Betreff
Antrag der Gutenbergschule in Hoya auf Erweiterung des Förderschwerpunktes
Vorlage
2017/104
Art
Beschlussvorlage

Der Antrag auf Erweiterung des Förderschwerpunktes der Gutenbergschule um den Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung wird abgelehnt. Die Entscheidung über die Erweiterung um den Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung wird zurückgestellt bis über die Zukunft der Förderschulen Lernen im Landkreis Nienburg/Weser abschließend entschieden ist. Der Bedarf soll bis dahin konkreter ermittelt, ggf. soll eine Befragung der Erziehungsberechtigten durchgeführt werden.

 


Sachverhalt

Die Gutenbergschule Hoya ist eine Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen. Diese Schulform ist nach § 14 NSchG in der Fassung aus dem Jahr 2015 nicht mehr vorgesehen. Ab dem Schuljahr 2017/2018 dürfen an den Förderschulen Lernen in den 5. Klassen keine Schülerinnen und Schüler (im folgenden Schüler) mehr aufgenommen werden. Nach der Übergangsvorschrift im § 183 c NSchG aus dem Jahr 2015 kann für Schüler, die am Ende des Schuljahres 2014/2015 eine Förderschule Lernen besucht haben, die Schulform fortgeführt werden, bis ihr Schuljahrgang die Schule verlässt. Das bedeutet, dass die Förderschulen Lernen zum Ende des Schuljahres 2021/22 auslaufen werden.

 

Im Rahmen der Schulentwicklungsplanung hat der Kreistag im Jahr 2014 beschlossen, die damaligen Förderschulen Lernen in Uchte und Pennigsehl aufzuheben und die Förderschulen Lernen in Hoya und Rehburg zum 1.8.2018 mit der Förderschule Lernen Friedrich-Fröbel-Schule in Nienburg zusammenzulegen. Aufgrund eines Antrags des Kreiselternrates wurde diese Zusammenlegung ausgesetzt. Nach Vorliegen der amtlichen Schulstatistik für das Schuljahr 2017/2018 soll die Entwicklung der Förderschulen erneut geprüft werden.

 

Der Leiter der Gutenbergschule Hoya hat nun beantragt, für die Förderschule Lernen in Hoya die Förderschwerpunkte zu erweitern und zwar um die Förderschwerpunkte Geistige Entwicklung (GE) und Emotionale und Soziale Entwicklung (ESE). Er begründet dies damit, dass zunehmend ein sonderpädagogischer Förderbedarf diagnostiziert wird und dies auch deutlich häufiger den Bereich ESE betrifft.

Rechtliche Ausgangslage


Das Schulgesetz bestimmt im § 101, dass die Schulträger das notwendige Schulangebot und die erforderlichen Schulanlagen vorzuhalten haben. Schulträger für die Förderschulen ist der Landkreis (§ 102). Aus § 106 ergibt sich die Pflicht, Schulen zu errichten, zu erweitern, einzuschränken, zusammenzulegen, zu teilen oder aufzuheben, wenn die Entwicklung der Schülerzahlen dies erfordert. Abs. 5 konkretisiert sodann die Kriterien, an denen die Schulträger ihre schulorganisatorischen Entscheidungen auszurichten haben. Danach sind zu berücksichtigen:

·  die Vorgaben nach Absatz 9 Satz 1 Nr. 2 sowie die Vorgaben zur Festlegung von räumlichen Bereichen, auf die sich das Bildungsangebot am Schulstandort bezieht (Einzugsbereich) – dies betrifft insbesondere die Größe der Schule, die Zügigkeit, geregelt in der Verordnung für die Schulorganisation (SchOrgVO)

·  das vom Schulträger zu ermittelnde Interesse der Erziehungsberechtigten

·  die raumordnerischen Anforderungen an Schulstandorte und Einzugsbereiche sowie

·  dass die schulorganisatorischen Maßnahmen der Entwicklung eines regional ausgeglichenen Bildungsangebots nicht entgegenstehen.

 

Die SchOrgVO aus dem Jahr 2011 bestimmt, dass Förderschulen einzügig geführt werden können. Dabei ist von folgenden Schülerzahlen auszugehen:

Förderschule Geistige Entwicklung                                 7 Schüler

Förderschule Emotionale u. Soziale Entwicklung        10 Schüler

 

pro Jahr.

Für einen Antrag auf Einrichtung dieser Schulform müssen Prognosen vorliegen, nach denen die vorgenannten Schülerzahlen über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren erreicht werden. Die Verordnung regelt außerdem, dass die Einzugsbereiche der Förderschulen, die den Schwerpunkt Geistige Entwicklung oder Emotionale und Soziale Entwicklung haben, mit den Einzugsbereichen der übrigen Schulen im Primarbereich und im Sekundarbereich I so abgestimmt werden sollen, dass die Schülerbeförderung erleichtert wird.

Förderschulen Geistige Entwicklung

 

In der Trägerschaft des Landkreises werden zwei Förderschulen Geistige Entwicklung geführt, und zwar die Astrid-Lindgren-Schule in Nienburg und die Helen-Keller-Schule in Stolzenau. Daneben besteht in Hoya eine Tagesbildungsstätte Weserschule der Lebenshilfe, die als Ersatzschule anerkannt ist.

 

An der Astrid-Lindgren-Schule werden im Schuljahr 2016/17 76 Schüler in den Klassen 1 bis 13 beschult. Nur in den Klassen 4, 9 und 10 wird die Zahl von mindestens 7 Schülern erreicht. In der Regel werden 4 bis 6 Schüler pro Jahrgang beschult.

An der Helen-Keller-Schule werden derzeit 80 Schüler in den Klassen 1 bis 15 beschult. Die Zahl von 7 Schülern wird derzeit in den Klassen 2, 4, 5, 10 und 12 erreicht. Die übrigen Klassen besuchen 3 bis 6 Schüler.

 

In der Tagesbildungsstätte Weserschule in Hoya werden derzeit 27 Schüler beschult. Die Klassen 1 bis 12 besuchen zwischen 1 und 5 Schüler. Hier kann darauf verwiesen werden, dass die Schule überwiegend von Schülern aus den Landkreisen Diepholz und Verden besucht wird. Die Zahl der Schüler aus dem Landkreis Nienburg hat sich in den letzten Jahren von rd. 20 auf aktuell 10 reduziert, die in den Klassenstufen 5 bis 10 beschult werden. Es handelt sich also um 1 bis 3 Schüler pro Jahrgang aus dem Kreisgebiet. Diese Schüler könnten zusätzlich in der Astrid-Lindgren-Schule beschult werden, ohne dass die Zahl von 7 Schülern in den Klassen 1 bis 8 überschritten würde. Lediglich in den Klassenstufen 9 und 10 käme es zu einer höheren Schülerzahl.

Der Leiter der Gutenbergschule hat für die Grundschulen aus der Samtgemeinde Grafschaft Hoya berichtet, dass dort 3 Schüler mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung inklusiv beschult werden.

Nach alledem kann festgestellt werden, dass eine gesicherte Prognose über eine Schülerzahl von mindestens 7 mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren nicht möglich ist. Der Bedarf kann durch die bestehenden Förderschulen in Nienburg und Stolzenau abgedeckt werden. Dies gilt um so mehr, als in den nächsten Jahren insgesamt mit einem Rückgang der Schülerzahlen gerechnet werden muss, der im 1. Bildungsbericht aus dem Jahr 2013 mit mehr als 25 % bis zum Jahr 2025 ermittelt wurde.

Förderschule Emotionale und Soziale Entwicklung

 

Eine Förderschule Emotionale und Soziale Entwicklung in der Trägerschaft des Landkreises besteht nicht. Schüler mit diesem Förderschwerpunkt besuchen eine Regelschule oder eine der freien Schulen wie die Christopherusschule des Christlichen Jugenddorfs in Nienburg oder Förderschulen außerhalb des Kreisgebiets. Das sind die Ita-Wegmann-Schule in Benefeld, die Ludolf-Wilhelm-Fricke-Schule der Stephanstift gGmbH in Borstel und die Janucz-Korczak-Schule in Freistatt. Der Landkreis übernimmt beim Besuch der freien Schulen jeweils die Schulrestkosten und die Fahrtkosten zur Schule. Die Schüler werden in der Regel im Freistellungsverkehr mit Taxen/Mietwagen befördert.

An der Christopherusschule in Nienburg werden aktuell im Primarbereich (Klasse 2 bis 4) 11 Schüler beschult, von denen allerdings 5 Schüler aus dem angrenzenden Landkreis Schaumburg und der Region Hannover kommen. Im Bereich der Sekundarstufe I werden in den Klassen 5 bis 10 insgesamt 53 Schüler beschult. 20 der Schüler wohnen in einem anderen Landkreis (1 Verden, 7 Schaumburg, 1 Diepholz, 9 Region Hannover, 2 Heidekreis), sodass nur 33 Schüler der Sek I aus dem Landkreis Nienburg/Weser kommen.

Aus dem Kreisgebiet besuchen allerdings aktuell 12 Schüler die Ludolf-Wilhelm-Fricke-Schule in Borstel, 7 Schüler die Janucz-Korczak-Schule in Freistatt und 14 Schüler mit dem Förderschwerpunkt ESE oder ESE/LE die Ita-Wegmann-Schule in Benefeld. Der Leiter der Gutenbergschule Hoya hat darüber hinaus berichtet, dass die Förderschule Lernen in Hoya von 12 Schülern mit dem Förderschwerpunkt ESE besucht werden. In der Samtgemeinde Hoya besuchen außerdem inklusiv 8 Schüler mit dem Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung eine Regelgrundschule, eine Oberschule besuchen ebenfalls 8 Schüler mit diesem Förderschwerpunkt.

Im Bereich des Förderzentrums der Friedrich-Fröbel-Schule in Nienburg hat die Schulleiterin geschätzt, dass ca. 120 Schüler mit einem Förderbedarf eine Regelgrundschule besuchen. Davon haben ca. 25 Schüler den Förderbedarf „Emotionale und Soziale Entwicklung“, die Hälfte davon zusätzlich den Förderbedarf „Lernen“. Die Zahl kann im Primarbereich nur geschätzt werden, weil hier keine Zuordnung von Lehrerstunden an die einzelnen Schüler erfolgt. Im Sekundarbereich besuchen im Schuljahr 2016/2017 insgesamt 119 Schüler mit einem Förderbedarf eine Regelschule, davon haben 18 Schüler den Förderschwerpunkt „Emotionale und Soziale Entwicklung“

 

Aus den vorgenannten Zahlen ergäbe sich ein Potential von rd. 130 Schülern mit dem entsprechenden Förderschwerpunkt, die aus dem Kreisgebiet bzw. der Förderzentren Hoya und Nienburg kommen.

 
Auch bei festgestelltem Förderbedarf ist zunächst davon auszugehen, dass inklusiv eine Regelschule besucht wird. Damit wird künftig der Anteil der inklusiv an Regelschulen beschulten Schüler steigen. Gleichzeitig wird die Schülerzahl insgesamt – wenn auch vielleicht nicht so stark wie berechnet – zurückgehen. Dabei geht das Land davon aus, dass eine Förderschule Emotionale und Soziale Entwicklung den Primarbereich oder den Primar- und Sekundarbereich umfassen kann und als Durchgangsschule konzipiert ist. Das bedeutet, dass die Schüler möglichst zeitweise mit ihrem Förderbedarf aufgefangen werden sollen, um dann wieder in ihre Regelschule wechseln zu können.

Wenn die aktuellen Zahlen zugrunde gelegt werden, ist eine sichere Prognose von 10 Schülern pro Jahrgang im Primarbereich für mindestens 10 Jahre nicht erreichbar. Ob sie für den Bereich der Sekundarstufe I möglich ist, ist ungewiss, weil ohne Elternbefragung nicht ermittelt werden kann, wie viele Eltern für ihre Kinder den Besuch der Regelschule wählen würden.

Gegen die Einrichtung einer solchen Förderschule in Hoya spricht die Lage im Nordkreis, die Schülerbeförderung würde dadurch erschwert. Dies würde eher dafür sprechen, bei Bedarf eine Schule im Zentrum des Landkreises – also in Nienburg – einzurichten. Im Landkreis wird spätestens bis zum Jahr 2021 vom Land ein Regionales Beratungs- und Unterstützungszentrum Inklusive Schule (RZI) eingerichtet werden. Um den Durchgangscharakter der Förderschule Emotionale und Soziale Kompetenz zu unterstreichen, könnte es sich anbieten, an dieses RZI eine entsprechende Förderschule/eine Förderstation anzuschließen.

Fazit

 

Die Verwaltung schlägt vor, den Antrag auf Erweiterung des Schwerpunktes in Geistige Entwicklung wegen fehlendem Bedarf abzulehnen. Sie empfiehlt gleichzeitig, die Erweiterung auf den Schwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung zurückzustellen, bis über die Zukunft der Förderschulen Lernen abschließend entschieden ist. Der Bedarf soll konkreter ermittelt, ggf. soll eine Befragung der Erziehungsberechtigten durchgeführt werden.