Aufgrund des Antrages des Palliativstützpunktes im Landkreis Diepholz e.V. werden
im Haushalt 2018 100.000 € für einen einmaligen Zuschuss zu den für die Errichtung
eines stationären Hospizes in Sulingen entstehenden Investitionskosten eingestellt.
Voraussetzungen für die Bewilligung des Zuschusses sind
- die Ausrichtung des Hospizes an der „Rahmenvereinbarung nach § 39a Abs. 1 Satz 4 SGB V über Art und Umfang sowie Sicherung der Qualität der stationären Hospizversorgung“,
- der Nachweis der gesicherten Finanzierung der geplanten Investitionskosten zur Errichtung des Hospizes durch entsprechendes Eigen- und Fremdkapital,
- eine konkretisierte Darstellung der Finanzierung der systembedingten 5%igen Betriebskostendeckungslücke sowie
- der Abschluss eines Versorgungsvertrages mit den zuständigen Kostenträgern oder zumindest die verbindliche Zusage derselben, einen Versorgungsvertrag abzuschließen.
Über die Freigabe der Mittel, die endgültige Höhe des Zuschusses und den Zeitpunkt
der Auszahlung entscheidet zu gegebener Zeit der Kreisausschuss.
Sachverhalt
Mit dem als Anlage 1
beigefügten Schreiben vom 27.06.2017 beantragt der Palliativstützpunkt im
Landkreis Diepholz e.V., Sulingen, einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 100.000,00
€ zu den Investitions- und Einrichtungskosten des für Sulingen geplanten
Hospizes mit 8 Betten.
Als weitere Anlagen sind das
Konzept, eine Projektbeschreibung und eine Machbarkeitsstudie beigefügt.
Allgemeines zur Hospiz- und Palliativversorgung
Menschen mit schweren Erkrankungen, bei denen
eine Heilung nicht mehr möglich ist, bedürfen einer palliativen Versorgung,
weil nicht mehr die Heilung und die Lebensverlängerung im Vordergrund steht,
sondern der bestmögliche Erhalt der Lebensqualität, Nähe, Zuwendung und die
Linderung von Schmerzen und anderen Symptomen. Im Mittelpunkt steht der kranke
Mensch, seine Angehörigen und Nahestehenden.
Die Palliativversorgung ist
in sich sehr heterogen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Leistungserbringer.
So wirken im Rahmen der Palliativversorgung der professionell geprägte Bereich
der Palliativmedizin und Palliativpflege sowie der ehrenamtlich geprägte
Bereich der Hospizarbeit mit.
Bei der Palliativversorgung
unterscheidet man zwischen verschiedenen Versorgungsformen wobei zunächst
grundsätzlich zwischen Basisversorgung oder allgemeiner Palliativversorgung und
einer spezialisierten Versorgung differenziert wird.
Die Basisversorgung ist
elementarer Bestandteil der allgemeinen Versorgung. Sie findet innerhalb aller
Strukturen und Professionen statt, die schwerstkranke und sterbende
Patientinnen und Patienten versorgen. Dazu gehört in erster Linie die kontinuierliche
Versorgung durch Haus- und Fachärzte, Pflegedienste in Zusammenarbeit mit
anderen Berufsgruppen (Seelsorgerinnen und Seelsorger, Sozialarbeiterinnen und
Sozialarbeiter, Psychologinnen und Psychologen, Therapeutinnen und Therapeuten)
und den allgemeinen ambulanten Hospizdiensten. Aber auch die stationären
Pflegeeinrichtungen und allgemeine Krankenhäuser gehören dazu. Der überwiegende
Teil schwerstkranker und sterbender Menschen wird in der Regel in der allgemeinen
Versorgung betreut.
Neben der Basisversorgung
sind in den letzten Jahren zunehmend Strukturen einer Spezialversorgung
entstanden, die für diejenigen Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen,
die aufgrund der Ausprägung ihrer Probleme und Bedürfnisse eine über die
Basisversorgung hinausgehende Versorgung benötigen.
Sie zeichnet sich durch
bedarfsorientiertes Fallmanagement, die Zusammenarbeit mehrerer Professionen,
24-stündige Erreichbarkeit und durch eine aufgrund von Weiterbildung und
Erfahrung gewonnene Expertise der Leistungserbringer aus. Beteiligt sind
Fachärztinnen und Fachärzte mit besonderer palliativmedizinischer Qualifikation,
ambulante Pflegedienste mit in Palliative Care weitergebildeten Pflegefachkräften
oder ambulante Palliativdienste, ambulante Hospizdienste, stationäre Hospize
und Krankenhäuser, die über eine geeignete palliativmedizinische Infrastruktur
verfügen. Ebenfalls gehören dazu Angebote seelsorgerischer und psychologisch-psychotherapeutischer
Art.
Stationäre Hospize
1.
Voraussetzungen
Für die stationäre
Hospizversorgung sowie die Sicherung der Qualität z.B. im Bereich Personal und
Sachausstattung gelten die Regelungen der zwischen den Spitzenverbänden der
Krankenkassen, dem Deutschen Hospiz- und Palliativ-Verband e.V. und den
Bundesverbänden der Wohlfahrtspflege geschlossenen Rahmenvereinbarung nach § 39
a (1) S. 4 SGB V.
Danach sind stationäre
Hospize
-
selbständige
Einrichtungen mit eigenständigem Versorgungsauftrag, für Patientinnen und
Patienten mit unheilbaren Krankheiten in der letzten Lebensphase
palliativ-medizinische und palliativ-pflegerische Versorgung zu erbringen
-
Einrichtungen,
die über eine besondere Ausstattung verfügen, die eine palliativmedizinische,
palliativ-pflegerische, soziale sowie geistig-seelische Versorgung
gewährleistet
-
Teil einer
vernetzten Versorgungsstruktur im regionalen Gesundheits- und Sozialsystem
-
integraler
Bestandteil eines ambulanten ehrenamtlichen Hospizdienstes
-
baulich,
organisatorisch und wirtschaftlich selbständige Einrichtungen mit einem
eigenständigen Versorgungsauftrag und separatem Personal und Konzept
-
kleine
Einrichtungen mit in der Regel höchstens 16 Plätzen (neue Einrichtungen mind. 8
Plätze), wobei die räumliche Gestaltung der Einrichtung auf die besonderen
Bedürfnisse schwer kranker sterbender Menschen auszurichten ist.
2. Aufnahmevoraussetzungen
Für die Aufnahme in ein
Hospiz gibt es vereinbarte Voraussetzungen, die in § 2 der Rahmenvereinbarung
aufgeführt sind: Die Patientin bzw. der Patient leidet an einer Krankheit die
a) die progredient verläuft und bereits ein fortgeschrittenes Stadium erreicht
hat und b) bei der eine Heilung ausgeschlossen und eine palliativ-medizinische
Behandlung notwendig oder vom Patienten erwünscht ist und c) die lediglich eine
begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt und
solange eine Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V nicht erforderlich
ist und eine ambulante Versorgung im Haushalt oder in der Familie nicht
ausreicht, weil der palliativ-medizinische und palliativ-pflegerische und /
oder psychosoziale Versorgungsbedarf, der aus der Krankheit resultiert, die
Möglichkeiten der bisherigen Betreuenden regelmäßig übersteigt.
Gemäß § 2 Abs. 3 der
Richtlinie liegt die Notwendigkeit einer stationären Hospizversorgung
grundsätzlich nicht vor bei Patienten, die in einer stationären Pflegeeinrichtung
versorgt werden. Sofern in Einzelfällen Patienten aus einem Pflegeheim in ein
Hospiz verlegt werden sollen, ist der Medizinische Dienst der
Krankenversicherung (MDK) hinzuzuziehen.
Über die Aufnahme ins Hospiz
bzw. die Kostenübernahme entscheiden die Krankenkassen.
3. Finanzierung
Die Landesverbände der
Krankenkassen schließen mit dem stationären Hospiz einen für alle
Leistungsträger im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches geltenden
Versorgungsvertrag (§ 39 a SGB V i. V. m. § 72 SGB XI) sowie eine Leistungs-
und Qualitätsvereinbarung und eine Vergütungsvereinbarung entsprechend der
Rahmenrichtlinie.
Gesetzlich Versicherte haben
bei Vorliegen der Voraussetzungen für einen Hospizaufenthalt einen Anspruch auf
einen Zuschuss nach § 39 a Abs. 1 SGB V gegenüber ihrer Krankenkasse. Die Höhe
des Zuschusses je Kalendertag ist in der Satzung der Krankenkasse festgelegt,
die Mindesthöhe in § 39 a Abs.1 SGB V bestimmt. Zuschussfähig im Sinne des §
39a SGB V sind 95% des vereinbarten tagesbezogenen Bedarfssatzes. Der
nichtzuschussfähige Anteil des Bedarfssatzes darf dem Patienten nicht in
Rechnung gestellt werden. Insoweit sind von stationären Hospizen jährlich 5%
der laufenden Kosten selbst aufzubringen, u. a. aus Rücklagen, Mitteln eines
Fördervereins oder sonstigen Spenden.
Hospiz in Sulingen
1. Bedarf
Eine stationäre
Hospizeinrichtung für Erwachsene existiert bisher weder im Landkreis Nienburg
noch im angrenzenden Kreis Diepholz. In Syke befindet sich lediglich das
Kinder- und Jugendhospiz Löwenherz.
Hinsichtlich der Auswirkungen
des demografischen Wandels wird auf die Unterlagen des Palliativstützpunktes (
Machbarkeitsstudie) verwiesen, für den Landkreis Nienburg korrespondieren diese
Erkenntnisse mit den Kernaussagen des Sozialplanes für Senioren des Landkreises
Nienburg aus dem Jahr 2015. Demnach steigt die Zahl der älteren Einwohner und
insbesondere der Hochbetagten in den nächsten 15 Jahren deutlich an. Damit
steigt die Wahrscheinlichkeit, dass für schwerstkranke und sterbende Personen
im Landkreis Nienburg vor Ort keine angemessene psychosoziale palliative Hospizversorgung durch ehrenamtliche
HospizhelferInnen vorgehalten werden kann, zumal weniger Menschen im
erwerbsfähigen Alter als potentielle ehrenamtliche Sterbebegleiter zur
Verfügung stehen und strukturelle Veränderungen (Rückgang der
Mehrgenerationenfamilien und Zunahme von Singlehaushalten) dem Verbleib in der
häuslichen Umgebung entgegenstehen.
Die Deutsche Hospizstiftung
und die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin erachten einen Bedarf von 50
Hospiz- und Palliativbetten pro 1 Million Einwohner für ausreichend . Dies
bedeutet für die Landkreise Diepholz, Nienburg und Verden mit ca. 471.212
Einwohnern einen Bedarf von 24 Hospiz- und Palliativbetten. Auch ohne den
Landkreis Verden, dessen Förderzusage wegen eigener, noch nicht abgeschlossener
Planungen noch nicht vorliegt, ist die geplante Einrichtung von 8 Hospiz- und
Palliativbetten aus Sicht der Verwaltung nicht überdimensioniert.
Das Hospiz für die Landkreise
Diepholz, Nienburg und ggf. Verden liegt in zentraler Lage in Sulingen.
Der Neubau fügt sich nach den
Planungsunterlagen in ein gemischtes Wohn- und Industriegebiet ein. Das
Grundstück umfasst 3500m² und bietet ausreichend Platz für einen Garten mit
Spielplatz, Grillplatz und Sitzmöglichkeiten. Das Gebäude ist nach Westen
ausgerichtet und hat eine Nutzfläche von 900m². Es entstehen 8 barrierefreie
Gästezimmer, davon ein Demenzzimmer, jeweils mit Bad und Zugang zu einer
eigenen Terrasse.
2. Finanzierung
Hinsichtlich der
Investitionskosten sind 2,3 Mio. € für die Errichtung inkl. Nebenkos-ten und
weitere 200.000 € für die Ausstattung des Hospizes geplant. Die veran-schlagten
Gesamtkosten in Höhe von derzeit 2,5 Mio. € sollen wie folgt finanziert werden:
-Zuschüsse/Eigenmittel 0,5
Mio. €
-Darlehn/Fremdmittel 2 Mio.
€.
Die Finanzierung der
Investitionskosten sieht einen Eigenanteil von mindestens 20 %, also mindestens
500.000 € vor. Für die Finanzierung der Eigenmittel stehen laut Antragsteller
bisher 200.000 € sowie ein bereits bewilligter Zuschuss des Landkreises
Diepholz in Höhe von 300.000 € zur Verfügung.
Weitere beantragte
Förderungen durch das Deutsche Hilfswerk, Aktion Mensch und Kuratorium Deutsche
Altershilfe sowie Klosterkammer Hannover sollen überwiegend für die Abdeckung
von Betriebskosten des stationären Hospizes verwandt werden und nur in
geringeren Umfang für Investitionskosten.
Um die Eigenmittel über den
Mindestbetrag zu erhöhen, wurde der vorliegende An-trag an den Landkreis
Nienburg gestellt.
Der von stationären Hospizen
aufzubringende 5%ige Eigenanteil an den laufenden Kosten kann nach Auskunft des
Antragstellers aus Spenden, belegungsabhängigen Erträgen und weiteren
Eigenmitteln des Gesellschafters der noch zu gründenden Träger gGmbH, die
Hospiz- und Palliativkompetenzzentrum gemeinnützige GmbH, finanziert werden
(bei einer angenommenen durchschnittlichen Auslastung von 80 % ist von einer
Summe von circa 40.000,00 € pro Jahr auszugehen).
3. Sachstand der Umsetzung
Der Bau wurde entsprechend
der im Antrag dargelegten Planung im Sommer 2017 begonnen. Die Inbetriebnahme
des Hospizes ist für den 01.05.2018 vorgesehen.
Die Verhandlungen mit den
Krankenkassen als Kostenträger sind nach Angaben des Antragstellers
abgeschlossen.
Finanzielle
Auswirkungen:
Es entstehen Kosten
i. H. v. bis zu 100.00,00 €. Die Haushaltsmittel werden in der Produktgruppe
313 zur Verfügung gestellt..
Anlagen:
·
Anlage 1: Antrag
vom 27.06.2017
·
Anlage 2: Konzept
zur Gründung eines stationären Hospiz
·
Anlage 3:
Projektbeschreibung Hospiz Sulingen
·
Anjage 4: Machbarkeitsstudie,
Stand: 26.10.2016