Die Teilnahme an dem bundesweiten Projekts „Stromsparcheck“ wird derzeit nicht angestrebt.
Sachverhalt
Hintergrund zum Thema „Energiekosten
in der sozialen Sicherung“:
Erstmals Mitte 2014 ist der Arbeitskreis "Stoppt
Energiesperren" an den Landkreis Nienburg/Weser herangetreten, um über
das Ausmaß von verhinderten und durchgeführten Stromsperren ins Gespräch zu
kommen.
Die Abfrage der operativen Bereiche im Jobcenter
Nienburg und im Fachdienst 312 hat damals ergeben, dass sich die Zusammenarbeit
mit dem (Grund-)Versorger EON Avacon problematischer darstellt, als zu Zeiten,
als in Nienburg noch eine Mahnstelle vorgehalten wurde. Die Erreichbarkeit,
aber auch die "Kompromissbereitschaft" der zentralen Telefon-Hotline
der EON/Avacon wurde seitens der Kunden, aber auch der Sachbearbeiter/innen,
bemängelt. Wegen der regelmäßigen Eilbedürftigkeit erweisen sich die von der
EON-Hotline einzuhaltenden Datenschutzbestimmungen als hinderlich. Zwar kann
der Kunde selbst telefonisch eine Berechtigung für Auskünfte an das Jobcenter
im System hinterlegen lassen, aber auch dies überfordert mache Hilfesuchenden
in ihrer Situation.
Im Rahmen einer effektiven Beratung und Hilfe hat es
sich deswegen beim Jobcenter Nienburg bewährt, bei Vorsprache des Kunden wegen
Stromdarlehen in dessen Gegenwart bei der EON Avacon und den Stadtwerken Nienburg
(eher selten bei anderen Anbietern) anzurufen und die Berechtigung hinterlegen
zu lassen. Die Erreichbarkeit von sonstigen, auswärtigen Stromanbietern ist
dagegen nicht immer schnell möglich.
Ein auffälliger Problembereich waren und sind
Wohnungen, die energetisch nicht modernisiert wurden und/oder über veraltete
Elektro-(Nachtspeicher)-Heizsysteme verfügen (Schwerpunkt: „Ernsting Wohnungen" im
Am Ahornbusch in Nienburg, werden aber Zug um Zug saniert!). Im Rechtskreis des
SGB II sind auch vermehrt junge Familien und Alleinerziehende mit Kleinkindern
betroffen, bei denen häufig die bisherigen mtl. Stromabschläge nicht dem
tatsächlichen Verbrauchsverhalten angepasst wurden.
Das Jobcenter und der Fachbereich 312 gewähren auf
Antrag Darlehen zur Nachzahlung von Stromrückständen und hohen Nachforderungen
aufgrund der Endabrechnung nach den jeweiligen Vorschriften des SGB II bzw. SGB
XII. Unter Beachtung dieser gesetzlichen Regelungen und der untergesetzlichen
Dienstanweisungen steht das Ziel im
Vordergrund, eine drohende Versorgungseinstellung durch priorisierte Bearbeitung
oder Kontaktaufnahme zum Netzbetreiber/Versorger zu verhindern.
Im Wege des Ermessens erfolgt fast ausnahmslos die
Übernahme der Rückstände, im Regelfall mit der Folge, dass weitere
Abschlagzahlungen während eines andauernden Hilfebezuges direkt an den
Versorger entrichtet werden. Zur Unterstützung dieser Strukturen hat eine
fachliche Arbeitsgruppe (Dez. #, FBL 31, FDL 312, Klimaschutz-agentur,
Jobcenter und Vertreter des AK "Stoppt Energiesperren) im Mai 2016
einen entsprechenden Flyer entwickelt und auf geeignete Weise verbreitet.
Aus Sicht der Verwaltung haben die vereinbarten
Abläufe dazu beigetragen, dass das Problem von (drohenden) Stromsperren
tatsächlich auf Einzelfälle begrenzt ist, die dann in den Systemen der sozialen
Sicherung angemessen (d.h. prioritär) bearbeitet werden. Eine genaue Ermittlung
der Stromsperren im Landkreis Nienburg, die beim Grundversorger E.ON
angefordert wurde, liegt noch nicht wieder vor.
Der Stromsparcheck:
Seit dem Jahr 2014 hat der Arbeitskreis „Stoppt Stromsperren“
wiederholt, zuletzt am 14.03.2019, die Teilnahme des Landkreises Nienburg/Weser
an dem bundesweiten Projekt "Stromspar-Check" befürwortet.
Hierzu hat es im Juli 2016 eine Vorstellung des
(bundesweiten) Projekts durch die federführende Caritas gegeben. Seinerzeit kam
eine Realisierung des Projekts unter Beteiligung des zuerst eingebundenen
Fachbereiches 31 wegen einer nicht auskömmlichen Finanzierung nicht zustande.
In dem bundesweiten
Projekt Stromspar-Check werden Haushalte mit geringem Einkommen in der
eigenen Wohnung kostenlos zum Energie- und Wassersparen beraten. So können sie
nicht nur den eigenen Geldbeutel, sondern zugleich die Umwelt schonen.
Der Stromspar-Check
verbindet Klimaschutz und Sozialpolitik, Beschäftigungsförderung und
Umweltbildung. Durch Beratung und Soforthilfen sparen Haushalte mit geringem
Einkommen Energiekosten. Der geringere Energieverbrauch hilft wiederum beim
Klimaschutz, ehemals langzeitarbeitslose Menschen finden eine sinnvolle Arbeit
und die Kommunen profitieren durch geringere Sozialausgaben bei den Kosten der
Unterkunft.
Auf Bundesebene sind der Deutsche Caritasverband e.
V. (DCV) und der Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen
Deutschlands (eaD) e. V. für die Projektsteuerung verantwortlich. Den
Stromspar-Check gibt es bereits in weit mehr als 150 Städten und Gemeinden.
Umgesetzt wird er vor Ort von Bildungs- oder Beschäftigungsträgern u. a. der
Freien Wohlfahrtspflege.
Haushalte mit geringem Einkommen können sich bei
ihrem lokalen Standort dazu anmelden. Berechtigt sind Personen, die
Sozialleistungen wie zum Beispiel Arbeitslosengeld II, Grundsicherung,
Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen.
Die Stromspar-Teams besuchen die Haushalte, die sich
zum Check gemeldet haben, messen vor Ort den Strom- und Wasserverbrauch von
Geräten und analysieren das Verbrauchsverhalten der Bewohner. Sie geben praktische
Tipps, wie die Haushalte alleine durch Verhaltensänderungen Energie einsparen
können. Ganz ohne bauliche Maßnahmen.
Außerdem bringen sie Energie- und Wassersparartikel
im Wert von durchschnittlich 70 Euro mit, die direkt eingebaut werden. Zu
diesen „Soforthilfen“ gehören unter anderem LEDs, Zeitschaltuhren, schaltbare
Steckdosenleisten, Durchflussbegrenzer, wassersparende Duschköpfe, Hygrometer
sowie Raumthermometer.
Der
klimaschutzpolitische Nutzen des Projektes steht außer Frage. Die Förderung von
(einzelnen) SGB II-Beziehern durch den
Einsatz als Energieberatung ist zu begrüßen. Die Vorstellung, geeignete
Personen mit den Förderungsvoraussetzungen des § 16 i SGB II zu finden ist sehr
optimistisch, das Jobcenter Nienburg hat in Vorgesprächen aber eine Besetzung
in Aussicht gestellt.
Dass
realisierte Hilfen in den Haushalten der Empfänger von Sozialleistungen zu
Einsparungen führen werden, ist unstrittig und sozialpolitisch zu begrüßen.
Allerdings ist die Ersparnis für den kommunalen
Haushalt marginal. Die bundesweit durchschnittlichen knapp 150,00 € berechnen
sich aus der Summe der Ersparnisse der einzelnen Hilfen im Verlauf ihrer „Lebensdauer“
(7–10 Jahre), das heißt, dass pro Jahr und Haushalt etwa 15,00 € Einsparungen
entstehen können, von denen der kommunale Haushalt profitiert.
Bei der optimistischen Annahme, dass 100 Haushalte
beraten werden können, kann somit eine Einsparung pro Jahr i.H.v. 1.500,00 €
generiert werden.
Auf die „Lebensdauer“ der Maßnahmen von bis zu 10
Jahren bezogen würde sich eine Einsparung von 15.000,00 € errechnen. Dieser
Wert enthält aber diverse Annahmen, die in der Praxis ein deutlich geringeres
Ergebnis erwarten lassen. Insbesondere besteht bei den angestrebten Empfängern
aus dem Rechtkreis SGB II, aber auch bei Asylbewerbern, die Erwartung, dass
diese nicht über die Zeit der nächsten 10 Jahre im Leistungsbezug verbleiben.
Nach dem Ausscheiden aus dem Leistungsbezug bliebe die Ersparnis für den privaten
Haushalt, als kommunale Einsparung von Sozialleistungen würde es dann aber
nicht mehr gelten können.
Die
Klimaschutzagentur hat deutlich gemacht, dass sie die Ziele des Projekts
ausdrücklich befürwortet und daran interessiert ist, den Stromspar-Check im
Landkreis Nienburg zu implementieren. Bei der Frage der Finanzierung muss aber davon
auszugehen werden, dass ein möglicher Träger des lokalen Projekts eine
Finanzierung durch den örtlichen Träger der Sozialhilfe, also dem Landkreis Nienburg,
benötigen und beantragen würde.
Eine
Betrachtung durch den FB 31 unter Berücksichtigung der Steigerung der Personal-
und Sachkosten sowie der Fördermöglichkeiten durch das Jobcenter Nienburg (§§
16 e, 16 i SGB II) geht dabei von einem zu übernehmenden Defizit von bis zu
60.000 € aus.
Somit würde der langfristigen Ersparnis einer
Jahreskapazität des Projekts i.H.v. bis zu 15.000,00 € einem Förderbedarf von
ca. 60.000,00 € gegenüber.
Die Verwaltung hält gerade angesichts der unsicheren
finanziellen Entwicklung der kommunalen Haushalte aufgrund der Corona-Pandemie
die Übernahme des Defizits als freiwillige Leistung derzeit nicht für geboten.
Kalkulation Stromspar-Check im Landkreis Nienburg |
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Kalkulation 2019/20 |
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Personalkosten - Gesamt |
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Personalkosten inkl. Overhead |
45.000,00 € |
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Personalkosten Stromsparteams (durch Jobcenter nach § 16i SGB
II) |
100.000,00 € |
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Energiefachliche Begleitung der Standorte |
12.000,00 € |
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Wert der Soforthilfen |
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Energie- und Wassersparartikel und Kühlgerätegutscheine |
10.000,00 € |
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Sachkosten |
6.200,00 € |
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Fahrtkosten (Teilnehmer und Anleiter) |
8.000,00 € |
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Summe Ausgaben |
181.200,00 € |
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Drittmittel Jobcenter (§ 16i SGB II) |
100.000,00 € |
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Drittmittel Landkreis) |
? |
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Drittmittel Energieversorger und Wohnungsbaugesellschaft |
? |
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BMUB - Finanzierung: der Soforthilfen |
10.000,00 € |
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BMUB - Finanzierung: Energiefachliche Begleitung |
12.000,00 € |
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Summe Einnahmen |
122.000,00 € |
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Differenz |
-59.200,00
€ |
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Finanzielle
Auswirkungen:
Der Beschluss hat
keine finanziellen Auswirkungen.
Anlagen:
·
keine