hier: a) Stellungnahme zum Entwurf des Bewirtschaftungsplans 2021-2027 für die
Flussgebietseinheit Weser bzgl. der Salzbelastung
b) Hamelner Erklärung e. V. - Erteilung eines Mandats für den Ausschuss "Weser"
Beschlussvorschlag:
- stimmt
in vollem Umfang dem Zielwertekonzept und dem Maßnahmenprogramm zur
Reduzierung der Salzbelastung der Werra und Weser aus dem Entwurf des
Bewirtschaftungsplan 2021 -2027 für die Flussgebietseinheit Weser zu und
- erteilt
dem Ausschuss „Weser“ des Bündnisses Hamelner Erklärung e. V. ein neues
Mandat zur Weiterverhandlung von Positionen mit der K+S, zu den Inhalten
des Bewirtschaftungsplans, zum begleitenden Monitoring über die Zusagen
der K+S sowie zur Beobachtung des Verfahrens und der Methoden.
Sachverhalt:
Im
Erlaubnisverfahren des RP Kassel zur Einleitung von Salzabwasser in die Werra
durch die Fa. K+S Minerals and Agriculture GmbH hatte der Landkreis Nienburg im
vergangenen Jahr die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme erhalten. Die
Stellungnahme sollte im inhaltlichen Gleichklang mit den
Verhandlungsergebnissen über eine Vergleichsvereinbarung des Bündnisses
Hamelner Erklärung e. V. mit der K+S erfolgen. Die Verhandlungen mit der K+S
konnten jedoch nicht fristgerecht abgeschlossen werden, sodass die ursprünglich
in der Sitzung des ALNU am 09.09.2020 geplante Beschlussfassung vertagt werden
musste (vgl. Drucksache 2020/044 und Protokoll zur Sitzung v. 09.09.2020).
Die
Vertagung wurde außerdem damit begründet, dass im Rahmen der Anhörung zu den
Bewirtschaftungsplänen und Maßnahmenprogrammen der 3. Periode von 2021 – 2027
für die Flussgebietseinheit (FGE) Weser (n. EG-WRRL), für den Landkreis
Nienburg die Möglichkeit besteht, eine Stellungnahme zur Einleitung von
Salzabwasser abzugeben.
Der
RP Kassel hat mittlerweile das Erlaubnisverfahren abgeschlossen und am
23.12.2020 einen befristeten Bescheid zur Einleitung von max. 6,7 Mio. m³/a
Salzabwasser aus den Werken Werra und Neuhof-Ellers in die Werra erteilt. Die Erlaubnis
ist befristet bis zum 31.12.2021.
Wesentlicher
Grund für die Befristung ist, dass der Antragsteller K+S auch über das parallel
laufende Verfahren zum 3. Bewirtschaftungsplan der FGE Weser weitere
Begründungen und Informationen über Maßnahmen, wie die Zielwerte für die zulässigen
Salzbelastungen von Werra und Weser erreicht werden sollen, nachliefern muss.
Der RP Kassel wird daher erst auf der Basis des neuen Bewirtschaftungsplans
2021 – 2027 über die weitere Einleitung von Salzabwasser ab 2022 entscheiden.
Der
Landkreis Nienburg kann sich im laufenden Bewirtschaftungsplanverfahren positionieren
und im späteren Verfahren des RP Kassel über eine Erlaubnis ab 2022 eine
weitere Stellungnahme abgeben.
- Stellungnahme zum Entwurf des
Bewirtschaftungsplan 2021 -2027 für die Flussgebietseinheit Weser bzgl.
der Salzbelastung
Der
Entwurf des Bewirtschaftungsplans Flussgebietseinheit Weser 2021 bis 2027
(gemäß § 83 WHG Anhörungsdokument 2020 zur Information der Öffentlichkeit gemäß
§ 83 Abs. 4 WHG und Art. 14, Abs. 1 (c), 2000/60/EG) liegt im Rahmen der Anhörung
der Öffentlichkeit seit dem 22.12.2020 aus. Die betroffenen Behörden, Institutionen
und Bürger können bis zum 21.06.2021 eine Stellungnahme abgeben.
Die
Dokumente sind auf den Internetseiten der Länderministerien und der Flussgebietsgemeinschaft
Weser (www.fgg-weser.de) veröffentlicht.
Der
Entwurf des Bewirtschaftungsplans befasst sich im Besonderen mit den Salzbelastungen
in den Einzugsgebieten von Werra und Weser. Für die speziellen Bewirtschaftungsziele
und damit verbundene Maßnahmenprogramme gibt es daher detaillierte
Anhörungsdokumente, die ebenfalls auf der Internetseite der FGG Weser verfügbar
sind und auf die sich diese Stellungnahme bezieht.
Der
Bewirtschaftungsplan Salz stellt einführend die Gewässerbelastungen mit Salzen
von Weser und Werra dar, beurteilt deren Auswirkungen und leitet hieraus die
Ziele der Bewirtschaftung ab. Im Ergebnis werden Zielwerte für die Güte der
Oberflächenwasserkörper von Werra und Weser definiert und mit welchen Maßnahmen
diese in den Jahren 2021 bis 2027 erreicht werden sollen.
Wie
bereits in der Sitzungsdrucksache Nr. 2020/044 des ALNU erläutert, sind in den
vergangenen Jahrzehnten die eingeleiteten Salzabwassermengen erheblich zurückgegangen.
Zu DDR-Zeiten betrug der Salzwasseranfall noch bis zu 40 Mio. m³/a (1970). In
2019 leitete die K+S nur noch 3,9 Mio. m³ Abwasser die in die Werra ein.
Vergleichbar deutlich haben auch die Salzkonzentrationen am Werra-Pegel Gerstungen
abgenommen (Verringerung der Chlorid-Konzentrationen um 90 %). Gründe hierfür
sind die Schließung von zwei Kalibergwerken in Thüringen nach der Wende und
erhebliche Investitionen der K+S zur Reduzierung der Salzabwassermengen, der
Salzlaststeuerung und des Abtransports in andere Bergwerksgruben. Der zulässige
Grenzwert für Chlorid mit 2.500 mg/l wird am Pegel in Gerstungen (Werra) seit
2000 zuverlässig eingehalten und regelmäßig unterschritten (2019: 530 – 2470
mg/l, vgl. Anlage 1).
Trotz
dieser Verbesserungen in den vergangenen Jahren ergibt die Bewertung aller 10
Oberflächenwasserkörper der Weser und Werra (Risikoanalyse bis 2027), dass die
Zielerreichung eines guten ökologischen Zustands oder Potentials ohne
weitere Maßnahmen bis 2027 unwahrscheinlich ist.
Für
den im Landkreis Nienburg betroffenen Oberflächenwasserkörper „Mittelweser von
NRW bis Aller“ (DENI_12001) ergibt sich aufgrund des Kriteriums ökologisches
Potential ein unbefriedigender Zustand. Als Richtwert für
Salzbelastungen, die das Erreichen des guten Zustands/Potentials nicht
gefährden, gibt die FGG Weser für Chlorid max. 300 mg/l vor, der als Wert für
naturnahe aquatische Lebensgemeinschaften akzeptabel ist. An der
Kontrollmessstelle in Drakenburg betrug 2019 der 90-Perzentile-Wert 423 mg/l
für Chlorid. Damit ergibt sich hier ein Reduzierungsbedarf von 29 % im Vergleich
zum Richtwert. Vergleichbar kritische Bewertungen ergeben sich für die
Salzionen Kalium und Magnesium.
Zum
aktuellen Stand (2020) der realisierten und geplanten Maßnahmen als
Grundlage für die weitere Bewirtschaftungsplanung berichtet die FGG Weser:
-
Inbetriebnahme
der Kainit-Kristallisation-Flotation-Anlage (KKF), seit 2019 Reduzierung
von 1,5 Mio. m³/a Salzabwasser,
-
Einstapelung
aller Magnesiumchlorid-reichen Prozessabwässer unter Tage, ab 2021 1,5 Mio. m³/a, ab Ende 2027
vollständige Einstapelung bis zu 2 Mio. m³/a, sodass ab 2027 keine
Prozessabwässer mehr in die Werra eingeleitet werden,
-
Einstellung
der Versenkung von Salzabwässern in
den Plattendolomit im Werragebiet spätestens Ende 2021 und damit Reduzierung
der diffusen Einträge über das Grundwasser in die Werra,
-
Verzicht auf
den Bau eines Werra-Bypasses an die
Oberweser durch Beschluss der Weserministerkonferenz vom August 2019 mit der
Folge, dass 0,5 Mio. m³/a Salzwassereinleitung eingespart und über Abtransport
außerhalb des Werkes Werra als flüssiger Rückstand in anderen Bergwerken
eingestapelt wird (u. a. Kaliwerk Sigmundshall in Niedersachsen),
-
Erweiterung
der Kalihalden in Hattorf (2018) und
Wintershall (2020) zur Lagerung zusätzlich trockener Rückstände aus der
Kaliproduktion,
-
sukzessive Haldenabdeckung
ab 2021 im kombinierten Verfahren mit Infiltrationshemmschicht und
Boden-Bauschutt auf den Haldentops (Dickschicht) sowie vollständig in
Dickschicht auf der Halde Neuhof. Die Wirkungen der Haldenabdeckungen für die
verringerte Ableitung von Haldenwasser werden zunehmend erst ab 2027 erwartet.
Insgesamt
werden nach dem aktuellen Kenntnisstand folgende Salzabwassermengen für
die Einleitung in die Werra erwartet:
-
Produktionsabwässer: 2021 – 2027 1,7 Mio. m³/a, ab 2028 0,0 Mio. m³/a, da
Einstapelung unter Tage
-
Haldenabwasser: 2021 – 2027 3,0 bis 2,9 Mio. m³/a, in den
Folgejahren sukzessive bis 2075 auf 1,2 Mio. m³/a reduziert (Anlage 1).
Aus
der beschriebenen Bestandssituation und den Planungen leitet die FGG Weser
Bewirtschaftungsziele ab, die bis 2027 zu erreichen sind. Diese Ziele bauen auf
den in der 2. Bewirtschaftungsperiode (2015 – 2021) erstellten Maßnahmenplan
Salz auf.
Nach
dem bestehenden Zielwertkonzept der FGG Weser wurden für die Pegel in Gerstungen
(Werra) und Boffzen (Oberweser) für die Salzionen Chlorid, Magnesium und Kalium
zeitlich gestaffelt Zielwerte definiert, um das gute ökologische Potential für
die Wasserkörper der Weser zu erreichen. Für die 90-Perzentile für Chlorid sind
von 2022 bis 2027 395 mg/l und ab 2028 295 mg/l am Pegel in Boffzen zu
erreichen (s. Anlage 2). Diese Zielwerte werden in weiteren Verlauf bis zur
Mittelweser deutlich unterschritten, da die Größe des Einzugsgebiets zunimmt.
Die
FGG Weser hat zusätzlich Modellrechnungen zur Wirksamkeit der Maßnahmenprogramme
ausgewertet und zusätzlich die Verhältnismäßigkeit von erforderlichen
weitergehenden Maßnahmen aus ökologischer sowie wirtschaftlicher Sicht bewertet
(Ökoeffizienzanalyse ÖEA IV, Auftrag Hessisches Umweltministerium).
Zu
den weitergehenden Maßnahmen gehört der erforderliche Abtransport von Prozess-
und/oder Haldenabwasser mit Ausbau der Zwischenspeicherung in einer Größenordnung
von 500.000 m³ bis zur Erreichung der Zielwerte.
Im
Ergebnis stellt der Bewirtschaftungsplan 2021 bis 2027 bzgl. der Salzbelastung
fest (s. Kap. 5.2.3):
„Auf Basis der Erkenntnisse aus den
Modellergebnissen und der ÖEA IV hat das Land Hessen der FGG Weser eine
Maßnahmenkombination „Integrierter Masterplan Salz 2021 bis 2027“ vorgelegt, mit
der sich nach aktuellem Kenntnisstand die Zielwerte des BWP Salz 2015 bis 2021
(Kap. 5.2) in Gerstungen und Boffzen Ende 2021 mit verhältnismäßigen und
zumutbaren sowie technisch umsetzbaren Maßnahmen erreichen lassen.
Die Länder in der FGG Weser kommen daher
zu dem Schluss, dass nach aktuellem Kenntnisstand keine Anpassung des
Zielwertkonzeptes erforderlich ist.“
Die
Weserministerkonferenz hat am 20.08.2020 die Festlegungen im neuen Zielwertekonzept
bestätigt und sieht ebenfalls keine Veranlassung die Verhältnismäßigkeit der
Maßnahmen in Frage zu stellen.
Das
aktualisierte Maßnahmenprogramm, das geeignet ist ein gutes ökologisches
Potential der Werra und Weser zu erreichen, ist somit Bestandteil des Bewirtschaftungsplans
2021 – 2027 der FGG Weser.
Als
fünf Maßnahmen sind 1. der Betrieb der KKF-Anlage, 2. die Einstapelung unter
Tage, 3. die Haldenabdeckung, 4. der Abtransport der Halden/Prozessabwässer
und/oder Zwischenspeicherung bis zur Erreichung der Zielwerte und 5. die Einstellung
der Versenkung mit Zeitplan festgesetzt. Begleitende Maßnahmen sind ein ökonomisches
und ökologisches Monitoring sowie ein Controlling der Maßnahmenumsetzung (s.
Anlage 3).
Hierüber
müssen auch die an der Werra und Weser liegenden Kommunen und Landkreise
regelmäßig informiert werden (s. auch b. Mandat Hamelner Erklärung).
Die
Verwaltung schlägt daher vor, sich in vollem Umfang dem Zielwertekonzept und
dem Maßnahmenprogramm zur Reduzierung der Salzbelastung der Werra und Weser aus
dem Entwurf des Bewirtschaftungsplan 2021 -2027 für die Flussgebietseinheit
Weser anzuschließen und eine entsprechende Stellungnahme abzugeben (Anlage 4).
- Hamelner Erklärung e. V. – Erteilung eines
Mandats für den Ausschuss
„Weser“
Seit
März 2018 vertritt das Bündnis Hamelner Erklärung e. V. über den Ausschuss
Weserversalzung auch die Interessen des Landkreises Nienburg mit weiteren Kommunen
im Weser-Werra-Gebiet. Das Bündnis wird durch Rechtanwalt de Witt, Potsdam
beraten. Das Bündnis hatte bisher die Verhandlungen über eine Vergleichsvereinbarung
mit K+S geführt und am 08.07.2020 eine Stellungnahme im Verfahren zur Erteilung
der Erlaubnis abgegeben (s. Drucksache Nr. 2020/044).
In
der letzten Ausschusssitzung „Weser“ am 25.03.2021 wurde mit den Kommunen und
Landkreisen an der Oberweser beraten, ob und mit welchem Mandat mit K+S
weiterverhandelt und welche Positionen zur Bewirtschaftungsplanung
berücksichtigt werden sollen.
Die
Mitglieder im Ausschuss „Weser“ des Bündnisses Hamelner Erklärung e. V. haben
einhellig ein erneutes Mandat befürwortet und schlagen hierfür die folgenden
Aufgaben und Positionen vor:
- Zur Sicherung
bereits verhandelter Positionen (insbesondere den Verzicht auf Einleitung
von Produktionsabwässern nach 2027) wird weiter mit K+S verhandelt. Der
Großteil der Mitgliedskommunen im Ausschuss „Weser“ ist für sich nicht
klageberechtigt. Wenn wir nun das gemeinsame Vorgehen verlassen,
schwächen wir die Position jeder einzelnen Kommune erheblich.
- Die von uns im
ersten Entwurf der Vereinbarung eingebrachten Grenzwerte werden ersetzt
durch die jeweiligen Eckdaten des Bewirtschaftungsplanes der FGG Weser.
Wir verzichten also auf eigene Vorschläge und verstehen uns als Interessensvertreter
gegenüber den jeweiligen Landesregierungen mit dem Ziel, über diese eine
Verbesserung der Werte im Bewirtschaftungsplan zu erreichen.
- Der großen Besorgnis
der Politik in einigen Kommunen, dass die Zusagen von K+S nicht
verlässlich sind, wollen wir begegnen.
Wir sehen es als unsere Aufgabe an, die Installation
eines geeigneten und transparenten Monitorings durch den Betreiber und die
Aufsicht- und Genehmigungsbehörden zu fordern, dessen Ergebnisse auch unseren
Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden.
- Das Verfahren und
die Methoden werden durch uns beobachtet und somit eine frühzeitige
Beteiligung auf politischer Ebene sichergestellt.
Wir stimmen unsere Arbeitsergebnisse und
Positionierungen mit unseren Mitgliedern ab, die dadurch die Möglichkeit
erhalten, Ihrerseits betroffene Gemeinden oder eigene politische Gremien
einbeziehen zu können.
Das
Bündnis Hamelner Erklärung e. V. rechnet für die Mandatswahrnehmung unter
Einschaltung des Fachanwalts mit einer Umlage von 1.500,- bis 2.000,- Euro je
Kommune/Landkreis im laufenden Haushaltsjahr.
Die
Verwaltung befürwortet die Fortsetzung des Mandats unter Berücksichtigung der
genannten Inhalte.
Finanzielle Auswirkungen:
Der
Beschluss hat finanzielle Auswirkungen in einer Höhe von bis zu 2.000,- Euro im
HHJ 2021. Die Kosten stehen im Produkt-Kto. 54111.445600 –Regionalplanung zur
Verfügung.
Anlagen:
1
Salzabwassermengen
und Chlorid-Konzentrationen
2
Zielwertekonzept
2021 – 2027 der FGG Weser
3
Maßnahmenprogramm
Salz
4
Entwurf
Stellungnahme an NLWKN