Betreff
Umsetzung der europäischen Richtlinien zu Fauna-Flora-Habitat- und Vogelschutzgebieten / Natura 2000; FFH-Gebiet 289 "Teichfledermaus-Gewässer im Raum Nienburg" und EU-Vogelschutzgebiet V 43 "Wesertalaue bei Landesbergen";
hier: Beschluss über dieÄnderung der Verordnung über das Naturschutzgebiet "Domäne Stolzenau/Leese" (NSG HA 176) in der Samtgemeinde Mittelweser zur Sicherung des FFH-Gebietes 289 und des EU-Vogelschutzgebietes V 43.
Vorlage
2018/067
Aktenzeichen
554
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Domäne Stolzenau/Leese“ in der Samtgemeinde Mittelweser, Gemeinden Leese und Landesbergen wird beschlossen.

 


Sachverhalt:

 

In der Sitzung am 28.11.2017 (Beschlussvorlage 2017/238) wurde beschlossen, das offizielle Beteiligungsverfahren zur europarechtskonformen Anpassung der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Domäne Stolzenau/Leese“ im Landkreis Nienburg/Weser einschließlich Flächenzuziehungen einzuleiten.

 

Das für die Ausweisung von Verordnungen vorgeschriebene Verfahren gemäß § 14 Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG) in Verbindung mit § 22 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG) wurde durchgeführt.

 

Den betroffenen Gemeinden und der Samtgemeinde, den sonst betroffenen Behörden und anerkannten Naturschutzvereinigungen sowie weiteren Interessensvertretungen und Flächeneigentümern wurden die Entwurfsunterlagen zur Stellungnahme zugeleitet. Die gesetzlich vorgeschriebene ortsübliche Bekanntmachung ist ordnungsgemäß erfolgt.

Der Entwurf der Naturschutzgebietsverordnung einschließlich Begründung und Verordnungskarte haben in der Zeit vom 02. Januar 2018 bis einschließlich 02. Februar 2018 bei der Samtgemeinde Mittelweser und beim Landkreis Nienburg/Weser öffentlich zu jedermanns Einsicht ausgelegen.

 

Im Rahmen des Auslegungsverfahrens ist der UNB 1 Stellungnahme von der Realgemeinde Stolzenau zugegangen. Als Nachbar des Naturschutzgebietes auf der anderen Weserseite, hat die Realgemeinde große Bedenken gegen das geplante Vorhaben in Bezug auf immer mehr werdende Gänse und andere Wildarten und die darunter leidende Landwirtschaft vorgebracht. Vor allem Fraßschäden werden hier angeführt. Ein neues NSG an der Weser würde diese Situation verstärken. Angeregt wird, dass Vorhaben fallen zu lassen. Ähnliche Bedenken äußerte auch ein weiterer Flächeneigentümer im Rahmen des Beteiligungsverfahrens.

Allerdings handelt es sich bei dem NSG nicht um ein neues Schutzgebiet, es besteht bereits seit 1997. Lediglich der nordöstliche Teilbereich wird hinzugezogen bzw. neu ausgewiesen. Bzgl. der Fraßschäden gibt es im Bereich der Weseraue Angebote, die betroffene Landwirte entschädigen können. Die Jagd im NSG wird in Bezug auf die Federwildjagd eingeschränkt, die Jagd auf weitere Wildarten ist weiterhin erlaubt. In der Zuziehungsfläche ist zudem die Federwildjagd in einem bestimmten Zeitfenster erlaubt. Damit kann in diesem Bereich eine Einflussnahme auf sich ggf. übermäßig entwickelnde Brutpopulationen dem Jagdrecht unterliegender Arten ermöglicht werden. Durch die Ausweisung des NSG kommt der Landkreis der Verpflichtung zur hoheitlichen Sicherung von Natura 2000-Gebieten gemäß § 32 Absatz 2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) nach.

Das BNatSchG gibt vor, dass alle Veränderungen und Störungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets in seinen maßgeblichen Bestandteilen führen können, unzulässig sind.

 

Im Beteiligungsverfahren haben von den insgesamt 79 beteiligten Interessen-vertretungen und öffentlichen Institutionen 23 Stellen Anregungen und  Hinweise, aber auch Bedenken vorgebracht.

 

 

 

 

Der Deutsche Aero Club Landesverband Niedersachsen e.V. und der Landessportbund Niedersachsen e.V. erheben Bedenken bzgl. der Einschränkung des Überfliegens des NSG. Sie verweisen auf die ABA (Aircraft Relevant Bird Areas) und sehen eine Unzumutbarkeit darin, dass sich Piloten auch zusätzlich zu den ABA über Schutzgebiete und Einschränkungen der Luftfahrt informieren müssten. Die Verordnung schließt einen Überflug des Gebietes nicht aus, sondern regelt lediglich die Überflughöhe, um eine erhebliche Beeinträchtigung auszuschließen. Zudem gehört die Domäne Stolzenau/Leese zu einer ABA. Die in der VO vorgesehene Überflughöhe wird daher beibehalten.

Mehrere Stellen, darunter ein ansässiger Berufsfischer, der Landesfischereiverband Niedersachsen e.V., das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit - Dezernat Binnenfischerei, der Anglerverband Niedersachsen und die Landwirtschaftskammer Niedersachsen erheben große Bedenken gegen die vorgesehene Einschränkung der Angelfischerei und der Pflicht zur Verwendung von Reusen, die keine Gefahr für den Fischotter darstellen. Weiter wird auch auf die Einhaltung des Gleichheitsgrundsatzes in Bezug auf die Jagd eingegangen. Die Regelungen zur Angelfischerei ergeben sich aus der Alt-VO und bestehenden Planfeststellungsbeschlüssen zum Bodenabbau, wodurch im NSG (mit Ausnahme des Angelteichs an der B215 und an der Weser)  eine Angelfischerei nicht erlaubt ist. Die vorgebrachten Bedenken führen mit Ausnahme der Reusenbeschränkung für den Fischotterschutz nicht zu einer zusätzlichen Beschwer, da die VO ausschließlich den Status Quo und bestehende unanfechtbare Planfeststellungsbeschlüsse übernimmt. Auch bleibt der Gleichheitsgrundsatz gewahrt, da die Jagd auch räumlich, inhaltlich wie auch zeitlich eingeschränkt wird.

Aufgrund aktuell vorliegender Kartierergebnisse konnte der Nachweis hinsichtlich eines Fischottervorkommens im Bereich des geplanten NSG „Domäne Stolzenau/Leese“ erbracht werden. Es ist davon auszugehen, dass es sich im Bereich der Domäne Stolzenau/Leese um eine kleine Fischotterpopulation handelt und dass bereits der Tod eines Individuums eine erhebliche Beeinträchtigung dieser örtlichen Population darstellt (vgl. Urteil des VG Hannover vom 31.01.2013, Az. 4 A 5418/12, zur Reusenfischerei am Steinhuder Meer).

Das v. g. Urteil bezieht sich auch auf die Vollzugshinweise des NLWKN, welche eine ungeregelte Reusenfischerei bzw. eine Reusenfischerei ohne Otterschutz als erhebliche Beeinträchtigung ausweisen (vgl. Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, Tab. 4: Matrix zur Bewertung des Erhaltungszustands, S. 8). Eine Regelung zur Reusenfischerei in der geplanten Verordnung ist aus fachlichen und rechtlichen Gesichtspunkten somit unumgänglich.

 

Die eingegangenen Stellungnahmen der betroffenen Behörden, sonstigen Interessensvertretungen, Naturschutzvereinigungen und einer Privatperson sowie die entsprechenden Abwägungs- und Beschlussempfehlungen der Verwaltung sind ausführlich in der Anlage 1 zusammengefasst und begründet. 

 

Aufgrund der vorgebrachten Anregungen und Ergänzungen wurden kleinere Anpassungen des Verordnungsentwurfs für das Naturschutzgebiet „Domäne Stolzenau/Leese“ (Anlage 2) und der Begründung (Anlage 4) vorgenommen. Sie sind im Entwurf grau hinterlegt. Die Verordnungskarte (Anlage 3) wurde im Bereich des südlichen Betriebsstandortes angepasst.


Finanzielle Auswirkungen:

 

Der Beschluss hat finanzielle Auswirkungen.

 

Der zukünftige Aufwand für Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen ist abhängig von der Entwicklung des Gebietes in Bezug auf den Schutzzweck. Er soll jedoch möglichst gering gehalten werden.

Es entstehen Kosten i. H. v. ca. 2.000 € für die Beschilderung des Naturschutz-gebiets. Die Haushaltsmittel sind im Haushalt 2018 im Produktkonto 55410.424100 eingeplant.

 


Anlagen:

 

1       Übersicht „Fachliche und rechtliche Auseinandersetzung mit den

     vorgetragenen Bedenken, Anregungen und Hinweisen“

2     Verordnungstext über das NSG „Domäne Stolzenau/Leese“

3      Verordnungskarte im Maßstab 1:10.000

4      Begründung zur Verordnung