Betreff
K+S Minerals and Agriculture GmbH - Erlaubnis über die Einleitung von Salzabwasser in die Werra;
hier: a) Stellungnahme zum Entwurf des Bewirtschaftungsplans 2021-2027 für die
Flussgebietseinheit Weser bzgl. der Salzbelastung
b) Hamelner Erklärung e. V. - Erteilung eines Mandats für den Ausschuss "Weser"
Vorlage
2021/059
Aktenzeichen
55 - K+S Minerals and Agriculture GmbH
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Landkreis Nienburg

  1. stimmt in vollem Umfang dem Zielwertekonzept und dem Maßnahmenprogramm zur Reduzierung der Salzbelastung der Werra und Weser aus dem Entwurf des Bewirtschaftungsplan 2021 -2027 für die Flussgebietseinheit Weser zu und
  2. erteilt dem Ausschuss „Weser“ des Bündnisses Hamelner Erklärung e. V. ein neues Mandat zur Weiterverhandlung von Positionen mit der K+S, zu den Inhalten des Bewirtschaftungsplans, zum begleitenden Monitoring über die Zusagen der K+S sowie zur Beobachtung des Verfahrens und der Methoden.

 


Sachverhalt:

 

Im Erlaubnisverfahren des RP Kassel zur Einleitung von Salzabwasser in die Werra durch die Fa. K+S Minerals and Agriculture GmbH hatte der Landkreis Nienburg im vergangenen Jahr die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme erhalten. Die Stellungnahme sollte im inhaltlichen Gleichklang mit den Verhandlungsergebnissen über eine Vergleichsvereinbarung des Bündnisses Hamelner Erklärung e. V. mit der K+S erfolgen. Die Verhandlungen mit der K+S konnten jedoch nicht fristgerecht abgeschlossen werden, sodass die ursprünglich in der Sitzung des ALNU am 09.09.2020 geplante Beschlussfassung vertagt werden musste (vgl. Drucksache 2020/044 und Protokoll zur Sitzung v. 09.09.2020).

 

Die Vertagung wurde außerdem damit begründet, dass im Rahmen der Anhörung zu den Bewirtschaftungsplänen und Maßnahmenprogrammen der 3. Periode von 2021 – 2027 für die Flussgebietseinheit (FGE) Weser (n. EG-WRRL), für den Landkreis Nienburg die Möglichkeit besteht, eine Stellungnahme zur Einleitung von Salzabwasser abzugeben.

 

Der RP Kassel hat mittlerweile das Erlaubnisverfahren abgeschlossen und am 23.12.2020 einen befristeten Bescheid zur Einleitung von max. 6,7 Mio. m³/a Salzabwasser aus den Werken Werra und Neuhof-Ellers in die Werra erteilt. Die Erlaubnis ist befristet bis zum 31.12.2021.

 

Wesentlicher Grund für die Befristung ist, dass der Antragsteller K+S auch über das parallel laufende Verfahren zum 3. Bewirtschaftungsplan der FGE Weser weitere Begründungen und Informationen über Maßnahmen, wie die Zielwerte für die zulässigen Salzbelastungen von Werra und Weser erreicht werden sollen, nachliefern muss. Der RP Kassel wird daher erst auf der Basis des neuen Bewirtschaftungsplans 2021 – 2027 über die weitere Einleitung von Salzabwasser ab 2022 entscheiden.

 

Der Landkreis Nienburg kann sich im laufenden Bewirtschaftungsplanverfahren positionieren und im späteren Verfahren des RP Kassel über eine Erlaubnis ab 2022 eine weitere Stellungnahme abgeben.

 

  1. Stellungnahme zum Entwurf des Bewirtschaftungsplan 2021 -2027 für die Flussgebietseinheit Weser bzgl. der Salzbelastung

 

Der Entwurf des Bewirtschaftungsplans Flussgebietseinheit Weser 2021 bis 2027 (gemäß § 83 WHG Anhörungsdokument 2020 zur Information der Öffentlichkeit gemäß § 83 Abs. 4 WHG und Art. 14, Abs. 1 (c), 2000/60/EG) liegt im Rahmen der Anhörung der Öffentlichkeit seit dem 22.12.2020 aus. Die betroffenen Behörden, Institutionen und Bürger können bis zum 21.06.2021 eine Stellungnahme abgeben.

 

Die Dokumente sind auf den Internetseiten der Länderministerien und der Flussgebietsgemeinschaft Weser (www.fgg-weser.de) veröffentlicht.

Der Entwurf des Bewirtschaftungsplans befasst sich im Besonderen mit den Salzbelastungen in den Einzugsgebieten von Werra und Weser. Für die speziellen Bewirtschaftungsziele und damit verbundene Maßnahmenprogramme gibt es daher detaillierte Anhörungsdokumente, die ebenfalls auf der Internetseite der FGG Weser verfügbar sind und auf die sich diese Stellungnahme bezieht.

Der Bewirtschaftungsplan Salz stellt einführend die Gewässerbelastungen mit Salzen von Weser und Werra dar, beurteilt deren Auswirkungen und leitet hieraus die Ziele der Bewirtschaftung ab. Im Ergebnis werden Zielwerte für die Güte der Oberflächenwasserkörper von Werra und Weser definiert und mit welchen Maßnahmen diese in den Jahren 2021 bis 2027 erreicht werden sollen.

 

Wie bereits in der Sitzungsdrucksache Nr. 2020/044 des ALNU erläutert, sind in den vergangenen Jahrzehnten die eingeleiteten Salzabwassermengen erheblich zurückgegangen. Zu DDR-Zeiten betrug der Salzwasseranfall noch bis zu 40 Mio. m³/a (1970). In 2019 leitete die K+S nur noch 3,9 Mio. m³ Abwasser die in die Werra ein. Vergleichbar deutlich haben auch die Salzkonzentrationen am Werra-Pegel Gerstungen abgenommen (Verringerung der Chlorid-Konzentrationen um 90 %). Gründe hierfür sind die Schließung von zwei Kalibergwerken in Thüringen nach der Wende und erhebliche Investitionen der K+S zur Reduzierung der Salzabwassermengen, der Salzlaststeuerung und des Abtransports in andere Bergwerksgruben. Der zulässige Grenzwert für Chlorid mit 2.500 mg/l wird am Pegel in Gerstungen (Werra) seit 2000 zuverlässig eingehalten und regelmäßig unterschritten (2019: 530 – 2470 mg/l, vgl. Anlage 1).

 

Trotz dieser Verbesserungen in den vergangenen Jahren ergibt die Bewertung aller 10 Oberflächenwasserkörper der Weser und Werra (Risikoanalyse bis 2027), dass die Zielerreichung eines guten ökologischen Zustands oder Potentials ohne weitere Maßnahmen bis 2027 unwahrscheinlich ist.

 

Für den im Landkreis Nienburg betroffenen Oberflächenwasserkörper „Mittelweser von NRW bis Aller“ (DENI_12001) ergibt sich aufgrund des Kriteriums ökologisches Potential ein unbefriedigender Zustand. Als Richtwert für Salzbelastungen, die das Erreichen des guten Zustands/Potentials nicht gefährden, gibt die FGG Weser für Chlorid max. 300 mg/l vor, der als Wert für naturnahe aquatische Lebensgemeinschaften akzeptabel ist. An der Kontrollmessstelle in Drakenburg betrug 2019 der 90-Perzentile-Wert 423 mg/l für Chlorid. Damit ergibt sich hier ein Reduzierungsbedarf von 29 % im Vergleich zum Richtwert. Vergleichbar kritische Bewertungen ergeben sich für die Salzionen Kalium und Magnesium.

 

Zum aktuellen Stand (2020) der realisierten und geplanten Maßnahmen als Grundlage für die weitere Bewirtschaftungsplanung berichtet die FGG Weser:

 

-        Inbetriebnahme der Kainit-Kristallisation-Flotation-Anlage (KKF), seit 2019 Reduzierung von 1,5 Mio. m³/a Salzabwasser,

-        Einstapelung aller Magnesiumchlorid-reichen Prozessabwässer unter Tage, ab 2021 1,5 Mio. m³/a, ab Ende 2027 vollständige Einstapelung bis zu 2 Mio. m³/a, sodass ab 2027 keine Prozessabwässer mehr in die Werra eingeleitet werden,

-        Einstellung der Versenkung von Salzabwässern in den Plattendolomit im Werragebiet spätestens Ende 2021 und damit Reduzierung der diffusen Einträge über das Grundwasser in die Werra,

-        Verzicht auf den Bau eines Werra-Bypasses an die Oberweser durch Beschluss der Weserministerkonferenz vom August 2019 mit der Folge, dass 0,5 Mio. m³/a Salzwassereinleitung eingespart und über Abtransport außerhalb des Werkes Werra als flüssiger Rückstand in anderen Bergwerken eingestapelt wird (u. a. Kaliwerk Sigmundshall in Niedersachsen),

-        Erweiterung der Kalihalden in Hattorf (2018) und Wintershall (2020) zur Lagerung zusätzlich trockener Rückstände aus der Kaliproduktion,

-        sukzessive Haldenabdeckung ab 2021 im kombinierten Verfahren mit Infiltrationshemmschicht und Boden-Bauschutt auf den Haldentops (Dickschicht) sowie vollständig in Dickschicht auf der Halde Neuhof. Die Wirkungen der Haldenabdeckungen für die verringerte Ableitung von Haldenwasser werden zunehmend erst ab 2027 erwartet.

 

Insgesamt werden nach dem aktuellen Kenntnisstand folgende Salzabwassermengen für die Einleitung in die Werra erwartet:

 

-        Produktionsabwässer: 2021 – 2027 1,7 Mio. m³/a, ab 2028 0,0 Mio. m³/a, da Einstapelung unter Tage

-        Haldenabwasser: 2021 – 2027 3,0 bis 2,9 Mio. m³/a, in den Folgejahren sukzessive bis 2075 auf 1,2 Mio. m³/a reduziert (Anlage 1).

 

Aus der beschriebenen Bestandssituation und den Planungen leitet die FGG Weser Bewirtschaftungsziele ab, die bis 2027 zu erreichen sind. Diese Ziele bauen auf den in der 2. Bewirtschaftungsperiode (2015 – 2021) erstellten Maßnahmenplan Salz auf.

 

Nach dem bestehenden Zielwertkonzept der FGG Weser wurden für die Pegel in Gerstungen (Werra) und Boffzen (Oberweser) für die Salzionen Chlorid, Magnesium und Kalium zeitlich gestaffelt Zielwerte definiert, um das gute ökologische Potential für die Wasserkörper der Weser zu erreichen. Für die 90-Perzentile für Chlorid sind von 2022 bis 2027 395 mg/l und ab 2028 295 mg/l am Pegel in Boffzen zu erreichen (s. Anlage 2). Diese Zielwerte werden in weiteren Verlauf bis zur Mittelweser deutlich unterschritten, da die Größe des Einzugsgebiets zunimmt.

 

Die FGG Weser hat zusätzlich Modellrechnungen zur Wirksamkeit der Maßnahmenprogramme ausgewertet und zusätzlich die Verhältnismäßigkeit von erforderlichen weitergehenden Maßnahmen aus ökologischer sowie wirtschaftlicher Sicht bewertet (Ökoeffizienzanalyse ÖEA IV, Auftrag Hessisches Umweltministerium).

 

Zu den weitergehenden Maßnahmen gehört der erforderliche Abtransport von Prozess- und/oder Haldenabwasser mit Ausbau der Zwischenspeicherung in einer Größenordnung von 500.000 m³ bis zur Erreichung der Zielwerte.

 

Im Ergebnis stellt der Bewirtschaftungsplan 2021 bis 2027 bzgl. der Salzbelastung fest (s. Kap. 5.2.3):

 

„Auf Basis der Erkenntnisse aus den Modellergebnissen und der ÖEA IV hat das Land Hessen der FGG Weser eine Maßnahmenkombination „Integrierter Masterplan Salz 2021 bis 2027“ vorgelegt, mit der sich nach aktuellem Kenntnisstand die Zielwerte des BWP Salz 2015 bis 2021 (Kap. 5.2) in Gerstungen und Boffzen Ende 2021 mit verhältnismäßigen und zumutbaren sowie technisch umsetzbaren Maßnahmen erreichen lassen.

Die Länder in der FGG Weser kommen daher zu dem Schluss, dass nach aktuellem Kenntnisstand keine Anpassung des Zielwertkonzeptes erforderlich ist.“

 

Die Weserministerkonferenz hat am 20.08.2020 die Festlegungen im neuen Zielwertekonzept bestätigt und sieht ebenfalls keine Veranlassung die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen in Frage zu stellen.

Das aktualisierte Maßnahmenprogramm, das geeignet ist ein gutes ökologisches Potential der Werra und Weser zu erreichen, ist somit Bestandteil des Bewirtschaftungsplans 2021 – 2027 der FGG Weser.

 

Als fünf Maßnahmen sind 1. der Betrieb der KKF-Anlage, 2. die Einstapelung unter Tage, 3. die Haldenabdeckung, 4. der Abtransport der Halden/Prozessabwässer und/oder Zwischenspeicherung bis zur Erreichung der Zielwerte und 5. die Einstellung der Versenkung mit Zeitplan festgesetzt. Begleitende Maßnahmen sind ein ökonomisches und ökologisches Monitoring sowie ein Controlling der Maßnahmenumsetzung (s. Anlage 3).

Hierüber müssen auch die an der Werra und Weser liegenden Kommunen und Landkreise regelmäßig informiert werden (s. auch b. Mandat Hamelner Erklärung).

 

Die Verwaltung schlägt daher vor, sich in vollem Umfang dem Zielwertekonzept und dem Maßnahmenprogramm zur Reduzierung der Salzbelastung der Werra und Weser aus dem Entwurf des Bewirtschaftungsplan 2021 -2027 für die Flussgebietseinheit Weser anzuschließen und eine entsprechende Stellungnahme abzugeben (Anlage 4).

 

  1. Hamelner Erklärung e. V. – Erteilung eines Mandats für den Ausschuss
    „Weser“

 

Seit März 2018 vertritt das Bündnis Hamelner Erklärung e. V. über den Ausschuss Weserversalzung auch die Interessen des Landkreises Nienburg mit weiteren Kommunen im Weser-Werra-Gebiet. Das Bündnis wird durch Rechtanwalt de Witt, Potsdam beraten. Das Bündnis hatte bisher die Verhandlungen über eine Vergleichsvereinbarung mit K+S geführt und am 08.07.2020 eine Stellungnahme im Verfahren zur Erteilung der Erlaubnis abgegeben (s. Drucksache Nr. 2020/044).

 

In der letzten Ausschusssitzung „Weser“ am 25.03.2021 wurde mit den Kommunen und Landkreisen an der Oberweser beraten, ob und mit welchem Mandat mit K+S weiterverhandelt und welche Positionen zur Bewirtschaftungsplanung berücksichtigt werden sollen.

 

Die Mitglieder im Ausschuss „Weser“ des Bündnisses Hamelner Erklärung e. V. haben einhellig ein erneutes Mandat befürwortet und schlagen hierfür die folgenden Aufgaben und Positionen vor:

 

  1. Zur Sicherung bereits verhandelter Positionen (insbesondere den Verzicht auf Einleitung von Produktionsabwässern nach 2027) wird weiter mit K+S verhandelt. Der Großteil der Mitgliedskommunen im Ausschuss „Weser“ ist für sich nicht klageberechtigt. Wenn wir nun das gemeinsame Vorgehen verlassen, schwächen wir die Position jeder einzelnen Kommune erheblich.

 

  1. Die von uns im ersten Entwurf der Vereinbarung eingebrachten Grenzwerte werden ersetzt durch die jeweiligen Eckdaten des Bewirtschaftungsplanes der FGG Weser.


Wir verzichten also auf eigene Vorschläge und verstehen uns als Interessensvertreter gegenüber den jeweiligen Landesregierungen mit dem Ziel, über diese eine Verbesserung der Werte im Bewirtschaftungsplan zu erreichen.

 

  1. Der großen Besorgnis der Politik in einigen Kommunen, dass die Zusagen von K+S nicht verlässlich sind, wollen wir begegnen.

Wir sehen es als unsere Aufgabe an, die Installation eines geeigneten und transparenten Monitorings durch den Betreiber und die Aufsicht- und Genehmigungsbehörden zu fordern, dessen Ergebnisse auch unseren Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden.

 

  1. Das Verfahren und die Methoden werden durch uns beobachtet und somit eine frühzeitige Beteiligung auf politischer Ebene sichergestellt.

Wir stimmen unsere Arbeitsergebnisse und Positionierungen mit unseren Mitgliedern ab, die dadurch die Möglichkeit erhalten, Ihrerseits betroffene Gemeinden oder eigene politische Gremien einbeziehen zu können.

 

 

Das Bündnis Hamelner Erklärung e. V. rechnet für die Mandatswahrnehmung unter Einschaltung des Fachanwalts mit einer Umlage von 1.500,- bis 2.000,- Euro je Kommune/Landkreis im laufenden Haushaltsjahr.

 

Die Verwaltung befürwortet die Fortsetzung des Mandats unter Berücksichtigung der genannten Inhalte.

 

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Der Beschluss hat finanzielle Auswirkungen in einer Höhe von bis zu 2.000,- Euro im HHJ 2021. Die Kosten stehen im Produkt-Kto. 54111.445600 –Regionalplanung zur Verfügung.

 


Anlagen:

 

1     Salzabwassermengen und Chlorid-Konzentrationen

 

2     Zielwertekonzept 2021 – 2027 der FGG Weser

 

3     Maßnahmenprogramm Salz

 

4     Entwurf Stellungnahme an NLWKN