Betreff
Eckwertebeschluss für die mittel- bis langfristige Investitionsplanung
Vorlage
2018/103
Aktenzeichen
131-12 02
Art
Beschlussvorlage
  1. Die Nettoinvestitionen werden für die Jahre 2019 bis 2027 auf 12 Mio. Euro im Jahr begrenzt.

 

  1. Den einzelnen Produktgruppen werden die in der Anlage ersichtlichen investiven Budgets zugewiesen, die innerhalb der mittelfristigen Finanzplanung (jeweils Haushaltsjahr zuzügl. der zwei Folgejahre) einzuhalten sind bzw. ausgeglichen werden müssen.

 

  1. Sollte sich in der Planung ein Finanzmittelüberschuss ergeben, ist dieser vorrangig für den Abbau der investiven Verschuldung zu verwenden.

 


Sachverhalt

Zum Jahresende 2017 hatte der Landkreis Nienburg/Weser Verbindlichkeiten aus Investitionskrediten in Höhe von insgesamt 66,6 Mio. Euro. Dies entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung in Höhe von 548,21 Euro. Im Jahr 2010 betrug die Verschuldung noch 39,3 Mio. Euro, was einer Pro-Kopf-Verschuldung in Höhe von 321,32 Euro entsprach. Die Schulden erhöhten sich in diesem Zeitraum um rd. 70 %.

 

In Niedersachsen lag die durchschnittliche Verschuldung 2016 (aktuellster vorliegender Wert) bei 372,58 Euro/EW. Nur fünf Landkreise waren noch höher verschuldet als der Landkreis Nienburg. 17 Landkreise haben ihre Schulden seit 2010 gesenkt.

 

Bereits in der Vergangenheit hat die Kommunalaufsicht des Innenministeriums auf diese kritischen Werte hingewiesen und einen Schuldenabbau eingefordert. U. a aufgrund des Hinweises auf die geplante mittelfristige Festlegung von investiven Eckwerten wurden der Kreditrahmen sowie die Verpflichtungsermächtigungen für 2018 genehmigt. Das Innenministerium führte dazu aus: „Den weiteren deutlichen Anstieg der investiven Verschuldung sehe ich äußerst kritisch. Ein Abbau der investiven Verschuldung sollte, wie bereits in den vorangegangenen Haushaltsgenehmigungen gefordert, zwingend in der Haushaltsplanung der nächsten Jahre verfolgt werden, zumal die hohen Investitionen in den Folgejahren den Ergebnishaushalt stark belasten werden.“

 

2017 hat der Landkreis von der guten wirtschaftlichen Situation profitiert. Die Steuereinnahmen waren so hoch wie noch nie. Das Zinsniveau ist seit längerer Zeit sehr niedrig. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen, dass diese Lage mittel- bis langfristig anhält. Bei sinkenden Steuereinnahmen und steigenden Folgekosten aufgrund von Investitionen und vorhandenen Investitionskrediten wird sich der Haushalt deutlich schlechter darstellen.

 

Im Durchschnitt wurden in den vergangenen Jahren rd. 8,6 Mio. Euro netto investiert. Bereits diese Summe hat zu der o. g. Verschuldung geführt.

 

In der mittel- bis langfristigen Planung stehen erhebliche Investitionen an. Die notwendigen Ersatzbeschaffungen von Vermögensgegenständen, um den Verwaltungs- und Schulbetrieb aufrecht sowie den technischen Stand bei den Fahrzeugen des Brandschutzes zu erhalten, die Sanierungen der Kreisstraßen sowie die jährlichen Zahlungen zur Finanzierung des Krankenhausbaus an das Land und in die Kreisschulbaukasse sind jährliche Auszahlungen, die sich nur sehr bedingt beeinflussen lassen. Daneben stehen insbesondere mehrere Projekte mit hohen Investitionsvolumina an. So hat der Bereich Hochbau für die mittelfristige Investitionsplanung allein 13 Projekte mit einem Volumen von mehr als 1 Mio. Euro benannt, die insgesamt ein Volumen in Höhe von rund 90 Mio. Euro ausmachen. Zu nennen sind hier u.a. der Neubau des A-Traktes der Berufsbildenden Schulen (BBS) mit 25 Mio. Euro, der Neubau der FTZ mit 22,5 Mio. Euro, die Sanierung, der Umbau und die Erweiterung der OBS Marklohe mit 14 Mio. Euro, die Sanierung weiterer Trakte und der Sporthalle der BBS mit 7 Mio. Euro, der Neubau einer Sporthalle für die Integrierte Gesamtschule mit 5,5 Mio. Euro sowie Sanierungs- und Umbaumaßnahmen und Erweiterungen in Verwaltungsliegenschaften mit rd. 10 Mio. Euro.

 

Insgesamt ergibt sich für die nächsten Jahre ein Netto-Investitionsvolumen in Höhe von 148 Mio. Euro.

 

Würden diese Projekte bis zum Jahr 2022 verwirklicht werden, würde der Landkreis bei gleichbleibend guter wirtschaftlicher Lage (mit einem erwarteten Saldo aus lfd. Verwaltungstätigkeit in Höhe von 10,5 Mio. Euro) eine investive Verschuldung in Höhe von insgesamt 128 Mio. Euro erreichen, eine Pro-Kopf-Verschuldung in Höhe von 1.057,67 Euro.

 

Aus Sicht der Verwaltung würde selbst bei anhaltend guter wirtschaftlicher Lage die dauernde Leistungsfähigkeit des Landkreises folglich massiv gefährdet und die nachfolgenden Generationen mit einer nicht zu vertretenden Schuldenlast belastet. Zudem würden die Gestaltungsmöglichkeiten des Landkreises in der Zukunft durch fehlende finanzielle Entscheidungsspielräume eklatant eingeschränkt.

 

Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die gute Wirtschaftslage mittelfristig anhält. So ist auf Sicht zum einen mit geringeren Erträgen im Finanzausgleich und zum anderen aber auch mit höheren Aufwendungen zu rechnen. Dann wären bereits innerhalb kürzester Zeit kaum noch ausreichend Mittel vorhanden, um den kommunalen Aufgaben gerecht werden zu können.

 

Die Verwaltung sieht deshalb einen zwingenden Steuerungsbedarf. Neben der Weiterführung der Kreisschulbaukasse für längere Zeit mdst. auf dem heutigen Niveau und intensive Fördermittelakquise beeinflusst die Höhe der Kreisumlage in entscheidendem Maße die verfügbaren eigenen Mittel für die Finanzierung der Investitionen. Eine weitere Stellschraube wird die Priorisierung der Bauprojekte sein. Gleichzeitig müssen die Investitionsauszahlungen auf den unbedingt notwendigen Umfang begrenzt werden.

 

Als Möglichkeit der Steuerung schlägt die Verwaltung vor, einen Eckwertebeschluss zu fassen, der die investive Verschuldung zumindest eindämmen kann, in dem er

1. die Gesamt-Nettoinvestitionen auf eine Höhe von 12 Mio. Euro/jährlich begrenzt

2. den einzelnen Fachdiensten investive Budgets für die mittelfristige Finanzplanung zuweist

3. bei verbesserter Ausgangslage prioritär den Schuldenabbau vorsieht.

 

Unter der Annahme, dass weiterhin ein Saldo aus laufender Verwaltungstätigkeit von 10,5 Mio. Euro erzielt werden kann, würde ein solcher Eckwertebeschluss eine weitere jährliche Nettoneuverschuldung in Höhe von 1,5 Mio. Euro bedeuten. Die investive Verschuldung würde bis 2027 auf 108,83 Mio. Euro gesamt sowie 708,25 Euro/EW ansteigen. Außerdem können durch die Begrenzung des Investitionsvolumens Maßnahmen in einer Größe von mindestens 23 Mio. Euro nicht umgesetzt bzw. müssen in ihrem Umfang reduziert werden.

 

Die Fachausschüsse würden die Vorgaben aus dem Beschluss in ihrer Haushaltsplanung ab 2019 umsetzen müssen. In der Anlage sind die Budgets sowie die Nettoauszahlungen der letzten Jahre in den einzelnen Produktgruppen dargestellt.


Anlagen:

 

·         Eckwerte