Betreff
Bericht des Landesrechnungshofs über die überörtliche Kommunalprüfung zum Thema "Kindeswohlgefährdung"
Vorlage
2022/021
Aktenzeichen
36
Art
Bericht

Das Gremium nimmt Kenntnis.


Sachverhalt

Die Anzahl der Verfahren zur Gefährdungseinschätzung bei Kindeswohlgefährdung ist in Niedersachsen im Zeitraum von 2015 bis 2020 von 9.000 auf 15.015 Verfahren gestiegen. Diese steigende Anzahl an Verfahren hat den Landesrechnungshof (LRH) veranlasst, eine Prüfung vorzunehmen. Der Prüfzeitraum umfasst die Jahre 2017 bis 2019. Ausgewählt wurden Kommunen mit niedriger, mittlerer und hoher Anzahl von Gefährdungseinschätzungsverfahren. Der Landkreis Nienburg wurde ausgewählt auf Grund der niedrigen Anzahl an Verfahren (0 – 5 Verfahren pro 1.000 Einwohner:innen der Altersgruppe 0 – 18).

 

Nachdem Mitte September 2020 die Prüfung des LRH angekündigt und umfangreiche Unterlagen angefordert wurden, fand am 21.01.2021 ein Gespräch zwischen dem LRH und den beteiligten Bereichen des Fachbereiches Jugend statt. Der endgültige Bericht des LRH liegt seit dem 13.12.2021 vor.

 

Der Bericht stellt keine wirklichen Kernaussagen bereit, sondern befasst sich mit den Teilprozessen der Jugendämter im Bereich der Kindeswohlgefährdungen gem. § 8a SGB VIII. Der LRH hat hierzu folgende Teilprozesse und angrenzende Aufgabenfelder anhand der §§ 8a, 72, 79 und 81 SGB VIII und der §§ 4 und 5 KKG betrachtet. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der anstehenden Gesetzesänderung (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz - KJSG).

 

Der LRH gibt in seinem Bericht viele Anregungen, stellt aber auch Forderungen auf, sollte eines der geprüften Jugendämter aus Sicht des LRH im Vergleich zu den anderen Jugendämtern in einem Bereich Nachholbedarf haben.

 

Hervorzuheben ist, dass der Fachbereich Jugend in keiner der betrachteten Kategorien Adressat einer Forderung ist und somit nirgends negativ aufgefallen ist.

 

Vielmehr ist der Landkreis besonders für seine Informationsbereitstellung für Kinder und Jugendliche positiv hervorgehoben worden. Zudem wird durch einen guten und übersichtlichen Internetauftritt die Hemmschwelle der Bürger:innen für eine Kindeswohlgefährdungsmeldung abgebaut. 

 

Der LRH macht deutlich, dass besonders der Verfahrensablauf einer Kindeswohlgefährdung von enormer Wichtigkeit ist. Er stellt eine übersichtliche und nachvollziehbare Aktenführung in den Vordergrund. So sollen die Abläufe und Dokumentationen nachvollziehbar und übersichtlich sein, so dass auch Vertretungsfälle ohne großen zusätzlichen Aufwand bearbeitet werden können.

 

Diesbezüglich ist das Jugendamt des Landkreises gut aufgestellt. Der Informationsfluss ist gewährleistet, insbesondere im Hinblick auf die Informationsverarbeitung bei eingehenden Meldungen. Eine Aufnahme weiterer Daten wird im Rahmen der Begleitung der Organisationsuntersuchung stetig betrachtet. Auch die immer stärker stattfindende Arbeit in der elektronischen Akte ist positiv zu bewerten. Hierdurch werden Informationen zentral abrufbar (Vertretung) und in einheitlicher Form bereitgestellt. Dies minimiert die Fehleranfälligkeit für Informationsverluste.

 

Ebenso empfiehlt der LRH eine Zusammenarbeit mit allen im Kinderschutz beteiligten Akteuren. Es soll darauf geachtet werden, dass mit allen freien Trägern Vereinbarungen nach § 8a SGB VIII unter Berücksichtigung des KJSG abzuschließen sind. Weiterhin wird empfohlen, mit Schulungsangeboten und Informationsveranstaltungen weitere Personengruppen zu informieren.

 

Diesbezüglich kann das Jugendamt auf die diversen Arbeitsgruppen und Infoveranstaltungen des Fachbereiches verweisen. Zwar mussten pandemiebedingt einige Arbeitsgruppen zeitweise aussetzen. Es fanden aber auch in unterschiedlichen Konstellationen immer wieder Treffen statt. Die Beratungsstellen haben vor der Pandemie viele Informationsveranstaltungen in Form von Vorträgen und Elternabenden geleistet. Diese werden sie wieder aufnehmen, sobald die entsprechenden Institutionen den Zugang wieder gestatten. Beispielhaft soll die Beteiligung des Jugendamtes im Rahmen der Ausbildung von Tagespflegepersonen genannt werden. Die Beratungsstelle beteiligt sich hier am Ausbildungsplan der VHS mit dem Themenschwerpunkt „Kinder fordern uns heraus“ und zum Thema Kindeswohlgefährdung.

 

Auch ist der Fachbereich Jugend bereits dabei die schon existierenden Vereinbarungen mit den Trägern nach § 8a SGB VIII an das KJSG anzupassen. Weitere Vereinbarungen mit anderen Akteuren sind ebenfalls in der Anpassungsphase.

 

Im KJSG wird mittlerweile geregelt, dass Kommunen besonders im Bereich der Pflegepersonen eng zusammenarbeiten sollen. Mit der engen Zusammenarbeit soll das Risiko minimiert werden, dass sich abgelehnte Pflegeelternbewerber:innen in Nachbarlandkreisen erneut als Pflegeltern oder Erziehungsstelle anbieten. Dies wird der Landkreis selbstverständlich umsetzen.

 

Der LRH fordert, dass eine regelmäßige Personalbemessung in den Jugendämtern durchgeführt werden soll, gibt aber keinen Zeitraum vor. Mit der durchgeführten Organisationsuntersuchung wurde eine Personalbemessung durchgeführt. Auch durch das KJSG ist der Fachbereich gehalten, regelmäßig eine Personalbemessung für alle Aufgaben vorzunehmen. Dies wird nach Einführung des Programmes „Prosoz Kristall“ vereinfacht möglich sein.

 

Inwieweit das neue KJSG Auswirkungen auf die Personalstruktur hat, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden. Ab Ende Februar wird das Handbuch ASD an das KJSG angepasst. Hierbei wird der Fachbereich Jugend wieder durch die Firma INSO unterstützt. Das Ergebnis wird anschließend in der Lenkungsgruppe besprochen und der Politik vorgestellt.

 

Der Bericht des LRH kann in der Zeit vom 28.02.2022 bis 11.03.2022 zu den üb-lichen Bürozeiten (8.00 bis 16.00 Uhr) im Büro 343, Kreishaus A, eingesehen werden.