hier: Prüfung der Stellungnahmen zum Entwurf der 4. Änderung des RROP
Auf Grundlage des Planungskonzepts des Entwurfs der
4. Änderung des Regionalen Raumordnungsprogramms werden „Vorranggebiete
Windenergienutzung ohne Ausschlusswirkung“ festgelegt, die außerhalb von
Hubschraubertiefflugstrecken der Bundeswehr liegen.
Die 5-km-Abstandsregel wird als Grundsatz der Raumordnung in die beschreibende Darstellung des Regionalen Raumordnungsprogramms aufgenommen.
Sachverhalt
Einleitung
Mit öffentlicher Bekanntmachung vom 19.05.2021 wurde das Auslegungs-
bzw. Beteiligungsverfahren für den Entwurf der 4. Änderung des Regionalen
Raumordnungsprogramms (RROP) eingeleitet. Bis zum 26.07.2021 bestand die
Möglichkeit, zu den Entwurfsunterlagen Stellung zu nehmen. Auch danach sind
noch Stellungnahmen eingegangen, die, sofern erheblich, im Einzelfall geprüft
werden.
Es sind insgesamt 238 schriftliche Stellungnahmen
eingegangen. Davon haben 27 Energie- und Projektierungsunternehmen
Stellungnahmen mit Hinweisen zum Planungskonzept und Planungswünsche
vorgetragen. Von 73 Privatpersonen sind Stellungnahmen eingegangen, die sich
hauptsächlich mit dem Grundeigentum und betroffener Wohnnutzung befassen.
Die inhaltliche Prüfung der Stellungnahmen und die
Umweltverträglichkeitsprüfung sind noch nicht vollumfänglich abgeschlossen. Die
gesamten Abwägungsvorschläge sollen dem Ausschuss für Regionalentwicklung in
der Sitzung am 08.06.2022 zur Beschlussfassung vorgelegt werden.
Militärische Belange -
Grundsätzliches
Die Auswertungen der Stellungnahmen des Bundesamts
für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw)
vom 22.07.2021 und vom 07.03.2022 ergeben bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt,
dass eine Änderung des Planungskonzepts erforderlich ist.
Das BAIUDBw weist in seiner Stellungnahme vom
22.07.2021 grundsätzlich darauf hin, dass im Landkreis Nienburg/Weser diverse
militärische Belange betroffen sein können, wie z.B. das Interessengebiet der
LV-Radaranlage Visselhövede, Jettiefflugstrecken, Hubschraubertiefflugstrecken,
Außenlandeplätze, Flugbeschränkungsgebiete, der Bauschutzbereich des Flughafens
Wunstorf etc. Die aufgeführte Aufzählung sei nicht abschließend. In den
genannten Bereichen sei eine Kollisionsgefahr gegeben. Hier könne es zu
Ablehnungen bzw. Bauhöhenbeschränkungen von Windenergieanlagen (WEA) kommen. Ob
und inwiefern eine Beeinträchtigung der militärischen Interessen tatsächlich
vorliegt, könne in dieser frühen Planungsphase ohne das Vorliegen konkreter
Angaben wie Anzahl der Anlagen, Standortkoordinaten, Nabenhöhe und Bauhöhe
jedoch nicht beurteilt werden. Genauer würde sich erst in den an das RROP
anschließenden Verfahren geäußert.
Hubschraubertiefflugstrecken
Das BAIUDBw weist darüber hinaus darauf hin, dass
WEA sowie andere Hochbauten in Hubschraubertiefflugstrecken ausgeschlossen
seien. Zu 13 geplanten Vorranggebieten teilt es mit, dass diese vollständig
oder mit Teilflächen in Hubschraubertiefflugstrecken liegen. Dabei handelt es
sich u.a. auch um Flächen, die bereits mit WEA bebaut sind (Altstandorte, die
bereits in der 1. Änderung des RROP als „Vorranggebiet Windenergienutzung“
festgelegt waren).
Tiefflugstrecken für Hubschrauber unterliegen der
militärischen Geheimhaltung und werden nicht bekannt gegeben. Das Land
Niedersachsen (oberste Landesplanungsbehörde) hatte dem Landkreis
Nienburg/Weser angeboten, die Potenzialflächen mit den
Hubschraubertiefflugstrecken kartographisch abzugleichen. Auf GIS-Basis wurde
ermittelt, dass rd. 950 ha der geplanten Vorrangflächen in Hubschraubertiefflugstrecken
liegen. Alle übrigen Potenzialflächen wurden gleichfalls abgeprüft. Auch diese
liegen teilweise oder vollständig in Hubschraubertiefflugstrecken. Konsequenz
ist, dass die landesseitigen Orientierungswerte des Windenergieerlasses 2021 zu
den Ausbauzielen mit der vorliegenden Konzentrationsplanung „Vorranggebiete mit
Ausschlusswirkung“ nicht erreicht werden können. Auch unter Heranziehung noch
verbleibender Potenzialflächen kann dieser Wert nicht erfüllt werden.
In einer weiteren Stellungnahme vom 07.03.2022
betrachtet das BAIUDBw die gesamte Potenzialflächenauswahl und bestätigte, dass
in den Hubschraubertiefflugstrecken und ihren Sicherheitskorridoren (3 km)
Genehmigungsanträge für WEA abgelehnt werden.
Eine Prüfung der Zulassungssituation in Rücksprache
mit dem BAIUDBw hat ergeben, dass im Bereich von Hubschraubertiefflugstrecken,
die Gebiete mit Bestandswindparks berühren, WEA im Rahmen von Repowering unter
den Voraussetzungen des § 16b Bundes-Immissionsschutzgesetz zugelassen werden
müssen. Neuplanungen von Windparks in Hubschraubertiefflugstrecken lehnt die
Bundeswehr ab.
Rechtsprechung
In jüngsten Gerichtsurteilen des Niedersächsischen
Oberverwaltungsgerichts zu den Windenergieplanungen des Landkreises Uelzen (12
KN 51/20) und der Stadt Diepholz (12 KN 101/21) wird beanstandet, dass dort
auch Flächen zu Vorranggebieten für die Windenergie ausgewählt wurden, die dazu
nicht im vollen Umfang geeignet sind. Insbesondere bestünden Konflikte mit
Tiefflugstrecken der Bundeswehr. Diese Frage hätte nicht auf ein späteres
Genehmigungsverfahren verschoben werden dürfen. Ferner seien
Höhenbeschränkungen nicht geprüft worden.
Diese Tatbestände führten zur Rechtsunwirksamkeit
der Pläne.
Fazit
Aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen
(Luftverkehrsgesetz; Windenergieerlass 2021) sind Hubschraubertiefflugstrecken
der Bundeswehr wie ein hartes Tabukriterium anzusehen. Die vorliegende
Raumanalyse führt zu erheblichen Flächenreduzierungen der gesamten
Potenzialflächenauswahl des RROP-Entwurfs. Auf dieser Basis ist das bestehende
Planungskonzept für den Landkreis Nienburg/Weser nicht mehr geeignet, der
Windenergienutzung im Sinne der landesweiten Ausbauziele ausreichend Raum zu
verschaffen. Auf die mit der Festlegung der „Vorranggebiete Windenergienutzung“
verbundene Ausschlusswirkung für den übrigen Planungsraum wird daher verzichtet
und die für die Windenergienutzung geeigneten Flächen außerhalb der
Hubschraubertiefflugstrecken werden als „Vorranggebiete Windenergienutzung ohne
Ausschlusswirkung“ gesichert. WEA-Planungen außerhalb dieser Vorranggebiete sind
zukünftig nicht mehr ausgeschlossen, sondern werden im Einzelfall
raumordnerisch geprüft (Erforderlichkeit Raumordnungsverfahren).
Das bestehende Planungskonzept zur Ermittlung von
Potenzialflächen für die Windenergie bleibt in seinen Grundzügen erhalten. Die
5-km-Abstandsregel soll als abzuwägender Grundsatz der Raumordnung in die
beschreibende Darstellung des RROP aufgenommen werden.
Der Verzicht auf die Ausschlusswirkung im RROP
eröffnet den Mitgliedskommunen planerische Gestaltungsspielräume. Klageverfahren
werden nicht mehr zur Aufhebung des gesamten RROP-Windkonzepts führen. Die
Mitgliedskommunen haben die Möglichkeit, in ihren Bauleitplänen die
Windenergienutzung nach eigenen städtebaulichen Vorstellungen zu steuern. Dies
hat den Vorteil, dass die örtlichen Gegebenheiten detailliert berücksichtigt
werden können (Beispiel: Aktuelle Flächennutzungsplanänderung der SG Grafschaft
Hoya).
Finanzielle Auswirkungen:
Der Beschluss hat keine
finanziellen Auswirkungen.
Anlagen:
·
ohne