Die im Stellenplan des Fachbereichs Jugend eingerichteten Stellen der Tagespflege werden zum nächstmöglichen Zeitpunkt ersetzt.
Sachverhalt
Auf Grundlage der Empfehlung des Ausschusses vom
09.11.2015 hatte der Kreistag drei VZÄ ErzieherIn und drei VZÄ
Tagespflegeperson im Stellenplan 2016 eingerichtet, um den Notwendigkeiten des
Betreuungsbedarfes gerecht zu werden.
Während in 2015 Maßstab des Denkens noch im
Wesentlichen der starke Zugang von Flüchtlingen war, wurde über das Jahr 2016
und vor allem 2017 immer deutlicher, dass die alte Annahme, ein Vorhalt von
Betreuungsplätzen für 35% aller Kinder U3 sei ausreichend, nicht mehr zutrifft.
An vielen Stellen wird bereits eine Quote von 50% - und gelegentlich auch mehr
– abgefragt.
Dieser Entwicklung hat auch der Landkreis als
Träger der Kindertagespflege mit dem – gemeinsam mit den Kommunen verabredeten
– Anteil von 30% der Nachfrage proportional zu folgen.
Dass dies angesichts der Entwicklungen in der
Tagespflege in den letzten fünf Jahren eine tatsächliche Herausforderung ist,
wurde dem Ausschuss mehrfach berichtet und – auf Grundlage der Empfehlungen des
Ausschusses hierzu – die Tagespflege in ihrer (auch finanziellen) Ausgestaltung
auf neue Füße gestellt.
Dennoch erweist sich die Akquise von neuen
Tagespflegepersonen(TPP) als immer noch sehr schwierig und vor allem
langwierig, was die Bewältigung der Nachfrage nach Tagespflege sehr erschwert.
Zwar wird die Neufassung der Entgeltordnung und die
damit einhergehende besondere Förderung neuer Plätze im Rahmen der
Bedarfsbefriedigung von den etablierten Kräften positiv aufgenommen, die
Ausbildung und anschließende Gewinnung neuer TPP für den bedarfsorientierten
Einsatz bleibt bis auf weiteres ein sehr aufwendiges und mühseliges
Unterfangen.
Neben der Schaffung weiterer Plätze in der
Tagespflege kreisweit obliegt dem Landkreis gem. § 23 Abs. 4 SGB VIII die
rechtzeitige Sicherstellung anderer Betreuungsmöglichkeiten in Ausfallzeiten
der Tagespflege.
Zu den strukturellen Schwächen der
Kindertagespflege gehört – wenn sie nicht institutionell angebunden ist – die
Abhängigkeit von der konkreten TPP.
Vergleichbar mit den Regelungen, die für
Tageseinrichtungen gelten, hat der Landkreis hier im Rahmen seiner
Gewährleistungspflicht geeignete Lösungen zu entwickeln, die insbesondere unter
Berücksichtigung der Bedürfnisse des Kindes dem Anliegen der Eltern im Hinblick
auf die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit Rechnung tragen.
Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit den
TPP, um über unterschiedliche Ansätze und Lösungen die Betreuungskontinuität zu
gewährleisten. Nicht zulässig ist es allerdings hierbei, den TPP die
Verpflichtung zu übertragen, bei ihrem Ausfall die Gestellung einer Vertretung
zu gewährleisten. Dies ist und bleibt alleinige Aufgabe des Trägers der
öffentlichen Jugendhilfe.
Schon die Etablierung der neuen
Großtagespflegestellen in Nienburg, Uchte, Stolzenau, Steyerberg und Marklohe
hat den Fachdienst 368 sehr schnell über seine Grenzen geführt.
In Marklohe ist sogar – über einen sämtliche
pädagogischen Fachkräfte umfassenden Einsatzplan – die Betreuung mit eigenen
Kräften zu gewährleisten, bis aus dem laufenden Kursus eine weitere Kraft
gewonnen werden kann, die als zweite Betreuungskraft dann in die
Großtagespflegestelle einsteigt(Näheres wird im Bericht zu TOP 3 a) erläutert).
Für den Beginn des neuen Betreuungsjahres konnte eine zweite Kraft nicht
gewonnen werden.
Der Einsatz eigener Kräfte für die Betreuung (auch
für die oben näher erläuterte Gewährleistung der Vertretung) verursacht jetzt
nicht nur umfangreichen organisatorischen Aufwand und zusätzliche Kosten, er
bindet vor allem auch Kapazitäten, die originär in anderen Bereichen dringend
gebraucht werden.
Nicht nur für die Gewinnung neuer TPP waren daher
neue Ideen zu entwickeln, sondern auch für die Gewährleistung der Vertretung
bei Ausfällen und kurzfristige Gestellung von Betreuungskräften bei Absprung
von TPP oder einem die lokalen Möglichkeiten übersteigenden Bedarf, sei es
personell oder in Erweiterung des Zeitrahmens.
Hierfür sollen nun die im Stellenplan vorhandenen
Fachkräfte eingesetzt werden.
Der Fachbereich Jugend hat angesichts der
Bedarfssituation und der geografischen Gegebenheiten vor, die Kontinuität der
Betreuung wie folgt zu gewährleisten:
- Kreisgebiet:
Für das insgesamt sehr
weitläufige Kreisgebiet macht ein
stationäres Angebot als Ersatzleistung keinen Sinn. Besser ist hier aus Sicht
des Fachbereichs der Einsatz mobiler Springer*innen vom Dienstort aus, der
unterschiedlich festzulegen wäre. Diese Vertretungskräfte, die dann über keine
eigenen Räumlichkeiten verfügen, fungieren dann als Vertretung für mehrere
verschiedene TPP. Sie besuchen regelmäßig die ihnen zugeordneten Tagespflegestellen,
um zur TPP und zu den Kindern eine Bindung aufzubauen sowie die Örtlichkeiten,
den Alltag der Tagespflege und die dazugehörigen Rituale kennenzulernen. In der
Bring- und Abholsituation ist dann auch der Kontakt zu den Eltern gegeben. Die
Betreuung im Vertretungsfall erfolgt dann in der jeweiligen Tagespflegestelle.
Für die Abdeckung des
Kreisgebietes (excl. Stadt Nienburg) sieht der Fachbereich zunächst vier der
vorgesehenen Kräfte vor.
- Stadtgebiet:
Hier macht – auch angesichts
des immer noch wachsenden Bedarfs an Plätzen im Stadtgebiet – eine andere
Lösung Sinn:
Im Rahmen eines
Stützpunktmodells wird den stadtansässigen TPPs die (Vertretungs-) Betreuung
innerhalb kreiseigener (ggf. angemieteter) Räumlichkeiten angeboten.
Von den denkbaren zehn
Betreuungsplätzen, könnten anteilig fünf Plätze für Vertretung freigehalten
werden, um kurzfristige Ausfälle abzudecken.
Im Falle eines Ausfalls
einer TPP könnten die Eltern ihr Kind direkt zum Stützpunkt bringen, um es dort
vertretungsweise betreuen zu lassen.
Auch der Kontakt- und
Bindungsaufbau zu den Vertretungskräften würde auf andere Weise hergestellt.
Hier würden die den
Vertretungskräften zugeordneten TPP in regelmäßigen (kurzen) Abständen mit
ihren Kindern den Vertretungsstützpunkt besuchen, um die Kinder mit den
Vertretungskräften und den Räumlichkeiten vertraut zu machen.
Hierfür sieht der
Fachbereich zunächst zwei Fachkräfte vor.
Zur Erläuterung der personellen Notwendigkeiten
(Zahl der Kräfte) ist auszuführen:
Ausgehend von der Bedeutung der Eltern-
insbesondere der Mutterrolle in den ersten Lebensjahren – gewinnt (durch
Verhaltensbiologen und Entwicklungspsychologen besonders hervorgehoben) eine
stabile Bindung an eine Hauptbezugsperson, in der Regel die Mutter, als
Fundament für die Persönlichkeitsentwicklung besondere Bedeutung.
Dies negiert zwar nicht eine frühkindliche
Förderung durch dritte Personen, setzt aber eine solche sichere Bindung in
dieser Altersgruppe U3 als zwingend voraus. Der Satz „Bindung vor Bildung“ gilt
im Rahmen der frühkindlichen Bildung U3 als Maßstab für den Ausbau der
öffentlichen Angebote. Dass die Familie auch nach dem Ausbau der öffentlichen
Betreuungsangebote der erste und lebensbegleitend wichtigste und wirksamste
soziale Ort der Bildung, Erziehung und Betreuung bleiben wird (und auch soll),
erfordert von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe im Feld der Betreuung
die Schaffung qualitativ hochwertiger und bedarfsgerechter Angebote
frühkindlicher Förderung unter den vorgenannten Kriterien, die zugleich unterstützt
durch Programme und weitere Angebote die elterlichen Be- und Erziehungskompetenzen
entwickeln und stärken. Dies angesichts teils widerstreitender Interessen und Bedürfnisse der Kinder, die zunehmend
durch die Arbeitswelt ihrer Eltern und den daraus resultierenden Anforderungen
(z.B. Öffnungszeiten) definiert werden.
Im Ergebnis bedeutet dies einen sehr umfangreichen
Einsatz der neuen Kräfte für den Bindungsaufbau und die Gewöhnung der Kinder.
Ausgehend von 20 Stunden/Monat/zu vertretender TPP wird allein der
Bindungsaufbau mit sechs Kräften für das gesamte Kreisgebiet (unter Beachtung
der Höchstarbeitszeiten im öffentlichen Dienst, der umfangreichen An- und
Abfahrtszeiten, der nötigen Aus- und Fortbildungen und nicht zuletzt des
konkreten Vertretungseinsatzes) zu einer organisatorischen Herausforderung, die
aus heutiger Sicht nicht mehr als eine Notfallregelung im kleinsten Maße
darstellt. Ob sich dies zukünftig mit dem jetzt angeforderten Personal bei
gleichzeitig deutlich wachsender Tagespflege halten lässt, bleibt abzuwarten.