Beschluss: Das Gremium beschließt ungeändert.

Abstimmung: Ja: 8, Nein: 0, Enthaltungen: 1, Befangen: 1

Beschluss:

 

Die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Steinhuder Meerbach und Nebengewässer (mit Leeser Erlen-Riede)“ in der Stadt Rehburg-Loccum und in der Samtgemeinde Mittelweser wird beschlossen.

 


Beratungsgang:

 

Landschaftsarchitekt Gänsslen erläutert anhand der Verordnungsübersichtskarte die Grenze des Landschaftsschutzgebiets, die am Steinhuder Meerbach, Nord- und Südbach sowie am Steertschlaggraben identisch mit der präzisierten FFH-Grenze ist. An der Fulde ist beidseitig ein 10 m breiter Streifen ab Gewässerflurstücksgrenze dem LSG zugeordnet. Das LSG hat eine Größe von 64,74 ha.

 

Nach dem Beschluss zur Einleitung der öffentlichen Auslegung und des Beteiligungsverfahrens (ALNU v. 4.04.2017 – BV Nr. 2017/070) wurde die öffentliche Auslegung vom 19.05.2017 bis 19.06.2017 und das Beteiligungsverfahren durchgeführt.

Die Auswertung der in der Eigentümerbeteiligung eingegangenen Stellungnahmen hat ergeben, dass von den 20 beteiligten Flächeneigentümer/-innen lediglich 2 Einwendungen erhoben wurden. Die Beteiligung der 63 Interessensvertretungen und öffentlichen Institutionen hat zu 12 Stellungnahmen mit Bedenken, Anregungen, Hinweisen oder Anfragen geführt.

 

Hinsichtlich der Verordnungsinhalte zur Nutzung durch die Landwirtschaft wurde die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung nach guter fachlicher Praxis außerhalb der Gewässerflurstücke freigestellt. Der Umbruch von Grünland in Acker ist jedoch verboten.

Die natur- und landschaftsverträgliche fischereiliche Nutzung ist mit Ausnahme der Reusenfischerei freigestellt.

Die ordnungsgemäße Gewässerunterhaltung wird in einem Unterhaltungsplan geregelt, der im Einvernehmen mit der unteren Naturschutz- und Wasserbehörde aufzustellen ist. So kann flexibel auf die verschiedenen Belange reagiert werden.

 

Zwei Flächeneigentümer lehnten die LSG-Ausweisung ab, bzw. erhoben die Forderung Ersatzflächen zur Verfügung zu stellen. Da die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung nach guter fachlicher Praxis mit Ausnahme der Bodenanfüllung auf den hier betroffenen Ackerflächen in der Verordnung freigestellt ist (§ 5), gibt es keine Bewirtschaftungsbeschränkungen. Die Flächen beider Eigentümer befinden sich bereits jetzt im LSG-NI-39 „Meerbachniederung“. Die Ablehnung der LSG-Ausweisung wurde zur Kenntnis genommen, die Forderung nach Ersatzflächen aber abgelehnt. Es besteht kein Anspruch hierauf. 

 

Der ULV Meerbach und Führse fordert eine Änderung der Freistellung (§ 5 Abs. 1e). Auf einen Unterhaltungsplan soll verzichtet werden. Die ordnungsgemäße Gewässerunterhaltung muss weiterhin möglich sein. Die Entwässerungsfunktion der Gewässer für Ortslagen und Verbandsgebiete der Wasser- und Bodenverbände wird zwar gesehen, allerdings erfordert z.B. das nachgewiesene Vorkommen von aquatisch (Fische, Libellenlarven) und semiaquatisch (Fischotter, Europäischer Nerz) lebenden Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie ein auf die Lebensraumansprüche dieser Arten abgestimmte Unterhaltung. Diese ist in einem Unterhaltungsplan („Leitfaden Artenschutz und Gewässerunterhaltung 2017“) zu formulieren.

Auf den Bisamfang als Bestandteil der Gewässerunterhaltung könne nicht verzichtet werden. Dieser Forderung wird gefolgt. Unter § 5 wird der Bisamfang mit zwei auf Zug reagierenden Modellen von Totschlagfallen freigestellt. Dieses erfolgte auf der Basis eines Abstimmungsprozesses zwischen Bisamjägern, ÖSSM, Euro Nerz,  Aktion Fischotterschutz e.V. und der UNB.

 

Die Jagd mit Totschlagfallen sollte darüber hinaus außerhalb der Gewässer und seiner Ufer möglich sein. In Abstimmung mit der Jagdbehörde und dem Jagdbeirat ist die Jagd mit Totschlagfallen im Waldbereich zulässig, wird aber von der Landesforst als Waldeigentümer nicht praktiziert. Zum Bisamfang ist der Einsatz von auf Zug reagierende Totschlagfallen zulässig.

 

Seitens der Fischerei bestehen Bedenken, zulässige Fangmethoden (NdsFischG) über eine LSG-VO zu verbieten. Das Verbot resultiert aus dem Vorkommen von Fischotter und Europäischem Nerz. Das Verbot der Netzfischerei wird zurückgenommen. Reusenfischerei bleibt verboten, denn der Einsatz von Ottergittern reicht zum Schutz des Europäischen Nerzes nicht aus, da er deutlich kleiner ist.

 

Eine Erweiterung des LSG nach Süden an der Fulde möglichst unter Einbeziehung von Nebengewässern wird vom BUND gefordert. Ein beidseitig mindestens 5 m breiter Randstreifen sollte an allen Gewässern im LSG zum Schutzgebiet gehören. Die Einbeziehung weiterer Flächen in das LSG ist nicht vorgesehen. Die Sicherung der FFH-Anhang II Arten und der FFH-LRTen erfolgt innerhalb der Grenzen der gemeldeten Gebiete über den hoheitlichen Schutz. In den übrigen Bereichen sind diese EU-relevanten Arten über den besonderen Artenschutz im Bundesnaturschutzgesetz geschützt. Jedoch ergeben sich hieraus nur sehr eingeschränkt Entwicklungs- und Förderungsverpflichtungen für den Landkreis als untere Naturschutzbehörde.

 

Weiterhin sollen die Ziele des Gewässerentwicklungsplans „Fulde“ zwingend in der LSG-VO festgesetzt werden. Der GEPL „Fulde“ dient im Wesentlichen der Umsetzung der EU-WRRL. Allerdings sollten Möglichkeiten der gemeinsamen Umsetzung von FFH-RL und EU-WRRL genutzt werden. Dieses wird nicht durch Übernehmen in die Verordnung sondern über die in den nächsten Jahren zu erarbeitende Maßnahmenplanung erfolgen, wobei sorgfältig zu prüfen ist, ob die Ziele des GEPL z.B. die Lebensraumansprüche der vorkommenden Anhang II-Arten berücksichtigen.

 

Das NLWKN Hannover gibt die Empfehlung, das LSG dahingehend zu verbreitern, dass es sich der Meldefläche annähert. Die jetzige Grenze führt zur Verkleinerung gegenüber der Meldefläche. Die vom NLWKN präzisierte Gebietsgrenze wurde von der UNB aus fachlichen Gründen an der Fulde verbreitert. Ansonsten wurde die Präzisierung verwendet. Es handelt sich hierbei um eine von der Fachbehörde vorgeschlagene Abgrenzung, die sie nun nachträglich selbst in Frage stellt.

Der Empfehlung, dass der Bitterling auf der Basis vorliegender Ergebnisse nicht als Schutzzweck im Verordnungstext aufgenommen werden sollte, wird gefolgt. Ein Schutz wird aber weiterhin mit geringerer Priorität über den allgemeinen Schutzzweck sichergestellt.

Der Europäische Nerz sollte darüber hinaus nicht als Erhaltungsziel benannt werden. Die Ergebnisse über ein Wiederansiedlungsprojekt seien nicht hinreichend aussagekräftig. Der Europäische Nerz bleibt Erhaltungsziel der VO. Es wird der Empfehlung des wissenschaftlichen Leiters des Wiederansiedlungsprojektes gefolgt.

 

Im Ergebnis wurde der Verordnungsentwurf aufgrund der eingegangenen Anregungen z.T. angepasst. Die Ergebnisse der Abstimmung mit der Jagdbehörde und  dem Jagdbeirat wurden eingearbeitet. Die Verordnungskarten wurden weiter präzisiert. Ebenso wurde die Begründung zur Verordnung entsprechend  angepasst.

 

Mit dem positiven Beschluss über den Erlass der Verordnung durch den ALNU sollen im Anschluss der Kreisausschuss am 16.10.2017 und der Kreistag am 20.10.2017 darüber beraten und den Beschluss der LSG-Verordnung fassen.

 

Der Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke bedankt sich für die ausführlichen Erläuterungen und stellt den TOP zur Beratung, worauf hin KTA Dralle als Jagdpächter und Flächeneigentümer auf sein Mitwirkungsverbot zu diesem TOP hinweist und vom Beratungstisch zurückrückt.

 

KTA Höper weist darauf hin, dass viele Regelungen, die wiederkehrend Bestandteil der LSG-Verordnungen sind, hier individuell betrachtet, von untergeordneter Bedeutung sind und aus Gründen der Transparenz weggelassen werden sollten. Er stellt daher den Antrag an die Verwaltung, für die folgenden LSG-Verordnungen die Regelungen der §§ 3, 4 und 5 (Verbote, Erlaubnisvorbehalte und Freistellungen), abweichend von den standardisiert verwendeten Formulierungen, konkret anhand der Gegebenheiten zu hinterfragen und diese ggf. individuell neu zusammen zu stellen. 

 

Landschaftsarchitekt Gänsslen betont, dass sich die Inhalte der z.T. bereits über 30 Jahre alten LSG-Verordnungen in das Bewusstsein der Menschen eingeprägt haben. Gerade bei den Verboten müsse eine gewisse Qualität aufrechterhalten bleiben, da grundsätzlich alles, was über die Verordnung nicht verboten wird, mehr oder weniger erlaubt ist. Eine Beschränkung der Verbote auf den Allgemeinpassus des § 3 Abs. 1 ist nicht ausreichend, da ansonsten bei einer potenziellen Beeinträchtigung die Beweislast immer bei der Behörde liegen würde und häufig ausschließlich in einer Verwarnung enden würde. Dadurch kann keine ausreichende Störungsarmut gewährleistet werden. Die Flächeneigentümer/-innen behielten aber trotzdem vollständig ihre Eigentumsrechte.

Aufgrund der FFH-Richtlinie sei man zudem an das Verschlechterungsverbot ggü. der bestehenden LSG-Verordnung gebunden. Um der eigentlichen naturschutzfachlichen Forderung vollends nachzukommen, müsste man hier den Status des NSG erheben. Seitens des ALNU habe man sich aber auf die Anwendung des „geringsten Mittels“ verständigt, soweit dieses fachlich vertretbar ist. So belasse man es hier bei der LSG-Neu-Festsetzung mit der Herauslösung der bereits bestehenden LSG-Teilbereiche und  mit der Zusammenziehung neu festgesetzter LSG-Teilbereiche.

 

Nachdem KTA Leseberg sich weiterhin für die Anwendung einer gewachsenen grundsätzlichen Verordnungs-Struktur ausspricht, bei der einzelne Punkte diskutierbar seien, bestätigt KTA Höper, dass es sich um einen grundsätzlichen Einwand handele, über den er die Verwaltung zur Nachbesserung auffordere.

 

Im Anschluss an die von Landschaftsarchitekt Gänsslen geäußerten Bedenken, dass, angesichts des klar formulierten Auftrags der EU zur Erhaltung des „status quo“ des Schutzzwecks, dies nur über einen entsprechenden Regelungsstandard in den LSG-Verordnungen gelingen könne, sprechen sich KTA Hille, KTA Prüfer und der stellv. Landrat Schmädeke für die Beibehaltung der Standardregelungen in den LSG-Verordnungen aus. Aus Gründen des Zeitfaktors und den aus ggf. übersehenen Regelungen erwachsenen möglichen Problemen solle wie bisher fortgefahren werden.

 

Baudirektor Wehr nimmt den Verwaltungsauftrag zur Prüfung möglicher  Vereinfachungen der Regelungen in künftigen noch nicht begonnenen LSG-Verordnungen auf. Er betont jedoch auch den Bestimmtheitsgrundsatz, der als Generalklausel gilt. Besonders Verbote müssen sauber herausgearbeitet werden, um vor Gericht ausreichend nachvollziehbar zu sein. Sind Regelungen, wie hier in den LSG-Verordnungen, nicht hinreichend bestimmt genug, können dieses Rechtsmängel sein, die einen möglichen Streitfall negativ entscheiden ließen. Seitens der Verwaltung werde daher jeder Punkt der Verordnungen durchdacht und mit Augenmaß und Ermessen behandelt.

 

Das Mitglied mit beratender Stimme Gerner macht nochmal den inhaltlichen Hintergrund der Stellungnahme des BUND zur LSG-Verordnung deutlich. Angesichts der sich inzwischen überholten Daten sei der Schutzzweck nun auch oberhalb der ausgewiesenen FFH-Grenzen, im Bereich der „Loccumer Mühle“ gegeben. So sollten zu den geschützten Flächen an der Fulde auch die entsprechenden Eichenwaldflächen als Vorranggebiete mit einbezogen werden.

 

Auf Nachfrage von KTA Schnitzler, ob hier nicht der gesetzlich garantierte Artenschutz ausreiche, führt Landschaftsarchitekt Gänsslen aus, dass hier das Vorkommen der Heim-Azurjungfer zur Auseinandersetzung mit dem EU-Recht zwinge. Angesichts des verbleibenden kleinen Zeitfensters und des zur Verfügung stehenden Personals könne hier, insbesondere hinsichtlich der für 2018 geplanten Prioritäten, keine Berücksichtigung mehr stattfinden. Formal fordere dies ein komplett neues Verfahren mit den Beteiligungen und Auseinandersetzungen, wozu man ggf. zu einem späteren Zeitpunkt kommen könnte.

 

Das Mitglied mit beratender Stimme Gerner bestätigt, dass man sich auf die bestehende Form als Minimallösung verständigt habe.

 

Der stellv. Landrat Schmädeke ruft sodann zur Abstimmung auf.

 


Beratungsergebnis:

 

Einstimmig mit 1 Enthaltung.