Betreff
Umsetzung der europäischen Richtlinie zu Vogelschutzgebieten / Natura 2000:
Vogelschutzgebiet "Schaumburger Wald" (V 67);
hier: Erlass der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet NI 72 "Münchehägener Forst" in der Stadt Rehburg-Loccum
Vorlage
2018/266
Aktenzeichen
554-LSG NI 72
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet NI 72 „Münchehägener Forstin der Stadt Rehburg-Loccum wird beschlossen.

 


Sachverhalt:

 

In der Sitzung am 27.06.2018 (Drucksache 2018/153) wurde beschlossen, das offizielle Beteiligungsverfahren zur Ausweisung des geplanten Landschafts-schutzgebietes „Münchehägener Forst“ zur Sicherung des nienburger Teils des Vogelschutzgebietes „Schaumburger Wald“ (V 67) einzuleiten.

 

Das für die Ausweisung von Verordnungen vorgeschriebene Verfahren gemäß § 14 Nds. Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG) in Ver-bindung mit § 22 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundes-naturschutzgesetz – BNatSchG) und gemäß § 38 NAGBNatSchG in Verbindung mit § 63 BNatSchG wurde durchgeführt.

 

Den betroffenen Gemeinden, Behörden und anerkannten Naturschutzvereinigungen sowie weiteren Interessensvertretungen im Landkreis Nienburg (Weser) wurden die Entwurfsunterlagen zur Stellungnahme zugeleitet.

Von den insgesamt 58 beteiligten Interessenvertretungen und öffentlichen Institutionen haben 8 Stellen Bedenken, Anregungen und Hinweise vorgebracht.

 

Der Landkreis Nienburg (Weser) hat zudem alle von der Schutzgebietsausweisung betroffenen Eigentümer persönlich angeschrieben, da deren Anzahl überschaubar war.

 

Insgesamt sind 4 Stellungnahmen von Privatpersonen eingegangen.

 

Der Entwurf der Landschaftsschutzgebietsverordnung sowie die Verordnungskarten und die Begründung zur Verordnung konnten in der Zeit vom 09. August 2018 bis einschließlich 10. September 2018 bei der Stadt Rehburg-Loccum sowie dem Landkreis Nienburg (Weser) von jedermann eingesehen werden. Gleichzeitig wurden die Unterlagen vom Landkreis digital auf seiner Internetseite für die Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

 

Die gesetzlich vorgeschriebene ortsübliche Bekanntmachung ist ordnungsgemäß in der Harke durch die Stadt Rehburg-Loccum erfolgt.

 

Die Bundeswehr wies darauf hin, dass über dem Gebiet ein sog. Jettiefflugkorridor verläuft, in dem auch Tiefflüge absolviert werden. In diesem Zusammenhang wurde die Freistellung der Bundeswehr von den Verboten der Verordnung gefordert. Dazu gehören nach eigenen Angabe auch forstliche Maßnahmen zum Entfernen von Hindernissen sowie das Aufstellen von Anlagen zur Vogelvergrämung sowie das Durchführen dieser Vergrämungsmaßnahmen. Auf Nachfrage der UNB, wie solch ein Vorgehen ablaufe (Ankündigung, Absprache mit Eigentümern, ggf. Ausgleich für gefällte Bäume, rechtliche Ermächtigung zur Durchführung von Vergrämungsmaßnahmen in einem Vogelschutzgebiet), teilte man mit, dass zuvor genannte Maßnahmen nun doch nur auf Flugplätzen eingesetzt werden. Im Bereich von sensiblen Vogelschutzgebieten kämen solche Maßnahmen allerdings nicht zum Einsatz. Im Ergebnis wurde daher nur eine Freistellung für den Flugbetrieb in den Verordnungsentwurf und die Begründung zur Verordnung aufgenommen. Die Durchführung zuvor genannter Maßnahmen müsste vielmehr auf Antrag im Einzelfall auf ihre Erheblichkeit geprüft werden (Beachtung des Verschlechterungsverbotes). Eine pauschale Freistellung wäre mit dem Schutzzweck der Verordnung nicht vereinbar gewesen.

 

Die Stadt Rehburg-Loccum als am stärksten von der Schutzgebietsausweisung betroffener Eigentümer (33 ha von insgesamt 38 ha) äußerte keine Bedenken gegen die Schutzgebietsausweisung.

Die Nds. Landesforsten als Bewirtschafter der städtischen Waldflächen orientierten sich in ihrer Stellungnahme stark an den Mindestvorgaben des Walderlasses und dem dazu herausgegebenen Leitfaden. Viele forstliche Einschränkungen konnten aufgrund vorausgegangener Gespräche und ausreichender fachlicher Begründung mitgetragen werden. Forderungen, wie die Streichung der Vorgabe, beim Wegebau ausschließlich milieuangepasstes Material zu verwenden, konnte von Seiten der UNB gefolgt werden. Es handelt sich hierbei um eine Formulierung aus dem Walderlass, die vorrangig für den Schutz von Lebensraumtypen geboten ist, weniger zum günstigen Erhaltungszustand der wertbestimmenden Spechte beiträgt. Andere Forderungen, wie die Umwandlung des Erlaubnisvorbehalts zugunsten einer 10-tägigen Anzeigepflicht bei der flächigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, konnte nicht gefolgt werden. Aufgrund einer verstärkten Problematik mit Borkenkäferbefällen im Gebiet und einer zum Teil resoluten Vorgehensweise in der Vergangenheit bei der Bekämpfung (z.B. Entfernung sämtlichen stehenden wie liegenden Totholzes), muss davon ausgegangen werden, dass chemische Hilfsmittel, die auch weitere Insekten und damit die Lebensgrundlage der Spechte bedrohen, ggf. vorschnell oder umfangreicher zum Einsatz kommen als nötig.

 

Der NABU Nienburg wiederum forderte die Vorgaben der Verordnung für Nutzungen im Gebiet noch stringenter zu fassen. Sie verlangten u.a. bei künstlicher Verjüngung die ausschließliche Einbringung standortgerechter, heimischer Baum- und Straucharten. Die festgesetzte  80%-Vorgabe in der Verordnung konnte von der Stadt Rehburg-Loccum und den Landesforsten, obwohl es sich um eine Vorgabe aus dem Walderlass für Lebensraumtypen handelt, begründet durch die Lebensraum-ansprüche der Spechte, mitgetragen werden. Da aufgrund der jetzigen Baumartenzusammensetzung zukünftig bereits mit einer deutlichen Verbesserung des Spechtlebensraumes auf nienburger Seite zu rechnen ist, auch da nach Inkrafttreten der Verordnung eine Umwandlung von Laub- oder Mischwald in Nadelwald verboten ist, kann eine 100%-Regelung fachlich nicht gerechtfertigt werden (Übermaßgebot, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz).

 

Obwohl nur auf verhältnismäßig kleiner Fläche betroffen, gingen einige z.T. sehr umfangreiche Stellungnahmen von vier betroffenen Privateigentümern (Größe der betroffenen Privatwaldflächen: 0.6, 0.6, 1 und 2 ha, davon sind ca. 0.4 ha Teil eines gesetzlich geschützten Biotops, das bereits 1991 in das Verzeichnis der geschützten Landschaftsbestandteile aufgenommen wurde) ein. Bereits im Rahmen der Vorabbeteiligung konnte leider weder eine Akzeptanz von Verordnungsinhalten noch hinsichtlich der Verpflichtung, besagte Flächen aufgrund von EU-Vorgaben sichern zu müssen, herbeigeführt werden. Insgesamt wurde daher die Herausnahme der Flächen aus der Schutzgebietsabgrenzung gefordert und auf Alternativflächen in der Nähe des Schaumburger Waldes (Grüngürtel um die Sondermülldeponie Münchehagen herum sowie Flächen aus der ökologischen Flurbereinigung Münchehagen) verwiesen.  Ein Abweichen vom Gebietszuschnitt ist jedoch nur in ganz besonderen Ausnahmefällen, wie die unwiderrufliche Zerstörung und damit dauerhaft fehlende Eignung der gemeldeten Flächen oder das Verkennen der örtlichen Gegebenheiten bereits bei der Meldung des Gebietes, möglich. Beides musste vorliegend verneint werden.

 

Für eventuelle Entschädigungsansprüche konnte zum jetzigen Zeitpunkt nur auf die für voraussichtlich das kommende Jahr erwartete „Erschwernisausgleichsver-ordnung Wald“ verwiesen werden, die zukünftig auch für Natura 2000-Gebiete, die durch eine LSG-Verordnung gesichert wurden, Anwendung finden soll.

 

Ein weiteres Problem wurde von einigen Eigentümern hinsichtlich der Belassung von Totholz im Gebiet gesehen. Aufgrund einer vorausgegangenen starken Ausbreitung des Borkenkäfers, wurde zu dessen Bekämpfung und zur Vorbeugung zukünftiger Befälle verstärkt liegendes wie stehendes Totholz entfernt, z.T. wurde komplett ausgeräumt. Dieses Vorgehen entspricht nicht der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft n. § 11 NWaldLG, zu der auch ein ausreichender Anteil von Totholz gehört. Zudem wurde auch wertvolles Totholz von Laubbäumen entfernt, das nicht vom Borkenkäfer genutzt wird. Vielmehr spielen für dessen vermehrtes Auftreten die vom Borkenkäfer bevorzugten und im Gebiet vorhandenen Fichtenmonokulturen, aber auch klimatische Verhältnisse (extrem heiße und trockene Sommer wie in diesem Jahr) eine Rolle. Die Belassung von Totholz im Gebiet ist vorliegend essentiell für den günstigen Erhaltungszustand der Spechte, da diese einen Lebensraum für zahlreiche Insekten, die wiederrum die wichtigste Lebensgrundlage der Spechte darstellen, bilden. Zudem wurde bereits bei der Erarbeitung eines Managementplanes für das Gebiet in 2015 festgestellt, dass insgesamt zu wenig stehendes wie liegendes Totholz für die Wahrung eines zukünftig günstigen Erhaltungszustandes der wertbestimmenden Spechtarten vorhanden ist. Um bei Extrembefällen immensen wirtschaftlichen Schaden abwenden zu können, ermöglicht die Verordnung aber auch Ausnahmen zu zulassen (Entnahme, Einsatz von Pflanzenschutzmitteln).

 

Die eingegangene Stellungnahme des Landvolkes unterstützte insgesamt die Anliegen der betroffenen Eigentümer.

 

Die eingegangenen Stellungnahmen der betroffenen Behörden, sonstigen Interessensvertretungen und der Privatpersonen sowie die entsprechenden Abwägungs- und Beschlussempfehlungen sind im Detail in der Anlage 1 zusammengefasst und begründet.

 

Aufgrund der vorgebrachten Anregungen und Ergänzungen waren somit An-passungen des Entwurfes der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet 72  „Münchehägener Forst“ (Anlage 2) sowie der Begründung zur Verordnung (Anlage 5) erforderlich.

Für die Verordnungskarte (Anlagen 3) sowie die Übersichtkarte (Anlage 4) ergeben sich keine Veränderungen.

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Der Beschluss hat finanzielle Auswirkungen.

Es entstehen Kosten i. H. v. ca. 2.000 € für die Beschilderung des LSG. Die Mittel wurden im Haushalt 2019 im Produktkonto 55410.424100 eingeplant.

 


Anlagen:

 

1 – Übersicht „Fachliche und rechtliche Auseinandersetzung mit den vorgetragenen

      Bedenken, Anregungen und Hinweisen“

 

2 – Verordnungstext über das LSG NI 72 „Münchehägener Forst“

 

3 – Verordnungskarte im Maßstab 1:12.500

 

4 – Übersichtskarte im Maßstab 1:30.000

 

5 – Begründung zur LSG-Verordnung NI 72 „Münchehägener Forst“