Betreff
Weiterbegleitung des Landkreises Nienburg/Weser durch die Transferagentur
Mitgliedschaft in dem Verein Transferagentur Niedersachsen e.V.
Vorlage
2023/094
Art
Beschlussvorlage

Der Landkreis Nienburg/Weser tritt dem Verein „Transferagentur Niedersachsen e.V.“ als Vollmitglied bei. Der jährliche Mitgliedsbeitrag für die Vollmitgliedschaft wird in den Haushalten 2024ff. bereitgestellt.


Sachverhalt

Im Folgenden geht es um die zukünftige Zusammenarbeit des Landkreises Nienburg/Weser mit der Transferagentur Niedersachsen in Form einer Vereinsmitgliedschaft.

 

In diesem Zusammenhang ist es aus Sicht der Verwaltung notwendig, die Entwicklungen der letzten Jahre zu erläutern und einen Ausblick auf die anstehenden Projekte und Aufgaben zu geben:

 

2013 wurden bundesweit Transferagenturen als Teil der „Transferinitiative Kommunales Bildungsmanagement“, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, ins Leben gerufen. Seitdem beraten die Transferagenturen in den einzelnen Bundesländern zum Thema effiziente, zukunftssichere Bildungssteuerung. Ziel der für die Kommunen bislang kostenfreien Beratungen ist eine optimierte und bedarfsgerechte Aufstellung des kommunalen Bildungsangebotes, eine bessere Planbarkeit, Kostentransparenz, Vermeidung von Doppelstrukturen und eine Steigerung der Qualität. Im Jahr 2021 wurde das Förderprogramm „Bildungskommune“ aufgelegt. Die Transferagentur Niedersachsen, die seit 2017 mit dem Bildungsbüro des Landkreises eng zusammenarbeitet, hat bereits im Oktober 2021 auf das Förderprogramm hingewiesen. Daher wurden von Seiten der Verwaltung mehrfach Überlegungen angestellt, ob das Förderprogramm in Anspruch genommen werden soll. Da das Projekt „nur“ mit 40 % Bundesmitteln gefördert wird, erschien der vom Landkreis aufzubringende Eigenanteil sehr hoch.

 

Zudem waren die Förderbedingungen, insbesondere im Hinblick auf die Förderung von Personalkosten, nicht eindeutig erkennbar. So haben auch andere Landkreise ihren ursprünglichen Förderantrag zwischenzeitlich nachbessern müssen.

 

Daher wurde die Inanspruchnahme bzw. Antragstellung von Anfang an kritisch hinterfragt. Dies beruhte insbesondere auf die vom Landkreis zu tragenden Kosten, der unklaren Ausgangsvoraussetzungen und der anfänglich fehlenden Perspektive für ein nachhaltiges Einsetzen der finanziellen Ressourcen.

 

Förderziel der Bildungskommune ist die Etablierung digital-/analogvernetzter Bildungslandschaften für lebenslanges Lernen. Insbesondere wurde ein ganzheitliches Gesamtkonzept gefordert.

 

In der zweiten Jahreshälfte 2022 kristallisierte sich heraus, dass der Landkreis Nienburg sich stärker im Thema Fachkräfteentwicklung engagieren sollte. Neben der allgemein spürbaren Notwendigkeit wurde das Thema „Transformation“ von der örtlichen Bundesagentur für Arbeit Verden-Nienburg in der „Lenkungsgruppe Bildungskoordination“ aufgerufen und die Schaffung eines Weiterbildungsverbundes mit diesem Schwerpunkt angeregt. Die Zusammenarbeit mit dem Schwerpunkt der Fachkräfteentwicklung bot sich an, so dass die finanzielle Unterstützung durch das Förderprogrammes Bildungskommune nochmals geprüft wurde. Es wurde nochmals eruiert, welche Kosten auf den Landkreis Nienburg zukommen würden, wenn im Rahmen eines Weiterbildungsverbundes ein Bildungsportal geschaffen würde. Da die Stadt Wolfsburg ein solches Bildungsportal bereits initiiert hat, konnte das Bildungsbüro auf die Kostenkalkulation zugreifen und so die aller Voraussicht anstehenden Kosten errechnen. Das Förderprojekt Bildungskommune ist auf vier Jahre angelegt. In diesen Zeitraum wäre eine Gesamtsumme von einer knappen Mio. Euro für das Projekt aufzubringen gewesen. Die Förderquote des BMBF besteht nur in Höhe von 40 %. Dementsprechend müsste der Landkreis Nienburg jährlich eine Summe von 145.000,00 € - 150.000,00 € in das Projekt investieren, da hierfür keine Fördermittel generiert werden können.

 

Da sich der Landkreis Nienburg bereits über die beiden Zukunftsregionen und auch das MehrWert-Büro der Thematik Fachkräfteentwicklung im ländlichen Raum annimmt, erscheint es als nicht notwendig, einen Betrag von ggfls. 150.000,00 € jährlich in ein weitere Projekt zu stecken. Vielmehr erscheint es sinnvoll, dass mit den Mitgliedern der „Lenkungsgruppe Bildungskoordination“ in eine Weiterentwicklung eingestiegen wird, um die bestehenden und in Gründung befindlichen Netzwerke zu unterstützen und zu ergänzen. Da hierfür aber kein kostenintensives Bildungsportal geschaffen werden muss, dies aber wie gesagt Grundvoraussetzung für die Förderung über das Förderprogramm Bildungskomme ist, hat sich der Landkreis Nienburg gegen die Stellung eines Antrages auf Fördermittel aus dem Programm des BMBF entschieden.

 

Die in den nächsten Jahren anstehenden Schwerpunkte, insbesondere die Fachkräftegewinnung und -sicherung, die Installation einer integrierten Sozialplanung sowie die Umsetzung der Vorgaben des § 24 SGB VIII (Ganztagesanspruch von Grundschüler: innen), können jedoch nur unter Zuhilfenahme externer Hilfe umgesetzt werden.

 

Seit 2017 wird der Landkreis Nienburg von der Transferagentur Niedersachsen begleitet. Sie unterstützt den Auf- und Ausbau eines datenbasierten Bildungsmanagements in Landkreisen, kreisfreien Städten oder regionalen Verbünden von Kommunen. Sie agiert dabei als neutrale, unabhängige Akteurin, die Kommunen bedarfsgerecht bei ihren Veränderungsprozessen begleitet.

 

Die grundlegenden Aufgaben der Transferagentur liegen in der Ermittlung und Aufbereitung von best-practise-Beispielen und Erfahrungen kommunaler Praxis sowie der Vermittlung diesen Wissens zwischen Kommunen, Bildungsregionen und Akteur: innen der Zivilgesellschaft.

 

In den letzten Jahren haben das Bildungsbüro und die Transferagentur eng zusammengearbeitet. So erbrachte die Transferagentur Niedersachsen von Januar 2019 bis Juni 2022 insgesamt 336 Stunden an individuellen Dienstleistungen für die Unterzeichnerin und Herrn EKR Klein sowie die Mitarbeiter: in des Bildungsbüros. Darunter fallen Recherchen, Reflexionsgespräche, Kontaktbörse und fachbereichsübergreifende Workshops.

 

Über die (Bildungs-) Arbeit des Landkreises Nienburg wurde in verschiedenen Broschüren der Transferagentur, aber auch dem Mitteilungsblatt REK Info berichtet. Zudem hat der Landkreis Nienburg die Auszeichnung „Bildung nach Plan“ erhalten.

 

Durch die Beratung der Transferagentur konnten Prozesse optimiert werden. So ist man aufgrund positiver Fallbeispiele dazu übergegangen vor der Schaffung neuer Angebote eine Bedarfsanalyse durchzuführen, um so Angebote an die Bevölkerung bedarfsgerecht aufzustellen. Ein erfolgreiches Beispiel hierfür ist die Umfrage 60+. Im Zuge der Isolierung durch die Corona-Maßnahmen wurde klar, dass insbesondere die ältere Bevölkerung an einer stärkeren Vereinsamung litt als die jüngere Bevölkerung. Die Aufrechterhaltung des Kontaktes mit Freunden und Familie über die Nutzung digitaler Endgeräte war vielen älteren Menschen nicht möglich. Aber auch die immer stärkere Digitalisierung von Prozessen, insbesondere im Gesundheitswesen und des täglichen Lebens, führte zu der Frage, ob durch diese Entwicklung nicht ein Teil der Bevölkerung abgehängt wird.

 

In diesem Zusammenhang wurde eine Abfrage nach den Digitalisierungsbedarfen der Altersgruppe 60+ erstellt, woraufhin bedarfsgerechte Angebote insbesondere über die Volkshochschule entwickelt werden konnten, die von der Bevölkerung sehr gut angenommen werden.

 

Ein weiteres Projekt, das auf der durch die Umfrage beschafften Datenbasis fußt, ist das ins Leben gerufene Projekt der sog. Digitallots: innen. Durch die Volkshochschule werden Multiplikator:innen ausgebildet, die dann in der Heimatkommune den Bürger: innen für Fragen rund um ihre digitalen Endgeräte sowie die digitalen Dienstleistungen zur Seite stehen. Auch dieses Projekt ist sehr erfolgreich angelaufen. Insbesondere die Samtgemeinden Heemsen und Weser-Aue sowie der Flecken Steyerberg bieten regelmäßige Sprechstunden an und bewerben diese durch eigenes Material.

 

Es besteht die Absicht, die Transferagentur Niedersachen in den kommenden zwei Jahren in die Einführung der Integrierten Sozialplanung sowie in die Vernetzung zum Thema Fachkräftegewinnung und -sicherung einzubinden.

 

Neben dem Angebot der Prozessbegleitung bietet die Transferagentur eine Reihe von Fortbildungs- aber auch Vernetzungsveranstaltungen an. Hierdurch ist es möglich, auch mit anderen Landkreisen und kreisfreien Städten außerhalb des Altbezirkes Hannover in Kontakt zu treten. Der Austausch ist immer wieder anregend und führt zu weiteren Vernetzungstätigkeiten. So profitieren die Teilnehmer: innen durch die Erfahrung anderer Landkreise und kreisfreien Städte und können dort erfolgreich initiierte und durchgeführte Projekte für den eigenen Landkreis übernehmen, was in der Regel personelle und finanzielle Ressourcen einspart.

 

Die Transferagentur hat sich als starker Partner bei der Weiterentwicklung der Projekte für den Landkreis Nienburg bewährt. Die Leistungen der Transferagentur Niedersachsen konnten bisher kostenfrei in Anspruch genommen werden. Im kommenden Jahr endet die Förderung der Transferagentur durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

 

Daher haben sich die Verantwortlichen der Transferagentur frühzeitig auf den Weg gemacht, um die Leistungen und Angebote nachhaltig zu sichern. So wurde der Verein Transferagentur Niedersachsen e. V. gegründet, der die bisherigen Leistungen weiterführen wird. Bisher sind 10% aller Landkreise und Städte in Niedersachsen bereits Mitglied, weitere 35% haben großes Interesse an einer Mitgliedschaft und befinden sich in Abstimmungsprozessen. Als Beispiele sind hier der Landkreis Stade, der Landkreis Wolfenbüttel, die Stadt Wolfsburg und die Stadt Emden zu nennen. Sie sehen einen großen Mehrwert in der Mitgliedschaft und profitieren bereits von den Angeboten.

 

Die zukünftigen Mitglieder können zwischen einer Basis- und einer Vollmitgliedschaft wählen.

 

Für eine Basismitgliedschaft würde man jährlich einen Beitrag in Höhe von 9.900 € zahlen, wobei das Mitglied nicht vollumfänglich – also wie gewohnt – betreut würde. Durch eine Vollmitgliedschaft in dem Verein Transferagentur e.V. könnte der Landkreis Nienburg sicherstellen, dass er weiterhin im Rahmen der Entwicklung eines Qualitätsmanagementsystems für den Bildungsbereich (im weitesten Sinne) begleitet wird. Zudem können die Mitarbeitenden des Landkreises weiterhin kostenfrei am Workshop-Programm teilnehmen und u.a. für die Arbeit als Bildungsmanager qualifiziert werden. Auch durch die Teilnahme an den Arbeitsgruppen der Transferagentur e. V. können die Mitarbeitenden des Landkreises Nienburg vom Austausch mit anderen Kommunen profitieren. Auch der einmal im Jahr organisierte 2-tägige Kommunalkongress mit zahlreichen Fachforen und Vorträgen soll durch den Verein weitergeführt werden. Dieser war in der Vergangenheit ein gewinnbringender Austausch für den Landkreis Nienburg.

 

Um dieses Angebot in Anspruch nehmen zu können, bedarf es einer Vollmitgliedschaft, für die ein Beitrag von jährlich 19.000 € anfallen würde.

 

Der Landkreis Nienburg will sich – auch ohne das Förderprogramm Bildungskommune – zu einer Bildungsregion weiterentwickeln. Die Themen der nächsten Jahre sind mannigfaltig und bedürfen einer fachlichen Begleitung. So wird der Landkreis Nienburg in den kommenden Jahren das Thema der integrierten Sozialplanung angehen, insbesondere um die Fachbereiche des Dezernates II stärker zu vernetzen und somit Synergieeffekte nachhaltig zu nutzen, was finanzielle Einsparungen bedeutet, ohne dass das Angebot für die Bürger: Innen gemindert wird. Vielmehr kommt es durch die stärkere Vernetzungstätigkeit zu einer besseren Versorgung der Bürger: Innen im Landkreis Nienburg.

 

Auch das Thema Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung in Grundschulen stellt den Landkreis Nienburg – wie so viele andere Kommunen – vor große Herausforderungen. Auch hier hat die Transferagentur bereits reagiert und einen Qualitätszirkel Ganztagesbetreuung eingerichtet, an dem alle Landkreise und kreisfreien Städte teilnehmen können. Es ist geplant, dass sich der Fachbereich Jugend an diesem Austausch beteiligen wird. Es wird jedoch so sein, dass ab dem 01.01.2024 die Angebote der Transferagentur nur noch den Mitgliedern des neuen Vereins Transferagentur e. V. offen stehen.

 

Nicht minder gewichtig ist auch die Neuausrichtung des Kreismedienzentrums. Durch eine stärkere Zusammenarbeit mit anderen Kreismedienzentren könnte es auch hier gelingen, die finanziellen Ressourcen in diesem Bereich besser einzusetzen und das Kreismedienzentrum des Landkreises Nienburg den aktuellen – technischen – Gegebenheiten anzupassen. Eine Unterstützung der Vernetzung der niedersächsischen Kreismedienzentren zur Herstellung von Synergieeffekten  ist durch eine Voll-Mitgliedschaft  im Verein Transferagentur e.V. ebenfalls gewährleistet.

 

Aufgrund der oben genannten Aspekte wird vorgeschlagen, dass der Landkreis Nienburg/Weser ab dem 01.01.2024 Vollmitglied im Verein Transferagentur  e.V. wird, um auch zukünftig die Leistung der Transferagentur, wie im bisherigen Umfang, in Anspruch nehmen zu können.

 

Dies ist gegenüber der Basismitgliedschaft und dem alternativen Einkauf der bisherigen Leistungen auf dem freien Markt finanziell von Vorteil.

 

Ohne die Beratungsleistung der Transferagentur wird der Landkreis Nienburg mit den jetzt vorherrschenden personellen Ressourcen die oben genannten Projekte nicht so umsetzen können, wie es notwendig und von der Verwaltung gewünscht ist. Eine externe Begleitung ist daher unumgänglich. Sofern der Landkreis Nienburg/Weser nicht Mitglied der Transferagentur wird, müssten diese Beratungsleistungen extern vergeben werden. Auch die Ausschreibung und Auswahl ist mit personellen und zeitlichen Ressourcen verbunden, insbesondere ist nicht sicher, mit welchen Partner:innen der Landkreis Nienburg dann zukünftig zusammenarbeiten wird. Als Mitglied des Vereins Transferagentur e.V. entfällt eine Ausschreibungspflicht.

 

Die Vollmitgliedschaft in dem Verein Transferagentur Niedersachsen e. V. bietet den Vorteil, dass der Landkreis Nienburg weiterhin mit bewährten Partner:innen zusammenarbeiten kann und die Beratungs- und Unterstützungsleistungen ohne weitere finanzielle Mittel in Anspruch nehmen kann.


Finanzielle Auswirkungen:

 

Es entstehen Kosten i. H. v. 19.000,00 €. Die Haushaltsmittel stehen im Produkt 27020 Bildungsbüro ab dem Haushaltsjahr 2024 zur Verfügung.