Betreff
Antrag auf Bezuschussung eines stationären Hospizes
Vorlage
2017/231
Aktenzeichen
310-3/04-600
Art
Beschlussvorlage

Aufgrund des Antrages des Palliativstützpunktes im Landkreis Diepholz e.V. werden

im Haushalt 2018 100.000 € für einen einmaligen Zuschuss zu den für die Errichtung

eines stationären Hospizes in Sulingen entstehenden Investitionskosten eingestellt.

 

Voraussetzungen für die Bewilligung des Zuschusses sind

-       die Ausrichtung des Hospizes an der „Rahmenvereinbarung nach § 39a Abs. 1 Satz 4 SGB V über Art und Umfang sowie Sicherung der Qualität der stationären Hospizversorgung“,

-       der Nachweis der gesicherten Finanzierung der geplanten Investitionskosten zur Errichtung des Hospizes durch entsprechendes Eigen- und Fremdkapital,

-       eine konkretisierte Darstellung der Finanzierung der systembedingten 5%igen Betriebskostendeckungslücke sowie

-       der Abschluss eines Versorgungsvertrages mit den zuständigen Kostenträgern oder zumindest die verbindliche Zusage derselben, einen Versorgungsvertrag abzuschließen.

 

Über die Freigabe der Mittel, die endgültige Höhe des Zuschusses und den Zeitpunkt

der Auszahlung entscheidet zu gegebener Zeit der Kreisausschuss.


Sachverhalt

Mit dem als Anlage 1 beigefügten Schreiben vom 27.06.2017 beantragt der Palliativstützpunkt im Landkreis Diepholz e.V., Sulingen, einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 100.000,00 € zu den Investitions- und Einrichtungskosten des für Sulingen geplanten Hospizes mit 8 Betten.

 

Als weitere Anlagen sind das Konzept, eine Projektbeschreibung und eine Machbarkeitsstudie beigefügt.

 

Allgemeines zur Hospiz- und Palliativversorgung

 

 Menschen mit schweren Erkrankungen, bei denen eine Heilung nicht mehr möglich ist, bedürfen einer palliativen Versorgung, weil nicht mehr die Heilung und die Lebensverlängerung im Vordergrund steht, sondern der bestmögliche Erhalt der Lebensqualität, Nähe, Zuwendung und die Linderung von Schmerzen und anderen Symptomen. Im Mittelpunkt steht der kranke Mensch, seine Angehörigen und Nahestehenden.

 

Die Palliativversorgung ist in sich sehr heterogen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Leistungserbringer. So wirken im Rahmen der Palliativversorgung der professionell geprägte Bereich der Palliativmedizin und Palliativpflege sowie der ehrenamtlich geprägte Bereich der Hospizarbeit mit.

 

Bei der Palliativversorgung unterscheidet man zwischen verschiedenen Versorgungsformen wobei zunächst grundsätzlich zwischen Basisversorgung oder allgemeiner Palliativversorgung und einer spezialisierten Versorgung differenziert wird.

 

Die Basisversorgung ist elementarer Bestandteil der allgemeinen Versorgung. Sie findet innerhalb aller Strukturen und Professionen statt, die schwerstkranke und sterbende Patientinnen und Patienten versorgen. Dazu gehört in erster Linie die kontinuierliche Versorgung durch Haus- und Fachärzte, Pflegedienste in Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen (Seelsorgerinnen und Seelsorger, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Psychologinnen und Psychologen, Therapeutinnen und Therapeuten) und den allgemeinen ambulanten Hospizdiensten. Aber auch die stationären Pflegeeinrichtungen und allgemeine Krankenhäuser gehören dazu. Der überwiegende Teil schwerstkranker und sterbender Menschen wird in der Regel in der allgemeinen Versorgung betreut.

 

Neben der Basisversorgung sind in den letzten Jahren zunehmend Strukturen einer Spezialversorgung entstanden, die für diejenigen Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen, die aufgrund der Ausprägung ihrer Probleme und Bedürfnisse eine über die Basisversorgung hinausgehende Versorgung benötigen.

 

Sie zeichnet sich durch bedarfsorientiertes Fallmanagement, die Zusammenarbeit mehrerer Professionen, 24-stündige Erreichbarkeit und durch eine aufgrund von Weiterbildung und Erfahrung gewonnene Expertise der Leistungserbringer aus. Beteiligt sind Fachärztinnen und Fachärzte mit besonderer palliativmedizinischer Qualifikation, ambulante Pflegedienste mit in Palliative Care weitergebildeten Pflegefachkräften oder ambulante Palliativdienste, ambulante Hospizdienste, stationäre Hospize und Krankenhäuser, die über eine geeignete palliativmedizinische Infrastruktur verfügen. Ebenfalls gehören dazu Angebote seelsorgerischer und psychologisch-psychotherapeutischer Art.

 

 

Stationäre Hospize

 

 1. Voraussetzungen

 

Für die stationäre Hospizversorgung sowie die Sicherung der Qualität z.B. im Bereich Personal und Sachausstattung gelten die Regelungen der zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen, dem Deutschen Hospiz- und Palliativ-Verband e.V. und den Bundesverbänden der Wohlfahrtspflege geschlossenen Rahmenvereinbarung nach § 39 a (1) S. 4 SGB V.

 

Danach sind stationäre Hospize

 

-       selbständige Einrichtungen mit eigenständigem Versorgungsauftrag, für Patientinnen und Patienten mit unheilbaren Krankheiten in der letzten Lebensphase palliativ-medizinische und palliativ-pflegerische Versorgung zu erbringen

 

-       Einrichtungen, die über eine besondere Ausstattung verfügen, die eine palliativmedizinische, palliativ-pflegerische, soziale sowie geistig-seelische Versorgung gewährleistet

 

-       Teil einer vernetzten Versorgungsstruktur im regionalen Gesundheits- und Sozialsystem

 

-       integraler Bestandteil eines ambulanten ehrenamtlichen Hospizdienstes

 

-       baulich, organisatorisch und wirtschaftlich selbständige Einrichtungen mit einem eigenständigen Versorgungsauftrag und separatem Personal und Konzept

 

-       kleine Einrichtungen mit in der Regel höchstens 16 Plätzen (neue Einrichtungen mind. 8 Plätze), wobei die räumliche Gestaltung der Einrichtung auf die besonderen Bedürfnisse schwer kranker sterbender Menschen auszurichten ist.

 

2. Aufnahmevoraussetzungen

 

Für die Aufnahme in ein Hospiz gibt es vereinbarte Voraussetzungen, die in § 2 der Rahmenvereinbarung aufgeführt sind: Die Patientin bzw. der Patient leidet an einer Krankheit die a) die progredient verläuft und bereits ein fortgeschrittenes Stadium erreicht hat und b) bei der eine Heilung ausgeschlossen und eine palliativ-medizinische Behandlung notwendig oder vom Patienten erwünscht ist und c) die lediglich eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt und solange eine Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V nicht erforderlich ist und eine ambulante Versorgung im Haushalt oder in der Familie nicht ausreicht, weil der palliativ-medizinische und palliativ-pflegerische und / oder psychosoziale Versorgungsbedarf, der aus der Krankheit resultiert, die Möglichkeiten der bisherigen Betreuenden regelmäßig übersteigt.

Gemäß § 2 Abs. 3 der Richtlinie liegt die Notwendigkeit einer stationären Hospizversorgung grundsätzlich nicht vor bei Patienten, die in einer stationären Pflegeeinrichtung versorgt werden. Sofern in Einzelfällen Patienten aus einem Pflegeheim in ein Hospiz verlegt werden sollen, ist der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) hinzuzuziehen.

Über die Aufnahme ins Hospiz bzw. die Kostenübernahme entscheiden die Krankenkassen.

 

3. Finanzierung

 

Die Landesverbände der Krankenkassen schließen mit dem stationären Hospiz einen für alle Leistungsträger im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches geltenden Versorgungsvertrag (§ 39 a SGB V i. V. m. § 72 SGB XI) sowie eine Leistungs- und Qualitätsvereinbarung und eine Vergütungsvereinbarung entsprechend der Rahmenrichtlinie.

 

Gesetzlich Versicherte haben bei Vorliegen der Voraussetzungen für einen Hospizaufenthalt einen Anspruch auf einen Zuschuss nach § 39 a Abs. 1 SGB V gegenüber ihrer Krankenkasse. Die Höhe des Zuschusses je Kalendertag ist in der Satzung der Krankenkasse festgelegt, die Mindesthöhe in § 39 a Abs.1 SGB V bestimmt. Zuschussfähig im Sinne des § 39a SGB V sind 95% des vereinbarten tagesbezogenen Bedarfssatzes. Der nichtzuschussfähige Anteil des Bedarfssatzes darf dem Patienten nicht in Rechnung gestellt werden. Insoweit sind von stationären Hospizen jährlich 5% der laufenden Kosten selbst aufzubringen, u. a. aus Rücklagen, Mitteln eines Fördervereins oder sonstigen Spenden.

 

 

Hospiz in Sulingen

 

 

1. Bedarf

 

Eine stationäre Hospizeinrichtung für Erwachsene existiert bisher weder im Landkreis Nienburg noch im angrenzenden Kreis Diepholz. In Syke befindet sich lediglich das Kinder- und Jugendhospiz Löwenherz.

 

Hinsichtlich der Auswirkungen des demografischen Wandels wird auf die Unterlagen des Palliativstützpunktes ( Machbarkeitsstudie) verwiesen, für den Landkreis Nienburg korrespondieren diese Erkenntnisse mit den Kernaussagen des Sozialplanes für Senioren des Landkreises Nienburg aus dem Jahr 2015. Demnach steigt die Zahl der älteren Einwohner und insbesondere der Hochbetagten in den nächsten 15 Jahren deutlich an. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass für schwerstkranke und sterbende Personen im Landkreis Nienburg vor Ort keine angemessene psychosoziale palliative  Hospizversorgung durch ehrenamtliche HospizhelferInnen vorgehalten werden kann, zumal weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter als potentielle ehrenamtliche Sterbebegleiter zur Verfügung stehen und strukturelle Veränderungen (Rückgang der Mehrgenerationenfamilien und Zunahme von Singlehaushalten) dem Verbleib in der häuslichen Umgebung entgegenstehen.

 

Die Deutsche Hospizstiftung und die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin erachten einen Bedarf von 50 Hospiz- und Palliativbetten pro 1 Million Einwohner für ausreichend . Dies bedeutet für die Landkreise Diepholz, Nienburg und Verden mit ca. 471.212 Einwohnern einen Bedarf von 24 Hospiz- und Palliativbetten. Auch ohne den Landkreis Verden, dessen Förderzusage wegen eigener, noch nicht abgeschlossener Planungen noch nicht vorliegt, ist die geplante Einrichtung von 8 Hospiz- und Palliativbetten aus Sicht der Verwaltung nicht überdimensioniert.

 

Das Hospiz für die Landkreise Diepholz, Nienburg und ggf. Verden liegt in zentraler Lage in Sulingen.

Der Neubau fügt sich nach den Planungsunterlagen in ein gemischtes Wohn- und Industriegebiet ein. Das Grundstück umfasst 3500m² und bietet ausreichend Platz für einen Garten mit Spielplatz, Grillplatz und Sitzmöglichkeiten. Das Gebäude ist nach Westen ausgerichtet und hat eine Nutzfläche von 900m². Es entstehen 8 barrierefreie Gästezimmer, davon ein Demenzzimmer, jeweils mit Bad und Zugang zu einer eigenen Terrasse.

 

 

2. Finanzierung

 

Hinsichtlich der Investitionskosten sind 2,3 Mio. € für die Errichtung inkl. Nebenkos-ten und weitere 200.000 € für die Ausstattung des Hospizes geplant. Die veran-schlagten Gesamtkosten in Höhe von derzeit 2,5 Mio. € sollen wie folgt finanziert werden:

 

-Zuschüsse/Eigenmittel 0,5 Mio. €

 

-Darlehn/Fremdmittel 2 Mio. €.

 

Die Finanzierung der Investitionskosten sieht einen Eigenanteil von mindestens 20 %, also mindestens 500.000 € vor. Für die Finanzierung der Eigenmittel stehen laut Antragsteller bisher 200.000 € sowie ein bereits bewilligter Zuschuss des Landkreises Diepholz in Höhe von 300.000 € zur Verfügung.

Weitere beantragte Förderungen durch das Deutsche Hilfswerk, Aktion Mensch und Kuratorium Deutsche Altershilfe sowie Klosterkammer Hannover sollen überwiegend für die Abdeckung von Betriebskosten des stationären Hospizes verwandt werden und nur in geringeren Umfang für Investitionskosten.

 

Um die Eigenmittel über den Mindestbetrag zu erhöhen, wurde der vorliegende An-trag an den Landkreis Nienburg gestellt.

 

Der von stationären Hospizen aufzubringende 5%ige Eigenanteil an den laufenden Kosten kann nach Auskunft des Antragstellers aus Spenden, belegungsabhängigen Erträgen und weiteren Eigenmitteln des Gesellschafters der noch zu gründenden Träger gGmbH, die Hospiz- und Palliativkompetenzzentrum gemeinnützige GmbH, finanziert werden (bei einer angenommenen durchschnittlichen Auslastung von 80 % ist von einer Summe von circa  40.000,00 € pro Jahr auszugehen).

 

 

 

 

 

 

3. Sachstand der Umsetzung

 

Der Bau wurde entsprechend der im Antrag dargelegten Planung im Sommer 2017 begonnen. Die Inbetriebnahme des Hospizes ist für den 01.05.2018 vorgesehen.

Die Verhandlungen mit den Krankenkassen als Kostenträger sind nach Angaben des Antragstellers abgeschlossen.


Finanzielle Auswirkungen:

 

Es entstehen Kosten i. H. v. bis zu 100.00,00 €. Die Haushaltsmittel werden in der Produktgruppe 313 zur Verfügung gestellt..


Anlagen:

 

·         Anlage 1: Antrag vom 27.06.2017

·         Anlage 2: Konzept zur Gründung eines stationären Hospiz

·         Anlage 3: Projektbeschreibung Hospiz Sulingen

·         Anjage 4: Machbarkeitsstudie, Stand: 26.10.2016