Das Gremium nimmt Kenntnis.
Sachverhalt
Die Anzahl der Verfahren zur Gefährdungseinschätzung
bei Kindeswohlgefährdung ist in Niedersachsen im Zeitraum von 2015 bis 2020 von
9.000 auf 15.015 Verfahren gestiegen. Diese steigende Anzahl an Verfahren hat
den Landesrechnungshof (LRH) veranlasst, eine Prüfung vorzunehmen. Der
Prüfzeitraum umfasst die Jahre 2017 bis 2019. Ausgewählt wurden Kommunen mit
niedriger, mittlerer und hoher Anzahl von Gefährdungseinschätzungsverfahren.
Der Landkreis Nienburg wurde ausgewählt auf Grund der niedrigen Anzahl an
Verfahren (0 – 5 Verfahren pro 1.000 Einwohner:innen der Altersgruppe 0 – 18).
Nachdem Mitte September 2020 die Prüfung des LRH
angekündigt und umfangreiche Unterlagen angefordert wurden, fand am 21.01.2021
ein Gespräch zwischen dem LRH und den beteiligten Bereichen des Fachbereiches
Jugend statt. Der endgültige Bericht des LRH liegt seit dem 13.12.2021 vor.
Der Bericht stellt keine wirklichen Kernaussagen
bereit, sondern befasst sich mit den Teilprozessen der Jugendämter im Bereich
der Kindeswohlgefährdungen gem. § 8a SGB VIII. Der LRH hat hierzu folgende
Teilprozesse und angrenzende Aufgabenfelder anhand der §§ 8a, 72, 79 und 81 SGB
VIII und der §§ 4 und 5 KKG betrachtet. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der
anstehenden Gesetzesänderung (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz - KJSG).
Der LRH gibt in seinem Bericht viele Anregungen,
stellt aber auch Forderungen auf, sollte eines der geprüften Jugendämter aus
Sicht des LRH im Vergleich zu den anderen Jugendämtern in einem Bereich
Nachholbedarf haben.
Hervorzuheben ist, dass der Fachbereich Jugend in keiner der betrachteten
Kategorien Adressat einer Forderung ist und somit nirgends negativ aufgefallen
ist.
Vielmehr
ist der Landkreis besonders für seine Informationsbereitstellung für Kinder und
Jugendliche positiv hervorgehoben worden. Zudem wird durch
einen guten und übersichtlichen Internetauftritt die Hemmschwelle der
Bürger:innen für eine Kindeswohlgefährdungsmeldung abgebaut.
Der LRH macht deutlich, dass besonders der
Verfahrensablauf einer Kindeswohlgefährdung von enormer Wichtigkeit ist. Er
stellt eine übersichtliche und nachvollziehbare Aktenführung in den
Vordergrund. So sollen die Abläufe und Dokumentationen nachvollziehbar und
übersichtlich sein, so dass auch Vertretungsfälle ohne großen zusätzlichen
Aufwand bearbeitet werden können.
Diesbezüglich
ist das Jugendamt des Landkreises gut aufgestellt. Der Informationsfluss ist
gewährleistet, insbesondere im Hinblick auf die Informationsverarbeitung bei
eingehenden Meldungen. Eine Aufnahme weiterer Daten wird im Rahmen der Begleitung
der Organisationsuntersuchung stetig betrachtet. Auch die immer stärker
stattfindende Arbeit in der elektronischen Akte ist positiv zu bewerten.
Hierdurch werden Informationen zentral abrufbar (Vertretung) und in
einheitlicher Form bereitgestellt. Dies minimiert die Fehleranfälligkeit für Informationsverluste.
Ebenso empfiehlt der LRH eine Zusammenarbeit mit
allen im Kinderschutz beteiligten Akteuren. Es soll darauf geachtet werden,
dass mit allen freien Trägern Vereinbarungen nach § 8a SGB VIII unter
Berücksichtigung des KJSG abzuschließen sind. Weiterhin wird empfohlen, mit
Schulungsangeboten und Informationsveranstaltungen weitere Personengruppen zu
informieren.
Diesbezüglich
kann das Jugendamt auf die diversen Arbeitsgruppen und Infoveranstaltungen des
Fachbereiches verweisen. Zwar mussten pandemiebedingt einige Arbeitsgruppen
zeitweise aussetzen. Es fanden aber auch in unterschiedlichen Konstellationen
immer wieder Treffen statt. Die Beratungsstellen haben vor der Pandemie viele
Informationsveranstaltungen in Form von Vorträgen und Elternabenden geleistet.
Diese werden sie wieder aufnehmen, sobald die entsprechenden Institutionen den
Zugang wieder gestatten. Beispielhaft soll die Beteiligung des Jugendamtes im
Rahmen der Ausbildung von Tagespflegepersonen genannt werden. Die Beratungsstelle
beteiligt sich hier am Ausbildungsplan der VHS mit dem Themenschwerpunkt
„Kinder fordern uns heraus“ und zum Thema Kindeswohlgefährdung.
Auch
ist der Fachbereich Jugend bereits dabei die schon existierenden Vereinbarungen
mit den Trägern nach § 8a SGB VIII an das KJSG anzupassen. Weitere Vereinbarungen
mit anderen Akteuren sind ebenfalls in der Anpassungsphase.
Im KJSG wird mittlerweile geregelt, dass Kommunen
besonders im Bereich der Pflegepersonen eng zusammenarbeiten sollen. Mit der
engen Zusammenarbeit soll das Risiko minimiert werden, dass sich abgelehnte
Pflegeelternbewerber:innen in Nachbarlandkreisen erneut als Pflegeltern oder
Erziehungsstelle anbieten. Dies wird der Landkreis selbstverständlich umsetzen.
Der
LRH fordert, dass eine regelmäßige Personalbemessung in den Jugendämtern
durchgeführt werden soll, gibt aber keinen Zeitraum vor. Mit der durchgeführten
Organisationsuntersuchung wurde eine Personalbemessung durchgeführt. Auch durch
das KJSG ist der Fachbereich gehalten, regelmäßig eine Personalbemessung für
alle Aufgaben vorzunehmen. Dies wird nach Einführung des Programmes „Prosoz Kristall“
vereinfacht möglich sein.
Inwieweit
das neue KJSG Auswirkungen auf die Personalstruktur hat, kann zum jetzigen Zeitpunkt
nicht gesagt werden. Ab Ende Februar wird das Handbuch ASD an das KJSG
angepasst. Hierbei wird der Fachbereich Jugend wieder durch die Firma INSO
unterstützt. Das Ergebnis wird anschließend in der Lenkungsgruppe besprochen
und der Politik vorgestellt.
Der
Bericht des LRH kann in der Zeit vom 28.02.2022 bis 11.03.2022 zu den üb-lichen
Bürozeiten (8.00 bis 16.00 Uhr) im Büro 343, Kreishaus A, eingesehen werden.