10 insgesamt 53 Schüler
beschult. 20 der Schüler wohnen in einem anderen Landkreis (1 Verden, 7
Schaumburg, 1 Diepholz, 9 Region Hannover, 2 Heidekreis), sodass nur 33 Schüler
der Sek I aus dem Landkreis Nienburg/Weser kommen.
Aus dem Kreisgebiet besuchen allerdings aktuell 12 Schüler die
Ludolf-Wilhelm-Fricke-Schule in Borstel, 7 Schüler die Janucz-Korczak-Schule in
Freistatt und 14 Schüler mit dem Förderschwerpunkt ESE oder ESE/LE die
Ita-Wegmann-Schule in Benefeld. Der Leiter der Gutenbergschule Hoya hat darüber
hinaus berichtet, dass die Förderschule Lernen in Hoya von 12 Schülern mit dem
Förderschwerpunkt ESE besucht werden. In der Samtgemeinde Hoya besuchen
außerdem inklusiv 8 Schüler mit dem Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale
Entwicklung eine Regelgrundschule, eine Oberschule besuchen ebenfalls 8 Schüler
mit diesem Förderschwerpunkt.
Im Bereich des Förderzentrums der Friedrich-Fröbel-Schule in Nienburg hat die
Schulleiterin geschätzt, dass ca. 120 Schüler mit einem Förderbedarf eine Regelgrundschule
besuchen. Davon haben ca. 25 Schüler den Förderbedarf „Emotionale und Soziale
Entwicklung“, die Hälfte davon zusätzlich den Förderbedarf „Lernen“. Die Zahl
kann im Primarbereich nur geschätzt werden, weil hier keine Zuordnung von
Lehrerstunden an die einzelnen Schüler erfolgt. Im Sekundarbereich besuchen im
Schuljahr 2016/2017 insgesamt 119 Schüler mit einem Förderbedarf eine Regelschule,
davon haben 18 Schüler den Förderschwerpunkt „Emotionale und Soziale
Entwicklung“
Aus den vorgenannten Zahlen ergäbe sich ein
Potential von rd. 130 Schülern mit dem entsprechenden Förderschwerpunkt, die
aus dem Kreisgebiet bzw. der Förderzentren Hoya und Nienburg kommen.
Auch bei festgestelltem Förderbedarf ist zunächst davon auszugehen, dass
inklusiv eine Regelschule besucht wird. Damit wird künftig der Anteil der
inklusiv an Regelschulen beschulten Schüler steigen. Gleichzeitig wird die
Schülerzahl insgesamt – wenn auch vielleicht nicht so stark wie berechnet –
zurückgehen. Dabei geht das Land davon aus, dass eine Förderschule Emotionale
und Soziale Entwicklung den Primarbereich oder den Primar- und Sekundarbereich
umfassen kann und als Durchgangsschule konzipiert ist. Das bedeutet, dass die
Schüler möglichst zeitweise mit ihrem Förderbedarf aufgefangen werden sollen,
um dann wieder in ihre Regelschule wechseln zu können.
Wenn die aktuellen Zahlen zugrunde gelegt werden, ist eine sichere Prognose von
10 Schülern pro Jahrgang im Primarbereich für mindestens 10 Jahre nicht erreichbar.
Ob sie für den Bereich der Sekundarstufe I möglich ist, ist ungewiss, weil ohne
Elternbefragung nicht ermittelt werden kann, wie viele Eltern für ihre Kinder
den Besuch der Regelschule wählen würden.
Gegen die Einrichtung einer solchen Förderschule in Hoya spricht die Lage im
Nordkreis, die Schülerbeförderung würde dadurch erschwert. Dies würde eher
dafür sprechen, bei Bedarf eine Schule im Zentrum des Landkreises – also in
Nienburg – einzurichten. Im Landkreis wird spätestens bis zum Jahr 2021 vom
Land ein Regionales Beratungs- und Unterstützungszentrum Inklusive Schule (RZI)
eingerichtet werden. Um den Durchgangscharakter der Förderschule Emotionale und
Soziale Kompetenz zu unterstreichen, könnte es sich anbieten, an dieses RZI
eine entsprechende Förderschule/eine Förderstation anzuschließen.
Fazit
Die Verwaltung schlägt vor, den Antrag auf
Erweiterung des Schwerpunktes in Geistige Entwicklung wegen fehlendem Bedarf
abzulehnen. Sie empfiehlt gleichzeitig, die Erweiterung auf den Schwerpunkt
Emotionale und soziale Entwicklung zurückzustellen, bis über die Zukunft der
Förderschulen Lernen abschließend entschieden ist. Der Bedarf soll konkreter
ermittelt, ggf. soll eine Befragung der Erziehungsberechtigten durchgeführt
werden.