hier: Zwischenbericht für die Projektjahre 2016 und 2017
Sachverhalt:
Insgesamt gesehen ist die Umsetzungsrate von Kompensationsmaßnahmen über
den Gesamtzeitraum von mittlerweile über 40 Jahren, in denen die
Eingriffsregelung in Niedersachsen gesetzlich vorgeschrieben ist, in höchstem
Maße mangelhaft. Die aufgrund der Eingriffsregelung in Genehmigungs-, Planfeststellungs-
oder Bauleitplanverfahren festgesetzten Kompensationsmaßnahmen kommen häufig
nicht, verspätet oder nicht vollumfänglich zur Umsetzung. Diesen Umstand
bemängeln u. a. Naturschutzverbände und fordern die Unteren Naturschutzbehörden
(UNB) auf, für die Umsetzung der Kompensationsverpflichtungen zu sorgen. In die
Formulierung von entsprechenden Auflagen und Festsetzungen wird viel Energie
investiert, die jedoch verpufft, wenn sie in der Praxis häufig ignoriert werden.
Der Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt hat daher 2012 die
Durchführung des Projektes „Kontrolle und Durchsetzung von
Kompensationsmaßnahmen“ zunächst für die Laufzeit von 3 Jahren von 2013 bis
2015 und daran anschließend eine Verlängerung bis 2019 beschlossen. Damit soll für
eine konsequentere Gleichstellung aller Eingriffsverursacher im Kreisgebiet
gesorgt und eine vermeintliche „Schlechterstellung“ der genehmigungskonform
handelnden Personen vermieden werden.
Mittlerweile läuft das sechste
Projektjahr. Vereinbarungsgemäß soll etwa nach der Hälfte der zweiten
Projektphase ein Zwischenbericht abgegeben werden, der dem Ausschuss
vorgestellt wird.
Im Jahr 2016 konnten
aufgrund der Belastung einer Bearbeiterin durch eine massive Zunahme von
Genehmigungsanträgen für Windenergieanlagen, die in der Bearbeitung sehr
zeitaufwändig sind, und damit einhergehender Prioritätenverschiebung sowie
eines sechsmonatigen Sonderurlaubs des anderen Bearbeiters, dessen Projektarbeitsstunden daher nur teilweise abgerufen werden konnten,
nur 73 Kompensationsmaßnahmen kontrolliert und die Kontrolle dokumentiert
werden.
Für 2017 ist die
Fallzahl mit 157 (gut 90%) Kontrollen auch wieder etwas hinter den Zielvorgaben
zurück geblieben.
Mit den beiden
folgenden Projektjahren soll versucht werden, diese Unterdeckung wieder ein
Stück weit auszugleichen und die Fallzahlen mindestens zu erreichen.
Die Kontrollen
wurden überwiegend durch Ortsbesichtigungen in der Zeit von Mai bis Oktober
2016 bzw. 2017 vorgenommen.
Systematisch werden
zunächst die festgesetzten Maßnahmen, bei denen die Umsetzungsverpflichtung
durch die Fertigstellung der Eingriffsvorhaben jüngst eingetreten ist,
kontrolliert bzw. die Bauherren mit Fristsetzung an diese Pflicht erinnert.
Die zur Umsetzung
angemahnten Maßnahmen aus den Vorjahren werden im Rahmen einer Wiedervorlage
erneut besichtigt. Oft wird die Maßnahme nach einer ersten Fristsetzung bereits
umgesetzt. Häufig
ergeben sich dann aus der ersten Kontrolle weitere Nachforderungen, wenn die
Maßnahme nicht entsprechend der Auflagen umgesetzt wurde. Dadurch wird eine
weitere Kontrolle im darauffolgenden Jahr erforderlich.
In einigen Fällen
sind die Umsetzungsdefizite jedoch hartnäckig und die Kompensationsverpflichteten
müssen mehrmals und nachhaltig auf ihre Verpflichtung hingewiesen werden.
Die gesetzliche
Vorgabe, dass die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in dem jeweils erforderlichen Zeitraum (i.d.R.
dauerhaft) zu erhalten sind, kann
auch nicht mit einer einmaligen (Herstellungs-) Kontrolle sichergestellt
werden. Anwuchserfolge und die nachhaltige Einhaltung von
Bewirtschaftungsauflagen können in vielen Fällen nur durch Folgekontrollen im
Blick behalten werden. Bei Anpflanzungen können diese Kontrollen bei älteren
Maßnahmen über Luftbilder erfolgen. Diese werden im Abstand von etwa drei
Jahren erneuert und die Gehölzstrukturen sind darauf ab einem gewissen Alter
gut zu erkennen.
Die Kontrollen haben in den beiden vergangenen Jahren
folgende Ergebnisse gehabt:
Insgesamt sind etwa
58 % aller kontrollierten und abschließend bearbeiteten Kompensationsmaßnahmen
mangelhaft oder gar nicht umgesetzt. Die übrigen 42% sind so hergerichtet und
gepflegt, dass das Maßnahmenziel erreicht werden kann.
Auffällig sind
jedoch weiterhin die großen Umsetzungsdefizite, die bei Kompensationsmaßnahmen
aus der gemeindlichen Bauleitplanung bestehen.
Die dafür
zuständigen Gemeindeverwaltungen werden von hier mit Schreiben darauf
hingewiesen und gebeten, vorliegende Missstände zu beheben und zuständigkeitshalber
für eine ordnungsgemäße Durchführung der Maßnahmen zu sorgen.
Leider zieht sich
insbesondere die Umsetzung von Maßnahmen aus der gemeindlichen Bauleitplanung
in einigen Fällen sehr in die Länge, sodass sich Schriftverkehre vielfach
bereits über mehrere Jahre erstrecken. In der Bauleitplanung sind jedoch die
Gemeinden die für die Umsetzung zuständige Behörde. Daher beschränkt sich die
Funktion der Naturschutzbehörde auf die auffordernde Stimme, die den Anstoß zur
Handlung von dort gibt. Dieser Anstoß ist auch insofern wichtig, als dass auch
die Gemeinden eine Vielzahl an Aufgaben zu erfüllen haben, bei denen diejenigen
bei der Vergabe von Prioritäten oft nach hinten rutschen, bei denen keiner drängelt
oder für die sich eigentlich keiner interessiert. Die Kontrolle der UNB von
rechtlich festgesetzten Kompensationsmaßnahmen hilft in den Gemeinden, eine
andere Prioritätensetzung vorzunehmen und die Umsetzung aktiver zu begleiten.
Die übrigen Kompensationsverpflichteten
werden i.d.R. direkt angeschrieben, vom Ergebnis der Kontrolle unterrichtet und
ggf. mit Fristsetzung aufgefordert, Mängel zu beseitigen, nachzupflanzen oder
die Maßnahme überhaupt erstmal umzusetzen.
Sofern es sich bei
den Eingriffsverursachern um private Vorhabenträger handelte, konnten gem. der
Allgemeinen Gebührenordnung (AllGO) die Aufwendungen für die Kontrolle in
Rechnung gestellt werden. Das war 2017 für 30 (ca. 22 %) der kontrollierten
Kompensationsmaßnahmen möglich (2016: 8 bzw. 11 %). Die Zielvorgabe von
7.500 € jährlichen Einnahmen konnten nicht ganz erreicht werden. Es
schlagen 7.183 € Einnahmen aus den Gebührenbescheiden für 2017 zu Buche
(2016: 2.125 €).
Das Projekt zur
Kontrolle von Kompensationsmaßnahmen hat sich als sehr sinnvoll erwiesen. In
einigen Fällen wurde es erst durch die systematische Kontrolle möglich,
Umsetzungs- oder Erhaltungsdefizite auch bereits älterer Kompensationsmaßnahmen
festzustellen und die Herstellung eines naturschutzrechtskonformen Zustandes einzuleiten.
Die Kosten belaufen
sich hierbei z.B. für das Jahr 2017 abzüglich der Einnahmen auf 0,26 Cent/
kontrolliertem m² (Gesamt) bzw. 0,38 Cent/ bemängeltem m².
Damit ist das
Projekt „Kontrolle und Durchsetzung von Kompensationsmaßnahmen“ auch von den Kosten
her sehr effizient, wenn man den Aufwand von unter 0,4 Cent/m² für nicht oder
nur mangelhaft umgesetzte Kompensationsmaßnahmen dem eigentlichen
durchschnittlichen Wert einer Kompensationsmaßnahme, der sich aus dem
Grundstückspreis, der Maßnahmenherstellung und der dauerhaften Pflege und
Unterhaltung zusammensetzt, gegenüberstellt. Denn der Durchschnittswert eines
Quadratmeters Kompensationsfläche im Landkreis Nienburg/Weser liegt derzeit bei
6,20 €.
Das bedeutet, dass
der durchschnittliche Kontrollaufwand samt folgendem Verwaltungsakt z.B. für
eine 1 ha große, nicht umgesetzte Kompensationsmaßnahme von ca. 40 € sich
durch die dann in der Folge durchgeführte Umsetzung der Maßnahme durch den
Kompensationspflichtigen in einen auch geldmäßig darstellbaren Mehrwert von
62.000 € verwandelt.
Und hierauf hat die
Allgemeinheit, wie auch jede Bürgerin und jeder Bürger des Landkreises einen
Rechtsanspruch (z.B. gem. § 1 BNatSchG
„Wiederherstellung von Natur und Landschaft (allgemeiner Grundsatz)“.
Zwischenzeitlich
wurde das Projekt nicht nur im Rahmen der regionalen Dienstbesprechung des MU
sondern auch bei den Niedersächsischen Naturschutztagen (Große
Dienstbesprechung MU) und in dem Seminar „Führung von Kompensationsverzeichnissen
in Niedersachsen“ bei der NNA vorgestellt (Präsentation liegt an).
Außerdem ist hierzu
ein Artikel in der Zeitschrift „Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen“
des NLWKN veröffentlicht worden, der diesem Bericht als Anlage beifügt ist.
Die Resonanz der
Fachkolleginnen und –kollegen bei den Veranstaltungen ist durchweg positiv. Einige
Landkreise folgen bereits dem Beispiel und richten ähnliche Projekte zur
systematischen Kontrolle von Kompensationsmaßnahmen ein. Hierfür wurden auch
schon unsere Erfahrungen und Tipps abgefragt.
Finanzielle Auswirkungen:
Der
Beschluss hat finanzielle Auswirkungen.
Es
entstehen Kosten i. H. v. ca. 15.000 €/a für die Projektjahre 2016-2019.
Die
Mittel sind im Produktkonto 55411.429101 „Kontrolle und Durchsetzung von Kompensationsmaßnahmen“ eingeplant.
Dem Aufwand können zusätzliche Einträge
in Höhe von 7.500 €/a im Produktkonto 55411.331100 „Verwaltungsgebühren“
zugeordnet werden.
Anlagen:
1
Beitrag zum Seminar „Führung von
Kompensationsverzeichnissen in Niedersachsen“ bei der NNA
2
Artikel aus dem Informationsdienst
Naturschutz Niedersachsen, Heft 2/2015