Der Erstellung eines Aktionsplans Inklusion wird im Rahmen der zur Verfügung stehenden Ressourcen zugestimmt.
Sachverhalt
Der Begriff
"Inklusion" wurde erstmals in den 1970er Jahren in den USA verwendet,
um die volle gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung
einzufordern. Nach dem § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen "behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit
oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate
von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe
am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung
bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist".
Ein neues und zukunftsfähiges
Verständnis von Behinderung findet sich in der UN-Behindertenrechtskonvention
(BRK). Es bezieht sich auf "Menschen,
die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen
haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen,
wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern
können" (Artikel 1).
Demzufolge ist Behinderung
nicht länger die individuell vorhandene gesundheitliche Störung oder
Normabweichung, sondern entsteht in der Wechselwirkung mit einstellungs- und
umweltbedingten Barrieren. Behinderung lässt sich diesem Verständnis folgend
durch die Entfaltung personaler Ressourcen sowie gelingender Interaktion zwischen
Individuum und materieller und sozialer Umwelt abbauen.
Die 2008 in Kraft getretene UN-Behindertenrechtskonvention liefert
eine umfassende Definition von Inklusion und erklärt diese als Menschenrecht
für die speziellen Bedürfnisse und Lebenslagen behinderter Menschen. Demnach
soll allen Menschen von Anfang an eine selbstbestimmte und gleichberechtigte
Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen ermöglicht werden. Auf Basis des
Grundsatzes gleichberechtigter Teilhabe werden für Menschen mit Behinderungen
die gleiche Qualität und der gleiche Standard in den jeweiligen Lebensbereichen
erwartet, der auch für Menschen ohne Behinderungen gilt.
Mit der
UN-Behindertenrechtskonvention wird Inklusion zu einer durchgängigen Haltung
und zu einem zentralen Handlungsprinzip erhoben. Das Prinzip der Inklusion wird
damit zu einer klaren Orientierung für die praktische Umsetzung der Konvention.
Die Bundesregierung hat 2011
mit dem "Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der
UN-Behindertenrechtskonvention" ein Instrument geschaffen, mit dem die
Umset-zung systematisch vorangetrieben werden soll. Der Aktionsplan beinhaltet
eine Do-kumentation von Maßnahmen, Projekten und Aktionen aus allen
Lebensbereichen, mit welchen die Bundesregierung die Entwicklung einer
inklusiven Gesellschaft verfolgen bzw. den Anforderungen der
Behindertenrechtskonvention gerecht werden möchte. Der Nationale Aktionsplan
identifiziert insgesamt 12 Handlungsfelder sowie weitere sieben
Querschnittsthemen, in denen die UN-Behindertenrechtskonvention in ihren 50
Artikeln umfassend die Rechte von Menschen mit Behinderungen konkretisiert:
-
Arbeit und
Beschäftigung
-
Bildung
-
Prävention,
Rehabilitation, Gesundheit und Pflege
-
Kinder,
Jugendliche, Familie und Partnerschaft
-
Frauen
-
Ältere Menschen
-
Bauen und Wohnen
-
Mobilität
-
Kultur und
Freizeit
-
Gesellschaftliche
und politische Teilhabe
-
Persönlichkeitsrechte
-
Internationale
Zusammenarbeit
Die Querschnittsthemen
betreffen Assistenzbedarf, Barrierefreiheit, Gender Main-streaming,
Gleichstellung, Migration, Selbstbestimmtes Leben und Vielfalt von
Be-hinderung.
Alle 16 Bundesländer sind
seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention durch Deutschland im
Jahr 2009 aufgefordert, in ihrer Zuständigkeit eigene Aktionspläne zu ihrer
Umsetzung auf Länderebene auszuarbeiten, Niedersachsen hat den Aktionsplan
Inklusion auf Landeseben am 06.01.2017 beschlossen.
Mittlerweile haben Landkreise
und kreisfreie Städte in Niedersachsen eigene Aktionspläne erarbeitet oder
Beschlüsse zu deren Erstellung gefasst.
Im Landkreis Nienburg wurde
erstmals im Frühjahr 2015 vom Berat für Menschen mit Behinderung die Forderung
vorgetragen, einen Inklusionsplan zu erstellen.
Die Verwaltung hat die
grundsätzliche Bereitschaft des Landkreises Nienburg signalisiert, die
Erarbeitung federführend zu koordinieren. Das Vorhaben ist aber mangels
verfügbarer Ressourcen im zuständigen Fachbereich 31 (aufgrund des Fluchtgeschehens 2015/2016) und unklarer rechtlicher
Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit der Einführung des Bundesteilhabegesetzes
(BTHG) zurückgestellt.
Im Juli 2017 wurde dem Beirat
für Menschen mit Behinderung von der Verwaltung die Absicht mitgeteilt, die
Erstellung eines Aktionsplans Inklusion in die politische Beratung einzubringen
und das weitere Vorgehen abzustimmen und zu beschließen.
Der zuständiger Fachbereich
Soziales hat bereits recherchiert, welche Erfahrungen andere Kommunen mit
diesem Prozess gemacht haben und ob es –wie
bei der Seniorenplanung- wissenschaftliche oder kommerzielle Dienstleister
gibt, die einen solchen Prozess begleiten können. Für Letzteres sind bisher keine
Reverenzen bekannt, so dass die Verwaltung unter Beteiligung der Kreispolitik,
des Beirates für Menschen mit Behinderung und weiterer Experten einen entsprechenden
Aktionsplan eigenständig erarbeiten muss.
Die Verwaltung schlägt vor,
im Verlauf des Jahres 2018 eine Auftaktveranstaltung im Rahmen eines Workshops
durchzuführen und folgende, im Landkreis Nienburg relevante, Handlungsfelder zu
bearbeiten:
1. Erziehung und Bildung
2. Arbeit und Beschäftigung
3. Bauen und Wohnen
4. Mobilität
5. Gesellschaftliche, soziale und
politische Teilhabe
Im Workshop sollen eine
Bestandsaufnahme erfolgen und Handlungsziele festgelegt werden.
Die Vorbereitung und Organisation
des Workshops erfolgt durch den Fachbereich 31. Die Weiterentwicklung der
Workshopergebnisse sowie weitere, daraus abzuleitende Bearbeitungsschritte
können mit den vorhandenen Ressourcen der Verwaltung kaum geleistet werden,
zumal der fachlich zuständige Fachdienst 311 durch die Umsetzung des
Bundesteilhabegesetzes eher ein noch zu quantifizierendes Personaldefizit
aufweisen wird. Bis zur Haushaltsaufstellung für das Jahr 2018 wird die Verwaltung
weiter versuchen, eine externe Begleitung zu finden. Etwaige Kosten müssten in
den Haushalt eingestellt werden.
Soweit kein fachlich
geeigneter Dienstleister gefunden wird, bedarf es einer befristeten personellen
Nachsteuerung (0,5 VZÄ für die Dauer von 6 Monaten) oder der Anpassung der
Umsetzungsziele an die ohnehin knappen Personalressourcen.
Finanzielle
Auswirkungen:
Die Auswirkungen auf
den Haushalt 2018 sind im Detail noch nicht ermittelbar.
Soweit ein externer
Dienstleister in Anspruch genommen werden kann, würde dies nach den Erfahrungen
bei ähnlichen Prozessen Kosten von ca. 15.000,00 € verursachen. Die Haushaltsmittel
müssten in diesem Fall im Produkt 311 zur Verfügung gestellt werden.
Alternativ würde die
befristete Erhöhung des Personaleinsatzes im FD 311 Kosten i.H.v. rund 15.000,00
€ verursachen.