Sitzung: 27.09.2017 Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt
Beschluss: Das Gremium beschließt ungeändert.
Abstimmung: Ja: 8, Nein: 0, Enthaltungen: 1, Befangen: 1
Vorlage: 2017/159
Beschluss:
Die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Steinhuder
Meerbach und Nebengewässer (mit Leeser Erlen-Riede)“ in der Stadt
Rehburg-Loccum und in der Samtgemeinde
Mittelweser wird beschlossen.
Beratungsgang:
Landschaftsarchitekt
Gänsslen erläutert anhand der Verordnungsübersichtskarte
die Grenze des Landschaftsschutzgebiets, die am Steinhuder Meerbach, Nord- und
Südbach sowie am Steertschlaggraben identisch mit der präzisierten FFH-Grenze
ist. An der Fulde ist beidseitig ein 10 m breiter Streifen ab
Gewässerflurstücksgrenze dem LSG zugeordnet. Das LSG hat eine Größe von 64,74
ha.
Nach
dem Beschluss zur Einleitung der öffentlichen Auslegung und des Beteiligungsverfahrens
(ALNU v. 4.04.2017 – BV Nr. 2017/070) wurde die öffentliche Auslegung vom 19.05.2017
bis 19.06.2017 und das Beteiligungsverfahren durchgeführt.
Die
Auswertung der in der Eigentümerbeteiligung eingegangenen Stellungnahmen hat
ergeben, dass von den 20 beteiligten Flächeneigentümer/-innen lediglich 2 Einwendungen
erhoben wurden. Die Beteiligung der 63 Interessensvertretungen und öffentlichen
Institutionen hat zu 12 Stellungnahmen mit Bedenken, Anregungen, Hinweisen oder
Anfragen geführt.
Hinsichtlich
der Verordnungsinhalte zur Nutzung durch die Landwirtschaft wurde die
ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung nach guter fachlicher Praxis außerhalb
der Gewässerflurstücke freigestellt. Der Umbruch von Grünland in Acker ist jedoch
verboten.
Die
natur- und landschaftsverträgliche fischereiliche Nutzung ist mit Ausnahme der
Reusenfischerei freigestellt.
Die
ordnungsgemäße Gewässerunterhaltung wird in einem Unterhaltungsplan geregelt,
der im Einvernehmen mit der unteren Naturschutz- und Wasserbehörde aufzustellen
ist. So kann flexibel auf die verschiedenen Belange reagiert werden.
Zwei
Flächeneigentümer lehnten die LSG-Ausweisung ab, bzw. erhoben die Forderung Ersatzflächen
zur Verfügung zu stellen. Da die ordnungsgemäße landwirtschaftliche
Bodennutzung nach guter fachlicher Praxis mit Ausnahme der Bodenanfüllung auf
den hier betroffenen Ackerflächen in der Verordnung freigestellt ist (§ 5),
gibt es keine Bewirtschaftungsbeschränkungen. Die Flächen beider Eigentümer
befinden sich bereits jetzt im LSG-NI-39 „Meerbachniederung“. Die Ablehnung der
LSG-Ausweisung wurde zur Kenntnis genommen, die Forderung nach Ersatzflächen aber
abgelehnt. Es besteht kein Anspruch hierauf.
Der
ULV Meerbach und Führse fordert eine Änderung der Freistellung (§ 5 Abs. 1e).
Auf einen Unterhaltungsplan soll verzichtet werden. Die ordnungsgemäße Gewässerunterhaltung
muss weiterhin möglich sein. Die Entwässerungsfunktion der Gewässer für
Ortslagen und Verbandsgebiete der Wasser- und Bodenverbände wird zwar gesehen, allerdings
erfordert z.B. das nachgewiesene Vorkommen von aquatisch (Fische,
Libellenlarven) und semiaquatisch (Fischotter, Europäischer Nerz) lebenden
Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie ein auf die Lebensraumansprüche dieser
Arten abgestimmte Unterhaltung. Diese ist in einem Unterhaltungsplan („Leitfaden
Artenschutz und Gewässerunterhaltung 2017“) zu
formulieren.
Auf
den Bisamfang als Bestandteil der Gewässerunterhaltung könne nicht verzichtet
werden. Dieser Forderung wird gefolgt. Unter § 5 wird der Bisamfang mit zwei
auf Zug reagierenden Modellen von Totschlagfallen freigestellt. Dieses erfolgte
auf der Basis eines Abstimmungsprozesses zwischen Bisamjägern, ÖSSM, Euro
Nerz, Aktion Fischotterschutz e.V. und
der UNB.
Die
Jagd mit Totschlagfallen sollte darüber hinaus außerhalb der Gewässer und seiner
Ufer möglich sein. In Abstimmung mit der Jagdbehörde und dem Jagdbeirat ist die
Jagd mit Totschlagfallen im Waldbereich zulässig, wird aber von der Landesforst
als Waldeigentümer nicht praktiziert. Zum Bisamfang ist der Einsatz von auf Zug
reagierende Totschlagfallen zulässig.
Seitens
der Fischerei bestehen Bedenken, zulässige Fangmethoden (NdsFischG) über eine
LSG-VO zu verbieten. Das Verbot resultiert aus dem Vorkommen von Fischotter und
Europäischem Nerz. Das Verbot der Netzfischerei wird zurückgenommen.
Reusenfischerei bleibt verboten, denn der Einsatz von Ottergittern reicht zum
Schutz des Europäischen Nerzes nicht aus, da er deutlich kleiner ist.
Eine
Erweiterung des LSG nach Süden an der Fulde möglichst unter Einbeziehung von
Nebengewässern wird vom BUND gefordert. Ein beidseitig mindestens 5 m breiter
Randstreifen sollte an allen Gewässern im LSG zum Schutzgebiet gehören. Die
Einbeziehung weiterer Flächen in das LSG ist nicht vorgesehen. Die Sicherung
der FFH-Anhang II Arten und der FFH-LRTen erfolgt innerhalb der Grenzen der
gemeldeten Gebiete über den hoheitlichen Schutz. In den übrigen Bereichen sind
diese EU-relevanten Arten über den besonderen Artenschutz im
Bundesnaturschutzgesetz geschützt. Jedoch ergeben sich hieraus nur sehr
eingeschränkt Entwicklungs- und Förderungsverpflichtungen für den Landkreis als
untere Naturschutzbehörde.
Weiterhin
sollen die Ziele des Gewässerentwicklungsplans „Fulde“ zwingend in der LSG-VO
festgesetzt werden. Der GEPL „Fulde“ dient im Wesentlichen der Umsetzung der
EU-WRRL. Allerdings sollten Möglichkeiten der gemeinsamen Umsetzung von FFH-RL
und EU-WRRL genutzt werden. Dieses wird nicht durch Übernehmen in die
Verordnung sondern über die in den nächsten Jahren zu erarbeitende Maßnahmenplanung
erfolgen, wobei sorgfältig zu prüfen ist, ob die Ziele des GEPL z.B. die
Lebensraumansprüche der vorkommenden Anhang II-Arten berücksichtigen.
Das
NLWKN Hannover gibt die Empfehlung, das LSG dahingehend zu verbreitern, dass es
sich der Meldefläche annähert. Die jetzige Grenze führt zur Verkleinerung gegenüber
der Meldefläche. Die vom NLWKN präzisierte Gebietsgrenze wurde von der UNB aus
fachlichen Gründen an der Fulde verbreitert. Ansonsten wurde die Präzisierung
verwendet. Es handelt sich hierbei um eine von der Fachbehörde vorgeschlagene
Abgrenzung, die sie nun nachträglich selbst in Frage stellt.
Der
Empfehlung, dass der Bitterling auf der Basis vorliegender Ergebnisse nicht als
Schutzzweck im Verordnungstext aufgenommen werden sollte, wird gefolgt. Ein
Schutz wird aber weiterhin mit geringerer Priorität über den allgemeinen Schutzzweck
sichergestellt.
Der
Europäische Nerz sollte darüber hinaus nicht als Erhaltungsziel benannt werden.
Die Ergebnisse über ein Wiederansiedlungsprojekt seien nicht hinreichend aussagekräftig.
Der Europäische Nerz bleibt Erhaltungsziel der VO. Es wird der Empfehlung des
wissenschaftlichen Leiters des Wiederansiedlungsprojektes gefolgt.
Im
Ergebnis wurde der Verordnungsentwurf aufgrund der eingegangenen Anregungen
z.T. angepasst. Die Ergebnisse der Abstimmung mit der Jagdbehörde und dem Jagdbeirat wurden eingearbeitet. Die
Verordnungskarten wurden weiter präzisiert. Ebenso wurde die Begründung zur
Verordnung entsprechend angepasst.
Mit
dem positiven Beschluss über den Erlass der Verordnung durch den ALNU sollen im
Anschluss der Kreisausschuss am 16.10.2017 und der Kreistag am 20.10.2017
darüber beraten und den Beschluss der LSG-Verordnung fassen.
Der
Vorsitzende stellv. Landrat Dr. Schmädeke bedankt sich für die ausführlichen
Erläuterungen und stellt den TOP zur Beratung, worauf hin KTA Dralle als
Jagdpächter und Flächeneigentümer auf sein Mitwirkungsverbot zu diesem TOP hinweist
und vom Beratungstisch zurückrückt.
KTA
Höper weist darauf hin, dass viele
Regelungen, die wiederkehrend Bestandteil der LSG-Verordnungen sind, hier
individuell betrachtet, von untergeordneter Bedeutung sind und aus Gründen der
Transparenz weggelassen werden sollten. Er stellt daher den Antrag an die
Verwaltung, für die folgenden LSG-Verordnungen die Regelungen der §§ 3, 4 und 5
(Verbote, Erlaubnisvorbehalte und Freistellungen), abweichend von den
standardisiert verwendeten Formulierungen, konkret anhand der Gegebenheiten zu
hinterfragen und diese ggf. individuell neu zusammen zu stellen.
Landschaftsarchitekt
Gänsslen betont, dass sich die
Inhalte der z.T. bereits über 30 Jahre alten LSG-Verordnungen in das
Bewusstsein der Menschen eingeprägt haben. Gerade bei den Verboten müsse eine
gewisse Qualität aufrechterhalten bleiben, da grundsätzlich alles, was über die
Verordnung nicht verboten wird, mehr oder weniger erlaubt ist. Eine
Beschränkung der Verbote auf den Allgemeinpassus des § 3 Abs. 1 ist nicht
ausreichend, da ansonsten bei einer potenziellen Beeinträchtigung die Beweislast
immer bei der Behörde liegen würde und häufig ausschließlich in einer Verwarnung
enden würde. Dadurch kann keine ausreichende Störungsarmut gewährleistet
werden. Die Flächeneigentümer/-innen behielten aber trotzdem vollständig ihre Eigentumsrechte.
Aufgrund
der FFH-Richtlinie sei man zudem an das Verschlechterungsverbot ggü. der
bestehenden LSG-Verordnung gebunden. Um der eigentlichen naturschutzfachlichen
Forderung vollends nachzukommen, müsste man hier den Status des NSG erheben. Seitens
des ALNU habe man sich aber auf die Anwendung des „geringsten Mittels“
verständigt, soweit dieses fachlich vertretbar ist. So belasse man es hier bei
der LSG-Neu-Festsetzung mit der Herauslösung der bereits bestehenden LSG-Teilbereiche
und mit der Zusammenziehung neu
festgesetzter LSG-Teilbereiche.
Nachdem
KTA Leseberg sich weiterhin für die Anwendung einer gewachsenen
grundsätzlichen Verordnungs-Struktur ausspricht, bei der einzelne Punkte
diskutierbar seien, bestätigt KTA Höper, dass es sich um einen
grundsätzlichen Einwand handele, über den er die Verwaltung zur Nachbesserung
auffordere.
Im
Anschluss an die von Landschaftsarchitekt Gänsslen geäußerten Bedenken,
dass, angesichts des klar formulierten Auftrags der EU zur Erhaltung des
„status quo“ des Schutzzwecks, dies nur über einen entsprechenden Regelungsstandard
in den LSG-Verordnungen gelingen könne, sprechen sich KTA Hille, KTA Prüfer
und der stellv. Landrat Schmädeke für die Beibehaltung der
Standardregelungen in den LSG-Verordnungen aus. Aus Gründen des Zeitfaktors und
den aus ggf. übersehenen Regelungen erwachsenen möglichen Problemen solle wie
bisher fortgefahren werden.
Baudirektor
Wehr nimmt den Verwaltungsauftrag zur
Prüfung möglicher Vereinfachungen der
Regelungen in künftigen noch nicht begonnenen LSG-Verordnungen auf. Er betont
jedoch auch den Bestimmtheitsgrundsatz, der als Generalklausel gilt. Besonders Verbote
müssen sauber herausgearbeitet werden, um vor Gericht ausreichend nachvollziehbar
zu sein. Sind Regelungen, wie hier in den LSG-Verordnungen, nicht hinreichend
bestimmt genug, können dieses Rechtsmängel sein, die einen möglichen Streitfall
negativ entscheiden ließen. Seitens der Verwaltung werde daher jeder Punkt der
Verordnungen durchdacht und mit Augenmaß und Ermessen behandelt.
Das
Mitglied mit beratender Stimme Gerner macht nochmal den inhaltlichen
Hintergrund der Stellungnahme des BUND zur LSG-Verordnung deutlich. Angesichts
der sich inzwischen überholten Daten sei der Schutzzweck nun auch oberhalb der
ausgewiesenen FFH-Grenzen, im Bereich der „Loccumer Mühle“ gegeben. So sollten
zu den geschützten Flächen an der Fulde auch die entsprechenden
Eichenwaldflächen als Vorranggebiete mit einbezogen werden.
Auf
Nachfrage von KTA Schnitzler, ob hier nicht der gesetzlich garantierte
Artenschutz ausreiche, führt Landschaftsarchitekt Gänsslen aus, dass
hier das Vorkommen der Heim-Azurjungfer zur Auseinandersetzung mit dem EU-Recht
zwinge. Angesichts des verbleibenden kleinen Zeitfensters und des zur Verfügung
stehenden Personals könne hier, insbesondere hinsichtlich der für 2018
geplanten Prioritäten, keine Berücksichtigung mehr stattfinden. Formal fordere
dies ein komplett neues Verfahren mit den Beteiligungen und
Auseinandersetzungen, wozu man ggf. zu einem späteren Zeitpunkt kommen könnte.
Das
Mitglied mit beratender Stimme Gerner bestätigt, dass man sich auf die
bestehende Form als Minimallösung verständigt habe.
Der
stellv. Landrat Schmädeke ruft sodann
zur Abstimmung auf.
Beratungsergebnis:
Einstimmig
mit 1 Enthaltung.