Betreff
Der Landkreis Nienburg/Weser im Spiegel aktueller Rankings
Vorlage
2005/ARKBV/004
Art
Ausschuss für Regionalentwicklung

 

Der Ausschuss für Raumordnung, Kreisplanung, Bau und Verkehr nimmt Kenntnis.

 


Einleitung

Unter dem englischen Begriff “Ranking” (deutsch: Einstufung) versteht man das Ergebnis von Vergleichsstudien, das in Form von Ranglisten dargestellt wird.

In der Vergangenheit wurden nicht nur Hochschulen, Metropolen und andere Städte, sondern zunehmend auch Regionen bzw. die 439 deutschen Kreise und kreisfreien Städte in sog. “Rankings” bewertet.

Rankings ermöglichen es, die unübersichtliche Qualität von Kreisen nach bestimmten Kriterien zu bewerten. Heikel ist bei diesen Verfahren sowohl die Auswahl, als auch die Aggregation der Kriterien. Sie kann zu verzerrten Bildern führen.

In den vergangenen Monaten wurden mehrere Rankings veröffentlicht, die auf einer Vielzahl von im Einzelfall nicht immer eindeutig nachvollziehbaren Kriterien basieren. In den einzelnen Rankings wurden unterschiedliche Schwerpunkte, wie u.a. Wirtschaftliche
Situation, Demografie oder Familienfreundlichkeit, gesetzt.

Übersicht über Rankings, die den Landkreis Nienburg/Weser betreffen

Deutschland 2020

Die Studie Deutschland 2020 “Die demografische Zukunft der
Nation” wurde vom Berlin-Institut erstellt und in der Zeitschrift GEO (Heft 5, 2004) publiziert. Ziel der Studie war es anhand von 22 Einzelindikatoren die Städte und Kreise in Deutschland hinsichtlich ihrer Zukunftsfähigkeit in Noten (von 1 bis 6) zu bewerten. Der Landkreis Nienburg/Weser erhielt dabei eine Gesamt-Note von 3,86. Er gehört damit zum Mittelfeld in Deutschland. In seiner Nachbarschaft wurden die Kreise Schaumburg und Celle sowie die Region Hannover in die gleiche Klasse eingestuft. Die nördlichen angrenzenden Kreise Soltau-Fallingbostel und Verden sowie der Landkreis Minden wurden eine Klasse besser, die westlich angrenzenden Kreise Diepholz und Vechta gleich zwei Klassen besser eingestuft. Im Gegenzug wurde die Kreise im Süden der Region Hannover schlechter eingruppiert.

Familienatlas 2005

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat von der Prognos AG einen Familienatlas erstellen lassen. Es wird hervorgehoben, dass es sich hierbei nicht um ein Ranking handele. Der Atlas solle vielmehr die Potenziale in den Regionen aufzeigen, die sich durch eine familienfreundliche Politik erschließen ließen.

Im Ergebnis wird der Landkreis Nienburg/Weser der Gruppe “Die Unauffälligen” zugeordnet (ebenso wie die Nachbarkreis Minden, Diepholz, Verden). Der Landkreis Schaumburg wird in die Gruppe A “Wo es sich gut leben lässt” eingestuft; Soltau-Fallingbostel in Gruppe C “...mit verdeckten Problemen”; die Region Hannover in Gruppe E “Singlestädte als biografische Durchlaufstation”.

Zukunftsatlas der Prognos AG (Herbst 2004)

Der Zukunftsatlas gibt Auskunft über die Zukunftschancen der 439 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland. Der aus 29 Indikatoren gebildete Zukunftsindex (Gesamtranking) zeigt dabei die regionale Verteilung der Zukunftschancen und -risiken innerhalb Deutschlands auf. Eine Analyse der Indikatoren nach den zwei Dimensionen "Stärke" und "Dynamik" ermöglicht eine Differenzierung des Rankings in die momentane Standortstärke einerseits und die Entwicklung der Regionen in den vergangenen fünf Jahren andererseits. Darüber hinaus werden themenorientierte Auswertungen und Rankings in den Bereichen "Demografie", "Arbeitsmarkt", "Soziale Lage & Wohlstand" sowie "Wettbewerb & Innovation" erstellt.

Für den Landkreis Nienburg/Weser wurde ein Zukunftsindex von 37,8 errechnet. Damit erreicht der Kreis im Gesamtranking Platz 328 (von 439) und wird in der Gesamtkarte als Region mit Zukunftsrisiken dargestellt.

Für die Teilindices

-   Demografie (177) und

-   Soziale Lage/Wohlstand (214)

erreicht der Landkreis überdurchschnittlich gute Rangplätze. Der Rangplatz für den Teilindex Arbeitsmarkt (313) entspricht annähernd dem Gesamt-Rangplatz, der schlechteste Rangplatz ergibt sich für den Teilindex Wettbewerbsfähigkeit/Innovation (365).

Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Öffent­liche Infrastruktur und kommunale Finanzen (2005)

Diese Studie wurde vom ifo-Institut für Wirtschaftsforschung,
Dresden, erstellt. Sie ist vorwiegend auf Ost-Deutschland ausgerichtet. Dabei wurden Kreise nach ihrer Strukturstärke bzw. –schwäche bewertet, indem ein sog. Performance Indikator auf der Grund-lage der Bevölkerungsentwicklung, Arbeitslosenquote, Produktivität, Jobdichte und Entwicklung der Erwerbstätigkeit gebildet wurde. Der Landkreis Nienburg/Weser erreicht hierbei ebenso wie die Kreise Soltau-Fallingbostel und Celle nur eine “unterdurchschnittliche Performance”, befindet sich aber hinsichtlich der ökonomischen Performance immerhin auf Rangplatz 166. Deutlich bessere Ergebnisse ergeben sich für die Nachbarkreise Verden (Rangplatz 63) und Diepholz (Rangplatz 81; überdurchschnittliche Performance) und Minden (durchschnittlich). Die Kreise südlich der Region Hannover zeigen der Studie zur Folge eine noch schwächere Performance (Rangplätze > 200; deutlich unterdurchschnittlich).

Gesamtergebnis

Im bundesweiten Vergleich werden die niedersächsischen Kreise zumeist schlechter eingestuft als die süddeutschen, im Gegenzug dazu meist besser als die Kreise in den neuen Bundesländern. Der Landkreis Nienburg/Weser befindet sich im landesweiten Vergleich im guten Mittelfeld, wobei er sich innerhalb Niedersachsens an einer Scheide zwischen gut aufgestellten Kreisen im Nordwesten und den Kreisen im Südosten, die schlechter abschneiden, befindet.

Der Landkreis Nienburg/Weser hat eine vergleichsweise günstige demographische Ausgangssituation. Auch die soziale Lage und die Situation auf dem Arbeitsmarkt werden als noch ganz gut eingestuft. Hinsichtlich seiner Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit, der Betreuungsangebote für Kinder, der Armut von Kindern und der Integration von Ausländern zeichnen sich jedoch Schwächen ab.

Stärken des Landkreises

Der Landkreis Nienburg/Weser ist hinsichtlich seiner demographischen Situation im bundesweiten Vergleich relativ gut aufgestellt. Dies resultiert u.a. auf einer relativ hohen Geburtenziffer, auf der Berücksichtigung von Wanderungsgewinnen, die in den vergangenen Jahren erzielt werden konnten, und auf einem relativ hohen Anteil von Kindern und Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung. Dementsprechend sehen die Prognosen für den Landkreis Nienburg/Weser einen etwas verzögerten und abgemilderten Verlauf des Demographischen Wandels voraus.

Innerhalb der Themengruppe Wirtschaft schneidet der Landkreis relativ gut für die Indikatoren Kaufkraft, Bruttoinlandsprodukt (BIP) und Gestaltungsquote der Gemeinden ab.

Im Bereich Bildung, fällt der Landkreis Nienburg/Weser durch eine vergleichsweise hohe Ausbildungsplatzdichte positiv auf.

Schwächen des Landkreises

Innerhalb der Themengruppe Wirtschaft schneidet der Landkreis relativ schlecht für den Indikator Erwerbstätigkeit ab. Dies ist in erster Linie auf den geringen Frauenanteil der Erwerbstätigen zurückzuführen. Auch in der Themengruppe Wettbewerbsfähigkeit/Innovation hat der Landkreis Nienburg/Weser im bundesweiten Vergleich schlecht abgeschnitten.

Damit korrespondiert, dass die (Kinder-)Betreuungsinfrastruktur im Landkreis Nienburg/Weser im bundesweiten Vergleich nur deutlich unterdurchschnittlich entwickelt ist.

Im Bereich Bildung schneidet der Landkreis Nienburg/Weser insgesamt eher schlecht ab. Auffällig ist die hohe Quote von Schulab-gängern ohne Abschluss. Außerdem ist der Anteil der Hoch-qualifizierten unter den Sozialversicherungspflichtig Beschäftigten relativ gering.

Sehr schlecht wird die Integration von Ausländern im Landkreis bewertet. Dementsprechend sind Ausländer auf Gymnasien nicht annähernd proportional vertreten und haben eine deutlich höhere Arbeitslosenquote als die Deutschen. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die hohe Zahl der fast 10.000 Aussiedler, die in den vergangenen 15 Jahren in den Landkreis zugezogen sind, statistisch nicht als Ausländer, sondern als Deutsche erfasst werden. Würden sie als Ausländer gezählt, so müsste die Integrationsleistung vermutlich anders bewertet werden.

 

 

Relativ schlecht steht der Landkreis auch hinsichtlich der Themengruppe Sicherheit & Wohlstand dar. Hierunter werden nicht nur die Häufigkeit von Verbrechen und Verkehrsunfällen mit Kindern gefasst, sondern auch die Armut von Kindern und Jugendlichen.

Handlungserfordernisse

Aus den sich in den Rankings abzeichnenden Stärken und Schwächen lassen sich Handlungserfordernisse ableiten. Grundsätzlich sollte dabei das Ziel verfolgt werden, vorhandene Stärken zu erhalten und zu entwickeln, die Schwächen - soweit es geht - abzubauen. Im Einzelnen lassen sich folgende Handlungserfordernisse um-reißen:

1.         Die vergleichsweise günstige demografische Ausgangssituation sollte durch weitere Maßnahmen, z.B. zur Förderung der Familienfreundlichkeit (Stichwort “Familienfreundliche Kommune”), Ausbau der Betreuungsangebote, usw. genutzt werden, um den Demographischen Wandel zu verzögern und seine Folgen abzumildern. Dabei könnten Vorbilder bei den in dieser Hinsicht erfolgreichen Kreisen in der westlichen Nachbarregion gesucht werden.

2.         Eine aktive Wirtschaftsförderung soll dazu beitragen, das gute Arbeits- und Ausbildungsplatz-Angebot im Kreis zu erhalten und zu verbessern. Sie sollte die im Kreis ansässigen Unternehmen darin unterstützen, wettbewerbsfähiger zu werden und in stärkerem Maße Innovationen einzuführen. Durch eine Verbesserung von Betreuungsangeboten sowie der Einrichtung von Teilzeit-Arbeitsplätzen sollte die Erwerbstätigenquote der Frauen erhöht werden.

3.         Nach der Schließung der Fachhochschule sollten Anstrengungen unternommen werden, die im Kreis vorhandenen Bildungseinrichtungen zu halten und ggf. vor allem qualitativ weiter auszubauen. Sofern es möglich ist, sollten weitere Bildungseinrichtungen angesiedelt werden. Im Bereich der schulischen Bildung müssten Maßnahmen ergriffen werden, um den hohen Anteil der Jugendlichen, die ohne einen Abschluss die Schule verlassen, zu reduzieren.

4.         Die Integration der Ausländer muss verbessert werden. Es müssten Maßnahmen initiiert werden, die dazu beitragen, dass Ausländer in Kindergarten, Schule, Ausbildung und Arbeit die gleichen Chancen haben wie Deutsche und, dass bei den Ausländern die Bereitschaft wächst, diese Chancen auch zu nutzen.

5.         Es müsste untersucht werden, ob Sicherheitsdefizite in den Bereichen Kriminalität und Unfälle mit Kindern im Straßenverkehr tatsächlich auffällig sind. Sofern dies zutrifft, sollten geeignete Maßnahmen in der Verkehrsicherheitsarbeit, z.B. in der Verkehrsregelung, Verkehrserziehung, und in der Verbrechens-prävention ergriffen werden.

 

Die Kreisverwaltung wird die zuständigen Fachdienststellen auf diese Handlungserfordernisse mit der Bitte um Überprüfung hinweisen. Im Folgenden sollen die o. g. Handlungsfelder durch einzelne Projekte, die in den einzelnen Fachausschüssen näher abzustimmen sind, besetzt werden.

 


Finanzielle Auswirkung                                      Haushaltsmittel verfügbar

 

   Ja, mit                                                   Ja

   Nein                                                            Nein