Vogelschutzgebiet "Schaumburger Wald" (V 67);
hier: Erlass der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet NI 72 "Münchehägener Forst" in der Stadt Rehburg-Loccum
Beschlussvorschlag:
Die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet NI
72 „Münchehägener Forst“ in der Stadt Rehburg-Loccum wird beschlossen.
Sachverhalt:
In der Sitzung am
27.06.2018 (Drucksache 2018/153) wurde beschlossen, das offizielle
Beteiligungsverfahren zur Ausweisung des geplanten Landschafts-schutzgebietes
„Münchehägener Forst“ zur Sicherung des nienburger Teils des Vogelschutzgebietes
„Schaumburger Wald“ (V 67) einzuleiten.
Das für die Ausweisung
von Verordnungen vorgeschriebene Verfahren gemäß § 14 Nds. Ausführungsgesetz
zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG) in Ver-bindung mit § 22 des Gesetzes
über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundes-naturschutzgesetz – BNatSchG)
und gemäß § 38 NAGBNatSchG in Verbindung mit § 63 BNatSchG wurde durchgeführt.
Den betroffenen
Gemeinden, Behörden und anerkannten Naturschutzvereinigungen sowie weiteren
Interessensvertretungen im Landkreis Nienburg (Weser) wurden die
Entwurfsunterlagen zur Stellungnahme zugeleitet.
Von den insgesamt 58
beteiligten Interessenvertretungen und öffentlichen Institutionen haben 8
Stellen Bedenken, Anregungen und Hinweise vorgebracht.
Der Landkreis Nienburg
(Weser) hat zudem alle von der Schutzgebietsausweisung betroffenen Eigentümer
persönlich angeschrieben, da deren Anzahl überschaubar war.
Insgesamt sind 4
Stellungnahmen von Privatpersonen eingegangen.
Der Entwurf der
Landschaftsschutzgebietsverordnung sowie die Verordnungskarten und die
Begründung zur Verordnung konnten in der Zeit vom 09. August 2018 bis
einschließlich 10. September 2018 bei der Stadt Rehburg-Loccum sowie dem Landkreis
Nienburg (Weser) von jedermann eingesehen werden. Gleichzeitig wurden die
Unterlagen vom Landkreis digital auf seiner Internetseite für die
Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Die gesetzlich
vorgeschriebene ortsübliche Bekanntmachung ist ordnungsgemäß in der Harke durch
die Stadt Rehburg-Loccum erfolgt.
Die Bundeswehr wies
darauf hin, dass über dem Gebiet ein sog. Jettiefflugkorridor verläuft, in dem
auch Tiefflüge absolviert werden. In diesem Zusammenhang wurde die Freistellung
der Bundeswehr von den Verboten der Verordnung gefordert. Dazu gehören nach
eigenen Angabe auch forstliche Maßnahmen zum Entfernen von Hindernissen sowie
das Aufstellen von Anlagen zur Vogelvergrämung sowie das Durchführen dieser
Vergrämungsmaßnahmen. Auf Nachfrage der UNB, wie solch ein Vorgehen ablaufe
(Ankündigung, Absprache mit Eigentümern, ggf. Ausgleich für gefällte Bäume,
rechtliche Ermächtigung zur Durchführung von Vergrämungsmaßnahmen in einem
Vogelschutzgebiet), teilte man mit, dass zuvor genannte Maßnahmen nun doch nur
auf Flugplätzen eingesetzt werden. Im Bereich von sensiblen Vogelschutzgebieten
kämen solche Maßnahmen allerdings nicht zum Einsatz. Im Ergebnis wurde daher
nur eine Freistellung für den Flugbetrieb in den Verordnungsentwurf und die
Begründung zur Verordnung aufgenommen. Die Durchführung zuvor genannter
Maßnahmen müsste vielmehr auf Antrag im Einzelfall auf ihre Erheblichkeit
geprüft werden (Beachtung des Verschlechterungsverbotes). Eine pauschale
Freistellung wäre mit dem Schutzzweck der Verordnung nicht vereinbar gewesen.
Die Stadt Rehburg-Loccum
als am stärksten von der Schutzgebietsausweisung betroffener Eigentümer (33 ha
von insgesamt 38 ha) äußerte keine Bedenken gegen die Schutzgebietsausweisung.
Die Nds. Landesforsten
als Bewirtschafter der städtischen Waldflächen orientierten sich in ihrer
Stellungnahme stark an den Mindestvorgaben des Walderlasses und dem dazu
herausgegebenen Leitfaden. Viele forstliche Einschränkungen konnten aufgrund
vorausgegangener Gespräche und ausreichender fachlicher Begründung mitgetragen
werden. Forderungen, wie die Streichung der Vorgabe, beim Wegebau ausschließlich
milieuangepasstes Material zu verwenden, konnte von Seiten der UNB gefolgt
werden. Es handelt sich hierbei um eine Formulierung aus dem Walderlass, die
vorrangig für den Schutz von Lebensraumtypen geboten ist, weniger zum günstigen
Erhaltungszustand der wertbestimmenden Spechte beiträgt. Andere Forderungen,
wie die Umwandlung des Erlaubnisvorbehalts zugunsten einer 10-tägigen
Anzeigepflicht bei der flächigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, konnte
nicht gefolgt werden. Aufgrund einer verstärkten Problematik mit
Borkenkäferbefällen im Gebiet und einer zum Teil resoluten Vorgehensweise in
der Vergangenheit bei der Bekämpfung (z.B. Entfernung sämtlichen stehenden wie
liegenden Totholzes), muss davon ausgegangen werden, dass chemische Hilfsmittel, die auch weitere
Insekten und damit die Lebensgrundlage der Spechte bedrohen, ggf. vorschnell
oder umfangreicher zum Einsatz kommen als nötig.
Der
NABU Nienburg wiederum forderte die Vorgaben der Verordnung für Nutzungen im
Gebiet noch stringenter zu fassen. Sie verlangten u.a. bei künstlicher
Verjüngung die ausschließliche Einbringung standortgerechter, heimischer Baum-
und Straucharten. Die festgesetzte
80%-Vorgabe in der Verordnung konnte von der Stadt Rehburg-Loccum und
den Landesforsten, obwohl es sich um eine Vorgabe aus dem Walderlass für
Lebensraumtypen handelt, begründet durch die Lebensraum-ansprüche der Spechte,
mitgetragen werden. Da aufgrund der jetzigen Baumartenzusammensetzung zukünftig
bereits mit einer deutlichen Verbesserung des Spechtlebensraumes auf nienburger
Seite zu rechnen ist, auch da nach Inkrafttreten der Verordnung eine Umwandlung
von Laub- oder Mischwald in Nadelwald verboten ist, kann eine 100%-Regelung
fachlich nicht gerechtfertigt werden (Übermaßgebot, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz).
Obwohl
nur auf verhältnismäßig kleiner Fläche betroffen, gingen einige z.T. sehr umfangreiche
Stellungnahmen von vier betroffenen Privateigentümern (Größe der betroffenen
Privatwaldflächen: 0.6, 0.6, 1 und 2 ha, davon sind ca. 0.4 ha Teil eines
gesetzlich geschützten Biotops, das bereits 1991 in das Verzeichnis der
geschützten Landschaftsbestandteile aufgenommen wurde) ein. Bereits im Rahmen
der Vorabbeteiligung konnte leider weder eine Akzeptanz von Verordnungsinhalten
noch hinsichtlich der Verpflichtung, besagte Flächen aufgrund von EU-Vorgaben
sichern zu müssen, herbeigeführt werden. Insgesamt wurde daher die Herausnahme
der Flächen aus der Schutzgebietsabgrenzung gefordert und auf Alternativflächen
in der Nähe des Schaumburger Waldes (Grüngürtel um die Sondermülldeponie
Münchehagen herum sowie Flächen aus der ökologischen Flurbereinigung
Münchehagen) verwiesen. Ein Abweichen
vom Gebietszuschnitt ist jedoch nur in ganz besonderen Ausnahmefällen, wie die
unwiderrufliche Zerstörung und damit dauerhaft fehlende Eignung der gemeldeten
Flächen oder das Verkennen der örtlichen Gegebenheiten bereits bei der Meldung
des Gebietes, möglich. Beides musste vorliegend verneint werden.
Für
eventuelle Entschädigungsansprüche konnte zum jetzigen Zeitpunkt nur auf die
für voraussichtlich das kommende Jahr erwartete
„Erschwernisausgleichsver-ordnung Wald“ verwiesen werden, die zukünftig auch
für Natura 2000-Gebiete, die durch eine LSG-Verordnung gesichert wurden,
Anwendung finden soll.
Ein
weiteres Problem wurde von einigen Eigentümern hinsichtlich der Belassung von
Totholz im Gebiet gesehen. Aufgrund einer vorausgegangenen starken Ausbreitung
des Borkenkäfers, wurde zu dessen Bekämpfung und zur Vorbeugung zukünftiger
Befälle verstärkt liegendes wie stehendes Totholz entfernt, z.T. wurde komplett
ausgeräumt. Dieses Vorgehen entspricht nicht der ordnungsgemäßen
Forstwirtschaft n. § 11 NWaldLG, zu der auch ein ausreichender Anteil von
Totholz gehört. Zudem wurde auch wertvolles Totholz von Laubbäumen entfernt,
das nicht vom Borkenkäfer genutzt wird. Vielmehr spielen für dessen vermehrtes
Auftreten die vom Borkenkäfer bevorzugten und im Gebiet vorhandenen
Fichtenmonokulturen, aber auch klimatische Verhältnisse (extrem heiße und
trockene Sommer wie in diesem Jahr) eine Rolle. Die Belassung von Totholz im
Gebiet ist vorliegend essentiell für den günstigen Erhaltungszustand der
Spechte, da diese einen Lebensraum für zahlreiche Insekten, die wiederrum die
wichtigste Lebensgrundlage der Spechte darstellen, bilden. Zudem wurde bereits
bei der Erarbeitung eines Managementplanes für das Gebiet in 2015 festgestellt,
dass insgesamt zu wenig stehendes wie liegendes Totholz für die Wahrung eines
zukünftig günstigen Erhaltungszustandes der wertbestimmenden Spechtarten
vorhanden ist. Um bei Extrembefällen immensen wirtschaftlichen Schaden abwenden
zu können, ermöglicht die Verordnung aber auch Ausnahmen zu zulassen (Entnahme,
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln).
Die eingegangene
Stellungnahme des Landvolkes unterstützte insgesamt die Anliegen der
betroffenen Eigentümer.
Die eingegangenen
Stellungnahmen der betroffenen Behörden, sonstigen Interessensvertretungen und
der Privatpersonen sowie die entsprechenden Abwägungs- und
Beschlussempfehlungen sind im Detail in der Anlage 1 zusammengefasst und
begründet.
Aufgrund der
vorgebrachten Anregungen und Ergänzungen waren somit An-passungen des Entwurfes
der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet 72 „Münchehägener Forst“ (Anlage 2) sowie
der Begründung zur Verordnung (Anlage 5) erforderlich.
Für die Verordnungskarte
(Anlagen 3) sowie die Übersichtkarte (Anlage 4) ergeben sich keine
Veränderungen.
Finanzielle Auswirkungen:
Der
Beschluss hat finanzielle Auswirkungen.
Es entstehen Kosten i. H. v. ca. 2.000 € für die
Beschilderung des LSG. Die Mittel wurden im Haushalt 2019 im Produktkonto
55410.424100 eingeplant.
Anlagen:
1
– Übersicht „Fachliche und rechtliche Auseinandersetzung mit den vorgetragenen
Bedenken, Anregungen und Hinweisen“
2
– Verordnungstext über das LSG NI 72 „Münchehägener Forst“
3
– Verordnungskarte im Maßstab 1:12.500
4
– Übersichtskarte im Maßstab 1:30.000
5
– Begründung zur LSG-Verordnung NI 72 „Münchehägener Forst“