Betreff
Haushalt 2018
Vorlage
2017/192
Aktenzeichen
36
Art
Bericht

Der Ausschuss empfiehlt die Veranschlagung der Mittel für 2018 -wie vom FB Jugend vorgeschlagen.


Sachverhalt

Die Veranschlagung 2018 basiert auf den Erkenntnissen und Ergebnissen der Jahre 2016 und 2017 sowie auf einer validen Vorschau, gegründet auf den Notwendigkeiten, die sich aus dem gesellschaftlichen Wandel und gesetzlichen Entwicklungen ableiten.

Zu den als gravierend zu bezeichnenden Ansätzen wird in der Tabelle unterhalb des jeweiligen Produktes näher ausgeführt.

Die haushaltsverantwortlichen Fachdienstleitungen – soweit sie am Tage der Sitzung verfügbar sind – geben auf Nachfrage nähere Erläuterungen zu den Veranschlagungen.

 

Neben der Herausforderung, in Abstimmung mit den Gemeinden eine bedarfsgerechte Betreuungslandschaft im Elementarbereich zu entwickeln, die nicht nur den aktuellen Bedarfen der Eltern und Kindern gerecht wird, sondern – unter permanenter Beobachtung und Berücksichtigung der demografischen Entwicklung – auch den Anforderungen der Zukunft (Frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung, Vermeidung von Über-/Unterversorgung u. Fehlinvestitionen mit langfristiger Mittelbindung) entspricht, sieht sich die Jugendhilfe im Zusammenhang mit den Debatten Qualität und Kosten in den erzieherischen Hilfen und Umsteuerung der Erziehungshilfen von individuellen in sozialräumliche Angebote mit zunehmender Anspruchsintensität mit drei wesentlichen Steuerungsanforderungen konfrontiert:

 

-       Wirkungen steuern

Die aus einer intensivierten Fall- und Kostensteuerung in Konsequenz erwachsende Forderung, die Zielorientierung nicht nur methodisch zu praktizieren, sondern Wirkungsparameter als Steuerungsgrößen einzusetzen und im Rahmen eines Wirkungscontrollings mit Blick auf Einzelfälle, Leistungsarten und Einrichtungen der Leistungserbringung aufzubauen und zu praktizieren.

 

-       Durch den Aufbau und die zielgerichtete Nutzung von Netzwerken die Prävention verbessern

Durch verstärkte Kooperationen mit anderen Bereichen (Bildung, Gesundheitswesen) soll es zu einer Öffnung der Jugendhilfe kommen, die in ihren Ergebnissen

a)    Zu einem frühzeitigen Erkennen problematischer Lebenssituationen und entsprechend frühzeitigem Einsatz sog. „niedrigschwelliger Hilfen“ führen soll,

b)    und den Einsatz der sog. „Regelangebote“ auf das Vermeiden von Problemzuspitzungen beschränkt,

c)    einen frühzeitigen und wirkungsvollen Schutz von Kindern möglich macht und

d)    später anfallenden kostenintensiven Maßnahmen vorbeugt und den Kostenanstieg in der Jugendhilfe reduziert oder zumindest auf seinem Niveau hält.

Prototypisch für diesen strategischen Ansatz sind z.B. die im Bundeskinderschutzgesetz geforderten „Netzwerke Früher Hilfen“ und die in diesem Zusammen stehenden Netzwerke zum Kinderschutz, zur Familienfreundlichkeit oder die kreisweit vernetzten Eltern Cafés.

 

-       Qualität steuern

Spätestens mit den gesetzlich hinterlegten Anforderungen einer umfassenden Qualitätsentwicklung in den Handlungsfeldern der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe (§§ 79, 79 a SGB VIII) wird die quantitative Anforderung an eine Jugendhilfe-Infrastruktur erweitert um die dezidierte Aufgabe der qualitätsentwickelnden Steuerung.  Die Einbeziehung des Begriffs „Eignung“ von Freien Trägern erhält dadurch eine qualitativ-fachliche Dimension, die einen zusätzlichen Anforderungs- und Steuerungsdruck markiert.

 

Hierdurch entstehen strukturelle Widersprüche und Paradoxien, die das Jugendamt mit einer permanenten Gegensätzlichkeitlichkeit von Anforderungen konfrontiert, heißt, mit der Ambivalenz zwischen Schutz/Hilfe und Kontrolle umzugehen, möglichst zielgenau zu steuern unter gleichzeitiger Gewährleistung von Qualität einerseits und andererseits die zugesprochene Autonomie der Träger in organisatorischen und fachlichen Fragen zu akzeptieren.

Dies bedeutet insbesondere für die Mitarbeiter*innen des ASD und des PKD eine immer größer werdende Herausforderung.

 

Neben den obigen Spannungsfeldern spitzen sich weitere Widersprüche zu, die es auszuhalten und in dass alltägliche Handeln einzubinden gilt:

 

So intensiviert der verschärfte Kostendruck massiv den Widerspruch zwischen der Logik des Einzelfalles (angestrebt wird die „bestmögliche“ Hilfe entsprechend dem jeweils individuellen Bedarf) einerseits und der Logik der auf Ressourcenbewirtschaftung ausgerichteten Organisation (Steuerung und Begrenzung der Kosten, Einhalten des HH-Budgets) andererseits.

Die Anforderung nach einer organisationalen Steuerung der Hilfen im Sinne kalkulierbarer Abläufe und einer einheitlichen Qualität in der Fallbearbeitung führt zwangsläufig zum Widerspruch zur Einzelfalllogik, die ein individuelles Vorgehen und eine individuelle und flexible Ausgestaltung der Hilfen fordert.

Dieses ergibt dann weitere Spannungen hinsichtlich der Logik der individuellen Verantwortung bei pädagogischen Entscheidungen einerseits und der Logik der organisationalen Verankerung der Entscheidung.

 

Auch die geforderte Kooperation und Netzwerkbildung mit anderen Organisationen führt zu vielen Widersprüchlichkeiten. Einerseits muss das Jugendamt die eigenen Intentionen ins Profil (durch-)setzen, um in der Interaktion mit den Beteiligten nicht unterzugehen, andererseits muss in die anderen Organisationen hineingedacht und sie zu Handlungsbeiträgen und Kooperation animiert werden.

 

Insgesamt liegt die Steuerungskomplexität vor allem darin, keinen der Pole in den benannten Spannungsverhältnissen zu vernachlässigen und durch eine situativ immer wieder neue ausbalancierte Steuerung einseitige Auflösungen und eine Delegitimierung der Jugendhilfe zu vermeiden.

 

Ein ganz wesentlicher  Anteil kommt hierbei den Leitungskräften des Fachbereichs zu, für die dies mit einer deutlichen Erweiterung der an sie gerichteten Anforderungen einhergeht.

Die Annahme, es käme allein darauf an, die „richtigen“ Hebel für die Steuerung zu finden, wird den komplexen Vorgängen in der sozialen und politischen Wirklichkeit nicht gerecht und führt häufig zum Scheitern der Erwartungen.

 

Der Fachbereich wird daher – wie in den Vorjahren auch – die Debatte um die Steuerbarkeit der Jugendhilfe sowohl innerhalb des Fachbereichs als auch nach außen im Diskurs mit der Verwaltungsspitze und der Kommunalpolitik offen und offensiv angehen, um ein adäquates Steuerungsverständnis aus den unterschiedlichen Perspektiven zu erreichen.


Anlagen:

 

·         Tabelle Haushalt 2018